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Heckmann, Richard (1876-1935)

Geboren am 19. Dezember 1876 in Sachsenflur (Baden) als uneheliches Kind, verheiratet, protestantisch, später Dissident. Hieß bis zum 6. Lebensjahr Friedrich Ellesser. 1882 heiratete seine Mutter den leiblichen Vater Christian Heckmann, Tagelöhner in der Landwirtschaft. Das Ehepaar nannte ihren seinen ältesten Sohn künftig Richard Friedrich. Nach beendeter Schulzeit Arbeit in der Landwirtschaft. 1892 verließ die Familie Sachsenflur. Richard Heckmann siedelte nach Mannheim über, arbeitete zunächst als Sackträger in einem städtischen Lagerhaus, später als Hochofenarbeiter im städtischen Gaswerk. Seit 1901 in erster Ehe verheiratet. Mitglied im damaligen "Verband der in Gemeinde- und Staatsbetrieben beschäftigten Arbeiter und Unterangestellten". [1900] zum Vorstandsmitglied der Mannheimer Filiale IV gewählt, eine der sechs Mannheimer Filialen, die als eines der "schwierigsten Probleme" des Verbandes galten, da die Mitglieder sich untereinander bekämpften. Der 3. Verbandstag vom 14. bis 18. April 1903 beendete diesen unguten Zustand und ließ nur eine einzige Filiale am Ort zu. Im 3. Quartal 1903 wurde Richard Heckmann zum neuen Vorsitzenden der Groß-Mannheimer Filiale gewählt.

Zum 1. Januar 1906 errichtete der Verbandsvorstand ein eigene Verbandsbüro in Mannheim (Gau Mannheim), als ersten hauptamtlichen Gauleiter setzte der Vorstand Richard Heckmann ein. Hospitierte zunächst zwei Wochen beim Hauptvorstand in Berlin, was seine Animositäten gegen Arbeitsweise und Führungsstil des amtierenden Vorstandes deutlich bestimmen sollte. Lehnte auf dem 4. Verbandstag vom 27. Mai bis 1. Juni 1906 in Mainz das angebotene Amt des 2. Vorsitzenden mit der Begründung ab, er besitze für diese Aufgabe noch nicht die nötigen Erfahrungen. (Neuer Verbandsname ab 1906: "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter".) Der Mannheimer Gauleiter mußte zunächst noch die hessischen Filialen in Hanau, Offenbach und Wiesbaden (einschließlich Mainz) betreuen, die im 2. Quartal 1907 jedoch dem neugegründeten Gau Frankfurt am Main zugeschlagen wurden. Heckmann konnte den Verlust durch Neugründungen der Filialen Darmstadt, Frankenthal und Kaiserslautern wettmachen. (1910 14 Filialen mit 2.112 buchmäßigen Mitgliedern, darunter 1.027 in Mannheim). Heckmann genoß wegen seiner straffen Organisationsführung innerhalb des Verbandes hohes Ansehen und galt als beinharter Interessenvertreter gegenüber den kommunalen Entscheidungsgremien. Im Januar 1908 zu einer Gefängnisstrafe wegen militanter Agitation verurteilt. Anhänger des Tarifvertragsgedankens, ohne die Front der Tarifvertragsgegner in den Stadtverwaltungen aufbrechen zu können. Heckmann lehnte allerdings Arbeiterausschüsse als Interessenvertretungen der Arbeiter kategorisch ab.

