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[Seite der Druckausgabe: 28 / Fortsetzung]

VI. Regionen: einzelne Beispiele



1. Nordhausen

In den meisten Gemeinden des Landkreises Nordhausen hat der Tourismus z.Zt. keine nennenswerte wirtschaftliche Bedeutung. Ausnahmen bilden die Kreisstadt Nordhausen und einige Gemeinden im nördlichen und nordöstlichen Kreisgebiet, die in den Harz hineinragen, sowie jene Gemeinden, die den Höhenzug Hainleite im Süden des Landkreises tangieren. Die Südausläufer des Naturparks Harz bestimmen den Landschaftscharakter des nördlichen Kreisgebietes. In Nordhausen beginnt die Harzquerbahn, die nach Wernigerode fährt und als Touristenattraktion gilt. Hier leben knapp 50.000 Einwohner.

Die geringe Wirtschaftskraft des Tourismus läßt sich an der Qualität der Unterkunfts- und Verpflegungsmöglichkeiten ablesen. Die touristische Attraktivität wird zwischen dem Charme der Harz-Südlage und der Kargheit des Ostens als bewußte Bescheidenheit eingeordnet. Im gesamten Landkreis stehen z.Zt. rd. 550 private Betten - Erfahrungen aus den alten Bundesländern lehren, daß hier zusätzlich mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen ist - und etwa 1.400 gewerbliche Betten zur Verfügung. 60 Prozent der Bettenkapazität entfallen auf die Kreistadt Nordhausen (mit 54 Privatbetten und 320 gewerblichen Betten) und die Gemeinden am Fuße des Harzes llfeld (280 private, 255 gewerbliche Betten) und Neustadt (110 private, 185 gewerbliche Betten). Bei einer Durchschnittszahl von 4 bis 5 Betten pro Privatquartier und 30 pro gewerblichem Betrieb läßt sich erkennen, daß die Entwicklung des Tourismus zu einer nennenswerten wirtschaftlichen Bedeutung noch einiger Anstrengungen bedarf. Andererseits ist die Chance gegeben, den sich anbietenden naturnahen Tourismus sorgsam zu entwickeln. Obwohl, wie gezeigt, der Tourismus noch sehr unentwickelt ist, halten viele Gemeinden eine Steigerung der wirtschaftlichen Bedeutung des Fremdenverkehrs in ihrer Region für möglich. Die "materielle" Basis hierfür ist in Form von Gebäuden oft vorhanden. Es gibt eine Reihe von Hotels, Erholungsheimen und Kurkliniken, die nach Klärung der Eigentumsfrage auf den marktgerechten Stand gebracht und für Gä-

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ste nutzbar gemacht werden könnten. Durch die ungeklärten Eigentumsverhältnisse ist z.B. der Ausbau bzw. die Renovierung von zwei Hotels in Nordhausen, von drei Hotels in llfeld, einiger leerstehender Häuser in Sülzhayn blockiert. Ferner steht eine Vielzahl von FDGB- und Betriebsferienheimen sowie Kurkliniken (10 allein in Sülzhayn) leer. Dem Qualitäts- und Preisgefüge der gewerblichen Unterkünfte (entweder schlecht oder zu teuer) ist die vermutlich sehr hohe Auslastung in den Privatquartieren geschuldet, denn sie wird, soweit bekannt, vor allem durch Vermietung an Geschäftsreisende erreicht. Ein gastronomisches Angebot ist zwar in den meisten Gemeinden vorhanden, viele kommen aber über einen bescheidenen Standard nicht hinaus.

Neben der Naturschönheit, den Tannen- und vor allem den Laubwäldern an den windgeschützten Südhängen des Harzes, den anmutigen Höhenzügen der Hainleite, den Reizen des Landschaftsschutzgebietes "Alter Stolberg", dazu Höhlen und Stollen, Burgen und Burgruinen sowie Badeseen bei Neustadt und in Hainrode gibt es eine bescheidene, z.T. sanierungsbedürftige Freizeitinfrastruktur. So werden Traditionen wie das Köhlerhüttenfest in Neustadt wiederbelebt, die Bedeutung des Bergbaus für die Region im Bergwerksmuseum in llfeld und dem Untertagemuseum in Neustadt verdeutlicht. In einigen Gemeinden werden Ausflüge und Wanderungen in die Umgebung organisiert.

