FES | ||
|
|
TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausg.: 39(Fortsetzung)] 5. Ziele und Projekte der Kölner Stadtentwicklungsplanung 5.1 Standortplanung in Köln Basisdaten Köln ist mit rund 1. Mio. Einwohnern die viertgrößte Großstadt Deutschlands. Die Stadtregion zählt weitere 1,5 Mio. Einwohner und umfaßt wichtige Städte wie Leverkusen oder Brühl. Innerhalb der sog. Rheinschiene" ist Köln mit der südlich angrenzenden Stadtregion Bonn (ca. 1 Mio. Einwohner) und dem nördlich angrenzenden Ruhrgebiet (Düsseldorf, Duisburg) funktional verflochten. Der gemeinsamen Ballungsraum Rhein-Ruhr zählt insgesamt fast 11 Mio. Einwohner. Ökonomische Restrukturierung und Entwicklungsplanung Für die Kölner Stadtentwicklungsplanung hat die Bewältigung der auch hier stattfindenden ökonomischen Restrukturierungsprozesse - v.a. in den rechtsrheinischen ehemaligen Industriegebieten - Priorität. Von den insgesamt rund 500.000 Kölner Arbeitsplätzen entfallen ca. 70% auf den tertiären Sektor mit den Schwerpunkten Handel, Versicherungen, Verkehr und Kommunikation sowie den zur Zeit expandierenden Medienbereich, der zusammen mit der Telematikbranche jeden zehnten Arbeitsplatz stellt. Die Medienbranche als Wachstumsindustrie bildet daher ein zentrales strukturpolitisches Handlungsfeld der Kölner Stadtentwicklungsplanung. [Seite der Druckausg.: 40] Im Gegensatz zu der - trotz gegenwärtiger Stagnationstendenzen - insgesamt positiven Arbeitsplatzentwicklung im Dienstleistungsbereich verzeichnet die verarbeitende Industrie massive Einbrüche. Seit 1992 sind in diesem Bereich stadtweit mehr als 25.000 Arbeitsplätze weggefallen. Köln zählt zur Zeit ca. 57.000 Arbeitslose, was einer Quote von 13,5% entspricht. In einigen rechtsrheinischen Gebieten ist die industrielle Basis sogar fast vollständig weggefallen. Hier finden sich mittlerweile Industrie- und Gewerbeflächenbrachen von insgesamt rund 150 ha, die Arbeitslosenquote liegt in den betroffenen Stadtteilen bei 20-25%. Standortplanung und räumlich-funktionales Leitbild Die Bewältigung des skizzierten wirtschaftlichen Strukturwandels nimmt einen zentralen Stellenwert in der Kölner Stadtentwicklungsplanung ein. Die Stadt verfügt über ein älteres Stadtentwicklungskonzept, aus dem aktuelle funktionale Einzelkonzepte abgeleitet werden. Beispiele hierfür sind die dezentrale Bürostandortplanung und das Kölner Zentrenkonzept. Das räumlich-funktionale Leitbild Kölns wird vom Grundgedanken einer räumlichen Strukturierung des Stadtgebietes in Funktions- und Versorgungsbereiche mit zugeordneten Versorgungsmittelpunkten (Zentren) geprägt, auf die das Verkehrssystem ausgerichtet ist. Dadurch soll unter den wesentlichen Aspekten
eine sinnvolle Zuordnung von neuen Nutzungsflächen, Versorgungs- und Verkehrsnetzen sowie Einzelhandelsstandorten gewährleistet werden. Die Erweiterung oder Neuansiedlung beispielsweise von Bürostandorten, größeren Einzelhandelsbetrieben oder Gemeinbedarfseinrichtungen soll sich grundsätzlich an diesem Ordnungskonzept orientieren und damit eine größtmögliche Integration in die vorhandene Siedlungs- und Zentrenstruktur erreichen. Die Leitlinie dieses Konzepts lautet: keine neuen, nicht-integrierten Standorte im Stadtgebiet. Großflächige und nicht zentrenrelevante Einzelhandels- und Gewerbebetriebe werden nach diesem Ordnungssystem in Stadtrandlagen angesiedelt, um die kleinteiligen Strukturen der Stadtteilzentren und der Innenstadt nicht zu zerstören. Auf der anderen Seite stehen durch den Rückzug der verarbeitenden Industrie vermehrt auch in Zentrumsnähe Brachflächen für Umnutzungen zur Verfügung, die aber in vielen Fällen mit hohen Abbruch- und v.a. Altlastensanierungskosten verbunden sind. [Seite der Druckausg.: 