Der ehemalige Gasarbeiter machte sich innerhalb der Organisation einen Namen als kompromißloser Vertreter der Idee der Betriebsorganisation gegenüber der Generalkommission der Gewerkschaften. Bekämpfte aus diesem Grund den Vorsitzenden Albin Mohs, dem er eine zu weiche Haltung gegenüber anderen konkurrierenden Gewerkschaften im kommunalen Bereich vorwarf. Betrieb mit dem Verbandsausschuß und den übrigen Vorstandsmitgliedern die Abwahl des amtierenden Verbandsvorsitzenden. In einer Kampfabstimmung auf dem 5. Verbandstag vom 23. bis 29. Mai 1909 in Dresden obsiegte er bei der Wahl des Vorsitzenden knapp mit 26 : 25 Delegiertenstimmen; nahm das Vorstandsmandat jedoch wegen der knappen Mehrheit nicht an. Referat auf der 3. deutschen Gasarbeiter-Konferenz vom 23. bis 24. August 1911 in Berlin: "Die Einwirkung des technischen Fortschritts in der Gasproduktion auf die Lohn- und Arbeitsverhältnisse". Verfechter neuer Technologien im Sinne einer "Vergesellschaftung der Produktion". Engagierte Mitarbeit in der Mannheimer SPD. Am 7. Dezember 1910 in die Kreisversammlung gewählt, Wiederwahl am 3. Dezember 1913. Am 27. November 1911 zum Mannheimer Stadtverordneten gewählt. Heckmann hatte beide Ämter bis zu seinem Umzug nach Berlin 1917 inne. Als gewissenhafter und geschickter Arbeiterführer trug er zur Integration ungelernter und berufsfremder Arbeiter in die Sozialdemokratie seiner Heimatstadt bei. Delegierter auf der 2. internationalen Konferenz der "Arbeiter öffentlicher Betrieb" vom 4. bis 6. September 1910 in Kopenhagen. Auf dem 6. Verbandstag vom 2. bis 8. Juni 1912 in München zu einem der Tagungsleiter des Kongresses gewählt, verharrte in scharfer Opposition gegenüber dem Verbandsvorsitzenden, dem er jedwede Organisationsfähigkeit absprach.

Erst der 7. Verbandstag vom 24. bis 30. Juni 1914 in Hamburg beendete eine jahrelange Diskussion um die Person des 1. Vorsitzenden. Von einer Konferenz besoldeter Funktionäre ("Beamtenkonferenz") im Vorfeld des Verbandstages als Vorsitzender vorgeschlagen, von der "Statutenberatungskommission" des Verbandstages für ein Vorstandsamt nicht vorgesehen, wurde Heckmann schließlich von einer auf dem Verbandstag eingesetzten Kommission unter Leitung von Adolf Cohen (Mitglied der Generalkommission der Gewerkschaften) zum neuen Vorsitzenden vorgeschlagen und vom Verbandstag letztlich auch gewählt. Unter Heckmanns Einfluß revidierte der Verbandstag das Streikreglement der Organisation. Der neue Vorsitzende übernahm einen personell, finanziell und intern gefestigten Verband, der mit 54.000 Mitgliedern alle gewerkschaftlichen Kinderkrankheiten überwunden hatte. Gleichwohl waren die Konflikte mit dem neuen festbesoldeten Internationalen Sekretär des Berufssekretariats, Albin Mohs, nicht ausgestanden, was in einer polemischen Diskussion über Arbeitsweise und Zielsetzung des selbständigen Internationalen Sekretariats zum Ausdruck kam. Heckmann unterstützte auf dem 9. Kongreß der Gewerkschaften vom 22. bis 27. Juni 1914 in München im Namen seiner Gewerkschaft die Bestrebungen der organisierten Fabrikarbeiter und Brauarbeiter, eine Resolution zugunsten der Betriebsorganisation herbeizuführen. Lehnte die "Knebelresolution" des Münchner Gewerkschaftskongresses ("Für die in Gemeinde- und Staatsbetrieben beschäftigten beruflichen Arbeiter, für die eine Berufsorganisation besteht, ist ihre Berufsorganisation zuständig") mit Nachdruck ab.