An der Schaffung eines Rad- und Wanderwegenetzes für den gesamten Landkreis arbeitet eine Arbeitsgruppe. Eine bundesländerübergreifende Zusammenarbeit zwischen Thüringen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen wird angestrebt. Vorhandene Reiteinrichtungen bieten eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung, die touristische Nutzung des Segelflugplatzes in Laimbach wird in Erwägung gezogen.

"Die vielfältigen Planungen zur qualitativen und quantitativen Verbesserung der Infrastrukturausstattung müssen vor allem im Bereich der Grundausstattung ansetzen (z.B. Kläranlagen, Heizungsumstellung, fließender und ruhender Verkehr, Telekommunikation, Aussschilderung, Altlastsanierung, Beseitigung wilder Müllkippen, Wasserversorgung), um die Vorausetzungen für eine nachhaltige Entwicklung des Freizeit- und Fremdenverkehrs zu schaffen" (Strukturgutachten Ostharz des DIWF, München). Der Aufbau von Tourismus durch private und gewerbliche Anbieter wird durch deutlich verbesserte Förderbedingungen von Landesseite unterstützt. So sind die kürzlich veröffent-

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lichten Richtlinien zur Förderung kleiner privater Investitionen zu nennen: vom Land wird der Einbau von Naßzellen in Privatunterkünfte wie Pensionen und die Erneuerung von Kücheneinrichtungen in gastronomischen Betrieben gefördert. Im kommunalen Bereich konzentrieren sich die Förderleistungen neben dem größten Projekt - der Harzquerbahn - auf den Ausbau von Campingplätzen und die Planung und Herstellung von Rad- und Wanderwegen mit überregionaler Bedeutung.

Die Verbands- und Vereinsbildung als wichtiges Instrument des Innenmarketing schreitet voran. Verkehrsvereine als Basis und Lobby des Fremdenverkehrs in den Kommunen arbeiten bereits vielerorts. In den Vereinen können die Vorschläge gesammelt und zu Forderungen gebündelt werden, die aus dem Kreis der im Tourismus Tätigen entstehen; so gewinnen effektive Fremdenverkehrsvereine vor allem an Bedeutung wie in Neustadt oder der Hainleite, in denen Fremdenverkehr nicht zu den Vorrangthemen der Stadtpolitik gehört. Allerdings können die regionalen und überregionalen Aufgaben von örtlichen Vereinen nicht allein gelöst werden. Alle Harzkreise betrachten den Harzer Verkehrsverein als ihren zuständigen Regionalverein. Dem entwickelten Tourismus des Westharzes, dessen Dominanz im gemeinsamen Verband befürchtet wird, wird das Angebot des Südharzes als Ergänzung und Differenzierung selbstbewußt entgegengesetzt. Durch die Mitgliedschaft im Thüringer Landesverband sind seit Frühjahr 1992 auch engere Kontakte zum Fremdenverkehrsgewerbe im übrigen Thüringen gegeben. Ein Beispiel für die Kooperation liegt in der Panorama-Karte "Südharz" vor, die von ausgewählten Gemeinden der Landkreise Nordhausen und Osterrode herausgegeben wurde. Bei den anstehenden Arbeiten zur Erstellung der Regional- und Rahmenplanung für den Kreis ist quasi als Bindeglied zwischen den örtlichen Vereinen und überregionalen Verbänden die Kreisverwaltung tätig. Da sich in den Kreisverwaltungen alle Interessen bündeln und politisch entschieden werden, fallen dort allerdings auch Entscheidungen, die eine Tourismusentwicklung behindern, z.B. die Genehmigung des Abbaugebietes Lindenhöhle bei llfeld.

