FES | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|
|
TEILDOKUMENT:
4. Umsetzung der Förderangebote Der Umstrukturierungsprozeß in den neuen Ländern wird von einer Vielzahl von Förderprogrammen unterstützt, von denen einige wichtige kurz vorgestellt wurden. Entscheidend für den Erfolg des Förderinstrumentariums und damit für einen rascheren Aufbau der ostdeutschen Wirtschaft ist die Nutzung der Finanzierungshilfen, um zusätzliche Investitionen durchzuführen. Generell zeigt sich dabei ein verhalten optimistischer Trend. Aus diesem Feedback lassen sich zweitens Hinweise für eine effizientere Gestaltung der Förderprogramme und mögliche Engpässe ableiten.
4.1 Inanspruchnahme der Gemeinschaftsaufgabe
Die Gemeinschaftsaufgabe fördert den Aufbau der gewerblichen Wirtschaft und der wirtschaftsnahen Infrastruktur. Dazu werden im Zeitraum 1991-1994 17,4 Mrd. DM für die neuen Bundesländer bereitgestellt (Übersicht 4). Mit dem Instrument der Verpflichtungsermächtigung können die neuen Länder, die die Gemeinschaftsaufgabe auf ihrem Gebiet durchführen, Verbindlichkeiten eingehen, die zu Lasten späterer Haushalte gehen. So ist erklärbar, daß z.B. Brandenburg für 1991 mehr GA-Mittel bewilligt hat als vorhanden sind. In Thüringen sind 1991 876 Mio. DM an Mitteln aus der GA vorgesehen. Davon wurden 557,5 Mio. DM für Investitionsvorhaben bewilligt, woraus sich eine Bewilligungsquote von 63,6 % errechnet. Diese Zahl dürfte jedoch erheblich höher einzuschätzen sein, weil es zu Verzögerungen bei der Bestätigung der Vorschläge des Förderausschusses durch den Wechsel im Wirtschaftsministerium kam. Ein Vergleich der Landesförderquoten (bewilligte GA-Mittel in DM/Einwohner in % des Landesdurchschnitts) zeigt, daß die GA-Förderung bislang am intensivsten in Brandenburg betrieben wird. Da die vorgesehenen GA-Mittel im Zeitablauf abnehmen und außerdem ein erheblicher Teil für spätere Haushaltsjahre bereits verplant ist (im Haushaltsjahr 1992 durchschnittlich 59,2 %), ist in nächster Zukunft eine Mittelknappheit zu erwarten. Bisher werden für Investitionsvorhaben noch Fördersätze gewährt, [Seite der Druckausgabe: 31]
Übersicht 2: Verteilung von GA-Mitteln (einschließlich Europäischer Regionalfonds) auf Bundesländer (Stand 31.10.91)
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft [Seite der Druckausgabe: 32] die i.d.R. nahe bei den Höchstsätzen liegen. In dieser Situation ist natürlich der einfachste Weg denkbar, die Förderhöchstsätze generell für alle Investitionsvorhaben zu kürzen (etwa für die Errichtung von Betrieben von derzeit 23 % auf 20 %) und im übrigen alle Regionen eines Landes in gleicher Weise zu fördern, wie das nach dem 20. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe zulässig ist. Der Vorteil einer (z.B. nach regionalen und sektoralen Gesichtspunkten) differenzierten Förderpraxis liegt jedoch in der Verhinderung bzw. Eindämmung eines Auseinanderdriftens der Wirtschaftsentwicklung in den Regionen. Da die strukturelle Ausgangsbasis regional verschieden ist, sind auch unterschiedlich starke Schwierigkeiten im Anpassungsprozeß zu erwarten, die mit einer derartigen Förderpraxis berücksichtigt werden könnten. Hier sind die Länder aufgerufen, Kriterien bzw. Schwerpunkte für ihre Förderung zu formulieren. Die Entwicklung strukturpolitischer Konzepte ist derzeit in Mecklenburg-Vorpommern am weitesten vorangeschritten. Das Verhältnis der 1991 ausgezahlten zu den bewilligten GA-Mitteln ist die Auszahlungsquote, die im Landesdurchschnitt nur 37,7 % beträgt. Das ist ein Hinweis