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TITEL/INHALT

Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. - [Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001

Stichtag:
14./20. Juli 1889

Nachdem es zwischen den verschiedenen Richtungen, vor allem bei den französischen und englischen Sozialisten, zu keiner Einigung gekommen war, werden in Paris am 100. Jahrestag des Sturms auf die Bastille zwei internationale Arbeiterkongresse mit derselben Tagesordnung eröffnet. An dem von der deutschen Sozialdemokratie unterstützten Kongreß nehmen rund 400 Delegierte, darunter 82 Deutsche, teil. Er wird zum Gründungskongreß der II. Internationale.

Tagesordnung: Berichterstattung über die Lage der Arbeit und die sozialistische Bewegung in den verschiedenen Ländern (u. a. V. Adler, A. Bebel); Diskussion über die Abschaffung der stehenden Heere und die allgemeine Volksbewaffnung (E. Vaillant u. a.); Diskussion über die Mittel und Wege, um die Forderungen des Arbeitsschutzes zu verwirklichen (u. a, A. Bebel); Diskussion über die internationale Kundgebung zum 1. Mai 1890 (R. F. Lavigne).

Die Delegierten fordern, um sich von den Anarchisten abzugrenzen, die Entwicklung und Stärkung der politischen Arbeiterparteien, die für die Eroberung der politischen Macht kämpfen. Sie fordern ferner die Abschaffung des stehenden Heeres, die Einführung der allgemeinen Volksbewaffnung und erklären den Frieden als die erste und unerläßliche Bedingung jeder Arbeiterbewegung. Auf Antrag des Franzosen R. F. Lavigne nimmt der Kongreß eine Resolution an: »Es ist für einen bestimmten Zeitpunkt eine große internationale Manifestation zu organisieren, und zwar dergestalt, daß gleichzeitig in allen Ländern und in allen Städten an einem Tag die Arbeiter an die öffentlichen Gewalten die Forderung richten, den Arbeitstag auf acht Stunden festzusetzen. . .« Da eine solche Kundgebung bereits von der American Federation of Labor für den 1. Mai 1890 beschlossen worden war, wird der 1. Mai angenommen. Die Durchführung wird den einzelnen Parteien überlassen.

Für den Kongreß ist die Schaffung einer wirksamen Arbeiterschutz-Gesetzgebung für alle Länder mit moderner Produktion eine unabwendbare Notwendigkeit. Als Grundlage dafür betrachtet der Kongreß u. a.: den Achtstundentag, Verbot der Kinderarbeit unter 14 Jahren und der Nachtarbeit für Frauen; eine mindestens 36 Stunden zusammenhängende Ruhezeit pro Woche; Verbot der Industrien und Arbeitsmethoden, welche für die Arbeiter besonders schädlich sind; eine umfassende staatliche Kontrolle. Außerdem erklärt der Kongreß: Es ist Pflicht aller Arbeiter, die Arbeiterinnen als gleichberechtigte Mitkämpferinnen anzusehen und dem Grundsatz, gleicher Lohn für gleiche Leistungen - auch in bezug auf die Arbeiterinnen - zur Geltung zu verhelfen.

Die Abstimmung auf den internationalen Kongressen erfolgt nach Ländern.


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net edition fes-library | Juni 2001