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Brückmer, Peter (1882 - 1956)

Geboren am 28. Oktober 1882 in Frankenthal (Pfalz) als Sohn eines Schuhmachers, verheiratet, katholisch. Besuchte von 1889 bis 1896 die Volksschule in Frankenthal und absolvierte von 1896 bis 1899 eine Schuhmacherlehre. Seit dem 1. April 1899 Mitglied des "Vereins deutscher Schuhmacher" (seit 1904: "Zentralverband der Schuhmacher Deutschlands"). Vom 1. Juni 1899 bis zum 1. Oktober 1904 ehrenamtlicher Kassierer der Zahlstelle seiner Gewerkschaft in Frankenthal, ferner Delegierter im lokalen Gewerkschaftskartell. Bereits 1902 wechselte er seinen Beruf und trat am 2. Mai 1902 in die Kreiskranken- und Pflegeanstalt Frankenthal ein und war in einem "klassischen" Aufsteigerberuf u.a. als Sektionsgehilfe mit der Pflege Geisteskranker betraut.

Am 1. Oktober 1904 zur Erfüllung seiner Wehrpflicht eingezogen; diente als Militärkrankenwärter im Garnisonslazarett Würzburg und - auf eigenen Wunsch - im Garnisonslazarett Landau. Arbeitete vom 1. Juli 1906 bis 15. Januar 1907 wieder an seiner alten Arbeitsstelle in Frankenthal. 1907 Eintritt die örtliche Konsumgenossenschaft. Der umgeschulte Schuhmacher wechselte 1907 nochmals sein Metier und nahm eine Stelle in der Metallverarbeitung an. Ab 1907 Mitglied im "Deutschen Metallarbeiter-Verband"; von 1907 bis 1908 ehrenamtlicher Beisitzer im Vorstand der Ortsverwaltung Frankenthal. Sicherte sich als Privatpfleger ein zusätzliches Einkommen. 1908 Übersiedlung nach Frankfurt und Eintritt in den "Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter". Seit dem 26. Juni 1908 Anstellung als Heilgehilfe beim Frankfurter Samariter-Verein; daneben weiterhin im privaten Pflegebereich tätig. Schon bald an seiner neuen Arbeitsstelle zum Vertrauensmann des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter" gewählt.

Seit dem 1. April 1909 auf den Rettungswachen des Frankfurter Samariter-Vereins tätig. 1910 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Zum 1. Januar 1912 übernahm die Stadt Frankfurt am Main die Rettungswachen des Samariter-Vereins. Seit dieser Zeit arbeitete Brückmer als Krankentransporteur im städtischen Dienst. Sofort nach der Mobilisierung im August 1914 in ein Feldlazarett eingezogen. Diente 1917 zeitweise in der Infanterie, ehe er im Dezember 1917 als Aufseher erneut zum Feldlazarett Würzburg abkommandiert wurde. Der Pfälzer absolvierte während des Krieges mehrere Sanitätskurse; am 15. November in seinem letzten Standort Homburg entlassen. Brückmer kehrte sofort nach seiner Militärentlassung in den städtischen Krankendienst der Stadt Frankfurt als Sanitäter zurück. Kooption in den Frankfurter Arbeiter- und Soldatenrat.

