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TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg.: 37 ]


Anselm Görres
Aufkommensneutrale ökologische Steuerreform als Innovationschance für Wirtschaft und Beschäftigung


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1. Zum Grundprogramm der ökologischen Steuerreform

Es liegt in der Natur der Sache, daß die Befürworter einer ökologischen Steuerreform ihre Vorschläge meist in den Kontext einer Instrumentendebatte stellen, bei der das Instrument „Ökosteuern" mit alternativen umweltpolitischen Maßnahmen verglichen wird. Dabei wird dann betont, daß Ökosteuern marktwirtschaftlicher, effizienter und insgesamt kostengünstiger wirken als das bisherige Ordnungsrecht, und daß sie auch gegenüber bisher noch kaum eingesetzten Instrumenten wie etwa einer Zertifikatelösung oder gegenüber den neuerdings modisch gewordenen Selbstverpflichtungen ganzer Branchen oder Industrieverbände den Vorteil größerer Wirksamkeit, Praxisnähe und Verbindlichkeit aufweisen. [Fn.1: Als Beispiel einer solchen instrumentenvergleichenden Argumentation siehe etwa Görres/von Weizsäcker 1995 oder auch weite Teile unseres Memorandums (Görres/ Ehringhaus/v. Weizsäcker 1994).]

Bei dieser Argumentation kommt jedoch häufig zu kurz, daß eine ökologische Steuerreform auch ein wichtiges Mittel zur Förderung von Innovation und Beschäftigung sein kann. Im folgenden soll daher das Grundprogramm einer ökologischen Steuerreform, wie wir es vorgeschlagen haben, nur ganz kurz erläutert werden, um dann die positiven Effekte einer solchen Reform zur Förderung von Innovation und Beschäftigung in den Vordergrund zu stellen.

Wenn ich hier und im folgenden von „wir" spreche, so ist damit der Förderverein Ökologische Steuerreform und sein Memorandum zur ökologischen Steuerreform gemeint, das unter dem Titel „Der Weg zur Ökologischen Steuerreform" als Buch im Olzog-Verlag erschienen ist. [Fn.2: Weitere Informationen über den FÖS sind bei der Vereinsgeschäftsführung erhältlich (c/o ökom München, Tel. 089 / 544 184-0, Fax -99).]
Der Förderverein hat sich als überparteiliche Initiative das Ziel gesetzt, bei Wirt-

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schaft und Öffentlichkeit für eine aufkommensneutrale parallele ökologische Steuerreform einzutreten.

Alle westlichen Industriestaaten leiden unter der gleichen Kombination zweier Übel: Ihr Verzehr des Faktors Umwelt ist zu hoch, ihre Beschäftigung, also der Einsatz des Faktors Arbeit, ist zu niedrig. Wenn Marktwirtschaften primär über Preise gesteuert werden, legt das die Vermutung nahe, daß Arbeit im Faktorvergleich zu teuer, Natur aber zu billig ist. Was liegt also näher als die Lösung, den Einsatz des Faktors Natur zu verteuern, den von Arbeit zu verbilligen, um damit insgesamt eine zugleich menschenfreundlichere und ökologisch angepaßtere Form des Wirtschaftens zu erreichen (Schaubild 2)?

Es ist wichtig, daß diese Korrektur über das Steuersystem erfolgt und nicht über den (wahrscheinlich ohnehin kaum erfolgreichen) Versuch, auf andere Weise die Preisbildung auf den Märkten zu beeinflussen. Der niedrige Preis von Natur - präziser: von natürlichen Ressourcen und Stoffen, die negative Umweltwirkungen haben - ist ja gerade die Folge der Unfähigkeit von Märkten, die ökologischen Knappheiten abzubilden, Denn diese können bei der Marktpreisbildung keine Berücksichtigung finden, da sie nicht die jeweiligen Marktparteien, sondern unbeteiligte Dritte und die Allgemeinheit belasten.