Der neue Vorsitzende war gezwungen, bereits während der Mobilisierung am 31. Juli 1914 zum Heeresdienst einzurücken. Diente zunächst als Landwehrmann im 1. mobilen Landsturm-Infanterie-Bataillon Bruchsal in Frankreich, ab 1916 als Soldat in der Etappe in Belgien. Heckmann verteidigte in der Verbandspresse vehement die Kriegspolitik der deutschen Gewerkschaften ("... wir müssen alles tun, um in dem uns aufgezwungenen Kampf Sieger zu bleiben. [...] Schließlich steht das Wohlergehen unseres eigenen Volkes und damit auch der Arbeiter höher als die Träume unverbesserlicher Träumer".) Als Soldat hielt der Vorsitzende des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter" engen Kontakt zum "Restvorstand" in Berlin, billigte nach quälenden Auseinandersetzungen mit dem Internationalen Sekretariat den Austritt der deutschen Organisation aus der Internationale der "Arbeiter öffentlicher Betriebe" zum 1. Januar 1917. Rückkehr an die Verbandsspitze nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst im Februar 1917. Nahm seit März 1917 wieder an den Vorständekonferenzen der freien Gewerkschaften teil. Nach geschickter Verhandlungsführung konnte Heckmann 1918 - kurz vor Kriegsende - mehrere Lokalorganisationen ("Verein der Berliner städtischen Gärtner", "Verein der städtischen Arbeiter in Karlsruhe", "Verein des technischen Personals der Staatsbetriebe", Berlin) für die Zentralorganisation gewinnen. Die Anerkennung der Gewerkschaften im I. Weltkrieg brachte nicht den Durchbruch in der Ausgestaltung kommunaler Arbeitsverhältnisse. Erst die Novemberrevolution veränderte das tarifpolitische Klima nachhaltig. Heckmann hatte als tarifpolitischer Experte maßgeblichen Anteil an den tarifpolitischen Regelungen, die den Gemeindearbeitern ein hohes Maß an sozialer Sicherheit und Daseinvorsorge erbrachte.

Heckmann verteidigte in den Vorständekonferenzen der freien Gewerkschaften die Räte gegen pauschale Kritik aus Gewerkschaftskreisen. ("Gegen das Rätesystem Front zu machen, halte ich durchaus nicht für richtig.") Er beteiligte sich 1919 an den Formulierungen von Richtlinien zusammen mit dem deutschen Städtetag, die als Basis für den Abschluß örtlicher Tarifverträge dienten. Die Gründung der Bezirksarbeitgeberverbände in den Jahren 1919/1920 schuf die rechtlichen Voraussetzungen für eine einheitliche tarifrechtliche Gestaltung, die neben dem Reichstarifvertrag für die Gemeindearbeiter, auch Bezirkstarifverträge ermöglichte. Am 6. Juni 1919 auf der Sitzung des Bundesausschusses der Gewerkschaften Deutschlands in eine Kommission gewählt, die in Verhandlungen mit der Reichsregierung die Verordnung zur Regelung der Arbeitszeit revidieren sollte. Auf der gleichen Sitzung zum Mitglied der Gehaltskommission bestimmt; das Gremium sollte die Möglichkeiten zur Zusammenlegung der Pensionskassen innerhalb der Arbeiterbewegung prüfen. 1919 bis 1920 sozialdemokratischer Stadtverordneter in Berlin. 1919 Mitglied des Reichskohlenrates. Verteidigte auf dem 10. Kongreß der Gewerkschaften Deutschlands vom 30. Juni bis 5. Juli 1919 vehement eine Resolution, die das Recht der Betriebsorganisation garantieren sollte. Mit einer Kompromißresolution, die "abweichende organisatorische Eigenarten von Organisationen, die bisher der Generalkommission angehörten, anerkannte", wurden Heckmanns jahrelangen gewerkschaftspolitischen Bemühungen honoriert. Erhielt bei der Wahl zum Vorstand des höchsten Gewerkschaftsgremiums 46 Proteststimmen.

