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TEILDOKUMENT:
IV. Treuhandliegenschaftsgesellschaft und Flächenmarketing 16. Wiederverwertung von Flächen und Nutzung von Modellen des Public-Private Partnership Um das Immobilienmanagement und die Immobilienkompetenz der Treuhandanstalt zu konzentrieren, wurde Anfang des Jahres 1991 die Liegenschaftsgesellschaft der Treuhandanstalt mbH (TLG) als reine Managementgesellschaft gegründet. Die Strategiegrundsätze der TLG sind :
Die TLG in Berlin hat 1992 7062 Grundstücke für etwa 7 Milliarden DM verwertet. Damit waren Investitionszusagen in einer Höhe von über 21,2 Mrd. DM und 141.000 neue Arbeitsplätze verbunden. Die TLG hat bisher etwa 45.000 Liegenschaften in den neuen Bundesländern in der Abwicklung. Allerdings sind viele mit erheblichen Rechts- und Zuordnungsproblemen belastet. Dazu zählen 3800 Grundstücke des ehemaligen Stasivermögens und rund 10000 Sondervermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR, deren Verkaufserlöse sich Bund und Länder teilen wollen. Hier müssen noch viele Zuordnungsfragen geklärt werden, bevor sie vermarktet werden können. Von den Grundstücken - überwiegend nicht betriebsnotwendige Flächen - sind bisher 11.600 durch Verkauf, kommunale Übereignung und Rückgabe an Alteigentümer (Restitution) verwertet worden. Bei etwa 22.000 Grundstücken müssen die Mitarbeiter der TLG vor Ort anhand alter Lagepläne und Katasteraufzeichnungen Rechtsfragen klären. Zwei Drittel der Arbeit der TLG entfallen auf Basisrecherchen vor Ort und nur ein Drittel auf die Vermarktung von Grundstücken. Bei anderen Grundstücken bestehen Verwertungssperren. So bleibt vorerst ein verwertbarer Bestand von etwa 10000 Grundstücken. Von diesen befinden sich aber viele in besten Innenstadtlagen. Innerstädtische Produktionsbetriebe weisen oft erhebliche Grundstücksbestände auf. Bei der Entwicklung schwieriger Grundstücke, die in ihrer heutigen Form nicht vermarktet werden können, kommt es oft zu einer engen Kooperation zwischen privaten Unternehmen und öffentlicher Hand. [Seite der Druckausgabe: 37] Die Arbeit der TLG hat zur Entwicklung verschiedener Modelle geführt, die eine Zusammenarbeit zwischen Investoren, der öffentlichen Hand sowie der Treuhandanstalt zum Ziel haben. Zweck dieser Kooperation ist die Erreichung einer Rechts- und Planungssicherheit für nichtbetriebsnotwendige Flächen (NBF). Die dadurch aufgewerteten Immobilien können dann interessante Standorte für Investitionen verschiedenster Art, öffentlicher wie auch privater, darstellen. Im folgenden werden einige Varianten skizziert, die sich bereits in Vorbereitung befinden bzw. kurz vor der Umsetzung stehen. Developer-Modell Dieses Modell kann auf einen Standort Anwendung finden, der sich durch eine Gemengelage mit gewerblich-industrieller Nutzung einerseits und Wohnnutzung andererseits in einer Innenstadtrandlage befindet. Durch die TLG kann eine Developer-Ausschreibung für diese NBF erfolgen. Neben dem Kaufpreis gilt dabei als besonderes Auswahlkriterium vor allem das Know-how des Developers für die Entwicklung derart sensibler Standorte. Der Zuschlagsberechtigte leistet eine Anzahlung in Höhe von 30-40 % des auf Basis des Verkehrswertes ermittelten Kaufpreises, während ihm der Restbetrag zinsgünstig gestundet wird. Anschließend bringt er sein Grundstück in eine gemeinsam mit der Stadt zu gründende Entwicklungsgesellschaft ein, bei der die Kommune 51% der Stimmanteile hält, so daß deren Mitsprache gewährleistet ist. Die TLG ist im Beirat vertreten und wird an der