41] Kommunales Handlungsspektrum zur Umsetzung der Standortkonzeption Zur Durchsetzung des Kölner Standortkonzeptes bedient sich die Stadt mehrerer Maßnahmen. Grundsätzlich ist ihr Eingriffs- und Gestaltungspotential natürlich im Eigenbesitz von Grundstücken und Immobilien am größten. Auch die städtische Trägerschaft öffentlicher Einrichtungen läßt entsprechende Eingriffe zu. Schließlich kann die Stadt über Planungs- und Genehmigungsverfahren steuernd auf die Standortkonzeption einwirken. Unternehmens- und Investitionsentscheidungen der Privatwirtschaft werden mittelbar über gezielte Angebotsplanungen und informelle Kontakte bzw. Verhandlungen zwischen Verwaltung, Politik und Interessenvertretern der Wirtschaft in Richtung eines stadtverträglichen Konsens zu beeinflussen versucht. Insgesamt versucht die Stadt Köln auf den Einsatz restriktiver Maßnahmen wie beispielsweise Satzungen oder nachträgliche Bebauungspläne zu verzichten, wohingegen sie von fördernden und flankierenden Maßnahmen um so mehr Gebrauch macht. Als fördernde Maßnahmen gilt die bereits angesprochene Kölner Standort- und Zentrenkonzeption inklusive Konzipierung, Bauleitplanung und Erschließung der angestrebten Standorte. Auch die konkrete Unterstützung von Bauprojekten privater Investoren wird praktiziert. Sie reicht von der Suche bzw. Vermittlung geeigneter Projektträger über behördliche Hilfestellungen beim Genehmigungsverfahren bis zur Überlassung städtischer Grundstücke oder der Umwidmung von Verkehrs- zu Bauflächen. Zu den flankierenden Maßnahmen gehören die unterschiedlichsten Formen der Stadtwerbung, aber auch Verbesserungen der verkehrstechnischen Erreichbarkeit zur Hebung der Standortqualität (verbesserte ÖPNV-Anbindungen, Maßnahmen der Verkehrslenkung etc.). Die konkrete Umsetzung der Kölner Standortkonzeption hat unterschiedliche Ergebnisse hervorgebracht. Als Negativbeispiele gelten die Entwicklung des Bürostandortes Holweide und der Gewerbegebiete Marsdorf und Braunsfeld/Ehrenfeld. Im ersten Fall sind Bürogebäude auf der Grünen Wiese" ohne Anschluß an den ÖPNV entstanden. Das Gewerbegebiet Marsdorf am Stadtrand wurde sukzessive von großdimensionierten Fachmärkten überprägt und drohte zu einem konkurrierenden Einzelhandelsstandort für die Innenstadt zu werden, bis die Stadt einen Bebauungsplan über das Gebiet gelegt und damit Anzahl und Lage der Einzelhandelsunternehmen festgeschrieben hatte. Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich innenstadtnah in Braunsfeld/Ehrenfeld, wo sich kleinere Einzelhandelsunternehmen zu konzentrieren begannen, deren Anzahl und Lage ebenfalls durch einen nachträglichen Bebauungsplan reguliert werden mußten. [Seite der Druckausg.: 42] Als Positivbeispiel wird u.a. das Geschäfts- und Bürozentrum Chorweiler hervorgehoben. Trotz des negativen Images dieser größten Neubausiedlung der 70er Jahre ist hier aus Sicht der Stadt Köln eine gelungene Symbiose aus Einkaufszentrum, benachbartem Bürostandort und guter ÖPNV-Anbindung entstanden. Als weitere gelungene Beispiele für die Kölner Stadtentwicklungspolitik gelten die drei innenstadtnahen Umstrukturierungsprojekte Bürozentrum Sülz, Mediapark und Verwaltungspark Süd. Das Bürozentrum Sülz auf dem ehemaligen Güterbahnhof der Köln-Bonner Eisenbahn verfügt über eine gute ÖPNV-Anbindung und wird als hervorragender, innenstadtnaher Standort akzeptiert. Auf dem ehemaligen Güterbahnhof Gereon entsteht der Mediapark Köln, der ebenfalls innenstadtnah liegt und über gute Verkehrsanbindungen verfügt. Der Verwaltungspark Süd schließlich liegt auf einem ehemaligen Fabrikgelände, wurde in relativ kurzer Zeit von einem Projektentwickler vermarktet und befindet sich kurz vor seiner Fertigstellung. 