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TEILDOKUMENT:
Gschrei, Georg (1892 - 1964) Geboren am 19. November 1892 in Hemau (Oberpfalz) als Sohn eines Fuhrmanns, katholisch, verheiratet. Besuch der Volksschule in Hemau, erlernt nach Schulabschluß den Beruf eines Maurers, der in der weitverzweigten Familie als Traditionsberuf galt. Wanderschaft in Deutschland. Arbeitete in mehreren Großstädten. [1910] Mitglied des "Zentralverbandes der Maurer Deutschlands". Zog 1913 aus Regensburg kommend nach München, das ihm zur eigentlichen Heimat wurde. Sofort 1914 nach Kriegsbeginn eingezogen, machte der junge Maurer den Weltkrieg vom ersten bis zum letzten Tag als Frontsoldat mit. Durch seine Kriegserlebnisse stark antimilitaristisch geprägt. 1919 Eintritt in die Gleisbauabteilung der Verkehrsbetriebe der Stadt München. Im gleichen Jahr wechselte Gschrei in den "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" über; seit 1919 auch Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Von 1920 bis 1927 Mitglied des Betriebsrates der Verkehrsbetriebe in München; von 1927 bis 1928 Gesamtbetriebsratsvorsitzender der städtischen Betriebe und Ämter. Am 25. Januar 1925 als Beisitzer in den Vorstand der Filiale München des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter" gewählt; nach Unstimmigkeiten bei den Vorstandswahlen fand am 4. Februar 1925 eine außerordentliche Generalversammlung der Filiale statt, die den Dreiunddreißigjährigen zum 2. Filialvorsitzenden wählte. Von 1926 bis 1929 bei den statuarisch im Januar stattfindenden Vorstandswahlen jeweils zum Beisitzer des örtlichen Vorstandes gewählt. Seit 1928 hauptamtlicher Funktionär im "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter" in der bayrischen Hauptstadt (seit 1930: "Gesamtverband der Arbeitnehmer öffentlicher Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs"). Schied 1930 aus dem gemeinsamen Vorstand des Münchner Gesamtverbandes aus. Betont scharfes Engagement gegen die Münchner Nationalsozialisten. Seit [1930] Vorstandsmitglied des Münchner Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. 1933 verhaftet und aus allen Ämtern entfernt. Gschrei wurde mehrfach von den Nationalsozialisten im KZ Dachau inhaftiert. Betrieb nach seiner Entlassung mit seiner Ehefrau eine kleine Bierwirtschaft in der Hochstraße. Beim "Moosacherwirt" fanden politisch Diskriminierte in der "Hauptstadt der Bewegung" einen Treffpunkt. Gschrei beteiligte sich nach 1945 maßgeblich am Aufbau der bayrischen und Münchner Gewerkschaftsbewegung. Seit dem 1. Juni 1945 Vorsitzender der "Gewerkschaft Öffentliche Betriebe und Verwaltungen" in München, deren Existenz erst am 29. Januar 1946 von der amerikanischen Militäradministration offiziell (unter einer anderen Bezeichnung) genehmigt wurde. Seit Oktober 1946 Vorsitzender der "Landesgewerkschaft Öffentliche Betriebe und Verwaltungen, Transport und privater Verkehr" im "Bayerischen Gewerkschaftsbund" (BGB). Der 1. Verbandstag der Landesgewerkschaft vom 21. bis 23. Februar 1947 in München bestätigte die Wahl die im Herbst 1946 die Mitglieder der örtlichen Gewerkschaften bei der Verschmelzung zur Landesgewerkschaft beschlossen hatten. Mit 107.844 Mitgliedern hatte sich die Landesgewerkschaft des öffentlichen Dienstes zur zweitstärksten Mitgliedergewerkschaft innerhalb des BGB entwickelt, eine Position, die sie nach der gewerkschaftlichen