Ein Fremdenverkehrskonzept soll auf Basis des Strukturgutachtens Ostharz entstehen, das die Spezifik des Ostharzes und der zu erwartenden Gästestruktur darstellt. Neben den unmittelbaren Gewinnen aus dem Tourismus wird eine durch die Förderung dieses Bereiches ausgehende Verbesserung

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der Freizeitinfrastruktur und damit eines Standortfaktors für die Ansiedlung anderer Wirtschafts- und Handelsunternehmen angestrebt. Damit ist zugleich vorgegeben, daß auf der als touristisches Entwicklungsgebiet ausgeschriebenen Fläche nur tourismusverträgliche Ansiedlungen erlaubt werden können. Jede wirtschaftliche Entwicklung muß folglich der Erhaltung der Natur und der Wahrung der kulturellen Eigenart der Orte nicht entgegenstehen. Ein erster Entwurf dieses Tourismuskonzeptes für Nordhausen sieht die folgende Reihenfolge für die Entwicklung des Fremdenverkehrs vor:

  1. Ausbau vorhandener FV-Orte (innerhalb des Fremdenverkehrsgebietes),
  2. Erschließung und Entwicklung weiterer, für den Fremdenverkehr besonders geeigneter Ortschaften (innerhalb des Fremdenverkehrsgebietes),
  3. Erschließung sonstiger, punktuell für die Erholung - insbesondere die Naherholung und den Bildungstourismus - geeigneter Ortschaften und Räume (außerhalb des Fremdenverkehrsgebietes)


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2. Oberhof

Die Planungs- und Entwicklungsmöglichkeiten in einer Region, die touristisch relativ schwach entwickelt ist, lassen sich nicht vergleichen mit den Bedingungen eines Ortes wie Oberhof im Thüringer Wald, der auch bzw. gerade seine Prägung als Fremdenverkehrsort erfahren hat und heute vor der schwierigen Aufgabe steht, das Vorhandene - unter völlig anderen gesellschaftlichen Bedingungen entstanden - den neuen Gegebenheiten anzupassen, d.h. vor allem einem Tourismus nach Marktgesetzen.

Oberhof war ein in der DDR gefördertes Aushängeschild für Leistungssport und Erholung und erreichte das ganze Jahr über eine touristische Auslastung von fast 100 Prozent. Die Kammlage im Thüringer Wald mit guten Wintersportmöglichkeiten für Leistungssportler und sportliche Erholungssuchende führte zum Aufbau von großen Hotels, die den heutigen Anforderungen nur sehr bedingt entsprechen und kaum wirtschaftlich zu betreiben sind.

Die Ausstattung mit Sportanlagen wie Sprungschanzen, Biathlon-Stadion und Rodel-Bob-Bahn führte nach der Wende zur Anerkennung des Ortes als Bundesleistungszentrum und Olympiastützpunkt, wodurch die finanzielle

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Unterstützung des Bundes für den Erhalt der Sportstätten und die Nutzung durch Leistungssportler gesichert wurde.

Neben den hervorragenden Wintersporteinrichtungen ist keine nennenswerte touristische Infrastruktur entstanden, so daß für Schlechtwettertage - nach Auskunft der Einheimischen gar nicht so selten - nicht gesorgt ist. Auch in den umliegenden Orten fehlen entsprechende Freizeiteinrichtungen und die Erwartungen der Nachbarn richten sich auf Oberhof, von dessen erhoffter Attraktivität man profitieren möchte. Trotz der Defizite erreicht man in den Monaten Mai, Juni und September in Oberhof Gästezahlen wie im Wintermonat Februar, was unter anderem darauf zurückgeführt wird, daß die Profilierung als Tagungsort in der Nebensaison erfolgreich ist. Da die monostrukturelle Entwicklung als Tourismusort für Oberhof von der Landesregierung befürwortet wird, wird der Ausbau als Ferienort auch mit dem Bemühen um Wiedererlangung des Prädikates "Luftkurort", das 1939 verliehen worden war, unterstützt. Im Katalog "Heilbäder, Seebäder, Kurorte und Versandheilwässer Deutschland" von 1939 war Oberhof als Luftkurort mit Diäteinrichtungen, 2 Ärzten, der Kurzeit vom 1. Mai bis 30. Oktober, der Hauptkurzeit vom 15. Mai bis 30. September, den Veranstaltungen Kino, Theater und Konzerten sowie Sportanlagen für Tennis, Golf, Reiten, Freischwimmen, Gymnastik und Angeln, Rodelbahn, Lenkrodelbahn, Sprungschanzen, Bobbahnen, Eisbahn, Curling- und Eisschießbahn aufgeführt. Die Kurtaxe betrug -.50 RM täglich, in der Vor- und Nachsaisonzeit -.30 RM für die erste Person. Bevor das Prädikat wiedererlangt werden kann, müssen einige Voraussetzungen dafür (wieder-) geschaffen werden, vor allem müssen die Luftwerte (die Umstellung auf schadstoffarme Heizungs- und Fernheizungssysteme erfolgt derzeit) und die Wasserver- und -entsorgung verbessert werden. Für die bauliche Nutzung eines Freiraumes im Ortszentrum als Gemeindezentrum gibt es schon seit Jahren Überlegungen, die jetzt konkreter vorgestellt werden. Die bestehenden Sportanlagen werden auch den Touristen zur Verfügung gestellt, so kann man z.B. die Bobbahn in der Begleitung eines erfahrenen Lenkers und Bremsers erleben. Darüber hinaus sind alle in Oberhof stattfindenden Sportereignisse von nationaler und internationaler Bedeutung eine gute Image-Werbung für den Ort, und mit der Lage am Rennsteig ist Oberhof mit der bekanntesten touristischen Attraktion Thüringens verbunden.

