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TEILDOKUMENT:
Vorbemerkung Das gegenwärtige Ringen ostdeutscher Chemiebetriebe um Wettbewerbsfähigkeit auf einem international hart umkämpften Markt macht beispielhaft die wirtschaftlichen und sozialpolitischen Probleme des Übergangs von einem zentralverwalteten Wirtschaftssystem zur Marktwirtschaft deutlich. Jahrzehntelang gegängelt von Planvorgaben, Produktionskennziffern und einem kurz gehaltenen Investitionsetat, gingen an der Chemieindustrie Innovationsimpulse des Weltmarktes vorbei. Hinzu kamen ein aufgeblähter Personalbestand, mangelnde Leistungsanreize und ein im Marketing unerfahrenes, weil nicht erprobtes Management. Unter diesen Voraussetzungen mußte die Produktivität der Chemieunternehmen in der ehemaligen DDR immer weiter hinter dem internationalen Niveau zurückfallen. Hoch subventioniert vom Staat und ausgestattet mit Absatzgarantien nach Plan, versäumten die Chemieunternehmen die rechtzeitige Anpassung ihrer Produktionsstandards und ihrer Angebotspalette an internationale Wettbewerbsbedingungen. Seit mit dem Zusammenbruch der Planverwaltungs-Wirtschaft die staatliche Protektion weggefallen ist, macht sich der Modernisierungsrückstand der ostdeutschen Chemieindustrie schlagartig bemerkbar: Massive Umsatzeinbußen, ein starker Personalabbau und drohende Stillegungen begleiten die bisherigen Bemühungen, sich am Markt zu behaupten. Ohne eine zügige wirtschaftliche und vor allem auch ökologische Sanierung wird die ostdeutsche Chemieindustrie diesen Überlebenskampf nicht gewinnen können. Die vorliegende Broschüre faßt, thematisch strukturiert, Referate und Diskussionsbeiträge einer Tagung zusammen, die von der Friedrich-Ebert-Stiftung am 18. September 1991 in Leuna zum Thema "Chemiestandort Ostdeutschland - Struktur- und industriepolitischer Handlungsbedarf zur wirtschaftlichen und ökologischen Sanierung" durchgeführt wurde. Auf dieser Tagung haben Wirtschaftspolitiker, Gewerkschaftsvertreter, Vertreter der Treuhandanstalt, Betriebsräte und Vorstandsmitglieder ostdeutscher Chemieunternehmen die Entwicklungschancen der Chemieindustrie in den neuen Ländern erörtert und darüber beraten, wie die dringend notwendige Sanierung möglichst sozialverträglich zu bewältigen ist. Zunächst stellt die Broschüre dar, wie Erblasten aus der realsozialistischen Vergangenheit die Entwicklung der ostdeutschen Chemieindustrie zu wettbewerbsfähigen Unternehmen behindern (Teil l). Die folgenden Abschnitte heben die grundlegenden [Seite der Druckausgabe: 2] Aufgaben der wirtschaftlichen und ökologischen Sanierung hervor (Teil 2) und informieren über das Konzept der Treuhandanstalt für die Sanierung und Privatisierung der chemischen Großunternehmen in Sachsen-Anhalt, einem Hauptstandort der Chemieindustrie in den neuen Ländern, sowie über kritische Einwände zu den Plänen der Treuhandanstalt (Teil 3). Nach einer Vorstellung von Beispielen für das Engagement der westdeutschen Chemieunternehmen in Ostdeutschland (Teil 4) wird noch einmal die Verantwortung der Politik für eine Sanierung unterstrichen, die nicht nur nach betriebswirtschaftlichem Kosten-Nutzen-Kalkül verfahren darf, sondern sich um berufliche Perspektiven für die Beschäftigten der Chemieindustrie bemühen muß (Teil 5). Die Broschüre schließt mit einer Zusammenfassung, die noch einmal deutlich macht, daß die ostdeutsche Chemie ohne wirtschaftliche und politische Solidarität den Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft kaum auf eine sozial verträgliche Weise meistern wird. Mit der Konzeption und Durchführung der Fachkonferenz war Dr. Jochem Langkau, Forschungsinstitut der Friedrich-Ebert-Stiftung, betraut. Verfasser des Tagungsberichts ist Dr. Joachim Kahlert von der Universität Bremen.
© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1999 |