Auf dem 8. Verbandstag vom 1. bis 6. September 1919 in Nürnberg gegen eine kleine Opposition mit 113 von 147 Stimmen erneut zum Vorsitzenden seiner Gewerkschaft wiedergewählt. Als Delegierter auf dem ersten Nachkriegskongreß der "Internationalen Föderation des Personals in öffentlichen Diensten und Betrieben" vom 20. bis 22. Oktober 1919 in Amsterdam arbeitete er an der Formulierung neuer Statuten des internationalen Berufssekretariats mit und half, alte, aufgerissene Wunden zu heilen. Unterschrieb 1920 als Vorsitzender zwei Kartellverträge mit dem "Verband der Gärtner und Gärtnereiarbeiter" und dem "Verband Deutscher Berufsfeuerwehrmänner", die den Weg für eine gemeinsame Interessenvertretung im öffentlichen Dienst ebneten. Zusammen mit anderen Vertretern aus dem Transport- und Verkehrsbereich opponierte der Vorsitzende der organisierten Gemeindearbeiter vehement in den Spitzengremien des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Technischen Nothilfe überhaupt eine Existenzberechtigung zuzugestehen, die er schlicht als "Streikbrecherorganisation" einschätzte. Anfang Juli 1920 auf der Bundesausschußtagung in eine Kommission zur Überprüfung der Organisationsfrage (Schaffung von Industrieverbänden) gewählt. Heckmann blickte am Ende seiner Laufbahn als hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär auf eine Organisation mit knapp 300.000 Mitglieder, die nach der Novemberrevolution einen beispiellosen Aufschwung genommen hatte. Heckmanns Biographie spiegelte exemplarisch den Emanzipationskampf ungelernter und angelernter Arbeiter und Arbeiterinnen im Kommunalbereich. 1920 wurde die "Wirtschaftliche Vereinigung deutscher Gaswerke. Gaskokssyndikat. AG" gegründet. Das Zwangssyndikat verdankte seine Existenz dem Gesetz über die Kohlewirtschaft vom 23. März 1919 und den dazugehörigen Ausführungsbestimmungen. Das Syndikat - Ergebnis zaghafter Sozialisierungsbestrebungen - sollte die Brennstoffwirtschaft regeln und gleichzeitig den Arbeitern und Verbrauchern Einfluß auf die Gestaltung der Kohleversorgung sichern. Der Reichskohlenrat billigte dem "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" ein Vorschlagsrecht bei der Besetzung des Aufsichtsrates und des Vorstandes zu. Mit Zustimmung des Verbandsvorstandes und des Verbandsausschusses trat Heckmann im Januar 1920 sein Vorstandsamt im Gaskokssyndikat nebenamtlich an. Da beide Positionen sich arbeitsökonomisch nicht vereinbaren ließen, beurlaubten Vorstand und Ausschuß Richard Heckmann zum 15. November 1920. Der alte Vorsitzende behielt das Recht, mit beratender Stimme an den Sitzungen des Verbandsvorstandes teilzunehmen. Heckmann wechselte als hauptamtlicher Direktor in das Gaskokssyndikat über, wobei er für die Verbraucher Schwerpunkte bei der Beschneidung von Zwischenprofiten setzte. Vom 30. Juni 1920 bis 9. November 1923 Mitglied des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats.

Heckmann blieb seiner alten Organisation verbunden, nahm an diversen Konferenzen und Kongressen als Gast teil. Referat "Die technische Entwicklung der Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke und deren Einfluß auf die Lohn- und Arbeitsverhältnisse" auf der Reichskonferenz der Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerkarbeiter am 20. bis 22. Januar 1922 in Kassel. Referierte erneut in seiner Eigenschaft als stellvertretender Vorsitzender des Wirtschaftsverbandes für Teer und Teererzeugnisse über "Die wirtschaftliche Organisation der deutschen Gaswerke für Verwendung der Nebenprodukte" auf der 2. Reichskonferenz der Arbeitnehmer der Gas-, Elektrizitäts- und Wasserwerke in Dortmund vom 8. bis 10. Mai 1927. Auf dem 11. Verbandstag vom 6. bis 11. August 1928 in Köln Wahl zum unbesoldeten Vorstandsmitglied des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter". Der Gründungskongreß des "Gesamtverbandes der Arbeitnehmer der Öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" im Oktober 1929 band Heckmann als ehrenamtliches Vorstandsmitglied ebenfalls in die Organisationsarbeit mit ein. Außerdem zum Mitglied der Reichsleitung A (Gemeindebetriebe- und -verwaltungen) gewählt. 1933 aus seinem Amt entlassen. Richard Heckmann starb am 24. Oktober 1935 in Berlin-Lichterfelde.


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