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In Zusammenarbeit der Hotels und der übrigen Gastgeber mit der Kurverwaltung und dem Fremdenverkehrsverein werden Ausflüge in die Umgebung, z.B. in die Städte Weimar und Eisenach sowie zur Wartburg, angeboten.

Bei der Planung kann man auf erste Ergebnisse der Auswertung von Gästebefragungen zurückgreifen. Da die Bedingungen mit der Wende 1989 sich gründlich änderten, spielt es keine Rolle, daß vergleichbare Zahlen erst eine kurze Reihe bilden, auch hier muß neu begonnen werden. Es gibt noch keine Trends, nur erste Hinweise.

1991 kamen die meisten deutschen Gäste aus Nordrhein-Westfalen (18%), Hessen (12%), Bayern (9,9%), Baden-Württemberg (9,4%), Niedersachsen (9,3%) und Thüringen (8,3%): Im ersten Halbjahr 1992 blieb zwar NRW (18,3%) Spitzenreiter, die weiteren Plätze haben sich jedoch verschoben:

Hessen (14,5% = Zuwachs gegen 1991), Thüringen (9,5%), Niedersachsen (9%), Sachsen (8,2%) und dann Baden-Württemberg (5,4%) und folgend andere recht gleichmäßig verteilt mit Anteilen zwischen 1,5% und 3,5%; Ausländer fielen mit 2,7% (1991) und 1,6% (1992) kaum ins Gewicht. Interessant ist auch, daß die Aufenthaltsdauer gewachsen ist. Der prozentuale Anteil derjenigen, die mehr als eine Nacht geblieben waren, ist höher, verteilt nach den Kategorien 2 Nächte, 3 Nächte, 4 Nächte usw. Die deutliche Inanspruchnahme der Übernachtungsangebote durch "Schnuppergäste" verschob sich zugunsten von Kurzaufenthalten.

Von den Gästen, die 1991 Oberhof besuchten, waren 73,5 Prozent das erste Mal dort, 1992 kamen 66 Prozent zum ersten Mal. Den Ausschlag für die Wahl des Ortes hatten Empfehlungen von Bekannten (ca. 60%), Berichte in Zeitungen und Zeitschriften (21 %) und in Rundfunk und TV (15% 1991 und 9% 1992) gegeben; Kurzurlaub wurde als häufigster Reisegrund genannt (75%). Um den Ort für längere Kur- und Erholungsaufenthalte attraktiv zu gestalten, wird wenigstens die Wiederherstellung der Ausstattung von 1939 angestrebt. Ferner sind die Erstellung eines Gutachtens über das Bioklima, die Luftqualität sowie über die medizinisch-klimatologische und therapeutische Wirkung eines Aufenthaltes notwendig. Neben dem Ausbau der Gastronomie sind Stadt- und gartengestalterische Maßnahmen erforderlich (Wieder-Aufbau von Sportanlagen und einer "Wandelhalle" für Einrichtungen zur Überbrückung von Schlechtwetterperioden (Konzertsaal, Bibliothek, Lesehalle, Spielzimmer etc.). Auch der Ausbau eines klassifizierten und gekennzeichneten Wanderwegenetzes und die Pflege der Schutzhütten etc. - andernorts von

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funktionierenden örtlichen Wandervereinen gewährleistet -, muß hier von der Kommune, der Kurverwaltung oder dem Fremdenverkehrsverein geleistet werden.