darauf, daß die Antragsteller in der Tendenz erst dann mit der Durchführung des Investitionsvorhabens beginnen, wenn die Finanzierungsseite vollständig geregelt ist. Daher ist eine rasche Entscheidung über die Anträge erforderlich, um hier zusätzliche Verzögerungen zu vermeiden. Außerdem ist das örtliche Bankensystem aufgerufen, neben den Angeboten der Förderinstitute verstärkt günstige Zwischenfinanzierungen anzubieten, wenn diese auch mit einem gewissen Risiko verbunden sind. Die Auszahlungsquote liegt im übrigen im Bereich der privaten Wirtschaft erheblich höher (40,2 %) als bei Vorhaben zur Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur (32,9 %). Das ist angesichts der Komplexität der Entscheidungsprozesse in der öffentlichen Verwaltung auch nicht anders zu erwarten. Bei der Gemeinschaftsaufgabe wurden bisher Anträge über ein förderwürdiges Investitionsvolumen von 65 Mrd. DM im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und von 12 Mrd. DM für Infrastrukturmaßnahmen gestellt (Übersicht 5). Davon sind Anträge über ein Investitionsvolumen von 36 Mrd. DM (gewerbliche Wirtschaft) bzw. von 4 Mrd. DM (wirtschaftsnahe Infrastruktur) bewilligt, mit dem 135000 zusätzliche [Seite der Druckausgabe: 33] Übersicht 3: Inanspruchnahme von GA-Mitteln (einschließlich Europäischer Regionalfonds) nach Bundesländern (Stand 31.10.91)
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft [Seite der Druckausgabe: 34] Dauerarbeitsplätze geschaffen und 113000 bestehende Arbeitsplätze gesichert werden. Das Verhältnis zwischen bewilligtem und förderungsfähigem Investitionsvolumen kennzeichnet den Antragsbearbeitungsstand, der in der privaten Wirtschaft 55 % und bei den Gebietskörperschaften 33,5 % beträgt. Der Antragsbearbeitungsstand beträgt dagegen 29,7% bzw. 49,3%, wenn auf den Anteil der bewilligten an den förderfähigen Vorhaben abgestellt wird. Offenbar werden in der privaten Wirtschaft zunächst größere Vorhaben unterstützt, während die Situation im kommunalen Bereich eher umgekehrt erscheint. Besonders erfreulich ist allerdings, daß im Landesdurchschnitt 81 % der 1991 bewilligten Mittel der Gemeinschaftsaufgabe im Bereich der gewerblichen Wirtschaft auf die Förderung von Errichtungsinvestitionen entfallen. Die Vorschläge für eine Verbesserung der Gemeinschaftsaufgabe konzentrieren sich auf eine Aufweichung der derzeitigen Förderbedingungen. So wird zum einen vorgeschlagen, die Positivliste zu erweitern bzw. abzuschaffen, damit auch Betriebe, die nur lokale begrenzte Leistungen erbringen, förderfähig werden. Zum anderen wird kontrovers diskutiert, auch Unternehmen, die sich noch im Eigentum der Treuhandanstalt befinden, in die Förderung einzubeziehen. Der ursprüngliche Einwand, daß die Treuhandanstalt auf diese Weise Überschüsse erzielen könnte, ist durch die reale Entwicklung, die zu enormen Defiziten bei der THA führte, längst überholt. Dennoch bleibt unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten eine Förderung bedenklich, da sich der Staat, in dessen Eigentum sich die THA-Betriebe befinden, nicht selbst subventionieren sollte. Generell würde eine Ausweitung der Förderung eine erhebliche Aufstockung der Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe erfordern, was angesichts der gegenwärtigen Haushaltslage im Bund und wegen der notwendigen Genehmigung der EG-Kommission politisch nur schwer durchsetzbar wäre. Für die THA-Betriebe wird eine Förderung derzeit in Erwägung gezogen, wenn dadurch eine drohende Stillegung des Betriebes verhindert wird. Mit der