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TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg.: 33(Fortsetzung)]


6 Gestaltungsmöglichkeiten innovationsförderlicher Arbeitsorganisation zur Integration des Qualifikations- und Leistungsvermögens älterer Beschäftigter

6.1 Neue Anforderungen an Arbeitsorganisation zum Erhalt der Innovationsfähigkeit und zur Gewährleistung einer alters- und alternsgerechten Arbeitsgestaltung

Zur nachhaltigen Stärkung der Innovationsfähigkeit ist nicht nur eine umfassende Förderung der betrieblichen Fort- und Weiterbildung unabdingbar. Besonderen Stellenwert kommt in diesem Zusammenhang auch den Organisationsformen der Arbeitsprozesse zu.

Sie haben einerseits die Voraussetzungen für die innerbetriebliche Bewältigung turbulenter und unvorhersehbarer Umweltentwicklungen zu schaffen, andererseits bilden sie die Grundlage für die notwendigen Qualifizierungsprozesse. Die Darstellung erforderlicher Veränderungen in der Arbeitsorganisation erfolgt deshalb zunächst in einer doppelten Perspektive:

Zum einen geht es darum, den Zusammenhang zwischen den (neuen) Anforderungen an die Innovationsfähigkeit und die sich daraus ergebenden Gestaltungskriterien einer Arbeitsorganisation zu präzisieren.

Zum anderen wird erläutert, welchen Kriterien eine Arbeitsorganisation entsprechen muß, die dem spezifischen Leistungswandel im Alter gerecht wird und Möglichkeiten für eine (lebenslange) Qualifizierung am Arbeitsplatz bietet.

Im Anschluß daran wird beispielhaft gezeigt, wie sich der zunächst auf theoretischer Ebene diskutierte Zusammenhang zwischen Arbeitsorganisation, Innovationsfähigkeit und einer altersübergreifenden Qualifizierung an konkreten Formen der Arbeitsorganisation nachvollziehen läßt. Dabei soll herausgearbeitet werden, inwiefern diese Arbeitsformen innovativ wirken und Partizipationsmöglichkeiten für ältere Beschäftigte bieten.

Eine eingehende Auseinandersetzung mit der Bedeutung arbeitsorganisatorischer Konzepte für eine lebenslange bzw. altersübergreifende Qualifizierung findet sich bei Barkholdt et al. 1995

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und Henning et al. 1995. In den folgenden Ausführungen werden die in den genannten Arbeiten angestellten Überlegungen und präsentierten Ergebnisse im wesentlichen widergegeben und hinsichtlich der Frage nach der „Innovationsfähigkeit von Betrieben angesichts alternder Belegschaften" partiell erweitert.

6.1.1 Neue Formen der Arbeitsorganisation zur Förderung der Innovationsfähigkeit

Zur Überwindung der starren tayloristischen Organisationsformen werden zur Zeit vielfältige Konzepte diskutiert, mit denen die Betriebe der Herausforderung einer dynamischen, komplexen, diskontinuierlichen und wenig beeinflußbaren Umwelt gerecht zu werden versuchen. Für diese Konzepte stehen Namen wie z.B. Systemische Rationalisierung, Computer integrated Manufacturing (CIM), Total Quality Management (TQM), Chaos - Management, Fraktale Organisation, Business - Reengineering u.v.m. und vor allem aber Lean Production und die diversifizierte Qualitätsproduktion.

Mit Lean Production und der diversifizierten Qualitätsproduktion wird versucht, auf einige grundsätzliche Veränderungen auf den Absatz- und Faktormärkten, zu reagieren. Folgende Prinzipien erweisen sich in diesem Zusammenhang als besonders wichtig: [vgl. dazu Frackmann/Lehmkuhl 1993: S. 63]

  • Die Produktion wird als ein integrierter Prozeß begriffen, d.h. alle Beteiligten werden von Beginn an eingebunden (z.B. Zulieferer, interne Betriebsabteilungen und Kunden).

  • Der Mensch wird nicht mehr überwiegend als Stör-, sondern als entscheidender wertschöpfender Produktionsfaktor gesehen.

  • Qualitätssicherung erfolgt präventiv und nicht mehr wie bisher eher durch Nachbesserung.

  • Markt-, d.h. Kunden-oder Serviceorientierung werden konsequenter verfolgt.

  • Die Zulieferer werden an den Produktionsentwicklungsprozessen beteiligt, in die Produktsynchronisation und in die Philosophie der Null-Fehler-Qualität eingebunden.

Diese unternehmensstrategischen Prinzipien bedürfen je nach der konkreten Situation, in der sich ein Unternehmen befindet, der Präzisierung und Konkretisierung. Generell aber verlangt ihre Durchsetzung nach adäquaten Formen der innerbetrieblichen Arbeitsorganisation, die mit einer Dezentralisierung auf arbeitsorganisatorischer Ebene einhergeht. [Das Prinzip der (arbeitsorganisatorischen) Dezentralisierung wird ausführlich bei Hirsch-Kreinsen 1996 und Reichwald/Koller 1996 beschrieben.]

Durch den Einsatz dezentraler Arbeitsformen auf operativer Ebene mit Gruppenarbeitskonzepten und selbständigen Einheiten, [Stichworte sind hier z.B. Fraktale Fabrik, profit centers, cost centers. Vgl. Bullinger/Wasserloos 1992] soll eine Verbesserung der bereichsübergreifenden Kommunikation und Kooperation erreicht werden. Sie zielen auf eine Integration (dezentral verteilter und ausdifferenzierter) Wissens- und Know-how - Bestände, auf eine stärkere Prozeßorientierung und die effektive Steuerung und Nutzung von Wissen. Dabei sind durchlässige Organisationsstrukturen, flache Hierarchien und ein freier Fluß von Informationen Voraussetzung dafür, daß sich Wissen und Kreativität, die wichtigsten Innovationsressourcen, in der Interaktion betrieblicher Subsysteme und Akteure in kollektiven Lernprozessen entwickeln und die Betriebe schnell und flexibel auf neue Umweltanforderungen reagieren können. [vgl. dazu Kalkowski 1996: S. 77 sowie ausführlicher Hirsch-Kreinsen 1996 und Reichwald/Koller 1996 ]

