Chronik der deutschen Sozialdemokratie / Franz Osterroth ; Dieter Schuster. -
[Electronic ed.]. - Berlin [u.a.]
Auf dem Kongreß in Eisenach sind 262 Delegierte und 110 Anhänger von J. B. v. Schweitzer vertreten. Die Versammlung wird zunächst von letzteren gesprengt. An der Spitze der Partei steht ein fünfköpfiger Ausschuß, der von den im »Vorort« wohnenden Mitgliedern gewählt wird (mit Sitz in Braunschweig), und eine elfköpfige Kontrollkommission (mit Sitz in Hamburg), die die Geschäftsleitung des Ausschusses zu kontrollieren hat. Ober dem Ausschuß steht der Parteikongreß, der mindestens einmal im Jahr stattfinden muß. Der Kongreß bestimmt den Vorort-Sitz des Parteiausschusses. Die Organisation beruht auf dem Vertrauensmännersystem. Die Parteimitglieder sind verpflichtet, überall aufgrund des Parteiprogramms sozialdemokratische Arbeitervereine zu gründen. Zum Parteiorgan wird das »Demokratische Wochenblatt« bestimmt, das vom 1. Oktober ab dreimal wöchentlich unter dem Titel »Der Volksstaat«, Organ der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und der internationalen Gewerksgenossenschaften, erscheint. »Der Volksstaat« ist Eigentum der Partei, Abonnenten des »Volksstaat« werden von der Parteibeitragspflicht befreit. Der Kongreß beschließt, daß es Pflicht der Parteimitglieder sei, auf eine Einigung der Gewerkschaften mit allen Mitteln hinzuwirken und empfiehlt die weitere Bildung von Gewerksgenossenschaften auf internationaler Grundlage. Mitglieder des Parteiausschusses (Parteivorstandes) werden: L. v. Bonhorst, W. Bracke, J. H. Ehlers, F. Neidel und S. Spier.
1. Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. 2., neu bearb. und erw. Aufl. 1975.
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2001
Stichtag:
7./9. Aug. 1869
Tagesordnung: Programm und Organisation (A. Bebel); das Verhältnis zur IAA; das Parteiorgan; die Gewerksgenossenschaften. Der Kongreß beschließt, die »Sozialdemokratische Arbeiterpartei« zu gründen. In ihrem neuen Programm erklärt sich die Partei ausdrücklich als Zweig der IAA. Der Kampf für die Befreiung der arbeitenden Klassen sei nicht ein Kampf für Klassenprivilegien und Vorrechte, sondern für gleiche Rechte und gleiche Pflichten und für die Abschaffung aller Klassenherrschaft. Die ökonomische Abhängigkeit des Arbeiters von den Kapitalisten bilde die Grundlage der Knechtschaft in jeder Form. Die Sozialdemokratische Partei erstrebe deshalb, unter Abschaffung der jetzigen Produktionsweise, den vollen Arbeitsertrag für jeden Arbeiter und den »Freien Volksstaat«. Als nächste Forderungen in der Agitation der Partei werden unter anderem genannt: Erteilung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts an alle Männer vom 20. Lebensjahr für das Parlament und die Landtage der Einzelstaaten; den gewählten Vertretern sind genügend Diäten zu gewähren; direkte Gesetzgebung durch das Volk; Miliz an Stelle des stehenden Heeres; Trennung von Staat und Kirche; Abschaffung aller indirekten Steuern; Koalitions-, Vereins- und Pressefreiheit; der Normalarbeitstag; Einschränkung der Frauen-, Verbot der Kinderarbeit; staatliche Förderung des Genossenschaftswesens und Staatskredite für freie Produktionsgenossenschaften unter demokratischen Garantien.