Auf die Kurverwaltung kommen durch die nötige Koordination von touristischen Veranstaltungen mit den Sportveranstaltungen besondere Aufgaben zu, damit der Bonus der sportlichen Attraktionen optimal eingesetzt wird. In Oberhof stehen elf Hotels zur Verfügung, die Bewertung durch die oben zitierte Untersuchung ergab Anfang 1992, daß nur in einem Hotel ein Speisenservice von 07.00 - 23.00 Uhr in den Hotelrestaurants geboten wurde und zusätzlich ein Zimmerservice vorhanden war. Sieben der Hotels boten Speisen nur von 12.00 - 14.00 Uhr und 18.00 - 21.00 Uhr an. Bei der Bewertung der Zimmerausstattung, der Naßzellen sowie der Aufenthaltsräume bekamen 5 bzw. 7 Hotels die Note befriedigend, als sehr gut konnte nur ein Haus eingestuft werden. Fassaden, Balkone und Fensterläden waren bis auf eine Ausnahme renovierungsbedürftig. Nach den Normen des Schweizer Hotelierverbandes wurde folglich ein Haus als Erstklasse, fünf Häuser als Mittelklasse und vier Häuser als Hotels der Touristenklasse eingestuft. Insgesamt verfügte Oberhof zu Beginn des Jahren 1992 über 2.200 Hotelbetten, wobei in einem Haus allein 800 Betten und in einem weiteren 500 Betten gezählt wurden.

Als Hinweis für Einkommensquellen für die Kurverwaltung wurde von den Beratern empfohlen, die Zimmervermittlung im Ort gegen Provision von den Vermietern zu übernehmen, einen Souvenir-Verkauf zu betreiben, einen Ferienpaß zu verkaufen und ein Museum (z.B. ein Olympia-Museum) zu eröffnen. Ferner wurde aufgrund von positiven Erfahrungen aus der Schweiz die Bildung einer Werbegemeinschaft verschiedener Orte vorgeschlagen.

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3. Weimar

Die deutschen Klassiker wie Goethe, Schiller, Herder und Wieland, Komponisten wie Liszt und Bach, die Künstler der Weimarer Malschule und die Begründer des Bauhauses verhalfen der Stadt zu Weltruhm. Heute sind die Stätten ihres Wirkens als Museen den Besuchern aus aller Welt zugänglich. Die Stadt kann das Interesse an ihren Kunst- und Kulturschätzen (noch) nicht im vollen Umfang nutzen. Das Angebot an Hotels, Pensionen und Privat-

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quartieren ist für die Nachfrage viel zu klein und angesichts der Attraktivität völlig unzureichend.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlägt sich die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus in den Zahlen nieder: der Umsatz erreicht ca. 100 Mio. DM pro Jahr, etwa 1.200 bis 1.400 Beschäftigte sind direkt oder indirekt vom Fremdenverkehr abhängig, das Steueraufkommen beträgt 1,8 Mio. DM im Jahr. Die Beherbergungsmöglichkeiten zeigen eine dem Nachfragepotential nicht angemessene Struktur; von den 1.700 gewerblichen Betten finden wir ca. 30% in der 4-Sterne-Kategorie und ca. 40% in Privatquartieren. Im 3-Sterne-Bereich liegen weitere 22%, in der für "normale" Touristen interessanten 1-2-Sterne-Kategorie nur 9%. Auf die Umgebung kann auch nicht zurückgegriffen werden, denn im Landkreis werden insgesamt nur 117 Betten (in 1-2-Sterne-Gast-stätten und Pensionen) gezählt. Städte wie Jena z.B. stehen jedoch bereit, die Gäste zu beherbergen, die Weimar sehen möchten und dort nicht unterkommen. In der Stadt Weimar kommen bei 61.000 Einwohnern 1,7 Gästebetten auf einhundert Einwohner. Zum Vergleich: in Bamberg (60.000 Einwohner) 2,5 Betten pro hundert Einwohner und in Trier (90.000 Einwohner) 3,8 Betten pro hundert Einwohner. In der unzureichenden Unterkunftssituation dürfte begründet sein, daß vorläufig der Tagestourismus eine sehr große Rolle spielt (steht doch Weimar nach einer Umfrage bei deutschen Busreiseveranstaltern an vierter Stelle ihrer Gunst), zumal dank der knappen Betten die Übernachtungspreise außer Kontrolle sind und abschreckend wirken.