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Betrachtet man das Anforderungsprofil, das aus den Konzepten der arbeitsorganisatorischen Dezentralisierung im Rahmen von Lean Production und der diversifizierten Qualitätsproduktion hervorgeht, kann festgestellt werden, daß der qualifikationserweiternden Nutzung der Arbeitskräfte angesichts großer Arbeitseinsatzbreite sowie einer entwickelten Aufgabenintegration und Arbeitseinsatzflexibilität eine hohe Bedeutung zukommt. [vgl. Frackmann/Lehmkuhl 1993: S. 63]
Möglichkeiten zum Erhalt und zur Entwicklung der Qualifikation werden dabei durch die relativ lernoffenen Arbeitsstrukturen gegeben. Im Vergleich zu früheren Arbeitsstrukturen bestehen heute die konkreten Anforderungen an die berufliche Handlungskompetenz der Arbeitnehmer darin, daß sie durch die Anwendung ihres fachlichen Wissens und Könnens in der Arbeitsorganisation die Arbeitssituation selbst gestalten.

Die Entwicklung und Ausschöpfung der qualifikatorischen Fähigkeiten der Beschäftigten gewinnt zudem durch das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung, das im Rahmen dieser Konzepte verfolgt wird, an Bedeutung. Der kontinuierliche Verbesserungsprozeß (KVP) [Das Kürzel KVP hat sich in der deutschen Industrie gegenüber dem japanischen Begriff KAIZEN (das Wort bedeutet soviel wie kontinuierliche Verbesserung) durchgesetzt, kennzeichnet aber das gleiche Prinzip.] zielt auf Innovation durch systematisches Wecken bisher brachliegender Potentiale an der Basis. [vgl. Kern 1996: S. 199]
Dabei sind das Problembewußtsein und die Problemlösungsfähigkeit der Beschäftigten sowie ihre Befugnis, die Arbeitsprozesse zu lenken, entscheidend. Voraussetzung ist, daß die Mitarbeiter aktiv in Planung und Einführung einer neuen Technik oder einer neuen Organisationsform eingebunden sind, d.h. für die Beschäftigten muß die Möglichkeit bestehen, ihre Anregungen und Ideen einbringen zu können.

Zur Umsetzung des KVP können in der betrieblichen Praxis verschiedene Instrumente eingesetzt werden. Hierzu gehören beispielsweise: das Betriebliche Vorschlagswesen (BVW) und Qualitätszirkel.

  • Das betriebliche Vorschlagswesen kann entweder als zeitlich begrenzter Ideenwettbewerb konzipiert sein, der in den meisten Fällen auf bestimmte Aufgabenstellungen (z.B. Sicherheit am Arbeitsplatz) begrenzt ist, oder als ständiges Vorschlagssystem in die Betriebsorganisation eingegliedert werden. [vgl. Bitzer 1990: S. 165]

In den letzten Jahren wurde in empirischen Studien und wissenschaftlichen Abhandlungen sowie auch in Berichten aus der Praxis auf die Bedeutung des Betrieblichen Vorschlagswesens als kostengünstigem Ideenlieferanten und Akzeptanzförderungsinstrument hingewiesen. Dennoch wird das BVW in seiner Bedeutung in den Unternehmen immer noch unterschätzt und bleibt somit Stiefkind der betrieblichen Praxis. Häufig fehlt das Gespür für die Brisanz des BVW. [vgl. Bitzer 1990: S. 166]

  • Qualitätszirkel sind die logische Konsequenz der Forderung nach Einbeziehung aller Mitarbeiter, nach einem partizipativen Führungsstil und nach vorbeugender Qualitätskontrolle innerhalb der Produktionsprozesse. Die Beschäftigten erhalten die Möglichkeit in eigens dafür eingesetzten Gruppen Problemlösungen zu erarbeiten und auch zu realisieren.

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    Zu den Rahmenbedingungen, unter denen die Qualitätszirkelarbeit erfolgen muß, zählt [Eine ausführliche Auflistung der Rahmenbedingungen findet sich bei Eschenbach 1994 (S. 46 f).] insbesondere die ausreichende Schulung der Gruppenmitglieder. Diese Schulung hat Kenntnisse über die statistische Qualitätskontrolle, die Ermittlung, Analyse und Darstellung der Daten, über Kreativitätstechniken, wie das Brainstorming, über die Problemlösungsinstrumente und über Präsentationstechnik zu vermitteln. Dabei ist auf ein ähnliches Schulungsniveau der Gruppenmitglieder zu achten, um eine gleichmäßige, reibungslose Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Ausgehend von den hier skizzierten Anforderungen an die Arbeitsorganisation zur Erhöhung der Innovationsfähigkeit, die sicher noch durch weitere ergänzt werden könnten, stellt sich im Rahmen dieser Arbeit die Frage, welche Möglichkeiten in ihnen zur Partizipation bzw. Integration von älteren Beschäftigten gegeben sind. Darüber hinaus sind die Qualifikations- und Kompetenzanforderungen, die in diesen Konzepten von den Arbeitnehmern erwartet werden, dahingehend zu befragen, welche Konsequenzen sie für die älteren Beschäftigten mit sich bringen.

Bevor jedoch dieser Frage nachgegangen werden kann, sind zunächst die arbeitsorganisatorischen Voraussetzungen zu skizzieren, die zur Sicherung des Verbleibs und der Integration älter werdender Arbeitnehmer sowie für die Realisierung (lebenslanger) Qualifizierungsprozesse am Arbeitsplatz dienlich sind.

6.1.2 Anforderungen an alters- und alternsgerechte Formen der Arbeitsorganisation

Angesichts der zu erwartenden Veränderungen in der Altersschichtung des Erwerbspersonenpotentials muß in der Gestaltung der Arbeit zukünftig verstärkt auf die Bedingungen der altersspezifischen Funktionsveränderungen und die damit einhergehenden individuellen Leistungs- und Qualifikationsunterschiede eingegangen werden. [zu diesem Aspekt vgl. Kap. 5.2.1] Dies bedeutet, daß Arbeitsplätze so zu gestalten sind, daß sie auch bei gewandeltem bis eingeschränktem Leistungsvermögen produktive und sinnvolle Weiterbeschäftigungen ermöglichen. Das noch immer praktizierte Konzept der „Schonarbeitsplätze" erfüllt diese Anforderungen wegen der zumeist diskriminierenden und segregierenden Wirkungen nicht und wird auch von den Betroffenen immer weniger akzeptiert. Vielmehr muß es um die Errichtung von neigungs- und eignungsadäquaten Arbeitsplätzen und -bereichen gehen, die zugleich dem geänderten Leistungsvermögen Älterer entsprechenden.