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Schaubild l:

Förderverein ökologische Steuerreform (FÖS)

1. ZIELE UND AUFGABEN

  • Eintreten für aufkommensneutrale ökologische Steuerreform mit Kompensation über Senkung der Lohnnebenkosten

  • Förderung des Dialogs zwischen Ökologie, Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften

  • Kontinuierliche Mitarbeit an Diskussion und Umsetzung einer ökologischen Steuerreform

2. ZIELGRUPPEN (INTERESSENTEN UND MITGLIEDER)

  • Ökologisch interessierte Unternehmer, Industrielle, Manager sowie engagierte Staatsbürger

  • Ausgewiesene Experten aus Wissenschaft und Praxis mit Beiträgen zur ökologischen Steuerreform

3. INITIATOREN

  • Dr. Henner Ehringhaus, Jurist, bis 1986 BASF-Manager, 1986-1992 Vorstand de WWf International, heute freiberuflicher Umwelt- und Unternehmensberater

  • Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Präsident des Wuppertal-Institutes für Klima-Umwelt-Energie, Mitglied des Club of Rome, Autor des Buches 'Erdpolitik'

  • Dr. Anselm Görres, Volkswirt, 1984 -1991 Unternehmensberater bei McKinsey, 1991 -1994 Mitinvestor und Geschäftsführer der Elpro Gruppe, seit 1994 Partner der Mülder & Partner Interim Management GmbH

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Schaubild 2:
Eine aufkommenssneutrale Umschichtung der Steuerlast hat positive Effekte für die Umwelt wie für den Arbeitsmarkt


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Auch die hohen Kosten des Faktors Arbeit und insbesondere ihr starker Anstieg in den letzten Jahren sind keine Folge der tariflichen Lohnbildung. Die Nettolöhne sind in Deutschland in den letzten zehn Jahren kaum gestiegen. Was gestiegen ist, sind Bruttolöhne und Lohnnebenkosten - das aber vor allem durch den starken Anstieg der Belastung mit Steuern und Sozialabgaben. Die staatliche Gestaltung des Steuer- und Abgabensystems hat seit 1970 zu einer relativen Entlastung des Faktors Natur und zu einer drastischen Zunahme des Anteils von arbeitsbezogenen Abgaben geführt (Schaubild 3). Diese beschäftigungs- wie umweltpolitisch katastrophale Schieflage ist im übrigen keine deutsche Besonderheit, sondern in fast allen OECD-Staaten zu konstatieren (Schaubild 4).

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Schaubild 3:
Von 1970 bis 1993 wurde der Faktor Arbeit immer stärker, der Faktor Umwelt relativ weniger belastet


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Schaubild 4:
Auch weltweit wurde seit 1970 überall Arbeit höher, Kapital und vor allem Natur niedriger besteuert


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Genau diese Fehlentwicklung soll durch die ökologische Steuerreform korrigiert werden. Mit einer Umschichtung von rund 40 Milliarden DM im sechsten Jahr der ökologischen Steuerreform, wie sie der FÖS vorschlägt, würde also keineswegs ein revolutionärer Schritt getan. Vielmehr würden lediglich drastische Verzerrungen der letzten Jahrzehnte behutsam zurecht gerückt.

Die vier wichtigsten Prinzipien des FÖS-Modells - nämlich aufkommensneutrale Gestaltung, Gleichheit der Energiesteuerbelastung für alle Energieträger- und Verwendungen, sozial ausgewogene und fiskalisch einfache Entlastung der Bürger und kreativer außenwirtschaftlicher Flankenschutz für die Wirtschaft in der Übergangszeit des nationalen Vorausgangs (Schaubild 5) - haben wir an anderer Stelle näher erläutert.

