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Vorwort

Seit einer Reihe von Jahren spielt die Nachhaltigkeit in der Wirtschaft und Gesellschaft Deutschlands eine zunehmende Rolle. Diese Entwicklung spiegelt sich u.a. in einer umweltfreundlicheren Gestaltung von Produkten und Produktionsverfahren in der Industrie, im aufwendigen Trennen und Sortieren von Abfällen durch die privaten Haushalte und nicht zuletzt in rückläufigen Abfallmengen. Der Gesetzgeber hat dem Trend zu weitgehender Vermeidung und Verwertung von Abfällen mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Rechnung getragen, das vor fast zwei Jahren in Kraft getreten ist. Ziel dieses Gesetzes ist die Aufhebung der zuvor bestehenden Arbeitsteilung zwischen Produktion und Handel einerseits und Entsorgung und Verwertung andererseits. Es soll die Verantwortung auf diejenigen zurückverlagert werden, die Güter herstellen und vertreiben.

Das neue für die Abfallwirtschaft gültige Gesetz stellt eine Chance zur Abkehr von der Wegwerfgesellschaft und zum Aufbruch in die Kreislaufwirtschaft dar. Die Übertragung von Produktverantwortung, das Verursacherprinzip und die Rücknahmepflichten werden in den kommenden Jahren einen spürbaren Strukturwandel auslösen - und zwar einmal in den Produktions- und Konsumptionskreisläufen. Betroffen ist zum anderen die Entsorgungswirtschaft, die mit deutlichen Kompetenz- und Aufgabengewinnen rechnen kann. Das wird die Position der Abfallwirtschaft als expandierende Branche weiter festigen.

Allerdings sind nach dem Inkrafttreten des KrW-/AbfG auch Mißstände und ökologisch falsche Weichenstellungen deutlich geworden. Die für die Verwertung notwendige getrennte Erfassung unterschiedlicher Abfallarten macht den Aufbau differenzierter Logistiksysteme mit erheblichen Investitions- und Betriebskosten notwendig. Es zeichnet sich ab, daß die Abfallwirtschaft komplexer und sicherer wird. Fest steht aber auch, daß Abfallerzeuger und Verbraucher mit höheren Kosten rechnen müssen. Hierdurch werden zugleich Impulse zur Abfallvermeidung und zu einer umweltverträglicheren und effizienteren Abfallverwertung ausgelöst.

Umweltpolitiker weisen weiter auf Ökodumping und Mülltourismus hin. Damit werden in einer Zeit mit hochentwickelter Technik und Organisation der Abfallwirtschaft erneut Billiglösungen genutzt und Chancen für ein nachhaltiges Abfallmanagement vertan. Kontroverse Auffassungen gibt es auch in bezug auf die Privatisierungswirkungen des Gesetzes. Hier sieht die private Entsorgungswirtschaft Potentiale für eine Diversifizierung der betrieblichen Angebotspalette sowie für eine Ausweitung der Dienstleistungstiefe. Dagegen kommt es im kommunalen Bereich zu erheblichen Auslastungsproblemen auch bei den modernen Entsorgungsanlagen, die in Erwartung eines Entsorgungsnotstandes errichtet wurden. Die kommunalen Spitzenverbände befürchten, daß die kommunale Abfallwirtschaft zwischen öffentlichem Auftrag und marktwirtschaftlichem Wettbewerb zerrieben wird. Der Deutsche Städtetag rechnet mit einer Privatisierung der Chancen und mit einer Sozialisierung der Risiken. Ob so der vom Gesetzgeber beab-

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sichtigte Leistungs- und Preiswettbewerb zustande kommt, ist fraglich. Der Verband geht davon aus, daß mittelfristig kommunale Entsorgungseinrichtungen - und zwar Investitionen und Arbeitsplätze - zur Disposition stehen werden.

Korrekturbedarf besteht auch im Bereich der aufzustellenden Abfallwirtschaftskonzepte und Abfallbilanzen. Hier werden durch zu hohe Schwellenwerte viele Abfallerzeuger erst gar nicht erfaßt, und es fehlt auch ein Instrument zur Ahndung von Versäumnissen von Abfallbesitzern und Entsorgungsträgern. Kritisiert wird weiter, daß das neue Gesetz weder bei der Abfallvermeidung noch bei der Abfallverwertung unmittelbar die Kreislaufwirtschaft erzwingt. Die Politik muß den unübersehbaren Entscheidungsstau abzubauen und die Rechtsverordnungen erlassen, die die Wirtschaft für das Umschwenken auf umweltfreundlichere Produkte und Produktionsverfahren benötigt. Ohne die notwendigen untergesetzlichen Regelungen wird die Kreislaufwirtschaft ein Torso bleiben, der sich auf freiwillige Leistungen von Unternehmen und Bürgern beschränkt.

Fest steht, daß noch viele Innovationen notwendig sind, um die Abfallwirtschaft in eine nachhaltige Entwicklung zu integrieren. Hier sind die Wirtschaft und die Wissenschaft gefordert. Notwendig ist aber auch, daß Politik und Verbraucher Verantwortung für einen umweltverträglicheren Umgang mit Abfällen übernehmen. Werden die bestehenden Chancen genutzt, kann sich Deutschland mit neuen Technologien im Sektor der Abfallvermeidung und Abfallverwertung weltweit zukunftsträchtige Exportfelder erschließen.

Mit diesen und weiteren Problemen der Abfallvermeidung, - verwertung und -beseitigung setzte sich die Ende 1997 durchgeführte Fachkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung auseinander. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen sowohl bestehende Defizite des KrW-/AbfG als auch erfolgreiche abfallwirtschaftliche Strategien. In den Referaten und in der Podiumsdiskussion wurden Lösungen für abfallpolitische Probleme präsentiert. Darüber hinaus zielte die Fachtagung auf einen Erfahrungsaustausch zwischen den Hauptakteuren der Entsorgungswirtschaft, der zur Minimierung der Risiken und Wahrnehmung der Chancen für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft beitragen sollte.

Im vorliegenden Tagungsreader, den Dr. Guido Benzler aus Marl und Dr. Rüdiger Wink aus Wuppertal erstellten, werden die wichtigsten Ergebnisse der Fachkonferenz dokumentiert. Für Planung und Organisation der Veranstaltung war Karl-Hans Weimer vom Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung verantwortlich, der auch den Tagungsbericht redaktionell überarbeitete und dabei zusätzliche Stellungnahmen und neuere Entwicklungen im Themenbereich berücksichtigte.

Bonn, im Juli 1998

[Seite der Druckausgabe: V = Inhaltsverzeichnis]

[Seite der Druckausgabe: VI = Inhaltsverzeichnis]


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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