Allerdings greifen Ansätze zur Problembewältigung zu kurz, wenn sie nur auf Ältere ausgerichtet sind. Vielmehr muß im präventiven Sinne schon bei der Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitsorganisation jüngerer Mitarbeiter (den Älteren von morgen) angesetzt werden, um Belastungen zu reduzieren, Leistungsbeeinträchtigungen im Alter zu vermeiden und Möglichkeiten zur permanenten Weiterbildung einzuräumen.

Deswegen ist es erforderlich, Ansprüche an eine altersinvariante Arbeitsgestaltung zu formulieren, die vom Paradigma lebenslanger Bewältigbarkeit psychischer und physischer Dauerbelastung ausgeht, anstelle kurzzeitige Höchstleistung zu propagieren. [vgl. Frevel 1995: S. 23]
Im Rahmen eines solchen Ansatzes gewinnt, laut Barkholdt et al. (1995), die Integration von Qualifizierungsprozessen in die Arbeitsorganisation über lernförderliche Arbeitsgestaltung und Arbeitsmittel eine zentrale Bedeutung. [vgl. Barkholdt et al. 1995: S. 429]

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Wesentliche Ansatzpunkte und Gestaltungsprinzipien für eine lernförderliche Arbeitsorganisation zur Integration auch älterer Arbeitskräfte in Lern- und Arbeitsprozesse lassen sich basierend auf den Befunden des mittlerweile beträchtlich gewachsenen Literaturbestandes der arbeits- und alterspsychologischen Forschung wie folgt skizzieren:

Das Erfahrungswissen der älteren Beschäftigten muß aufgegriffen (erfahrungsorientiert) und die Veränderungen und Differenzierungen im Leistungsverhalten (differentielle Arbeitsgestaltung, aufgaben-, arbeitsplatz- und organisationsbezogen) müssen berücksichtigt werden. Zudem gilt es, den Lernbesonderheiten der Mitarbeiter (individuell, selbstgesteuert, dezentral) Rechnung zu tragen.

Diesen Anforderungen können Organisationskonzepte Rechnung tragen, wenn Technikentwicklung, Entwicklung der Arbeitsorganisation und Entwicklung des Qualifikationspotentials keine unabhängig voneinander gestalteten Größen darstellen, sondern in ihren wechselseitigen Zusammenhängen gesehen werden. [vgl. Israel 1995: S. 89]

Für eine alters- und alternsgerechte innovationsförderliche Arbeitsgestaltung sind weiterhin wichtig persönlichkeitsförderliche Arbeitsbedingungen und -formen, die die individuelle Entfaltung der Betroffenen ermöglichen und deren aktive Einbeziehung in Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse zulassen. [vgl. Israel 1995: S. 90]

Hierzu gehört auch die Gewährleistung qualifikationsadäquater Tätigkeiten. Altersgerechte Arbeits- und Qualifizierungsformen, d.h. Formen, die dem jeweiligen Alter des Mitarbeiters und seinen Leistungsvoraussetzungen gerecht werden, werden vor allem durch differentielle Aspekte der Organisationsgestaltung gewährleistet. Damit gilt es auch Arbeitsstrukturen zu schaffen, die Raum für das Einbringen des Erfahrungswissens der älteren Beschäftigten gewähren. [vgl. Betzl/Pressel 1994: S. 95 sowie Frieling 1991]
Schließlich können so bei einer altersheterogenen Zusammensetzung einer Belegschaft Synergieeffekte aus dem Zusammenwirken älterer und jüngerer MitarbeiterInnen genutzt werden.

Alternsgerechte, d.h. den Prozeß der physischen und psychischen Leistungsveränderung beachtende und integrierende Formen können mit der dynamischen Organisationsgestaltung berücksichtigt werden. „Die Beschäftigten müssen dazu befähigt werden, [auch] im höheren Alter kompetent Entscheidungen zu fällen (...), dies muß Bestandteil eines gezielten Personalentwicklungskonzeptes werden" (Frieling 1991).

Ansatzpunkte für die Gestaltung lern- und persönlichkeitsförderlicher Formen der Arbeit, so kann man zusammenfassen, sollten sich unter Berücksichtigung der Faktoren Technik, Organisation und Personal, sowohl auf die Gestaltung der Arbeitsinhalte und -aufgaben, auf bereichsbezogene und -übergreifende Arbeitsorganisation beziehen, als auch Formen und Möglichkeiten der Realisierung betrieblicher Bildungsarbeit integrieren.

Ein wesentliches Prinzip für die Gestaltung von Arbeitsstrukturen ist die ‘differentiell-dynamische Arbeitsgestaltung’ (Ulich et al. 1989). Sie verlangt, daß einerseits innerhalb einer Arbeitsstruktur Arbeitsplätze mit - je nach vorhandener Qualifikation der Mitarbeiter - unterschiedlichen Anforderungsprofilen vorhanden sein sollen (differentieller Aspekt), andererseits

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diese Aufgabenstrukturen jedoch in Abhängigkeit von der Weiterentwicklung der Qualifikationen flexibel an erweiterte Handlungsmöglichkeiten anzupassen sind (dynamischer Aspekt).

Einen wesentlichen Schwerpunkt bildet somit die Forderung nach ‘genetisch mitwachsenden Strukturen’. Der Terminus „Genetisch mitwachsende Strukturen" meint, daß die vorhandenen Arbeitsaufgaben an den Qualifikationsfortschritt der Mitarbeiter anzupassen sind und dabei entdeckendes (exploratives) Lernen, z.B. in Arbeitssituationen und bei betrieblichen Aufgabenstellungen, unterstützen.

