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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausgabe: 38 / Fortsetzung] 4. Fremdenverkehrsregionen Brandenburgs - Einzelbeispiele 4.1 Biosphärenreservat Spreewald Der Spreewald, unterteilt in Ober- und Unterspreewald, erstreckt sich in einer Länge von 75 km und einer Breite von maximal 15 km nordwestlich von Cottbus in Richtung Berlin, das etwa 100 km entfernt liegt. Der Spreewald ist eine in Europa einzigartige Flußlandschaft, die durch ein Labyrinth von zahlreichen verzweigten Wasserläufen ("Fließen") beiderseits der Spree gekennzeichnet ist. In den Spreewald teilen sich (bisher noch) die Landkreise Lübben, Calau und Cottbus Land mit einer Bevölkerungszahl von rd. 96.000. Am 12. September 1990 wurde vom Ministerrat der DDR die "Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung mit der Gesamtbezeichnung Biosphärenreservat Spreewald" erlassen. Das bezeichnete Gebiet wurde am 3. Juni 1991 von der UNESCO im Rahmen des MAB-Programms als "Biosphärenreservat Spreewald" anerkannt und eingeweiht. [Seite der Druckausgabe: 39] Der besondere Reiz des Spreewaldes liegt in einem feinmaschigen Netz von trägen Fließgewässern; durch regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen konnte sich eine Vielfalt von Lebensräumen mit unterschiedlichster Flora und Fauna herausbilden. Der Spreewald ist insgesamt sehr dünn besiedelt. Einwohnerstarke Gemeinden sind Lübbenau (21.000 E.), Lübben (ca. 14.000 E.), Vetschau (ca. 9.000 E.), Burg (ca. 3.500 E.) und Kalkwitz (ca. 3.800 E.); Cottbus fungiert als Oberzentrum, liegt aber peripher. Die Grundzüge der alten Haufen-, Anger- und Staßendörfer sind häufig noch identifizierbar, viele Einzelhöfe sind im inneren Bereich des Oberen Spreewaldes zu finden. Es wurden zwei Fremdenverkehrsgutachten zum Tourismus im Spreewald erstellt, eine "Fremdenverkehrskonzeption Spreewald" im Auftrag des Landkreises Lübben (vom Institut für Freizeit- und Tourismusberatung IfT, 1992) sowie ein "Fremdenverkehrskonzept Spreewald" (BECKER/BUCH, 1990). Aus beiden Gutachten wurden im "Konzept Biosphärenreservat Spreewald" von SCHEMEL u. UFER, 1992, die wesentlichen Punkte zusammengefaßt. Im Bereich des Biosphärenreservats ist die Landwirtschaft vor der Wende neben der Industrie (Braunkohlenbergbau, Kraftwerke) Hauptarbeitgeber gewesen. Nach der Wende hat die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft stark abgenommen. Jedoch wird nach einer Untersuchung im Auftrag des Studienkreises für Tourismus, Starnberg und des Bundesumweltamtes (vgl. SCHEMEL u. UFER, 1992) dem Agrarsektor neben dem touristischen Sektor als Erwerbsquelle der Lokalbevölkerung große Bedeutung zukommen. Gute Chancen werden dabei in einer Erwerbskombination von Landwirtschaft und Tourismus gesehen. Aus ehemals sechs LPGs mit ca. 5.300 ha Wirtschaftsfläche, davon ca. 2.000 ha Grünland, wurden 18 Landwirtschaftsbetriebe mit gemischten Produktionsformen. Insgesamt wurde der Tierbesatz drastisch reduziert (nach BRONK u. JANKE, 1991). Schlechte Bodenstandorte um Bodengüte 20 werden meist gar nicht mehr bewirtschaftet und fallen deshalb der Landschaftspflege anheim. Die Agrargenossenschaft Radensdorf im Oberspreewald ist dabei besonders erwähnenswert, weil sie in Abstimmung mit der Leitung des Biosphärenreservats zur Pflege der Landschaft bereit ist. Eine Umstellung der bisherigen Intensivtierhaltung auf extensive Jungrinderhaltung mit einer Umzüchtung auf Rinderarten, die für Extensivhaltung besonders geeignet sind, wird hier betrieben. Die Erträge der ehemaligen Großbetriebe sind auf ein Drittel bis auf die Hälfte des früheren Niveaus zurückgegangen (BRONK, 1991). Auch bei diesen neuen Betrieben bietet sich ein Zuerwerb in Form von Ferienwohnungen an. [Seite der Druckausgabe: 40] Die traditionelle Landwirtschaft im Spreewald ist gekennzeichnet durch Kleinflächigkeit und strukturelle Vielfalt. Aufgrund mangelnder Möglichkeiten der Intensivproduktion wurde in den Kernbereichen des Spreewaldes eine Landschaftszerstörung vermieden. Entsprechend hoch ist der Erlebniswert und die ökologische