Strukturreform des Jahres 1949 als Bezirksverwaltung der ÖTV behalten sollte. Wie die übrige Vorstandsspitze der Landesgewerkschaft auch, billigte Gschrei nicht jede Einzelheit der Verschmelzungsmodalitäten der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und des Transport- und Verkehrsgewerbes der Westzonen. Gleichwohl setzte Gschrei seine Autorität dafür ein, daß der außerordentliche Verbandstag der "Gewerkschaft öffentliche Betriebe und Verwaltungen" (neuer Verbandsname ab 1948) den Zusammenschluß zur "Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr" billigte. Einer der Vorsitzenden des "Vereinigungsverbandstages der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehr" in Stuttgart vom 28. bis 30. Januar 1949. Als bayrischer Vorsitzender in den Hauptvorstand der Gewerkschaft ÖTV gewählt. Der außerordentliche Bezirksverbandstag vom 14. bis 15. Mai 1949 in München gab Gschrei bei den satzungsgemäß notwendigen Neuwahlen mit großer Mehrheit ein Mandat als Bezirksvorsitzender. Komplizierte strukturell-organisatorische Änderungen, die gewisse bayrische Sonderentwicklungen (Finanzhoheit der Beamten- und Angestelltenfachgruppen) rückgängig machten, gelangen Gschrei trotz zeitweilig heftiger Opposition der einzelnen Gruppenvertretungen. Vor allem die Neustrukturierung der Kreisverwaltungen stellte die Bezirksleitung vor gewisse Probleme. Wert legte Gschrei darauf, daß von 24 neueingestellten Kreissekretären viele junge Kollegen mit dem Amt betraut wurden. Einstimmige Wiederwahl auf der Bezirkskonferenz am 25. September 1951; weiterhin beeindruckende Delegiertenvoten auf allen Bezirkstagen bis zu seinem Ausscheiden als hauptamtlicher Funktionär am 30. Juni 1961. Jeweils Wiederwahl in den Hauptvorstand der Gewerkschaft ÖTV auf den Gewerkschaftstagen 1952 in Hamburg und dem Gewerkschaftstag 1955 in Frankfurt am Main. Den 3. ordentlichen Gewerkschaftskongreß vom 1. bis 6. Juni 1958 konnte er als Mitglied des Präsidiums in seiner Heimatstadt begrüßen. Gesellschafter der Vermögensverwaltung der Gewerkschaft ÖTV GmbH und der Erholungsheim GmbH der ÖTV. Seit Gründung des Landesverbandes des DGB-Bayern Mitglied des Landesvorstandes. Gleich nach 1945 starkes politisches Engagement in der Münchner Lokalpolitik. Vom 1. Dezember 1945 bis zum 30. April 1960 sozialdemokratisches Stadtratsmitglied in München. Von 1945 bis 1948 ehrenamtliches Vorstandsmitglied des Hauptwohnungsamtes in München. Als anerkannter Sozialpolitiker zählte Gschrei zu den Persönlichkeiten, die die uneingeschränkte Dominanz der Sozialdemokratie in der bayerischen Hauptstadt in den fünfziger Jahren garantierte. Im Stadtrat wirkte er im Hauptausschuß, Werksausschuß, im Verkehrsplanungsausschuß und im Straßenverkehrsausschuß. Ferner Mitglied des Verwaltungsrates der Städtischen Verkehrsbetriebe und des Landespersonalausschusses; außerdem Mitglied des Richterkollegiums des Bayerischen Landespersonalamtes. Ein schwerer Verkehrsunfall hatte Gschrei bereits 1954 körperlich schwer beeinträchtigt, Ende Juni 1961 trat er in den Ruhestand, ausgezeichnet mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und dem Bayrischen Verdienstorden. Georg Gschrei starb am 13. März 1964 in München, vom Oberbürgermeister Hans Jochen Vogel auf einer Sondersitzung des Stadtrates anläßlich seines Todes hoch geehrt und gewürdigt. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998 |