Mit der Einführung differentiell-dynamischer Organisationsformen werden adäquate Ausgangsbedingungen geschaffen und Möglichkeiten für Entwicklungsprozesse aufgezeigt. Sie sind geprägt durch Lernprozesse, die über die dynamische Prozeßgestaltung ermöglicht werden und auf die differentiellen Aspekte des arbeitsplatzspezifischen Anforderungsprofils zurückwirken.

Ausgehend von den Kriterien einer innovationsförderlichen Arbeitsorganisation und denen einer alters- und alternsgerechten Arbeitsgestaltung können Gestaltungsoptionen für die Organisationsformen der Arbeitsprozesse abgeleitet werden, um einerseits lebenslange Qualifizierungsprozesse am Arbeitsplatz zu ermöglichen und damit die Integration der älteren Arbeitnehmer in den Betrieb zu verbessern und um andererseits die betriebliche Innovationsfähigkeit zu fördern.

Diese Anforderungen lassen sich mit Barkholdt et al. (1995: S. 430) wie folgt zusammenfassen:

  • Zur Erhöhung der individuellen und kollektiven Kontrolle über den konkreten Arbeitsprozeß ist ein Tätigkeitsspielraum erforderlich, der die Möglichkeit zum eigenständigen Zielsetzen und Entscheiden in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht bietet.

  • Um Lernanreize ermöglichen zu können, müssen Anforderungsvielfalt durch Aufgabenintegration und Aufgabenwechsel gewährleistet werden. „Die Aufgabenstruktur muß in Abhängigkeit von der Weiterentwicklung der Qualifikation der Beschäftigten an erweiterte individuelle Handlungsspielräume anzupassen sein (kontinuierliche Qualifizierung). Veränderungen und Differenzierung im Leistungsverhalten (über den Erwerbsverlauf) müssen berücksichtigt werden können."

  • „Die technische Ausstattung und die Arbeitsmittel müssen - soweit arbeitsplatzbezogen wie möglich und sinnvoll - auch als Lernmittel gestaltbar und an Qualifikationsfortschritte anzupassen sein."

  • Zum Erhalt und zur Weiterentwicklung sozialer Kompetenzen sowie zur sozialen Unterstützung des Qualifikationsprozesses müssen Kooperations- und Kommunikationsmöglichkeiten gegeben sein.

  • „Partizipation bei der Gestaltung der Arbeitsorganisationssysteme ist zu ermöglichen, um Entscheidungskompetenz zu schaffen und die Arbeitsorganisation selbst weiterentwickeln zu können." (Quelle: Barkholdt et al. 1995: S. 430)

Im folgenden soll am Beispiel der dezentralen Organisationsform Gruppenarbeit und dem Konzept ‘Lernen und Fertigen’ gezeigt werden, wie sich die angeführten Gestaltungsoptionen für innovations- und qualifikationsförderliche Formen der Arbeitsorganisation in bereits einzelbetrieblich praktizierten Konzepten integrieren lassen.

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6.1.3 Beispiele für innovationsförderliche und alters- sowie alternsgerechte arbeitsorganisatorische Konzepte

Das Konzept ‘Lernen und Fertigen

Die Entwicklung und Erprobung des Konzeptes „Lernen und Fertigen" erfolgte in einem Projekt, das im Rahmen des Programms ‘Arbeit und Technik’ des Bundesministeriums für Forschung und Technologie gefördert wurde (vgl. Strina 1995: S. XV). Im folgenden werden kurz die Ziele und zentrale Ergebnisse des Projektes vorgestellt. Eine ausführliche Zusammenfassung und Darstellung des Forschungsvorhabens bietet die Arbeit von Henning et al. 1995.

Ziel des Projektes war „die Re-Intergration von Lernen und Fertigen auf der Grundlage einer lern- und fertigungsgrechten Technik", die durch entsprechende organisatorische und personelle Maßnahmen unterstützt werden sollte (Henning et al. 1995: S. V). „Unter Nutzung betrieblicher Ressourcen sollten didaktische, organisatorische und technische Konzepte entwickelt werden, die es ermöglichen, die durch den Einsatz neuer Techniken erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen so zu gestalten, daß vorhandenes Erfahrungswissen erhalten und entwickelt werden kann [Diese Konzepte sollten nach Ende der öffentlichen Anschubfinanzierung auf privatwirtschaftlicher Grundlage unter den ökonomischen und strukturellen Bedingungen kleiner und mittlerer Betriebe als „Selbstläufer" fortgeführt werden können.] " (Hartmann/ Fuchs-Frohnhofen/Henning/Sell 1995: S. 28).

Die Entwicklung des Konzepts erfolgte in seinen Anwendungsgebieten Tätigkeitsgestaltung, Arbeitsmittelgestaltung und Qualifizierungsgestaltung entlang des Prinzips der differentiellen und dynamischen Arbeitsgestaltung und hat auf diesem Weg Partizipationsmöglichkeiten für ältere Beschäftigte geschaffen. Gleichzeitig wurden auch Lösungsmöglichkeiten zur Bewältigung der veränderten Anforderungen an die Innovationsfähigkeit gefunden. Die Umsetzung erfolgte folgendermaßen:

Durch die Bildung einheitlicher (Arbeits-)Syteme für Lernen und Fertigung (z.B. CNC-Werkzeugmaschinen, CNC-Lern- und Programmiersoftware) soll der Transfer erworbener Fähigkeiten unterstützt werden. Darüber hinaus wird durch diese einheitlichen Arbeitssysteme „die Kompatibilität mit vorhandenen Erfahrungen, Denk- und Arbeitsweisen ihrer Benutzer sowie die Unterstützung des weiteren Lernens durch „kleinschrittige" Anpaßbarkeit an den jeweils aktuellen Stand des Qualifikationserwerbs ermöglicht" (Hartmann/Fuchs-Fronhofen/Henning/Sell 1995: S. 33 f.).

Zusätzlich kann durch den Einsatz von Beteiligungsqualifizierung und Multiplikatoren das kontinuierliche Lernen am Arbeitsplatz im Sinne einer lebenslangen Qualifizierung weiter gefördert und die Innovationsfähigkeit gesteigert werden.