Qualität als Lebensraum einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt. Kennzeichnend sind eine geringe Nutzungsintensität (Einsatz leichter Maschinen, kaum Düngemittel- und Pestizideinsatz, kleinbäuerlicher Gemüseanbau, Mischviehhaltung). Die Situation dieser Betriebe im Wettbewerb ist denkbar ungünstig, nur wenige Bauern bemühen sich ernsthaft um die Weiterführung der Betriebe (in Lehde z.B. von 13 Bauern nur 8). Die Bauern haben allerdings schon 1991 Einkommenszuschüsse und Gelder für die Mahd von Wiesen bekommen (280-350,-DM/ha). Da die Höfe in der Regel sowohl technisch als auch infrastrukturell schlecht ausgestattet sind, sind zwar erhebliche Investitionen nötig; dies gilt besonders auch, wenn solche Höfe Ferien auf dem Bauernhof anbieten wollen. Allerdings sind die Einnahmen aus dem Tourismus z.T. nach Aussagen von SCHEMEL u. UFER, 1992, schon beträchtlich, und zwar durch Kahnfahrten und Zimmervermietung. So wird der Landwirt zukünftig offiziell als Landschaftspfleger tätig werden (dies gilt ebenso für die traditionell bewirtschafteten Bauernhöfe) der dafür sorgt, daß der Landschaftscharakter - und damit der Erholungswert des Spreewaldes - erhalten bleibt. In anderen ländlichen Regionen Brandenburgs ist die Situation dabei durchaus vergleichbar. Eine finanzielle Entlohnung der Landwirte für ihre landschaftspflegerischen Tätigkeiten, im wesentlichen extensive Beweidung und Mahd von Wiesenflächen nach Vorgaben des Naturschutzes, muß dabei gewährleistet sein. Sie wird, verbunden mit verschiedenen Nebenerwerbsformen durch Tourismus (Ferien auf dem Bauernhof, Direktvermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, Kremserfahrten, Ponyhöfe etc.), gute Überlebenschancen für die Bauernhöfe des Spreewaldes bieten. Für entsprechende notwendige Investitionen wird von verschiedener Seite finanzielle Unterstützung gewährt. Insgesamt muß (darauf weisen SCHEMEL u. UFER, 1992 ausdrücklich hin) ein ausreichendes Einkommen der Landwirte im Spreewald sichergestellt werden, die ihren Hof noch bzw. weiterhin als Haupterwerbsbetrieb bewirtschaften. Ansonsten wandern die Landwirte in andere Berufe ab oder erwirtschaften ihr Einkommen mehr oder weniger ausschließlich durch andere (auch touristische) Tätigkeiten. Dieser Verlust an landwirtschaftlich Tätigen hätte fatale Folgen für die Landschaft, deren Pflege, und damit Erhalt, dann nicht mehr gesichert wäre. Die touristische Attraktivität des Spreewaldes hängt jedoch von dieser Pflege stark ab. [Seite der Druckausgabe: 41] Das hauptsächliche Touristenaufkommen im Spreewald besteht nach wie vor aus Tagestouristen und Kurzzeittouristen. Stellvertretend für andere größere Gemeinden kann hier die Stadt Lübben angeführt werden. Dem steht das Bemühen der einzelnen Spreewaldgemeinden gegenüber, aus Tagestouristen Übernachtungstouristen zu gewinnen. So beläuft sich das Tagesbesuchervolumen nach Auskunft des Wirtschaftsdezernats der Stadt Lübbenau auf ca. 800.000/a für Stadt und Landkreis, ca. 190.000/a auf die Stadt Lübbenau selbst. Dazu kommen allerdings noch ca. 400.000 Wochenend- und Badegäste für Lübben. Hier scheinen sich gewisse Grenzen der Belastbarkeit aufzutun, vor allem die Zahl der Tagesbesucher soll nicht unbedingt mehr steigen. Den Bemühungen um den länger verweilenden Touristen steht jedoch ein beträchtliches Defizit an Übernachtungskapazitäten gegenüber. Es gibt z. Zt. nur ein einziges Hotel, das ständig ausgebucht ist, 3 kleinere Pensionen und einen Campingplatz. Als wesentliche Abhilfe ist ein 130-Betten-Hotelneubau geplant. Noch ein großes Problem des Spreewaldtourismus ist die saisonale Begrenzung des Touristenaufkommens, im wesentlichen auf den Zeitraum von Ostern bis Oktober mit der Saisonspitze im Hochsommer. Die Schaffung eines Schlechtwetterangebots und ausreichender Freizeiteinrichtungen für länger verweilende Touristen gilt auch hier, wie generell im ländlichen Raum Brandenburgs, das Hauptaugenmerk. Heimatabende und Konzerte im Wappensaal der Stadt sind gewisse Ansatzpunkte, reichen aber mit Sicherheit nicht aus, Gäste zum längeren Verbleib zu animieren.