Regelung, daß erschlossene Gewerbegebiete überwiegend an förderfähige Unternehmen vergeben werden müssen, bestehen derzeit noch Schwierigkeiten. So wurde z.B. in Erfurt die getroffene Zusammensetzung der Betriebe geändert, um diese Anforderung zu erfüllen. Die Bedingung kann natürlich erst dann überprüft werden, wenn das geförderte Gewerbegebiet vollständig belegt ist. Im Prozeß der Ansiedlung reicht es aber für die Gewährung von GA-Mitteln aus, wenn die Gemeinde glaubhaft versichert, daß sie in Verhandlungen mit Unternehmen steht, die eine überwiegende Nutzung der Gewerbefläche durch förderfähige Betriebe erwarten lassen. Ob dann Zuschüsse anteilig zurückgezahlt wer- [Seite der Druckausgabe: 35] den müssen, wenn durch die tatsächliche Belegung diese Anforderung nicht erreicht wird, ist derzeit noch offen. Erwartet wird jedoch auch hier eine eher großzügige Handhabung, die den Interessen der neuen Länder entspricht. Im übrigen empfiehlt es sich gerade für große Gemeinden, eine Politik der Flächenvorratshaltung zu betreiben. Die GA-Zuschüsse sind an keine Bedingung gebunden, daß die geförderte Fläche z.B. innerhalb einer bestimmten Frist vollständig an Betriebe vergeben werden müßte. Verschiedentlich wurde in der Diskussion ein zu langes Antragsverfahren bei der Erschließung von Gewerbegebieten beklagt. Hier empfiehlt es sich, daß Experten der Gemeinde (z.B. Bürgermeister) sich bei den Beratungen im Förderausschuss bereithalten, um eventuelle Rückfragen (z.B. hinsichtlich der Kostenvorstellungen von privaten Vertragspartnern) zu beantworten.
4.2 Erfahrungen mit Existenzförderprogrammen
Die Deutsche Ausgleichsbank fördert das Entstehen von kleinen und mittleren Betrieben der gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe, insbesondere durch die Gewährung von ERP-Gründungskrediten und mit Eigenkapitalhilfe. Mit diesen Kreditprodukten, die kombiniert einsetzbar sind, wurden 1990 35000 und 1991 bisher weitere 50 000 Existenzgründungen (tragfähige Vollexistenzen) gefördert. Im Vergleich dazu wurden in den 70er und 80er Jahren in der alten Bundesrepublik jährlich
Bemerkenswert ist, daß 40 % der Förderanträge von Frauen gestellt wurden (in den alten Ländern 25 %). Mit 55 % der Anträge ist der Frauenanteil bei den freien Berufen besonders hoch. Wird nach Branchen differenziert, dann entfallen auf das Handwerk 28 %, auf den Handel 21 % und auf den freiberuflichen Bereich 40 % aller Förderanträge. Dominierend im Handwerk ist das Baugewerbe (einschließlich Klempner, Schlosser, Installateure), gefolgt vom KFZ-Handwerk. Bei den freien [Seite der Druckausgabe: 36] Berufen profitieren besonders die Heilberufe (Ärzte, Zahnärzte, Apotheken) von den Existenzgründungshilfen. Um den Erfolg der Existenzgründungsfinanzierung sowie die Struktur der Gründungen im Bereich der kleinen und mittleren gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe einschätzen zu können, hat die Deutsche Ausgleichsbank eine Untersuchung durchgeführt, die im Januar 1991 abgeschlossen war. Befragt wurden 2200 Existenzgründer, die 1990 mit Eigenkapitalhilfe gefördert wurden. Die Rücklaufquote der Fragebögen war mit 76 % erstaunlich hoch, so daß sich allgemeine Erkenntnisse ableiten lassen. Die an der Untersuchung beteiligten Existenzgründer hatten fast ausnahmslos eine abgeschlossene Berufsausbildung. Auffallend hoch (70 %) ist der Anteil der Gründer, die einen Meistertitel aufweisen können oder ein Fachhochschul- bzw. Hochschulstudium absolviert haben. Dieser Qualitätsstandard erklärt sich daraus, daß auf das