erzielten Wertschöpfung beteiligt. Modell der Arbeitsgemeinschaft Dieses Modell soll auf einen Standort in Randlage zu einem Verdichtungsraum Anwendung finden, bei dem der Kernbereich des Unternehmens der Eisen- und Stahlindustrie privatisiert wird. Die hier entstehenden NBF verbleiben zunächst in der Altgesellschaft des Unternehmens. Im Sinne der Standortentwicklung wird eine Arbeitsgemeinschaft aus einer Projektgruppe der Altgesellschaft gebildet, der eine Landesentwicklungsgesellschaft angegliedert ist. Im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft wird der Standort operativ entwickelt. Ziel dieses Modells ist einerseits, die einschlägigen Betriebskenntnisse der Angehörigen der Altgesellschaft an diesem Standort im Rahmen der Projektentwicklung zu nutzen. Andererseits soll den Angehörigen der Altgesellschaft aber auch Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden, um deren Qualifikation zu erhöhen. [Seite der Druckausgabe: 38] Unterstützt wird die Projektleitung im Rahmen des Projekt-Supports durch eine namhafte Engineering-Gesellschaft. Die Aufgabe der TLG liegt hierbei im Bereich der übergeordneten Koordination und des Controlling. Modell der Regionalentwicklungsgesellschaft Ziel dieses Modells ist, für eine nicht betriebsnotwendige Fläche eines sich in der Privatisierung befindlichen Unternehmens ein Nutzungskonzept umzusetzen, das je ein Viertel der Fläche für gewerbliche Nutzungen und für Wohnungsbau vorsieht sowie die verbleibende Hälfte als Grünfläche ausweist. Die Stadtverwaltung hat eine regionale Entwicklungsgesellschaft in Trägerschaft der Stadt und Banken gegründet. Die Gesellschaft übernimmt im Auftrage der Stadt die Trägerschaft der Einzelmaßnahmen, da die erforderlichen Kapazitäten von der Kommunalverwaltung nicht bereitgestellt werden können. Gleichzeitig erhält die Gesellschaft den Planungs-, Entwicklungs- und Erschließungsauftrag für die zu beplanenden NBF durch die TLG/THA. Die Vermarktung erfolgt gemäß TLG-Richtlinien. Um den mit diesem Projekt verbundenen Finanzbedarf decken zu können, beinhaltet die gezielte Aufgabenstellung auch die Mobilisierung öffentlicher Fördergelder und privaten Kapitals. Grundstücks-Pool-Modell Der Hintergrund ist, daß in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Verkehrsgroßinfrastruktur ein Privatinvestor Grundstücke kauft. Auch die Treuhandanstalt verfügt in diesem Gebiet über umfangreiche Flächen. Um eine abgestimmte Entwicklung zu ermöglichen, ist eine Kooperation zwischen der TLG und dem Investor angebracht, auch mit dem Ziel, dessen Dienstleistungen für die TLG nutzbar zu machen. In einem weiteren Stadium ist die konkrete Abstimmung eines einheitlichen Entwicklungsplanes zwischen TLG/Investor und der benachbarten Stadt vorgesehen. Um eine sinnvolle Umsetzung der Planung erreichen zu können, bringen beide Partner ihre Flächen in einen Grundstückspool ein. Im Anschluß an die erfolgte Projektentwicklung erhalten beide Beteiligte analog einer Umlegung entsprechend dem Anteil ihrer eingebrachten Grundstücke einen Anteil an der Gesamtfläche zur Vermarktung. Zwischennutzungsmodell Im Zuge der Privatisierung haben sich viele Kleinunternehmen auf nicht betriebsnotwendigen Flächen ausgegründet. Über Miet- oder Pachtverträge haben sie sich auf diesen Flächen etabliert. Diese wünschenswerte Entwicklung steht aber [Seite der Druckausgabe: 39] oft im Gegensatz zu städtebaulich angestrebten Konzeptionen. Denn entsprechende Planungen können oft nicht umgesetzt werden, da sich für die durch Pacht-/Mietverträge