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TEILDOKUMENT:
5. Beispielhafte Einrichtungen zur Unterstützung von Angehörigen dementiell Erkrankter Im folgenden sollen zwei Einrichtungen, die in bezug auf die Unterstützung von Angehörigen dementiell Erkrankter besonders beispielhaft erschienen, näher vorgestellt werden. Es handelt sich dabei um
Beide Einrichtungen wurden im Sommer 1999 mit der Absicht besucht, im Rahmen eines leitfadengestützten Interviews mit der jeweiligen Leitung nähere d.h. über den Fragebogen hinausgehende Informationen (z.B. zum Personal und zum Klientel) zu erheben. Für die Auswahl dieser Einrichtungen waren die nachstehend genannten Gründe ausschlaggebend:
Im folgenden zunächst eine detaillierte Beschreibung der Alzheimer Beratungsstelle Bochum: Am 21.11.1992 wurde auf Initiative von Professionellen und pflegenden Angehörigen die Alzheimer Gesellschaft Bochum e.V. gegründet. Diese Gesellschaft ist Mitglied der Deutschen Alzheimer Gesellschaft und des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. In ihrer Trägerschaft erfolgte 1994 die Eröffnung der Alzheimer Beratungsstelle Bochum. Aufgrund ihres modellhaften Ansatzes wurde die Beratungsstelle von 1996 bis 1998 als Projekt zu 80% durch das damalige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW und zu 20% von der Stadt Bochum finanziell gefördert wird. Aufgrund ihres großen Erfolges ist diese Förderung der Beratungsstelle bis zum 31.12.2001 verlängert worden. Als wesentliche Zielsetzung des Projektes wird die Unterstützung von Angehörigen dementiell Erkrankter angesehen, um so auch die Qualität in der häuslichen Pflege zu sichern. Hierzu werden folgende Angebote bereitgehalten (vgl. auch Bericht der Alzheimer Beratungsstelle Bochum, 1998):
Das Leistungsspektrum der Beratungsstelle ist jedoch weitergehend, denn es wird eine Institutionsberatung ebenso geleistet, wie die Arbeit im Verbundsystem. Ziel der Institutionsberatung ist es dabei ....Mitarbeiter in Einrichtungen der Altenhilfe im Umgang mit demenzkranken alten Menschen zu informieren, fortzubilden, zu stärken und vor Überforderungen zu schützen (vgl. auch Bericht der Alzheimer Beratungsstelle Bochum, 1998, S. 16). Hierzu dienen nicht nur Fortbildungen, Teamberatungen und Informationsveranstaltungen, sondern auch, wie 1997, die Durchführung einer Fachtagung. Die Arbeit der Beratungsstelle im Verbundsystem bezieht sich wiederum auf ihre Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft der Behinderten (ARGE) sowie auf ihre Teilnahme an der örtlichen Pflegekonferenz. Zudem ist eine Mitarbeiterin der Beratungsstelle eine der drei Sprecherinnen in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Alten- und Angehörigenberatungsstellen (BAGA). Zusammenfassend betrachtet, sieht die Beratungsstelle ihre Aufgabenschwerpunkte in
Dieses Bandbreite an Maßnahmen wird mit der Annahme begründet, daß die Beratung von Angehörigen und Erkrankten zwar wichtig, aber nicht ausreichend ist. Die Vermittlung fundierter Informationen an die Öffentlichkeit und an alle an der Versorgung von Demenzkranken Beteiligten, das Case Management und die Vernetzung unterschiedlicher Hilfsangebote gelten als genauso bedeutsam. Die Beratungsstelle, deren Einzugsgebiet durch die Stadt Bochum und ihre benachbarten Städte gebildet wird, hat derzeit 1,5 projektgeförderte Mitarbeiter eine in Vollzeit tätige Sozialpädagogin, die für die Beratung zuständig ist und eine in Teilzeit tätige Verwaltungskraft. Darüber hinaus sind zwei ABM-Kräfte ebenfalls für die Beratung und eine weitere Person im Rahmen der Initiative Arbeit statt Sozialhilfe, die für die Betreuung der Demenzkranken (mit) verantwortlich ist, in der Beratungsstelle beschäftigt. Die Räumlichkeiten betreffend liegen folgende Informationen vor: Neben einem kleinen Büro steht ein größerer Tagungsraum für Gruppentreffen, Veranstaltungen, Vorstandssitzungen usw. zur Verfügung. In der Wohnküche mit Zugang zum Garten ist Raum für verschiedene Beschäftigungs- und Therapieangebote der Betreuungsgruppe (vgl. auch Bericht der Alzheimer Beratungsstelle Bochum, 1998, S. 3). Die Alzheimer Beratungsstelle Bochum verfügt über Daten zu ihrem Klientel bzw. zu ihrer Beratungsarbeit. Hierzu einige grundlegende Informationen, die sich auf die erste Modellphase d.h. auf die Zeit von 1996 bis 1998 beziehen. Danach waren die meisten ratsuchenden Angehörigen Ehepartner oder Kinder des dementiell Erkrankten, überwiegend weiblich und zwischen 51 und 70 Jahren alt. Insgesamt wurden im oben genannten Zeitraum 