Zur Beteiligungsqualifizierung: [vgl. dazu Hartmann/Fuchs-Fronhofen 1995:39 ff.]
Der Beteiligung der betroffenen MitarbeiterInnen an allen Forschungs- und Gestaltungsabsätzen wurde im Projekt „Lernen und Fertigen" besondere Bedeutung zugemessen. Der Einsatz der bekannten Formen innerbetrieblicher Beteiligung, wie beispielsweise betriebliches Vorschlagswesen, Management by Objectives, Projektmanagement, Organisationsentwicklung, Qualitätszirkel, Lernstatt und Problemlösegruppen, teilautonome Gruppenarbeit und Prototyping führt allerdings, wie bereits erwähnt (vgl. Kap. 6.1.1), nur dann zu den erwarteten Zielen, wenn die Beteiligten entsprechend geschult und ausgebildet werden. Dafür notwendige Maßnahmen fallen unter den Begriff der Beteiligungsqualifizierung. Aber auch durch Beteiligung selbst ist eine entsprechende Qualifizierung erreichbar, wenn nicht nur das

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Produkt als Ziel, sondern auch der Prozeß der Beteiligung thematisiert wird. [„Beteiligungsqualifizierung ist insofern das Vermitteln der qualifikatorischen Grundlagen für Beteiligung, darüber hinaus fallen unter den Begriff auch solche Qualifizierungsmaßnahmen, die geeignet sind, bereits angelaufene Beteiligungsmaßnahmen zu fördern und zu effektivieren. Damit soll keineswegs bestritten werden, daß Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmner sich durch Beteiligung qualifizieren. Diesen Effekt gilt es im Gegenteil zu nutzen und im Sinne einer verstärkten Rückkopplung für Beteiligungsqualifizierung und sinnvoll in ein entsprechendes Qualifizierungsprogramm einzubauen" ( Bitzer 1991: S. 27). ]
Angesichts dieser Bedingungen wurde im Rahmen des Projekts ein methodisches und didaktisches Konzept, das auf den Erfahrungen mit inner- und überbetrieblichen Maßnahmen zur Beteiligungsqualifizierung aufbaut, entwickelt. [Dieses Konzept ist ausführlich bei Hartmann/Fuchs-Fronhofen (1995: S. 39ff.) beschrieben. ]

Zum Einsatz von Multiplikatoren: Das kontinuierliche Lernen am Arbeitsplatz mit der Unterstützung eines betrieblicherseits eingesetzten und besonders für die speziellen Aufgaben geschulten Multiplikators kann als eine besonders effektive Form der Weiterbildung im Betrieb betrachtet werden. Schwerpunkte im Aufgabenfeld eines solchen Multiplikators sind das Feststellen von speziellem Weiterbildungsbedarf im Betrieb, das Bestimmen von Weiterbildungsinhalten und die Vermittlung von neuen Kenntnissen und Fertigkeiten an einzelne Mitarbeiter oder kleinere Arbeitsgruppen. Darüber hinaus richtet sich die Tätigkeit des Multiplikators auf die kontinuierliche Initiierung und Unterstützung individuellen Lernens am Arbeitsplatz, auf das Aufdecken von Lernbarrieren im Betrieb, auf das Ermitteln von lernförderlichen Arbeitsstrukturen und vorhandenen Lernpotentialen sowie auf die Herstellung und Aufrechterhaltung von weiterbildungsbezogenen Kontakten mit Außenpartnern. [vgl. dazu Pohlandt/Carstens/Haase 1995: S. 248 - 260]
Durch diese umfassende Institutionalisierung der Weiterbildung auf betrieblicher Ebene kann die Qualifikationsförderungen der älteren Arbeitnehmer erheblich erhöht werden.

Gruppenarbeit

Gruppenarbeit kann grundsätzlich als ein entscheidender Weg zur Flexibilisierung der Unternehmen mit dem Ziel, rascher auf Änderungen des Marktes zu reagieren, angesehen werden. [vgl. Nerdinger/Rosenstiel 1996: S. 299]
Darüber hinaus verspricht dieses Konzept qualifikations- und persönlichkeitsfördernde Arbeitsformen. [Binkelmann et al. 1993: S. 11]

Die Entwicklung des Gruppenarbeitskonzepts erfolgte nicht wie das Konzept ‘Lernen und Fertigen’ entlang den Prinzipien der differentiell-dynamischen Arbeitsgestaltung. Dennoch lassen sich bei der Gestaltung von Gruppenarbeit Möglichkeiten der Umsetzung dieses Ansatzes im Sinne von Kompensationsmöglichkeiten der Unterschiede im Leistungsverhalten, die bei den einzelnen Mitarbeitern gegeben sind, ausmachen, so daß unterschiedlich leistungsstarke Mitarbeiter eingesetzt werden können. Das ermöglicht den Unternehmen die Bildung von heterogenen Gruppen. Vor diesem Hintergrund wird das Konzept Gruppenarbeit im folgenden hinsichtlich der Partizipationsmöglichkeiten älterer Beschäftigter befragt. Dabei gilt es die Qualifizierungschancen für die älteren Arbeitnehmer zu beleuchten. Zudem werden die Qualifikations- und Kompetenzanforderungen, die sich im Rahmen der Gruppenarbeit an die Beschäftigten stellen dargestellt und aufgezeigt, inwiefern die älteren Beschäftigten diesen Anforderungen entsprechen können.

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Darüber hinaus werden Kriterien für die Zusammensetzung und Bildung der Gruppen genannt, durch die die Integration der älteren Arbeitnehmer verbessert werden kann.

Qualifizierungschancen

Potentielle Möglichkeiten zur Qualifizierung in der Arbeitstätigkeit werden mit Barkholdt et al. (1995) „durch die ganzheitliche Aufgabenausführung vermittels Planung der Arbeitsvorgänge, Abstimmung der Aufgabenverteilung und flexible Aufgabenzuordnung sowie durch Einbeziehung in die Qualitätskontrolle gegeben" (S. 430).

