Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag: 28./29. April 1977

An einer Fachkonferenz der SPD in Köln »Energie - Beschäftigung - Lebensqualität« nehmen neben Parteimitgliedern auch Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft, aus Gewerkschaften, aus Kirchen, Bürgerinitiativen und Umweltschutzverbänden teil. Mit der Konferenz sollen speziell für die Energieprobleme Grundlagen für den weiteren Willensbildungsprozeß innerhalb der SPD geschaffen werden.
Im Hinblick darauf kristallisiert sich bei dieser Tagung heraus: Energiepolitik ist in den Rahmen einer umfassenden Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik einzubetten. Dabei sind Umwelt-, Wachstums-, Beschäftigungs- und Strukturaspekte zu berücksichtigen. Bereitstellung von Energie ist eine entscheidende Voraussetzung für Sicherung und Humanisierung der Arbeitsplätze. Zugleich gilt auch: Eine bloße Fortschreibung des in der Vergangenheit stetig ansteigenden Trends beim Energieverbrauch wäre von den Ressourcen der Erde und den Umweltfolgen her betrachtet weder möglich noch vertretbar. Die billigste und umweltfreundlichste Energie ist diejenige, die eingespart wird. Rationelle und sparsame Energieverwendung ist daher als oberstes Ziel der künftigen Energiepolitik anzusehen. Der verstärkte und umweltfreundliche Einsatz der heimischen Kohle muß bald durch politische Entscheidungen verwirklicht werden. Alle Anstrengungen sind zu unternehmen, den Einsatz neuer, insbesondere regenerativer Energiequellen, zu beschleunigen. Angesichts der unbestreitbaren Probleme beim Einsatz energiesparender Technologien und bei der Entwicklung umweltfreundlicher Energieträger ist ein genereller Verzicht auf die Verwendung von Kernenergie nicht möglich. Jedoch sind angesichts der noch offenen Probleme bei der Nutzung der Kernenergie Forderungen nach einem beschleunigten Ausbau der Kernenergie nicht zu rechtfertigen. Die hinreichende Lösung der Entsorgungsfrage ist eine der Hauptbedingungen für den weiteren Ausbau der Kernenergie. Bei Entscheidungen über Kraftwerksstandorte sind sowohl die Parlamente verstärkt in die Verantwortung zu ziehen als auch die betroffenen Bürger verstärkt zu beteiligen.