entstandenen "parzellierten" NBF kaum Investoren gewinnen lassen. Durch die Bereitstellung geeigneter Ausweichflächen kann erreicht werden, daß die entsprechenden Flächen "freigezogen" werden. Der neue Investor erwirbt dann die so geschaffenen Flächen zu günstigen Konditionen für eine langfristige Entwicklung des Standortes und vermietet die Flächen an eine zu gründende Betriebsgesellschaft, der die Entwicklung und Untervermietung des Standortes obliegt. "Linkage"-Modell Um zu verhindern, daß nicht nur exzellente Standorte bzw. "Filetstücke" von NBF eine Aufwertung durch die Developer erfahren, ist das Modell der Kopplungsgeschäfte möglich. Bei dieser Modellvariante ist die Bindung eines Grundstückes mit weniger günstigen Voraussetzungen an die Veräußerung einer Immobilie mit hohem Entwicklungspotential gekoppelt. Der Developer wird auf vertraglicher Basis dazu verpflichtet, auch die "problematischere" Immobilie in eine gezielte Projektentwicklung aufzunehmen und damit einer Aufwertung zu unterziehen. Dies bietet die Möglichkeit, Industrie- und Gewerbebrachen in Lagen mit standortbedingten Ungunstfaktoren zu verhindern. Developer - Partizipations - Modell Ziel dieses Modells ist der "Einkauf" eines Höchstmaßes von professionellem Know how eines privaten Developers. Dieser bietet die für die Aufwertung einer Immobilie erforderlichen operativen Leistungen an, z.B. Kontakte, Schaffung von Planungsrecht usw. Als Gegenleistung für seine Tätigkeit erhält er einen auf Basis des Verkehrswertes ermittelten Anteil am zu entwickelnden Grundstück. Dadurch partizipiert er unmittelbar an der durch seine eigene Projektentwicklung realisierten Wertschöpfung, wobei gleichzeitig ein Höchstmaß seiner Effektivität gewährleistet wird. Naturalmodell Sollen öffentliche Fördermittel im Rahmen der Anschubfinanzierung für Erschließungsmaßnahmen von Gewerbegebieten beansprucht werden, muß die Kommune über förderungsfähige Flächen verfügen. Ist dies nicht der Fall, können ihr Flächen von der Treuhandanstalt auf der Basis einer Rahmenvereinbarung formell [Seite der Druckausgabe:40] "übertragen" werden. Dadurch wird die Möglichkeit der öffentlichen Vorfinanzierung der Erschließung geschaffen. Fiskalmodell Dieses Modell eignet sich für Flächen, die sich bereits an Haupterschließungsstraßen befinden ("teilerschlossen") und für deren Entwicklung keine öffentlichen Mittel beansprucht werden. Entsprechende Rahmenbedingungen vorausgesetzt, können einem Developer die "teilerschlossenen" Flächen unter Abstimmung mit der Kommune übertragen werden. Die aus dem Verkauf realisierten Erlöse werden zur Erschließung des Restgeländes verwendet.. Denkbar ist auch, dem Erwerber der Erstfläche unter Anrechnung auf den Kaufpreis die Erschließung des Gesamtgeländes aufzuerlegen. Die verbleibenden Flächen stehen der Treuhandanstalt durch einen erschließungsbedingten höheren Verkehrswert zur Veräußerung zur Verfügung. Modell Gesellschaft bürgerlichen Rechts Ausgangssituation dieses Modells ist: Eine Kommune verfügt über ein bestandskräftiges Planungsrecht, das für ein Gebiet die Ausweisung eines Gewerbegebietes vorsieht. Die entsprechenden Liegenschaften befinden sich im Eigentum verschiedener Privatpersonen und der Treuhandanstalt. Vor dem Hintergrund verschiedener Eigentumsverhältnisse gilt es, die kommunale Planung zielgerichtet umzusetzen. Dieses soll durch die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (GbR-Gesellschaft) durch die beteiligten Grundstückseigentümer und die TLG erreicht werden. Der GbR-Vertrag