„Die Verlagerung von Aufgaben und Kompetenzen auf die Gruppe", so Barkholdt et al. weiter, „macht (darüber hinaus) Investitionen in das Humankapital erforderlich, um Grund- und Schlüsselqualifikationen der Mitarbeiter zu erhöhen" (1995: S. 430). [Barkholdt et al. (1995: S. 430) benennen Unternehmen für die Effekte dieser Art beispielhaft beschrieben worden sind - für Opel AG vgl. Wenzel/Flöter 1993; für Sandvik Belzer vgl. Orbanke/ Alt 1995, für Mettler -Toledo vgl. Tikart 1994. Ergänzt werden kann diese Aufzählung noch durch die Untersuchung der Unternehmen - Audi (Werk Ingolstadt), ZF (Werk Saarbrücken), SKF (Werk Entzenhofen), Opel (Werk Bochum) von Ochs 1995.]

Die Einschätzung des Qualifikationspotentials von Gruppenarbeit für die Beschäftigten „ist (jedoch) immer im Zusammenhang mit der unternehmerischen Strategie zu beurteilen, in die sie eingebunden ist" (Barkholdt et al. 1995: S. 430). Qualifizierungspotential ist nur in geringem Maße oder überhaupt nicht vorhanden, wenn technisch anspruchsvolle Tätigkeiten ausgelagert werden und nur körperlich anstrengende Resttätigkeiten in der Gruppenarbeit verbleiben, so Barkhodlt et al. (1995: S. 430). [Barkholdt et al. (1995) weisen darauf hin, daß es für eine altersübergreifende Betrachtungsweise von zentraler Bedeutung ist, zu eruieren, inwiefern „Gruppenarbeit für die jetzt 30-40jährigen die Voraussetzung bietet, auch im Alter von 50-60 Jahren durch die Arbeitstätigkeit über ein Qualifikationspotential verfügen, mit dem dann auftretende neue Qualifikationsanforderungen besser bewältigt werden können als bisher". Diese Frage zu klären, bedarf es einer Längsschnittbetrachtungsweise und es deutet sich gleichzeitig ein erheblicher Forschungsbedarf an (S. 430).]
Chancen für eine altersübergreifende Qualifizierung sind eher dann gegeben, wenn die „Fortentwicklung fachbezogener Qualifikation und gruppenbezogener Zusammenarbeit endogener Teil der geforderten Arbeitsleistung" (Hardes/Schmitz 1991: S. 665) ist. In diesem Zusammenhang ist auch der Einsatz und Erfolg von Innovationstechniken innerhalb der Gruppenarbeit zu sehen. Sind die letztgenannten Bedingungen geben, kann sich das innovative Potential der Beschäftigten im Rahmen der Gruppengespräche und des betrieblichen Vorschlagswesens positiv entwickeln.

Partizipationsmöglichkeiten in Bezug auf Qualifikations- und Kompetenzanforderungen

Die von ArbeitnehmerInnen, Vertrauensleuten, Betriebsräten und Vorgesetzten benannten Qualifikationsanforderungen, die im Rahmen von Gruppenarbeit an die Beschäftigten gestellt werden, zielen auf die Flexibilität im gedanklichen Einstellen auf neue Arbeitsaufgaben, auf Selbständigkeit in der Entscheidung, auf Selbstsicherheit im argumentativen Vertreten und Verteidigen der eigenen Positionen innerhalb und außerhalb der Gruppe, auf Ausdrucksfähigkeit hinsichtlich der eigenen Gedanken und des eigenen Befindens in der Gruppe, auf ein Kooperationsverständnis, das Leistung nicht als individuelles, sondern als Gruppenergebnis faßt, auf Reflexivität hinsichtlich des Zustandekommens eigener Auffassungen mit dem Ziel effektiverer Fehlerauswertung und -vermeidung sowie auf Konfliktlösungsstrategien im Umgang mit Gruppenkonflikten und Kompromissen. [vgl. Frackmann/Lehmkuhl 1993: S. 64]
Angesichts dieser Qualifikationsanforderungen läßt sich

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mit Bezug auf die gerontologischen Forschungsergebnisse feststellen, [ vgl. Kap. 4] daß sie nicht grundsätzlich gegen die Partizipationsmöglichkeiten älterer Arbeitnehmer sprechen. Vielmehr zeigen diese Befunde, daß die in der kristallinen Intelligenz angesiedelten kognitiven Eigenschaften und Fähigkeiten älterer Menschen, und hierbei insbesondere die kommunikativen und sozialen Kompetenzen, mit dem Alter einen qualitativen Zuwachs erfahren.

Den „normalen" Abbauprozessen und den eventuellen Einschränkungen in der körperlichen Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer steht ein Zuwachs an Erfahrung gegenüber. Ob sich die beruflichen Erfahrungen in Zusammenhang mit der Gruppenarbeit als Hemmnis oder als Ressource erweisen, hängt von ihrer Beschaffenheit ab. Haben die Beschäftigten bislang eine qualitativ hochwertige sowie abwechslungsreiche Arbeit verrichtet und haben sie im Rahmen ihrer Tätigkeit nicht aus-, sondern immer dazu gelernt, so können sie ihre Erfahrungen als Ressource in die Gruppe einbringen. Vorausgesetzt ist dabei, daß sich ihr Einsatzgebiet nicht grundlegend verändert. In diesem Fall werden ihnen die mit der Gruppenarbeit verbundenen Qualifikationsanforderungen nicht nur selbst keine grundsätzlichen Probleme bereiten, sondern die neuen und weniger erfahrenen Mitarbeiter können gleichzeitig von ihren Kenntnissen profitieren. Gegebenenfalls sind sie zudem die besten Wissensvermittler, da ältere Arbeitnehmer oftmals ruhiger, geduldiger und weniger auf das eigene berufliche Fortkommen fixiert sind als die jüngeren Arbeitskräfte.

Anders verhält es sich, wenn die älteren Gruppenmitglieder in ihrer bisherigen Berufstätigkeit einfach strukturierte Arbeitsaufgaben an Einzelmaschinen verrichtet haben. In der Regel verfügen die Arbeitnehmer dann über ein hohes Maß an Geschicklichkeit, Tricks und Kniffen, die sie für ihren angestammten Arbeitsplatz entwickelt haben. Dies wird wahrscheinlich dazu führen, daß sie an ihrer Arbeit festhalten und sich gegenüber Neuerungen sperren. Die Bereitschaft, sich auf Veränderungen einzulassen und sich umzustellen, die im Rahmen der Gruppenarbeit verstärkt gefordert ist, wird bei älteren Beschäftigten vor allem dann fehlen, wenn eine solche Arbeitshaltung in ihrem bisherigen Arbeitsleben keine Rolle gespielt hat. [vgl. dazu Ochs 1995: S. 13 f.]