5.2 Entwicklungspotentiale im rechtsrheinischen Köln (Kalk und Mülheim) Der rechtsrheinische Kernraum - und hier besonders die Stadtteile Kalk und Mülheim - ist seit Beginn der 90er Jahre besonders stark von der wirtschaftlichen Restrukturierung betroffen. Der Niedergang von chemischer und Maschinenbauindustrie ließ hier innenstadtnahe Brachflächen von insgesamt 150 ha zurück, die für eine Umnutzung bereitstellen. Der Stadtteil Kalk wurde 1994 in das Programm Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf" des nordrhein-westfälischen Ministerium für Stadtentwicklung, Kultur und Sport aufgenommen und wird daher mit Landesmitteln gefördert. Das damit verbundene integrierte Handlungskonzept Kalk-Programm" umfaßt verschiedene Maßnahmen und Projekte der öffentlichen Hand:
Das Land Nordrhein-Westfalen und die Stadt Köln fungieren bei allen Projekten als Impulsgeber. Die weitere Entwicklung der betroffenen Stadtteile wird in entscheidendem Maß von privatwirtschaftlichen Investitionen abhängig gemacht, wozu vor kurzer [Seite der Druckausg.: 43] Zeit beispielsweise ein Förderverein der gewerblichen Wirtschaft für das rechtsrheinische Köln gegründet worden ist. Konkret will dieser Förderverein u.a. über die Bereitstellung von Finanzmitteln die Arbeit des Zweiten Kölner Technologiezentrums forcieren, das wiederum Anstoßeffekte für die vorhandene Fachhochschule, den TÜV Rheinland mit seinem technologischen Potential sowie für den noch zu bildenden naturwissenschaftlichen Schwerpunkt Bio- und Gentechnik der Kölner Universität haben soll. Auf diese Weise erhofft man sich die allmähliche Revitalisierung des wirtschaftlichen Lebens im Stadtteil Kalk durch die Ansiedlung und Entwicklung neuer, zukunftsträchtiger Industrien. Ein Beispiel für privatwirtschaftliche Projektentwicklungen ist die Umnutzung des ehemaligen Verwaltungsgebäudes des Unternehmens Klöckner-Humboldt-Deutz. In dem mittlerweile Tele-Tower" genannten Projekt entsteht ein Zentrum für Kommunikationsanwendungen für die VEBACOM mit ihren Töchtern MEGANET und LION, in dem u.a. das rechnergestützte Kontrollzentrum für sämtliche VEBA-Netze eingerichtet wurde. Das größte Städtebauprojekt Kölns befindet sich im westlich an Kalk anschließenden Stadtteil Deutz. Auf den Arealen eines aufgegebenen Geländes der Verkehrsbetriebe und eines Kirmesplatzes entstehen ohne Bundes- und Landesunterstützung eine Veranstaltungshalle für 18.000 Besucher (Köln-Arena") sowie ein neues Technisches Rathaus für insgesamt 3.000 Beschäftigte. Dieses Projekt wird von verschiedenen Immobilienfonds privatwirtschaftlich finanziert, wobei die Stadt die Grundstücke zur Verfügung stellt und Büroflächen anmietet. Die Stadt Köln erhofft sich von diesem 800 Mio. DM teuren Großprojekt weitere Impulse für die Entwicklung der rechtsrheinischen Stadtteile. Der Kritik, auch in Köln werde nur noch die Produktplanung" von Großprojekten anstelle einer Prozeßplanung" mit der Möglichkeit zur Nachverdichtung etc. favorisiert, begegnete der Vertreter der Stadt Köln mit dem Argument, daß auch die vorgestellten Großprojekte durchaus prozeßhafte Veränderungen aufwiesen. Allerdings habe man bezüglich des Nachfragevolumens nach Großprojekten auf rechtsrheinischem Gebiet noch keine konkreten Anhaltspunkte. Man hoffe auch in Köln auf eine bessere Entwicklung, wenngleich hier beispielsweise die Leerstände von Büroflächen vergleichsweise gering ausfallen. In bezug auf Ansätze einer intraregionalen bzw. interkommunalen Zusammenarbeit macht die Stadt Köln nur kleine Schritte. Zwar habe man Versuch der Zusammenarbeit u.a. mit der Stadt Bonn gestartet, konzentriere sich aber zunächst auf Planungen für die eigene Stadt. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 2001 |