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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
24. Juni 1972

Parteivorstand, Parteirat und Kontrollkommission der SPD begrüßen einstimmig die folgende Erklärung des Bundeskanzlers W. Brandt: Die Bundesregierung hat ihre volle Handlungsfähigkeit in der Außen- und Innenpolitik in den letzten Wochen nachdrücklich bewiesen. Das gilt auch für die Verabschiedung der von der Bundesregierung vorgelegten und von ihr begrüßten Gesetze im Bundestag. Die Bundesregierung fühlt sich unverändert der Regierungserklärung vom 28. Oktober 1969 verpflichtet. Sie zu verwirklichen bleibt das Ziel ihrer Politik. Die Durchführung des Regierungsprogramms darf nicht an einer Verschiebung der Stärkeverhältnisse im Bundestag scheitern. Eine Verständigung über das Wann und Wie von Neuwahlen war mit der Opposition nicht möglich. In Übereinstimmung mit dem Vizekanzler und FDP-Vorsitzenden, W. Scheel, teile ich deshalb mit, daß wir Neuwahlen im November anstreben.
In diesem Zusammenhang beschließen die Spitzengremien: Sobald Wahlen zum Bundestag festgelegt sind, wird der Parteivorstand einen außerordentlichen Parteitag einberufen.

Nachdem die Jungsozialisten ein Papier zur Befragung der sozialdemokratischen Kandidaten zur Bundestagswahl vorgelegt haben, stellen Parteirat, Parteivorstand und Kontrollkommission fest: Für die Aufstellung von Kandidaten zur Bundestagswahl und anderen Parlamenten sind allein die satzungsmäßigen Gliederungen der Partei zuständig.
Die Arbeitsgemeinschaften sind keine Gliederungen im Sinne des Organisationsstatuts der Partei. Es gehört deshalb nicht zu ihren Aufgaben, Anweisungen für die Aufstellung von Kandidaten zu geben. Parteirat, Parteivorstand und Kontrollkommission verlangen, daß die notwendige harte Auseinandersetzung mit den Unionsparteien nicht durch fraktionellen Streit in der eigenen Partei geschwächt wird. Die versuchte Trennung der Mitglieder in Sozialdemokraten und Sozialisten ist mit dem Godesberger Programm unvereinbar. Verfehlt ist auch die Einschätzung der von der Bundesregierung und der sozial-liberalen Koalition getragenen Politik der inneren Sicherheit.
Aus den dargelegten Gründen stellen Parteirat, Parteivorstand und Kontrollkommission fest: Die Empfehlung der Jungsozialisten besitzen für die SPD keinerlei Verbindlichkeit. Die Parteigremien erwarten, daß die Jungsozialisten auf die Verbreitung des Papiers verzichten.

Parteivorstand, Parteirat und Kontrollkommission der SPD beschließen, die Gliederungen der Partei sollen den Entwurf des Orientierungsrahmens intensiv diskutieren und Stellungnahmen erarbeiten; deshalb kann der Parteitag ihn nicht beschließen oder abschließend behandeln. Der Parteitag kann aber einen richtungsweisenden Beschluß fassen, um damit Akzente und Gewichtungen für die weitere Diskussion in der Partei zu setzen.

Der Parteivorstand der SPD beschließt die Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen. Die in Betrieben und Verwaltung tätigen sozialdemokratischen Arbeitnehmer bilden die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD. Grundlagen für deren Tätigkeit sind die Ziele und Grundsätze der Partei. Aufgaben der Arbeitsgemeinschaften sind: Die Arbeitnehmer in den Betrieben und Verwaltungen mit der Politik und den Zielen der Partei vertraut zu machen und die Partei durch die Gewinnung neuer Mitglieder zu stärken. Die Interessen der Arbeitnehmer in der politischen Willensbildung zur Geltung zu bringen und die politische Mitarbeit der Arbeitnehmer zu verstärken; die aktive Mitarbeit der sozialdemokratischen Arbeitnehmer in Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräten und Sozialorganisationen zu fördern; die in Betrieben, Unternehmen und Verwaltungen gewählten Arbeitnehmervertretungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen.
In Betrieben und Verwaltungen sind Betriebsgruppen zu bilden, die mindestens alle 2 Jahre einen Betriebsgruppenvorstand wählen. In Ortsvereinen, in Unterbezirken und Bezirken bzw. Landesverbänden werden Arbeitsgemeinschaften gebildet. Die Arbeitsgemeinschaft setzt sich in den Unterbezirken zusammen aus: den Mitgliedern der Betriebsgruppen; den Vertrauensleuten; den SPD-Mitgliedern in Betriebs- und Personalräten; den SPD-Mitgliedern in den örtlichen Gewerkschaftsvorständen und den SPD-Mitgliedern, die hauptamtlich in den Gewerkschaften tätig sind. Alle 2 Jahre findet eine Bundeskonferenz statt. Sie bestimmt die Richtlinien der künftigen politischen Arbeit und wählt den Bundesvorstand.

Der Parteivorstand der SPD beschließt Richtlinien der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF). Ihr gehören weibliche Mitglieder der SPD an. Die Arbeitsgemeinschaft setzt sich die Integration der Frauen in Partei und Gesellschaft zum Ziel. Daraus ergeben sich insbesondere folgende Aufgaben: Frauen mit der Politik und den Zielen der Partei vertraut zu machen; zur Änderung des gesellschaftlichen Bewußtseins beizutragen und weitere Mitglieder zu gewinnen; die Interessen und Forderungen der Frauen in der politischen Willensbildung der Partei zur Geltung zu bringen und die politische Mitarbeit der Frauen in der Partei zu verstärken. Durch Kontakte zu Verbänden und Organisationen, die auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, das Wirkungsfeld der Partei zu verbreitern.
Die AsF wirkt entsprechend den Gliederungen der Partei auf der Ebene der Ortsvereine, Unterbezirke, Bezirke bzw. Landesverbände und des Bundes. Die Bundesfrauenkonferenz findet alle zwei Jahre statt. Sie wählt den Bundesvorstand.



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net edition fes-library | Juni 2001