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Schaubild 5:

Wichtigste Prinzipien des FÖS für eine ökologische Steuerreform

1. Aufkommensneutralität der Steuerreform

  • Keine Erhöhung der Steuer- und Abgabenquote

  • Rückgabe der Energiesteuern an Bürger und Wirtschaft durch Senkung anderer Steuern/Abgaben

Fiskus darf nicht zum Profiteur der Ökologischen Steuerreform werden

2. Gleiche Energiesteuer für alle Energieträger und -Verwendungen

  • Keine Steuerdifferenzierung (einheitlicher Steuersatz auf Energiegehalt nicht erneuerbarer Energieträger)

  • Gleiche Steuerlast für gewerblichen wie privaten Energieeinsatz

  • Steuerbefreiungen für einzelne Wirtschaftszweige allenfalls zeitweise

Keine unterschiedlichen „ökologischen Wahrheiten" in der Volkswirtschaft

3. Sozial ausgewogene und fiskalisch einfache Entlastung von Bürgern und Wirtschaft

  • Keine neuen Transferleistungen („Ökobonus")

  • Systemkonforme Senkung der Sozialversicherungsbeiträge unter Beibehalt der Beitragsgleichheit von Arbeitnehmern und Arbeitgebern (50:50)

  • Langfristige Kompensation eher über niedrigere Mehrwertsteuer

ÖSR muß Steuersystem vereinfachen, statt neue Komplikationen zu schaffen

4. Kreativer Schutz der Außenflanke für Dauer des nationalen Vorausgangs

  • Kein Verzicht auf vorteilhafte Reform durch Warten auf „Geleitzug EU"

  • Keine „Geburtsfehler" durch komplizierte Ausnahmen oder Subventionen

  • Einfuhrschutz auf besonders betroffene Branchen/ Produkte konzentrieren

Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit ohne Festhalten an überalteten Steuerstrukturen

Memorandum ökologische Steuerreform

[Seite der Druckausg.: 46 ]

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2. Innovationschancen für die deutsche Wirtschaft

Eine intelligent gestaltete Ökosteuerreform würde mit der Besteuerung einer Handvoll von Energieträgern auf den gesamten Wertschöpfungsprozeß der Volkswirtschaft ausstrahlen (Schaubild 6).

Da eine primärnah gestaltete Besteuerung der Energie in alle Stufen des Wirtschaftskreislaufs eingreift, kann sie entlang der gesamten Kette Material- und Energieeinsatz/Produkte/Konsumentennutzen zu Verbesserungen führen. Da Energieeinsatz mit einer Vielzahl von Umweltproblemen verbunden ist, würde eine flächendeckende Verteuerung von Energie auch breite ökologische Verbesserungen auslösen (Schaubild 7).

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Schaubild 6:
Eine Besteuerung weniger Energieträger strahlt auf den gesamten volkswirtschaftlichen Materialfluß ab


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Schaubild 7:
Bei der Mehrzahl aller Umweltprobleme spielt Energie eine direkte oder indirekte Rolle


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Zugleich aber - und das ist entscheidend für die Innovationseffekte - entstünden in allen Wirtschaftssektoren und in den Haushalten klare Anreize zur Energieeinsparung. Hier besteht ein ganz entscheidender Unterschied zum Ordnungsrecht. Das Ordnungsrecht schreibt immer nur ganz bestimmte Wege vor (Gebote), oder verschließt nur bestimmte Weg (Verbote). Das marktwirtschaftliche Instrument der „Verteuerung durch Besteuerung" gibt dagegen Anreize, alle denkbaren Wege der Effizienzsteigerung zu beschreiten - auch solche, die den ordnungsrechtlichen Planern vielleicht gar nicht in den Sinn gekommen wären (Schaubild 8).

Die mit der ökologischen Steuerreform bezweckte Effizienzrevolution setzt gleichzeitig an vier wichtigen Hebeln an. Prozeß- und Produktinnovationen ermöglichen es, einen gleichwertigen Ausstoß an nutzbaren Produkten mit verringertem Einsatz von Energie und Materie zu erreichen. Produktsubstitution und intelligentere Produktnutzung erlauben es, mit energiesparenden und mit weniger Produkten den gleichen Nutzengewinn zu realisieren. In der Realität treten diese abstrakt differenzierbaren Hebel natürlich häufig in Kombination auf.