Handwerk und die akademischen freien Berufe (Apotheker, Ärzte) ein hoher Anteil der Darlehenszusagen entfällt (derzeit rd. 70 %). Das Durchschnittsalter der Existenzgründer liegt bei 39,2 Jahren und ist damit deutlich höher als bei den Empfängern von Eigenkapitalhilfe im alten Bundesgebiet (32,7 Jahre). Etwa 40 % der Gründer in den neuen Ländern sind älter als 40 Jahre. Von den Unternehmen, die im Befragungszeitpunkt 10 und mehr Beschäftigte hatten, wurden 54 % von geförderten Inhabern geleitet, die älter als 40 Jahre sind. Offenbar haben gerade die älteren Gründer, denen bislang aufgrund der Planwirtschaft der Weg in die Selbständigkeit verbaut war, häufiger den Mut, größere Betriebe aufzubauen bzw. zu reorganisieren. Aufgrund der Altersstruktur der Befragten ist es nicht weiter verwunderlich, daß 88 % der Gründer verheiratet sind. In 50 % aller Fälle arbeitet die Ehefrau haupt- oder nebenberuflich im Unternehmen mit. Bei 36 % der Gründer hat sich die Aufnahme der Geschäftstätigkeit, verglichen mit dem Planungsstand bei der Beantragung der Eigenkapitalhilfe, um mindestens 1 Monat verzögert. Bei 23 % ergab sich eine Zeitverzögerung von 2 und mehr Monaten. Als Hauptursachen für die verspätete Aufnahme der Tätigkeit wurden Lieferverzögerungen (insbesondere westdeutscher Unternehmen), Engpässe an brauchbaren Gewerbeflächen und Praxisräumen sowie die schleppende Arbeit der Behörden (z.B. Baubehörden) genannt. [Seite der Druckausgabe: 37] Der Engpaß an brauchbaren Gewerbeflächen und Praxisräumen ist eines der Haupthindernisse für den raschen Aufbau eines leistungsfähigen Mittelstandes. So wurde von den Gründern häufig beklagt, das gemietete oder gepachtete Räume nicht rechtzeitig zur Verfügung standen, überhöhte Mieten oder Pachten verlangt wurden, Pachtverträge nicht mit der erwünschten Laufzeit zu erhalten waren und sich behördliche Genehmigungen für den Aus- oder Umbau der Räume verzögerten. Damit ist zu erklären, daß nahezu die Hälfte der Existenzgründungen in Räumen erfolgten, die sich im Eigentum des Gründers oder seiner Familienangehörigen befinden bzw. für das Gründungsvorhaben erworben wurden. Für 46 % der Befragten sind die derzeitigen Räumlichkeiten allerdings nur bedingt geeignet oder nur als Übergangslösung akzeptabel (Handwerk 56%). Hier werden in Zukunft erhebliche Nachfinanzierungen notwendig sein, um die angelaufenen Gründungen zu unterstützen. Die Unternehmer verfügten bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit durchschnittlich über 4,1 Vollzeitarbeitskräfte (Inhaber eingeschlossen). Bis zum Befragungszeitpunkt Anfang 1991 hatte sich die Durchschnittsbeschäftigtenzahl auf 5,3 erhöht und lag damit bereits deutlich höher als die Planbeschäftigtenzahl, die die Gründer bei der Beantragung der Eigenkapitalhilfe genannt hatten. Bis Ende 1991 wird von den Befragten eine durchschnittliche Beschäftigtenzahl von 6,8 erwartet. Aufgrund dieser Entwicklung wird von der Deutschen Ausgleichsbank ein Beschäftigungseffekt durch den Gründerjahrgang 1990 von mindestens 200 000 neuen Arbeitsplätzen erwartet. Da das Gründungsgeschehen 1991 weiter stark zugenommen hat (bereits im l. Quartal 1991 waren mehr Anträge auf Eigenkapitalhilfe gestellt als im Gesamtjahr 1990) dürften auch bei konservativer Schätzung nochmals mindestens 200 000 Arbeitsplätze hinzukommen. Die Beschäftigungszuwächse im Gründungsgeschehen sind hervorgerufen durch eine positive Umsatz- und Ertragsentwicklung bei den Unternehmen. So ist der monatliche Durchschnittsumsatz der Befragten von Juni bis Dezember 