Insgesamt kann mit Ochs (1995) festgehalten werden, daß eine möglicherweise mit dem Alter variierende Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Gruppenmitglieder grundsätzlich nur im Zusammenhang mit den konkreten Arbeitsanforderungen beurteilt werden kann und daß die älteren Arbeitskräfte keineswegs diejenigen sein müssen, die die schlechteren persönlichen Voraussetzungen für die neue Arbeitsform mitbringen. [vgl. S. 14]

Partizipationsmöglichkeiten Älterer durch Gruppenbildung

Eine Möglichkeit der Erweiterung von Handlungsfeldern in der Gruppenarbeit zur Schaffung von Partizipationsmöglichkeiten auch älterer Arbeitnehmer kann in der Zusammensetzung und Bildung von Gruppen gesehen werden. Israel (1995) [vgl. Israel 1995: S. 98] betont, daß altersgerechte Arbeitsstrukturen eine Grundlage für die differentielle Nutzung altersheterogener Belegschaftsstrukturen sind. Sie bieten Chancen für die Berücksichtigung der individuellen Leistungsvoraussetzung, für das Ermöglichen von Formen individueller Weiterentwicklung der Leistungsfähigkeit durch Qualifizierung sowie für die Einbringung von Erfahrungen in verstärkte Selbstorganisation der Mitarbeiter einer Fertigungsgruppe. Gerade die Nutzung von vorhandenen Leistungspotentialen und die Sicherung entsprechender Freiräume für ihre Entwicklung - bezogen auf die einzelnen
Mitabei-

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ter - stellen wesentliche Gestaltungsdimensionen dar. Möglichkeiten dafür bestehen in der partizipativen Abstimmung der Zuordnung von Arbeitsfunktionen und Arbeitsplätzen zu Arbeitspersonen.

Von Bedeutung wird damit die Frage nach der Zusammensetzung und Bildung der Gruppen in den Betrieben. In der Literatur wird darauf verwiesen, daß nicht die Auswahl der leistungsmäßig stärksten Mitarbeiter (‘Olympiamannschaften’) den Anfang der Umsetzung der Gruppenarbeit in einem Unternehmen machen darf, sondern daß die Gruppenmitglieder in ihrer Zusammensetzung die Heterogenität der Belegschaft widerspiegeln sollten. [Diesen Grundsatz bei der Gruppenbildung zu beachten, empfehlen auch Auer et al. (1996), da die zu Beginn der 90er Jahre in französischen und britischen Automobilwerken festzustellende ungünstige Altersstruktur auf mittlere Sicht auch die deutschen Hersteller trifft. „Die Herausforderung in der Entwicklung von Gruppenarbeit besteht also darin, wettbewerbsfähige Arbeitsstrukturen in den industrialisierten Kernländern Westeuropas eben nicht mit 'olympiareifen Belegschaften', sondern mit 'gemischten' Belegschaften aufzubauen. Die Orientierungspunkte der Gruppenarbeit, die bei allen Herstellern durch Begriffe wie 'Aufgabenintegration', 'Polyvalenz' und 'Job-Rotation' gekennzeichnet werden, müssen eine qualitätsgerechte, kosteneffiziente und flexible Produktion garantieren" (S. 25).] Bei der Gruppenbildung ist somit grundsätzlich darauf zu achten, daß die Gruppe verschiedene Formen der Heterogenität nach Alter, Geschlecht, Leistungsniveau, Erfahrungspotentialen, Nationalität u.a. aufweist, letztlich sollte die Gruppe das Abbild der Belegschaft des gesamten Unternehmens widerspiegeln. [vgl. Ochs 1995: S. 19 f.]

Des weiteren sollte die Gruppenbildung in beteiligungsorientierten Entscheidungsprozessen der Mitglieder unter Einbeziehung der Geschäftsleitung stattfinden. Beteiligungsorientiert meint, daß im Entscheidungsprozeß den MitarbeiterInnen die Möglichkeit zur Selbsteinordnung ihrer Fähigkeiten gegeben wird und soviel Freiraum bleibt, daß der Motivation zur persönlichen Weiterentwicklung, z.B. durch Qualifizierung, Vorschub geleistet wird. [Vgl. Israel 1995: S. 99]

Darüber hinaus sollte auf die Übereinstimmung zwischen Aufgaben-, Anforderungs- und Tätigkeitsprofil in individuell steuerbaren Abstimmungsprozessen geachtet werden, einschließlich der gleichzeitigen Integration von Entwicklungsalternativen und -möglichkeiten.

Durch die positiven Langzeiteffekte der Arbeitsplatzrotation können einseitige Belastungen und der dadurch bedingte Gesundheitsverschleiß gemindert werden. Auf diesem Weg kann die Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer länger erhalten werden und eine Ausgrenzung „Leistungsschwacher", die mit einer bei Gruppenarbeit häufig beobachteten schleichenden Arbeitsintensivierung einhergehen kann, [vgl. dazu Ochs 1995 (S. 37); Auer et al. 1996 (S.25)] vorgebeugt werden. Arbeitsplatzrotation bzw. Wechsel der Arbeitsaufgaben innerhalb der Gruppe können darüber hinaus gleichzeitig zu einer weiteren Qualifizierung beitragen.