legt den von den Eigentümern geforderten Mindestverkaufspreis fest, wobei der Konsens auf der Basis des Verkehrswertes gefunden werden muß. Um den Beginn der Erschließung zu ermöglichen, leistet die Kommune ihren gesetzlich festgelegten Beitrag (10%) in Form einer Anschubfinanzierung. Parallel zu den einsetzenden Erschließungsarbeiten kann bereits die Ansiedlung der im Vorfeld gewonnenen Interessenten erfolgen. Das Projektmanagement obliegt dem Treuhänder in Zusammenarbeit mit der TLG sowie der Bauleitung vor Ort. Zur finanziellen Sicherung der Erschließungsmaßnahmen bestimmt der GbR-Vertrag weiterhin, daß die zu Beginn des Verkaufs erzielten Erlöse in Höhe der Erschließungskosten bei der GbR verbleiben und zunächst nicht an die Eigentümer ausgezahlt werden. Das Modell bietet den Vorteil für die Alteigentümer, an dem durch die Kommune im Rahmen des Planungsrechtes geschaffenen Grundstücksmehrwert teilzuhaben. Für die Kommune resultiert hieraus eine schnelle Umsetzbarkeit der Planung durch den [Seite der Druckausgabe: 41] Verzicht auf langwierige Verwaltungs- bzw. Umlegungsverfahren bei minimalem Einsatz öffentlicher Mittel. Existenzgründer-Selbsthilfe-Modell In diesem Modell sollen bei Projekten der Wiederverwertung von Brachflächen Arbeitslose bzw. von Arbeitslosigkeit Bedrohte einbezogen werden. Wesentlicher Bestandteil des Modells sind Beschäftigungsgesellschaften. Den Beschäftigungsgesellschaften werden von der THA/TLG Grundstücke zur Verfügung gestellt. Auf der Basis von ABM oder Maßnahmen der Fortbildung und Umschulung übernehmen diese Gesellschaften die Baureifmachung der Grundstücke einschließlich der Projektentwicklung für die vorgesehene Nutzung im Auftrag der THA/TLG. Der erforderliche Projektsupport wird durch die TLG gewährleistet. Diese Phase des Modells kann als Qualifizierungszeit bezeichnet werden, da sie der Vorbereitung späterer Existenzgründungen durch Aufbereitungs- und Verwertungsmaßnahmen am Standort dient. Im Wertumfang ihrer Leistungen können die ABS-Gesellschaften7 Grund und Boden als Voraussetzung für die zweite, die sog. Existenzgründerphase erhalten. In dieser Phase werden die Mitglieder in die Selbständigkeit überführt. Zur Sicherung ihrer Geschäftstätigkeit kann den Existenzgründern der erforderliche Grund und Boden von der ABS-Gesellschaft zu zinsgünstigen Konditionen zur Verfügung gestellt werden. Gruppenselbsthilfe-Modell Wohnungsausbau / -neubau Mittels dieses Modells soll die Inwertsetzung nicht marktfähiger Grundstücke durch von THA-Unternehmen freigesetzte Mitarbeiter erfolgen. Neben Maßnahmen zur Fortbildung und Umschulung soll durch eine organisierte Selbsthilfe die Verbesserung der Wohnraumversorgung auf dem Wege der Schaffung von Eigenheimen und der Vermögensbildung für die Gruppe der Arbeitslosen erreicht werden. Für diese Projekte existieren derzeit keine gezielten Förderprogramme. Eine wesentliche Voraussetzung dieser Projekte ist die Bereitstellung der äußeren Erschließung der Grundstücke durch die Kommunen oder andere Träger. Ferner können in beschränktem Maße Wohnungsbaufördermittel sowie Wohnkostenzuschüsse nach dem Sozialhilfegesetz eingesetzt werden. Mittel aus dem EG-Sozialfonds erlauben die Finanzierung von Ausbildungsmaßnahmen und der dafür erforderlichen Grundlagen. Angesichts dieser Situation ist eine "Sensibilisierung" der öffentlichen Finanzhaushalte für solche Vorhaben dringend geboten. 7 Arbeitsförderungs-, Beschäftigungs- und Strukturentwicklungsgesellschaften © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000 |