1990 um 85 % auf 72 600 DM gestiegen. Ein Anstieg ist für alle Wirtschaftszweige feststellbar, am stärksten profitieren jedoch das Handwerk sowie die freien Berufe, die im Untersuchungszeitraum ihren Umsatz mehr als verdoppeln konnten. Während 1990 noch 37 % der Gründungen Anfangsverluste hinnehmen mußten, wird von den Unternehmen bereits für 1991 mit einer deutlichen Verbesserung der Ertragslage gerechnet. So erwarten 2/3 der Befragten, in die Gewinnzone zu gelangen. [Seite der Druckausgabe: 38] Zur Sicherung der selbständigen Existenz bzw. zur Realisierung von Wachstumschancen sind bei der Mehrzahl der Betriebe weitere Investitionen erforderlich. Etwa 2/3 der Befragten haben für 1991 größere Investitionen geplant, die durchschnittlich 167 000DM betragen und dem Aufschwung in der Investitionsgüterindustrie zugute kommen. Der hohe Kapitalbedarf bei den Gründungs- und Folgeinvestitionen steht im auffallenden Gegensatz zu der ausgeprägten Eigenkapitallücke und der zunächst schwachen Ertragslage der Unternehmen. Der durchschnittliche Eigenkapitalanteil beträgt bei den Existenzgründungen lediglich 8,6 % und ist damit erheblich geringer als in der alten Bundesrepublik (18-20 %). Bei 40 % der Gründungen liegt der Eigenkapitalanteil unter 4%. Ohne die großzügige Interpretation der Regelungen bei der Eigenkapitalhilfe in den neuen Ländern (15% Eigenanteil ist nicht unbedingt erforderlich, wenn der Erfolg des Vorhabens erwartet werden kann) wären somit die wenigsten Gründungen verwirklicht worden. Eine weitere problematische Entwicklung im Gründungsgeschehen ist der auffallend hohe Anteil der Gemeinschaftsgründungen. Bevorzugte Rechtsform ist die GmbH, die auch bei nicht angemessenen Betriebsgrößen gewählt wird. Die aus einer Vielzahl von Gesellschaftern folgenden Entscheidungsprobleme dürften der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, die auch eine schnelle Reaktion auf wechselnde Marktverhältnisse beinhaltet, nicht förderlich sein. Beinahe 30 % der Befragten gaben an, daß sie in der Zeit nach der Existenzgründung keine besonderen Schwierigkeiten zu überwinden hatten. Die Mehrzahl mußte sich allerdings gegen einen (29,4 %) oder zwei (23,3 %) stärker spürbare Widerstände durchsetzen. Nur 18,4% der Existenzgründer berichteten über eine Vielzahl von Behinderungen bei der Ausübung der selbständigen Tätigkeit. Die genannten Schwierigkeiten bestehen hauptsächlich in
Auf der Absatzseite war vor allem eine schnellere Revitalisierung der Wirtschaft bzw. ein rascherer Nachfrageanstieg erwartet worden. Häufig wurden die Investitionsschwäche der Kommunen, der heimischen Industrie sowie der Mangel an privaten Bauinvestoren beklagt. Über Kaufzurückhaltung wegen zunehmender Arbeitslosigkeit berichteten vor allem Existenzgründer im konsumnahen Handel. [Seite der Druckausgabe: 39] Ein zunehmender Konkurrenzdruck, insbesondere durch überregional tätige westdeutsche Anbieter, wurde nur von wenigen Unternehmen genannt. Auf der Beschaffungsseite ergaben sich Probleme vor allem bei der verzögerten Lieferung von maschinellen Anlagen, Einrichtungen und beim Warennachschub, insbesondere von westdeutschen Herstellern oder Großhändlern. So wurde häufig beklagt, daß Wachstumschancen wegen verspäteter Lieferung nicht wahrgenommen werden konnten. Da die Umsatz- und Ertragserwartungen eindeutig auf ein gestiegenes Absatzpotential hinweisen, ergibt sich bei positiver Nachfrageentwicklung ein Angebotsengpaß, der in der Tendenz zu Preiserhöhungen führen wird. Auf die Probleme bei der Raumbeschaffung wurde