Und doch, der Verlauf des Jahres 1992 wird vom städtischen Amt für Tourismus und Weimar-Werbung positiv eingeschätzt. Die Zahl der Übernachtungen ist gestiegen und das Interesse der Tagesgäste schlägt sich in einem Zuwachs von 20 Prozent nieder. Auch an der gestiegenen Zahl von Anfragen nach Information kann ein zunehmendes Interesse abgelesen werden. Besonders positiv werden vermehrte Anfragen aus dem Ausland vermerkt. Bei dem großen Angebot von gehobener Hotellerie bietet es sich an, Weimar als Ort für Tagungen und Kongresse auszuschreiben; die entsprechende Nachfrage entwickelt sich in diese Richtung. Ihr wird mit der Eröffnung eines Tagungs- und Kongress-Service Rechnung getragen, auch Incentive-Reisen gehören in diesen Bereich. Mit Genugtuung wird auf die ersten, erfolgreich durchgeführten Veranstaltungen verwiesen.

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Derzeit geht der Stadt noch ein großes Potential an kaufkräftigem Publikum verloren. Nichtsdestotrotz werden Volks- und Kunstfeste in das touristische Programm einbezogen, der Goethe-Geburtstag gefeiert und das Zwiebelfest propagiert, mit dem Ziel, die Saison zu verlängern und die Auslastung zu verbessern. Einige Verbesserungen der touristischen Infrastruktur sind neben der Eröffnung neuer Hotels zu registrieren: Etwa 20 gastronomische Betriebe wurden eröffnet, ein zentraler Busparkplatz mit Anschluß an das öffentliche Park- und Ride-System geschaffen und der Aufbau eines touristischen Leitsystems für Fußgänger begonnen. Die ökonomische Wirkung des sich entwickelnden Tourismus greift über die unmittelbaren Betriebe hinaus. So bieten Souvenirläden, Kutsch- und Kleinbusunternehmen Einkommens- und Steuerquellen für die Stadt.

Da der Stadt Weimar optimale Entwicklungschancen eingeräumt werden, die aus ihrem kulturellen Angebot, der guten überregionalen Verkehrsanbindung (Flughafen Erfurt) und der attraktiven natürlichen Umgebung gespeist werden, muß mit Nachdruck an der Beseitigung hemmender Faktoren gearbeitet werden. Eine Erweiterung des Hotelangebotes (die auch hier von unklaren Eigentumsverhältnissen und daraus resultierender geringer Neigung zu Investitionen der Pächter behindert wird) auf ca. 2.000 Fremdenbetten mit der Aufteilung in je einem Drittel in der First-Class, der mittleren Preis-Kategorie und der 1- bis 2-Sterne-Kategorie wird von Beratern als wünschenswert erachtet. Eine derartige Struktur würde durch den derzeitigen Bestand von Privatunterkünften sinnvoll ergänzt.

Ferner ist die Erweiterung des gastronomischen Angebotes auf ca. 150 Restaurants, was dann dem Mittelwert der Städte in den alten Bundesländern (eine Gaststätte pro 400 Einwohner) entspräche, nötig. Um der Nachfrage nach Tagungen und Kongressen gerecht zu werden, müßte ein Tagungs- und Kongress-Zentrum für 1.000 Personen entstehen. Bei diesen Vorschlägen wird von einer Gästestruktur ausgegangen, die zu 55 Prozent aus Geschäftsreisenden, 25 Prozent Tagungsgästen und 20 Prozent aus touristisch und kulturell interessierten Gästen besteht.

Neben einer Verbesserung der touristischen Infrastruktur sind auch in Weimar ein paar Probleme zu lösen, die in vielen Städten der ehemaligen DDR bestehen: Der Durchgangsverkehr muß durch die Schaffung von Umgehungsstraßen aus der Stadt ferngehalten werden, die Luftqualität - be

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sonders im Winter durch die individuelle Heizung mit alten Anlagen und schlechtem Brennmaterial problematisch - muß deutlich verbessert werden. Für die Weiterentwicklung des Tourismus in Thüringen sollten Städtetourismus und Erholungstourismus miteinander verflochten und nicht unabhängig voneinander betrachtet werden. Die Fülle von Attraktionen auf so engem Raum muß in die Planung eines Landesraum- und Verkehrskonzeptes eingehen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1999

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