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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
3. Nach dem Zweiten Weltkrieg. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1978.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
14. Juli 1966

W. Brandt, H. Wehner und F. Erler erläutern im Fernsehen die Grundgedanken der Ausführungen, die sie in Chemnitz zur Diskussion gestellt haben würden.
Die Gegensätze zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten, zwischen Demokratie und Diktatur, lassen sich weder wegzaubern noch wegerklären. Aber eine solche Feststellung allein hilft nicht weiter.
Wir erleben eine Bewegung innerhalb der Machtblöcke. West- und Osteuropa wachsen aus den erstarrten Fronten heraus. Dieser Prozeß darf an Deutschland nicht vorbeigehen. Auch in Deutschland muß versucht werden, den Zustand der inneren Verkrampfung zu lockern. Das ist es, worum es geht. Jeder Fortschritt auf diesem Wege der Entkrampfung und Entspannung ist ein deutscher Beitrag, um den Frieden sicherer zu machen.
Auch unser Volk hat ein Recht auf Selbstbestimmung, auf nationale Einheit. Wir wissen jedoch, daß es zum Friedensvertrag nur kommt, wenn die Interessen anderer Staaten untereinander und mit den deutschen Interessen auf einen Nenner gebracht werden können. Die Wiedervereinigung ist leider noch nicht in Sicht. Aber es gibt eine Verantwortung, die wir Deutsche allein haben, die niemand mit uns teilt. Das ist die Erhaltung unserer nationalen Substanz.
Deshalb fragen wir auch heute wieder: Warum soll es nicht möglich sein, daß Deutsche in Deutschland ungehindert reisen können; daß den Berlinern nicht so viel Schikanen bereitet werden? Daß jedenfalls Verwandte einander sehen dürfen? Warum soll es nicht möglich sein, daß zwischen den deutschen Gebieten mehr Handel getrieben wird? Daß wir uns wieder begegnen in den Bereichen der Technik, der Wissenschaft, der Kultur? Daß wir zueinanderfinden durch Zeitungsaustausch und sportliche Begegnungen?
Im offenen Gespräch, mit den Vertretern der SED sollte sachlichen Ansatzpunkten nachgespürt werden. Wenn man so an die Dinge herangeht, kann man weiterkommen. Wenn auch nur langsam. Aber das ist besser als nichts.
Was in den letzten Monaten geschehen ist, kann nicht mehr aus der Welt geschafft werden. Der Wille, ein Volk zu bleiben, ist stark sichtbar geworden. Wege, praktische Möglichkeiten, wurden sichtbar. Diese Erfahrung und dieses Erlebnis dürfen und werden nicht mehr verloren gehen.



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net edition fes-library | Juni 2001