bereits hingewiesen. Hier sind es in erster Linie ungeklärte Eigentumsverhältnisse, ungenügende Energieversorgung, fehlende oder unzureichende Ausstattung mit Kommunikationseinrichtungen sowie überzogene Mietpreisforderungen, die sich hemmend auf die Geschäftsentwicklung auswirken. Interessanterweise ist die Beschaffung qualifizierten Personals für die wenigsten Unternehmen ein Entwicklungshindernis. Existenzgründer sowohl im Bereich der gewerblichen Wirtschaft als auch bei den freien Berufen sind in der Anfangsphase in einem besonders hohem Maß auf die wohlwollende Unterstützung von Institutionen (kommunale Behörden, Arbeitsamt, Krankenkassen, Finanzamt, Kammern, Kreditinstitute etc.) angewiesen. In der Befragung waren 15,6 % mit der tatsächlichen Unterstützung unzufrieden. Vor allem wurden Inkompetenz und lange Entscheidungswege bei den Behörden beklagt. Angesichts der großzügigen Fördermöglichkeiten im Rahmen der Eigenkapitalhilfe und der ERP-Gründungsprogramme wurden gravierende Finanzierungsprobleme nicht erwähnt. Verschiedentlich wurde allerdings der Zeitbedarf für die Bereitstellung der Finanzmittel als zu lang empfunden (12,8 %). In 4,1 % aller Fälle wurden teure Kredite zu Marktkonditionen für die Zwischenfinanzierung aufgenommen. Besonders erwähnenswert ist das Ergebnis, daß zumindest Anfang 1991 fast alle Befragten (98,5 %) den Entschluß, sich selbständig zu machen, noch nicht bereut hatten. Widerstände und Rückschläge, die nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit eintraten, konnten offensichtlich überwunden werden. Im allgemeinen besteht der Eindruck, daß im kleingewerblichen und freiberuflichen Bereich ein beachtlicher Neuanfang gelungen ist, der dem industriellen Bereich mit einer eigenständigen Dynamik vorauseilt. Dieses Ergebnis wird aller- [Seite der Druckausgabe: 40] dings dadurch relativiert, daß die Befragung zu einer Zeit erfolgte, in der die Gründungsvorhaben erst angelaufen waren. Erfahrungsgemäß entscheidet aber gerade das 3. - 5. Jahr über Erfolg oder Mißerfolg einer Geschäftstätigkeit. Außerdem haben die Unternehmen den finanziellen Belastungstest noch vor sich, da die Kredithilfen in den ersten Jahren tilgungsfrei sind. Gleichwohl deuten die Untersuchungsergebnisse auf eine positive Entwicklung hin. Die Erfahrungen der Gründer haben insbesondere auch eine enorme psychologische Bedeutung für den wirtschaftlichen Aufschwung in den neuen Ländern.
4.3 Nutzung der Modernisierungsdarlehen
Kreditangebote für Investitionsvorhaben, die sich an die Gründungsphase anschließen und die Modernisierung sowie den Ausbau des Unternehmens erleichtern, werden von der Kreditanstalt für Wiederaufbau bereitgestellt. Bisher wurden insgesamt 24 Mrd. DM an Krediten bewilligt, von denen 14 Mrd. DM ausgezahlt sind. Dieser Kreditsumme entsprechen 200 000 Darlehenszusagen. Auf Thüringen entfallen 4,4 Mrd. DM, d.h. 19 % der bewilligten Kredite. Bei einem Bevölkerungsanteil von 16% ist Thüringen also (wie bei den Existenzgründungsprogrammen) überproportional vertreten. Die Übersicht 6 enthält die Verteilung der Kreditzusagen und Auszahlungen auf Bundesländer für die wichtigsten KFW-Darlehensprogramme, die insgesamt 93 % der bewilligten Kreditsumme aus allen Darlehensprogrammen ausmachen. Bisher wurden im Rahmen der ERP-Kreditprogramme 5,4 Mrd. DM bewilligt, von denen 3,3 Mrd. DM ausgezahlt sind. Im KFW-Investitionsprogramm wurden Kredite über 6 Mrd. DM zugesagt, von denen 3,7 Mrd. DM abgeflossen sind. Durch diese Kreditmittel wurden vornehmlich Investitionen im