4.2 Projekt "Deutsch-Polnischer Nationalpark"
Ein weitreichendes gemeinsames Projekt mit kulturpolitischer, ökologischer und wirtschaftlicher Dimension ist der geplante deutsch-polnische Nationalpark, der die Auenlandschaft beiderseits der unteren Oder auf einer Länge von 60 km und einer Breite von 2 bis 5 km zwischen Hohensaaten und Szczecin grenzüberschreitend erfaßt. Die Gesamtfläche des geplanten Naturparks beträgt 329 km2. Dieser Park bietet die Möglichkeit, ein Modell für die deutsch-polnische Zusammenarbeit beim Umwelt- und Naturschutz in einer Synthese mit Bildung, Erholung, Wirtschaft und Fremdenverkehr zu schaffen. Die Lage und natürliche Spezifik dieses Gebietes ist dafür besonders prädestiniert. Durch die Grenzsituation hat sich eine Landschaft erhalten, die in Europa einmalig ist. Charakteristiken dieser Landschaft sind:
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Der Nationalpark soll vor allem dazu dienen, die einmalige Naturlandschaft zu erhalten und zu pflegen. Er soll außerdem die Umwelterziehung unterstützen. Vorgesehen ist der Aufbau eines Museums über Geologie, Klima, Tier- und Pflanzenwelt der Oderauen sowie eines botanischen Gartens und eines kleineren Tierparkes. Um den Park für Erholungszwecke zu erschließen, sollen ein umweltverträgliches Wegenetz sowie moderne Besucherzentren geschaffen werden. Die Bedeutung des Parks für Wirtschaft und Fremdenverkehr besteht darin, daß er Arbeitsplätze für eine ökonomisch orientierte Landnutzung sowie für das Hotel- und Gaststättengewerbe schafft. Außerdem werden sich für die umliegenden Städte und Gemeinden die Standortbedingungen für Gewerbeansiedlungen verbessern. Es ist vorgesehen, den Nationalpark in drei Schutzzonen zu gliedern: Zone I - Totalreservat, in der sich die Natur selbst überlassen bleibt, Zone II - Möglichkeit einer extensiven, ökologisch orientierten Weidewirtschaft, Zone III - Kulturlandschaft, in der ein sanfter Tourismus und eine ökologische Landwirtschaft möglich und erwünscht sind. Bisherige Hauptaktivitäten zur Bildung des Nationalparks sind:
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4.3 Der Naturpark "Schlaubetal und Gubener Heidegebiete" Der Naturpark befindet sich im Osten des Landes Brandenburg, im Ostbrandenburgischen Heide- und Seengebiet. Entsprechend dem Vorschaltgesetz zum Landesplanungsgesetz und Landesentwicklungsprogramm für das Land Brandenburg liegt der Naturpark vollständig in einem ausgewiesenen Schwerpunktraum für den Naturschutz. Der Naturpark "Schlaubetal und Gubener Heidegebiete" hat eine Gesamtfläche von 38912 Hektar und umfaßt Teile der Kreise Eisenhüttenstadt (ein Drittel), Guben (etwa die Hälfte) und Beeskow (rund ein Zehntel). Die Einwohnerzahl beträgt knapp 7000 Bürger, welches eine Bevölkerungsdichte von rd. 18 Einwohner pro km2 ergibt. Kulturhistorisch von Bedeutung sind die 5 Mühlen des Schlaubetals, die ersten sind bereits im 15. Jahrhundert urkundlich erwähnt, und die 3 Mühlen des Ölsetals. Heute sind noch die meisten erhalten und stellen teilweise denkmalsgeschützte und touristische Attraktionen mit Gaststättenbetrieb dar. Auf rund 19000 Hektar sind 10 Landschaftsschutzgebiete und 28 Naturschutzgebiete ausgewiesen. Der Naturpark verfügt über 279 km2 (71,7 %) Waldanteil, Offenlandschaften wie landwirtschaftliche Nutzflächen, Grünland und Heideflächen nehmen 96 km2 (24,6%), Gewässer 7,4 km2 (rd. 1,9%) ein und der Rest von 1,8% sind Siedlungsflächen. Geologisch wurde die Landschaft während des letzten Glazials (Weichsel-Kaltzeit-Brandenburger Stadium) geprägt und es finden sich Stauch-, End- und Grundmoränenkomplexe neben ausgedehnten Sanderflächen. Das Schlaubetal selbst ist ein subglazial angelegtes, vielgestaltiges Rinnensystem. Diese Entwicklung bildete naturräumliche Einheiten heraus, hier mit den Landschaftshaupteinheiten "Lieberoser Heide und Schlaubetal" und das "Gubener Land". © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000 |