Zunächst an der Zentralrettungswache der Münzgasse tätig, ehe er Ende 1920 zur städtischen Krankenhausverwaltung als Krankentransporteur versetzt wurde. Von 1920 an Betriebsratsmitglied des Städtischen Krankenhauses Frankfurt am Main. Am 9. September 1922 zum Vorsitzenden des Betriebsrates gewählt; ferner Mitglied des Gesamtbetriebsrates der Stadtverwaltung Frankfurt am Main. Seine integrative Kraft als Interessenvertreter wurde selbst von der Stadtverwaltung hoch geschätzt, er selbst sah seine Arbeit als Betriebsrat als Arbeit im "Interesse des Gesamtwohls des Krankenhauses". Von 1921 bis 1922 besuchte Brückmer Kurse an der Akademie der Arbeit in seiner Heimatstadt. Seit [1922] bis 1929 jeweils Wiederwahl in den örtlichen Vorstand des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter". Delegierter auf dem 9. Verbandstag seiner Gewerkschaft vom 20. bis 26. August 1922 in Magdeburg und dem 11. Verbandstag vom 6. bis 11. August 1928 in Köln. Von der Gewerkschaft als Kandidat vorgeschlagen, hatte der Krankenpfleger in Frankfurt am Main mehrere Ehrenämter als Arbeitsrichter und Schöffe am Amts- und Landesgericht inne. Vorstandsmitglied im Frankfurter Gewerkschaftskartell (später: Ortsausschuß des ADGB). Der ehemalige Schuhmacher repräsentierte die klassische Schicht angelernter Arbeiter im Gesundheitswesen, die als Angelernte mit geringem Statussymbol in der Krankenhaushierarchie in der Vergangenheit eher eine Außenseiterrolle gespielt hatten. Durch die demokratische Umwälzung, den hohen Organisationsgrad in den Krankenhäusern und damit verbundene Stärke bei Tarifverhandlungen, konnten sie in der Weimarer Republik auf eine relativ gesicherte und akzeptierte berufliche Stellung blicken. Diese "Gewinner" gewerkschaftlicher Aktivitäten bildeten organisatorisch das Rückgrat der Sektion Gesundheitswesen innerhalb des Gemeindearbeiterverbandes. Brückmer schied im Juni 1929 auf eigenen Wunsch hin aus dem städtischen Dienst aus. Hatte bereits zum 1. März 1929 als besoldeter Sekretär des "Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter" die Leitung der Sektion Gesundheitswesen im Bezirk Brandenburg (mit Sitz in Berlin) übernommen. Sein Alltag wurde künftig durch typische Merkmale eines Gewerkschaftssekretärs bestimmt: Vorträge in Betriebs- und Gewerkschaftsversammlungen, Tarifverhandlungen, Interessenvertretung an Arbeitsgerichten.

Als Angestellter des "Gesamtverbandes der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" zur Arbeit nach Baden abgeordnet. Am 2. Mai 1933 verhaftet, blieb bis zum 8. Mai 1933 im Stadtgefängnis Heidelberg inhaftiert. Von Januar 1934 bis zum 1. Oktober 1945 betrieb Brückmer als Selbständiger einen kleinen Schuhladen in Flörzheim. Trotz vorgerückten Alters stellte er sich 1945 der Gewerkschaftsbewegung zur Verfügung.