verarbeitenden Gewerbe (einschließlich Baugewerbe) sowie im Handel mitfinanziert. Die geförderten Investitionen betragen bei den ERP-Krediten 10,4 Mrd. DM und im Investitionsprogramm 15 Mrd. DM. Insgesamt wurde in den beiden Kreditprogrammen ein Beschäftigungseffekt von 310 000 neuen Arbeitsplätzen erreicht. Die positive Bilanz, die für das Gründungsgeschehen gezogen werden konnte, setzt sich allgemein für die Entwicklung der mittelständischen Wirtschaft fort, [Seite der Druckausgabe:41] Übersicht 4: Zusagen und Kreditauszahlungen nach Bundesländern und Darlehensgruppen (Stand 11.11.91)
Quelle: Kreditanstalt für Wiederaufbau [Seite der Druckausgabe: 42] Obgleich die Hauptleihinstitute ein differenziertes Förderangebot bereitstellen, ist es für die Adressaten nicht immer leicht, aus der Vielzahl der Programme die individuell optimale Förderung auszuwählen. Wie von einem Unternehmensvertreter der Thüringer Wirtschaft betont wurde, sind hier die Hausbanken gefordert, potentielle Investoren zu beraten und bei der Auswahl geeigneter Förderprogramme zu helfen. Daneben stehen auch die Wirtschaftsfördergesellschaften sowie der Verband der Thüringer Wirtschaft zur Verfügung, um die Unternehmen zu beraten. In der Diskussion wurde mehrfach das Bonitätsproblem angesprochen. Da die örtlichen Banken gegenüber den Hauptleihinstituten die Primärhaftung haben, erfolgt die Bonitätsprüfung des Antragstellers vor Ort. Zur Gewährung von Förderkrediten sind daher i.d.R. bankübliche Sicherheiten (Ausnahme Eigenkapitalhilfe) erforderlich, die ein Investitionshemmnis darstellen können. Aus diesem Grund ist es bei wichtigen Kreditprogrammen für die gewerbliche Wirtschaft und der freien Berufe möglich, daß auf Antrag eine teilweise Haftungsfreistellung der Hausbank (40 % bei Krediten bis zu 1 Mio. DM) erfolgen kann, so daß die Banken nur für einen Teilkreditbetrag gegenüber den Förderinstituten bürgen. In jedem Fall sollte sich die Hausbank bei der Bonitätsprüfung eher auf den Ertragswert als auf den Substanzwert eines Betriebes konzentrieren. Wo noch keine oder nur wenig Substanz aufgebaut ist, wie das bei der Mehrzahl der Antragsteller der Fall ist, kann sich die Entscheidung über die Kreditwürdigkeit nur an der erwarteten Geschäftsentwicklung orientieren. Damit diese Entwicklung eingeschätzt werden kann und um das Antragsverfahren zu beschleunigen, wurde vom Vertreter einer Großbank empfohlen, bei der Hausbank ein schlüssiges Unternehmenskonzept, möglichst mit Gutachten einer sachverständigen Stelle (Kammer, Steuerberater) vorzulegen. Darüber hinaus ist erforderlich, daß der Antragsteller eine nachhaltig marktgängige Leistung erbringt sowie über die fachlichen Voraussetzungen verfügt, wie sie für eine erfolgreiche Durchführung der Geschäftstätigkeit erforderlich sind. Nach Auskunft der Vertreter der Hauptleihinstitute und des Geschäftsbankenvertreters war kein Fall bekannt, bei dem Existenzgründungen wegen zu hoher Mietzahlungen des Antragstellers gefährdet würden. Allerdings zeigt die Realität, daß von Privaten teilweise unrealistisch hohe Preise für günstig gelegene Gewerbeflächen verlangt werden, die sich natürlich auf den Geschäftserfolg auswirken. Wegen der Primärhaftung der Hausbanken gegenüber den Hauptleihin- [Seite der Druckausgabe: 43] stituten wird dieses Problem bei der Bonitätsprüfung des Antragstellers relevant. Die Hausbanken können hier durch das Instrument der teilweisen Haftungsfreistellung eine Minderung ihres Risikos erreichen. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000 |