1.032 Beratungsgespräche 169 persönlich und 863 telefonisch durchgeführt. Der Zugang zu den Angehörigen erfolgte bzw. erfolgt auf unterschiedliche Weise. Zum einen wird durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit z.B. in Form von Faltblättern und Zeitungsberichten auf die Beratungsstelle aufmerksam gemacht. Zum anderen aber findet ihre Arbeit aber auch durch eine Mund zu Mund-Propaganda Verbreitung, die durch die Beteiligung der Beratungsstelle in verschiedenen Gremien (s.o.) gefördert wird. Die Kooperation mit anderen Diensten und Einrichtungen gestaltet sich so die entsprechende Aussage teilweise hervorragend und pragmatisch, so z.B. mit anderen Beratungsstellen in Bochum und/oder im stationären Einrichtungen. Allerdings wird bemängelt, daß die Initiative häufig von der Alzheimer Beratungsstelle ausgehen muß. Hier wünscht man sich ebenso eine Änderung, wie im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten, respektive mit Hausärzten. Kritik richtet sich schließlich auch auf die Pflegeversicherung: Die Versorgung Demenzkranker könne nicht nach Zeitmodulen abgerechnet werden, d.h. das Pflegeversicherungsgesetz sei entsprechend nachzubessern. Die Memory Clinic Essen, die im Hinblick auf die Unterstützung von Demenzkranken und ihren Angehörigen als zweites Beispiel ausgewählt wurde, begann ihre Arbeit 1991. Sie ist seit 1995 Teil des Geriatriezentrums der Elisabethklinik Essen, Trägerin ist die Stiftung der Elisabeth Schwestern zu Essen. Als Zielsetzungen der Memory Clinic lassen sich nennen:
Obwohl ein wesentlicher Schwerpunkt der Arbeit auf der Diagnostik dementieller Erkrankungen liegt, wird der Angehörigenarbeit ein hoher Stellenwert beigemessen. Neben Beratung während dieser Zeit werden die von der Demenz Betroffenen auf Wunsch betreut haben Angehörige auch die Möglichkeit, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen, an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen und/oder den dementiell Erkrankten in einer Tagesklinik mit therapeutischen Angebot betreuen zu lassen. Dieses ganzheitlich orientierte Angebot findet seine Entsprechung in einem multidiziplinären Team, das aus insgesamt fünf Mitarbeitern besteht (ein Diplompsychologe, ein Neurologe, ein Geriater, ein Diplomgeragoge sowie eine Verwaltungsmitarbeiterin). Diese Teamarbeit bildet auch die konzeptionelle Grundlage der Memory Clinic (vgl. auch Nehen, 1995), d.h. entsprechend den diagnostischen Algorithmen des DSM III-R und der ICD 10 untersucht jeder der Spezialisten den Patienten mit seiner Methode: Aus den verschiedenen methodischen Ansätzen und Sichtweisen der einzelnen Untersuchungen entsteht ein umfassendes Bild der Gestalt des Patienten (Nehen, 1995, S. 113), auf dessen Grundlage wiederum Diagnostik und Therapieempfehlungen basieren. Seit 1991 wurden in der Memory Clinic ca. 4.000 Patienten untersucht, die in den ersten Jahren zum Teil aus dem gesamten Bundesgebiet und aus dem benachbarten Ausland stammten. 51% dieser Patienten wurden als dement diagnostiziert. Zur Frage der Kooperation und Koordination wurde wie folgt Stellung genommen: Allgemein bestehe eine gute Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen, so z.B. mit der Abteilung für Gerontopsychosomatik im Klinikum Essen und mit den niedergelassenen Ärzten. Des weiteren gibt es enge Kooperationsbeziehungen zur Station Demenz plus des geriatrischen Zentrums, auf der Demente mit somatischen Störungen betreut werden, zur Tagesklinik und zur Selbsthilfegruppe Die Wiese. Aber auch in der Memory Clinic Essen werden Defizite in der Versorgung und Betreuung von dementiell Erkrankten bzw. in der Unterstützung von pflegenden Angehörigen identifiziert. In diesem Zusammenhang werden folgende Aspekte angeführt: Einerseits wird die Finanzierung von gerontopsychiatrischen Fachkrankenschwestern als problematisch angesehen. Anderseits so die Ansicht fehlen aber nach wie vor teilstationäre Einrichtungen wie Tagesstätten, die Angehörige entlasten könnten. Hinzu kommt, daß selbst bei einem Vorhandensein von Plätzen, viele Pflegende häufig nicht in der Lage sind, diese auch zu bezahlen. Konsequenterweise wird daher von der Pflegeversicherung eine Einstufungspraxis verlangt, die auch den Versorgungs- und Betreuungsbedarf von dementiell Erkrankten berücksichtigt. Bezugnehmend auf die Angehörigenberatung wird darauf verwiesen, daß Hausärzte bislang keine Möglichkeit haben, diese abzurechnen. Auch hier sei eine Änderung dringend erforderlich. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2001 |