Insgesamt konnten anhand der Konzepte ‘Lernen und Fertigen’ und Gruppenarbeit Gestaltungsmöglichkeiten beschrieben werden, die potentiell höhere Chancen für eine qualifikationsförderliche Gestaltung der Arbeitstätigkeit sowie positive Ansatzpunkte zur Realisierung der Partizipation und Integration auch älterer Arbeitnehmer in die Arbeitsorganisation erkennen lassen, ohne einen Verlust der betrieblichen Innovationsfähigkeit hinnehmen zu müssen. Die Befunde zeigen zudem, daß insbesondere durch die Einbeziehung älterer Mitarbeiter in die Gruppen- und Teamarbeit Arbeitsergebnisse positiv beeinflußt werden können. Gerade die berufsspezifischen Potentiale älterer Mitarbeiter, nämlich ihre Berufspraxis, ihr Erfahrungswissen, ihr Verantwortungsbewußtsein und ihre Lebenserfahrung sind im wesentlichen Bestandteile, die die Hand-

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lungsspielräume der Gruppe erweitern und innovativ wirken können. Es kann damit festgehalten werden, daß ‘hohes Alter’ nicht notwendigerweise eine Barriere für die Umsetzung von innovationsförderlichen Organisationsformen ist.

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6.2 Hindernisse bei der Durchsetzung neuer Formen der Arbeitsorganisation

Gleichwohl Konzepte innovations- und qualifikationsförderlicher Formen der Arbeitsorganisation zur Intergration [An diese Stelle soll nochmal betont werden, daß Integration älterer Mitarbeiter nicht meint, daß mit ihnen besondere oder vom Betriebsablauf abgesonderte Maßnahmen durchzuführen sind. „Die Intergration älterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet vielmehr die Entwicklung einer einheitlichen Unternehmensstrategie für alle Gestaltungsbereiche und für alle Mitarbeiter des Unternehmens" ( Wuppertaler Kreis e.V. 1997: S. 52).] älterer Arbeitnehmer in die Unternehmen denkbar sind und zum Teil bereits ausformuliert vorliegen, bestehen Hindernisse, die eine problemlose Realisierung dieser Organisationsformen hemmen. Im folgenden werden einige Hemmnisse benannt.

So werden beispielsweise organisatorische Innovationsprozesse durch die ungebrochene Weiterführung einer betrieblichen Praxis blockiert, die aus dem Erbe tayloristischer Strukturen resultiert: verkrustete betriebliche Entscheidungsprozesse mit Verankerung in einem starren Tarifsystem sowie die historische Erfahrung des oftmals unnachgiebig zu Lasten der Arbeitnehmer ausgetragenen Konfliktes zwischen Kapital und Arbeit.

Baethge weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß „... die flächendeckende Durchsetzung qualifikationsorientierter, integrativer Arbeitsorganisationskonzepte noch keineswegs beschlossene Sache ist" (Baethge 1994: S. 12). „In einer Studie des Instituts für Arbeit und Technik wird festgestellt, daß lediglich 6,5% aller Beschäftigten Gruppenarbeit ausüben und zudem die Potentiale für eine Humanisierung der Arbeit völlig unzureichend genutzt werden. Lediglich in einem Drittel der Fälle haben die Gruppenmitglieder sowohl die Möglichkeit der Partizipation als auch die Chance zur weitgehend autonomen Gruppenorganisation" (Kleinschmidt, Perkuhl 1994: zit. nach Barkholdt et al. 1995: S. 431). Neben der unzureichenden organisatorischen Realisierung von Gruppenarbeit finden sich die bekannten und vielfach analysierten Probleme, wie z.B. nicht angepaßter Mitarbeitereinsatz, defizitäre Qualifikation und Qualifizierungsprozesse, mangelnde Motivation, zu weitgehende Vorgesetztenkontrolle sowie traditionelle Formen der Entlohnung und Leistungspolitik.

Ferner sind auch die z.T. zu hohen Folgebelastungen, die durch einen permanenten Qualifi- zierungsdruck entstehen, zu beachten, so Barkholdt et al. (1995: S. 431). Skarpelis-Sperk (1993) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß „in den neuen Produktionskonzepten .. immer mehr Aufgaben an einem Arbeitsplatz zusammengefaßt (werden). Es ist erkennbar, daß hierdurch selbst für gut ausgebildete Arbeitnehmer Anforderungen entstehen, die bis zum gesetzlichen Rentenalter nicht durchhaltbar sind" (S. 82). [Auch Frevel (1995) weist daraufhin, daß „viele Arbeitsplätze .. auf eine Erwerbsarbeit bis 65 Jahre (oder gar darüber hinaus) (nicht) eingerichtet (sind). Die Leistungsanforderungen sind (gut gerechnet) eher auf bis zu 50jährige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer orientiert, also auf einen Zeitpunkt, bevor alterungsbedingte Leistungseinschränkungen gravierend werden" (S. 9).]
Dieser Trend wird auch durch die Befunde der BIBB/IAB - Erhebungen bestätigt. Im Ergebnis zeigen die Untersuchungen, daß sowohl die körperlichen als auch die psychomentalen und psychsozialen Belastungen von 1979 bis 1991 kontinuierlich angestiegen sind. [vgl. im Überblick Frevel 1995]

[Seite der Druckausg.: 45 ]

Darüber hinaus droht die Realisierung der in Gruppenstrukturen angelegten Innovationspotentiale durch die ambivalente Interessenlage der Mitarbeiter gebremst zu werden. Einerseits stellen die Autonomie der dezentralen Organisationsformen und die dort verfolgten Rationalisierungsmaßnahmen besonders auf die aktive Mitwirkung der Mitarbeiter ab, um brachliegende Rationalisierungspotentiale zu erschließen und Qualifikation und Erfahrung besser als bisher zu nutzen. Die älteren als auch jüngeren Arbeitskräfte sollen Innovationen vorantreiben und sich auf diese Weise zu wichtigen Akteuren des Rationalisierungsgeschehens wandeln. Auf der anderen Seite schlagen die damit gewonnenen Produktivitätseffekte auf Arbeitsplätze und Beschäftigung durch; stets bleiben die Mitarbeiter unter dem betrieblichen Ziel der Personalkosteneinsparung Objekt und potentielles Opfer der von ihnen in vielen Fällen initiierten und mitgetragenen Innovationen. Daher sind nicht nur Konflikte mit dem Management, sondern auch Friktionen und Blockaden des Innovationsprozesses auf arbeitsorganisatorischer Ebene insgesamt nicht überraschend. [vgl. dazu Hirsch-Kreinsen 1996: S. 208 sowie Kern 1996: S. 196-207]


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