Seit dem 12. April 1945 Mitglied des Gründungsausschusses der Frankfurter Gewerkschaften; figurierte seit dem 1. Oktober 1945 als hauptamtlicher Vorsitzender der "Gewerkschaft öffentlicher Verwaltungen und Betriebe" innerhalb des "Freien Gewerkschaftsbundes Hessen". Der erste Verbandstag der Landesgewerkschaft des öffentlichen Dienstes bestätigte Brückmer am 23. Juni 1946 in diesem Amt. Auf dem 1. Bundestag des "Freien Gewerkschaftsbundes Hessen" stellte Brückmer seine organisatorische Erfahrung als Mitglied der Satzungskommission in den Dienst der Sache. Wahl in den Vorstand des hessischen FDGB. Wiederwahl auf dem 2. Bundestag des hessischen FDGB am 9. Oktober 1947 in Frankfurt am Main. Als Landesvorsitzender galt sein spezifisches Interesse - auf Grund leidvoller Erfahrung in der Weimarer Republik - einem "Berufsbeamtentum demokratischer Prägung". Das am 12. November 1946 verkündete Gesetz über die Rechtsstellung der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst des Landes Hessen blieb weit hinter seinen Erwartungen zurück. Erfolgreicher schätzte er selbst seine Tarifarbeit ein, 1947 konnte ein eigenes Tarifsekretariat geschaffen werden, das im gleichen Jahr den ersten Manteltarifvertrag für Arbeiter im öffentlichen Dienst Hessens unter Dach und Fach brachte. Sein ureigenes Interesse blieb jedoch auf den Aufbau gewerkschaftlicher Strukturen im Gesundheitswesen gerichtet. Nahm auf der 1. Landeskonferenz der Fachgruppe Gesundheitswesen im "Gesamtverband des Personals der öffentlichen Dienste und des Verkehrs Württemberg-Badens" am 13. Oktober 1946 in Stuttgart Kontakt zu anderen Gewerkschaften der amerikanischen Zone auf und berichtete dort über sein "Spezialgebiet", der Pflege von Infektionskranken. In Hessen konnte er am 13. April 1947 in Nauheim eine eigene Fachgruppe Gesundheitswesen mit klaren gewerkschaftlichen Vorgaben auf den Weg bringen. ("Unter Berücksichtigung der mangelnden Ernährung und der geschwächten Körperkräfte ist die Arbeitszeit in den Pflegeberufen heute als entschieden zu lang zu bezeichnen.") Vom 26. bis 27. April 1947 tagte in Oberursel im Taunus die erste "Interzonenkonferenz der Gewerkschaften des öffentlichen Diensts". Die Konferenz beschäftigte sich erneut mit einem einheitlichen Organisationsaufbau für die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und der einzuschlagenden Lohn- und Tarifpolitik. Wahl Brückmers in den Interzonenausschuß (mit Sitz in Stuttgart), der die Gewerkschaftspolitik künftig von einer Stelle aus leiten sollte.

Den westzonalen Konzentrationsbestrebungen stand er zunächst skeptisch gegenüber. Auf der Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst, Transport und Verkehr in den Westzonen zur Vorbereitung des bizonalen Zusammenschlusses vom 25. bis 26. November 1947 plädierte er stattdessen für eine engere Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften der russischen Zone. Brückmer konnte zu Beginn des Jahres 1948 65.980 Mitglieder mustern. Auf der Landeskonferenz der "Gewerkschaft öffentliche Verwaltungen und Betriebe Hessens" vom 15. bis 17. Oktober 1948 in Darmstadt trat der knapp Siebenundsechzigjährige von seinem Amt als Vorsitzender zurück und machte dem jüngeren Karl Meißner Platz, behielt als 2. Vorsitzender jedoch weiterhin ein Vorstandsmandat in der Landesgewerkschaft. Neben seiner gewerkschaftlichen Tätigkeit lag der Schwerpunkt seiner Arbeit auf kommunalpolitischem Gebiet. Am 25. Juni 1946 von der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung zum Mitglied des Magistrats gewählt, hatte er damit die Funktion eines "Ehrenbeamten" inne. Seit dem 1. August 1946 als Dezernent für die Küchenbetriebe der Stadt zuständig; Brückmer beschäftigte sich in der Frankfurter Exekutive weiterhin mit Gesundheitsfragen und Problemen der Krankenpflege. Seine Amtszeit erlosch am 4. Juni 1952. Hessischer Delegierter auf dem "Vereinigungsverbandstag der Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, Transport und Verkehr" in Stuttgart vom 29. bis 30. Januar 1949. Die konstituierende Tagung der Hauptfachabteilung Gesundheitswesen vom 15. bis 16. November 1950 wählte Brückmer in der erweiterten Hauptfachabteilungsvorstand. Mit Ablauf des Jahres 1950 trat Brückmer als hauptamtlicher Funktionär zurück. Seit 1950 bis zu seinem Tode zum ehrenamtlichen Vorsitzenden der Kreisverwaltung Frankfurt der Gewerkschaft ÖTV gewählt. Peter Brückmer starb am 10. August 1956 in Frankfurt am Main.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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