  • Prozeßinnovationen entstehen durch intelligentere Fertigungsverfahren oder Substitution von Einsatzfaktoren. Durch Verbesserung von Produktionsabläufen und neue Technologien läßt sich das gleiche physische Produkt (bzw. die gleiche Dienstleistung) mit weniger Energie- und Materialaufwand erzeugen.

  • Produktinnovationen bedeuten den Ersatz energie- und materialintensiver Produkte durch gleiche oder gleichwertige Produkte oder Dienstleistungen, die weniger Inputs erfordern.

  • Produktsubstitution ersetzt alte Produkte durch andere oder neue, die den gleichen Konsumentennutzen ermöglichen, aber insgesamt oft einen um Größenordnungen verringerten Material- und Energieaufwand ermöglichen.

  • Intelligentere Produktnutzung bedeutet, daß gleiche Produkte länger oder intensiver eingesetzt werden und damit mehr Nutzungen/Dienstleistungen erbringen.

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Schaubild 8:
Die "ökologisch-ökonomische Effizienzrevolution" setzt gleichwertig an vier Hebeln an


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Manchmal wird bestritten, daß Energieverteuerungen zu Einsparungen führen. Etwa, weil Energie ja heute schon in Deutschland recht teuer ist, oder weil in bestimmten Verfahren der Wirkungsgrad der Energie kaum mehr gesteigert werden könne. Auch wenn beide Argumente partiell zutreffen, verrät das Argument einen sehr begrenzten Glauben an die ungeheure Anpassungsfähigkeit marktwirtschaftlich Ökonomien - es ist eigentlich ein antimarktwirtschaftliches, eher bürokratisches und technokratisches Argument. Die Fakten sprechen eine andere Sprache: Im internationalen Vergleich korrelieren Energiepreisniveau und Energieeffizienz unterschiedlicher nationaler Volkswirtschaften sehr eindeutig (Schaubild 9). Auf nichts reagieren Marktwirtschaften besser als auf Preissignale.

Auch der Trend der Technologieentwicklung in Vergangenheit und in Zukunftsprognosen weist zweifellos in die Richtung höherer Energieeffizienz (Schaubild 10). Technologien mit geringer Energieintensität oder mit Energiespareffekten spielen in allen Prognosen zukünftiger Erfolgsmärkte eine dominierende Rolle.

Das Zukunftspotential ökologisch orientierter Unternehmen wird auch von den Kapitalmärkten erkannt und honoriert: Sogenannte „green companies" werden dort im Vergleich zum Firmendurchschnitt nicht nur höher bewertet, sie wachsen auch schneller (Schaubild 11).

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Schaubild 9:
Zwischen Treibstoffpreisen und Energieeffizienz besteht eine hohe empirische Korrelation


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Schaubild 10:
Zukunftsträchtige Technologien sind überwiegend wenig energieintensiv oder dienen der Energieeinsparung


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Schaubild 11:
Am Kapitalmarkt erzielen "Green companies" eine höhere Bewertung und ein schnelleres Wachstum als der Firmendurchschnitt


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Zusammenfassend gilt: Eine behutsame Korrektur der Preissignale durch Korrektur der staatlichen Steuer- und Abgabenpolitik weist den Märkten einen Innovationspfad in Richtung einer ökologisch besser angepaßten Zukunft. Dabei ist ebenfalls klar, daß auf Dauer nur solche Arbeitsplätze sicher sind, die nicht auf einer krassen Verletzung der Gebote der Nachhaltigkeit beruhen.

Wenn deutsche Unternehmen durch innovative und energieeffiziente Techniken und Dienstleistungen die sich international abzeichnenden Verschärfungen der ökologischen Anforderungen vorwegnehmen, eröffnet sich ihnen eine wichtige Chance als Vorreiter und Pionier zukunftsträchtiger Technologien. „Made in Germany" könnte damit auch zum Markenzeichen intelligenter und ökologisch angepaßter Produkte werden.

