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[AUSSENPOLITIKFORSCHUNG]
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I. Einleitung

Daß Sicherheit mehr ist als militärische Sicherheit, ist heute ein politisches Allgemeingut. Gleichwohl hat sich die deutsche sicherheitspolitische Debatte vorwiegend mit der künftigen Rolle der Bundeswehr und ihres Einsatzes außerhalb von NATO-Verpflichtungen befaßt. Ein Grund für diese Konzentration ist der kontroverse Charakter des Themas: Aufmerksamkeit erfährt in einer Mediengesellschaft, was Stoff für handfesten öffentlichen Streit liefert. Ein zweiter Grund hängt damit zusammen, daß besonders in vielen Teilen Europas dem Kalten Krieg nicht der Friede, sondern die blutige Realität von Kriegen gefolgt ist. Drittens gibt es internationale Erwartungen an das vereinte Deutschland, sich auch militärisch stärker an der Eindämmung von gewaltsam ausgetragenen Konflikten zu beteiligen. Diese Erwartungen treffen auf eine weitverbreitete Ablehnung militärisch instrumentierter Außenpolitik, die von unseren Bündnispartnern gewollt war und wesentlich zur Festigung des Vertrauens in die „Zivilmacht" Bundesrepublik Deutschland beigetragen hat.

Die so gesehen verständliche Verengung auf militärische Fragen verstellt jedoch den Blick auf andere Entwicklungen und Probleme mit sicherheitspolitischer Brisanz. Anliegen dieser Studie ist es, diese Verengung zu durchbrechen, ohne jedoch dem Kurzschluß zu verfallen, für die Bewältigung der sicherheitspolitischen Probleme der Zukunft sei das Militär gänzlich überflüssig oder gar dysfunktional.

Zweifellos hat das Militär seine herausragende Schutzfunktion verloren, die es während des Kalten Krieges hatte: Eine vergleichbare militärische Bedrohung Deutschlands und seiner Bündnispartner ist derzeit nicht absehbar. Auch lassen sich mit militärischen Mitteln die meisten Herausforderungen deutscher Sicherheit noch nicht einmal eindämmen, geschweige denn bewältigen. Andererseits jedoch ist zwar der Kalte Krieg vorüber, der ewige Frieden aber noch nicht ausgebrochen. Die militärische Dimension der Sicherheit darf deshalb trotz ihres verringerten Stellenwerts nicht unterschlagen werden. Erst dann wird es möglich, ein außen- und sicherheitspolitisches „Gesamtkonzept" zu entwickeln, das national konsensfähig ist und die Bundesrepublik international handlungsfähig macht.

Wesentliche Elemente eines solchen Konzepts sollen in der vorliegenden Studie diskutiert werden. Angesichts der bisher stark auf militärische Fragen ausgerichteten Debatte geht es im folgenden allerdings um sicherheitspolitische Herausforderungen globaler Reichweite, die vorwiegend nicht-militärischer Natur sind. Dazu folgt auf einige definitorische Vorbemerkungen eine Bestandsaufnahme globaler Gefährdungen. Im nächsten Kapitel werden ihre Implikationen für die Sicherheit Deutschlands analysiert, während im Schlußkapitel nach Möglichkeiten ihrer Bewältigung gesucht wird.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-bibliothek | 9.1. 1998

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