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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
21./23. Sept. 1916

In Berlin tritt die sozialdemokratische Reichskonferenz zusammen, an der außer dem Parteivorstand, dem Parteiausschuß, der Kontrollkommission und den Reichstagsmitgliedern beider Fraktionen 307 Delegierte teilnehmen. Die Tagesordnung: Die Politik der Partei (Ph. Scheidemann); die Tätigkeit des Parteivorstandes; Ph. Scheidemann rechtfertigt die Politik der Partei seit dem 4. August 1914. F. Ebert erstattet den Vorstandsbericht. Der Mitglieder- und Abonnentenrückgang sei größer als die Zahl der Einberufungen. H. Haase betont, daß die Opposition die Einheit der Partei wolle, aber nicht eine Partei, die Imperialismus, Kolonial- und Schutzzollpolitik betreibe und daß der Klassenkampf nicht abgeschwächt wird. Sie wolle die Partei auf dem festen Boden des sozialdemokratischen Programms. Im Namen der »Gruppe Internationale« erklärt Käte Duncker, daß die Spaltung durch die »Kriegspolitik der Parteileitung« erzeugt worden sei. Diesem Parteivorstand gegenüber wäre Disziplin ein Verbrechen. In einer Resolution, von E. David ausgearbeitet, werden noch einmal die Grundsätze der Fraktionsmehrheit und des Parteivorstandes zusammengefaßt. Das Manifest »Zur Friedensfrage« wird mit 251 gegen 5 Stimmen bei 15 Enthaltungen angenommen. Die Oppositionsgruppen lehnen die Beteiligung an den Abstimmungen ab, nachdem in namentlicher Abstimmung mit 276 gegen 169 Stimmen ein Antrag von H. Haase und G. Ledebour abgelehnt worden war, daß die Reichskonferenz zu sachlicher Beschlußfassung nicht berechtigt sei. Ein Antrag von E. Auer , die Kreditbewilligung gutzuheißen und die Abspaltung der Arbeitsgemeinschaft zu mißbilligen, wird mit 219 gegen 2 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen angenommen. Die anwesenden Reichstagsabgeordneten nehmen an der Abstimmung nicht teil.

Die Konferenz spricht sich ferner unter Protest gegen die Handhabung des Belagerungszustandes und der Zensur aus. Unter Ablehnung der Liebknechtschen Bestrebungen stellt sie fest, daß seine Handlungen keineswegs aus unehrenhaften Gründen begangen wurden. Die Konferenz bedauert die Verurteilung K. Liebknechts und die gegen ihn ausgesprochene Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte. Weiterhin nimmt die Konferenz unter anderem Anträge gegen gehässige Kampfesweise, auf Herabsetzung der Höchstpreise und gemeinnützige Verteilung der Lebensmittel, auf Erhöhung der Kriegsunterstützung, auf fortschreitende Demokratisierung der Verfassung und Ausbau der sozialpolitischen Gesetzgebung an.

F. Ebert mahnt in seiner Schlußrede zur Einigkeit. Die Differenzen seien nicht so groß, um die Einigkeit unmöglich zu machen.


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net edition fes-library | Juni 2001