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3. Positive Beschäftigungseffekte durch einen integrierten Ansatz

Das Vorurteil, das Umweltschutz mehr Arbeitsplätze koste als schaffe, scheint nicht auszurotten. Dabei hat das Ifo-Institut schon vor Jahren ausgerechnet, daß allein in Deutschland rund 700.000 Arbeitsplätze durch Maßnahmen des Umweltschutzes entstanden sind.

Eine neuere Simulation unterschiedlicher Politikansätze unterstreicht dieses Ergebnis auch für die Europäische Gemeinschaft. Im Auftrag der Europäischen Kommission hat ein Team von Beratungsfirmen unter der Projektleitung von Data Resources International (1994) drei unterschiedliche Wachstumsstrategien für die Europäische Union verglichen.

  • Das Referenzszenario „Weiter so" bedeutet eine Fortsetzung der Dominanz traditioneller Wachstumspolitik mit begrenzten ökologischen Korrekturen, die vorwiegend mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen verfolgt werden.

  • Die Strategie „Policy in Pipeline" würde zur Realisierung vorhandener Schubladenpläne führen und bisher verfolgte ökologische Ansätze verstärken.

  • Das integrierte Szenario, hier als ,,ÖSR plus" bezeichnet, setzt unterschiedliche Formen der Umweltsteuer ein und verstärkt diese durch

    [Seite der Druckausg.: 56 ]

    Forschungsprogramme, Informationskampagnen und Investitionsanreize zur raschen Verbreiterung „sauberer" (anstatt nur „säubernder") Technologien.

Im Ergebnis führt das integrierte Szenario nicht nur zu einer deutlich besseren Lösung der ökologischen Probleme, sondern zugleich zum höchsten Wachstumspfad der drei Varianten (Schaubilder 12, 13).

Auch für Deutschland zeigen neuere Untersuchungen positive Effekte einer ökologischen Steuerreform auf die Beschäftigung. Zwei von ihnen sind im Auftrag der Klima-Enquete-Kommission durchgeführt worden (ISI/DIW 1994 und EWI 1994). Hinzu kommt das Gutachten von Green-peace/DIW, auf das im FÖS-Memorandum mehrfach Bezug genommen wird. Um die Modellergebnisse vergleichbar zu machen, haben wir lediglich diejenigen Varianten einbezogen, die eine aufkommensneutrale Kompensation unterstellen (Schaubild 14).

[Seite der Druckausg.: 57 ]

Schaubild 12:
Eine Integration von Umwelt- und Wirtschaftspolitik führt in nahezu allen Problemfeldern zu deutlichen Verbesserungen


[Seite der Druckausg.: 58 ]

Schaubild 13:
Ein ökologisch integriertes Wachstumskonzept führt zum höchsten BIP-Wachstum bei der niedrigsten Zunahme der CO
2-Emissionen


[Seite der Druckausg.: 59 ]

Schaubild 14:
Makroökonomische Effekte sind entweder neutral oder positiv - insbesondere bei der Beschäftigung


[Seite der Druckausg.: 60 ]

  • Der Einfluß der ökologischen Steuerreform auf das Bruttoinlandsprodukt ist in allen Fällen klein und schwankt um die Nullinie. Bei ISI/DIW 1994 ergeben sich sogar deutlich positive Effekte.

  • Bei den Wirkungen auf den Privaten Konsum ergeben sich größere Unterschiede zwischen den Modellergebnissen. Bei Greenpeace/DIW 1994 führen die von der ökologischen Steuerreform ausgelösten Investitionsimpulse zu einem leichten Zurückdrängen des Konsums.

  • Bei der Beschäftigung kommt es in keiner der Untersuchungen zu negativen Effekten. Die positiven Wirkungen, die die Studie von Greenpeace/DFW aufweist, ergeben sich durch die Kompensation über eine Senkung der Lohnnebenkosten. Sie liegen in der Größenordnung von rund einer halben Million Arbeitsplätzen. Das geringere Ausmaß positiver Beschäftigungseffekte in den anderen Modellen ist darauf zurückzuführen, daß hier eine faktorneutrale Kompensation unterstellt wird.

Als Fazit zeigen sich insgesamt moderate Auswirkungen auf alle makroökonomischen Größen. In der Öffentlichkeit wird auf Grund vordergründiger common-sense-Überlegungen zu Unrecht erwartet, daß die steuerliche Energieverteuerung zu Verlusten beim Volkseinkommen führe, und daß Klimaschutz Wohlstands- und Konsumverzichte impliziere. Das Gegenteil ist der Fall: Auch eine isolierte Einführung von Ökosteuern kann bei aufkommensneutraler Ausgestaltung zu positiven Wachstums- und Beschäftigungseffekten führen.

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4. Ein neuer gesellschaftlicher Konsens als politischer Innovationseffekt der ökologischen Steuerreform

Die Diskussion über die notwendige „Ökostroijka" unseres Wirtschaftssystems leidet gerade in Deutschland sehr stark darunter, daß die Umweltbewegung aus zeitgeschichtlichen Gründen eher aus der „linken" Seite des gesellschaftlichen Spektrums hervorgewachsen ist, obwohl die ökologische Bewahrung ein im Kern konservatives Thema darstellt.

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Der Prozeß gesellschaftlichen Umdenkens, ohne den eine ökologische Steuerreform nicht denkbar ist, könnte aber diese überholten Frontenbildungen ebenso allmählich wie nachhaltig auflösen und überwinden.

Die breite Zustimmung, die die ökologische Steuerreform bei der Umweltbewegung in den letzten Jahren gewonnen hat, stellt bereits das Ergebnis wichtiger Lernprozesse dar. Noch vor kurzer Zeit waren die wirtschaftspolitischen Vorschläge vieler ökologisch engagierter Gruppen von einer starken Tendenz zu den eher obrigkeitsstaatlichen Instrumenten der Ge- und Verbote gekennzeichnet. Aus der praktischen Beschäftigung mit ökologischen Problemen resultierte jedoch eine pragmatische Annäherung und Anerkennung der Überlegenheit marktwirtschaftlicher Steuerungen. In vielen zeitgenössischen Diskussionen sind es paradoxerweise oft eher „linke" Ökologen, die für den Einsatz marktwirtschaftlicher Instrument plädieren, während die traditionellen Verteidiger der Marktwirtschaft im Feld der Umweltpolitik noch häufig eine Vorliebe für administrative Regulierung zu hegen scheinen.

Auf der anderen Seite gewinnt in der Wirtschaft und in eher „bürgerlichen" Kreisen die Erkenntnis an Verbreitung, daß Vereinfachung des Steuersystems, Entbürokratisierung der öffentlichen Aufgaben und Förderung des Standort- und Innovationswettbewerbs durchaus mit einer ökologischen Steuerreform verbunden werden können (Schaubild 15).

[Seite der Druckausg.: 62 ]

Schaubild 15:
Die ökologische Steuerreform könnte im Mittelpunkt eines neuen gesellschaftlichen Konsenses stehen


In einem von harten ideologischen Auseinandersetzungen geprägten Land birgt die ökologische Steuerreform somit ein beachtliches Konsenspotential für „rechts und links". Dieser „politische Wohlfahrtsgewinn" ist für die Ökologie des Gemeinwesens sicherlich nicht von geringem Wert.

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Literatur

Data Resources International (DRI) und andere 1994: The potential benefits of Integration of Environmental and Economic Policies, An Incentive-Based Approach to Policy Integration, Report for the Commission of the European Communities, Brüssel.

EWI 1994: Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen von Emissionsminderungsstrategien. Studie im Auftrag der Enquete-Kommission 'Schutz der Erdatmosphäre, Energiewirt-schaftliches Institut Köln.

Anselm Görres/Ernst Ulrich von Weizsäcker: Das beste Instrument. Ökologische Steuerreform: Intelligente Steuerung des ökologischen Umbaus, in Politische Ökologie Nr. 42, Themenheft ökologische Steuerreform, Juli 1995, ökom München.

Görres/Ehringhaus/v. Weizsäcker 1994: Der Weg zur ökologischen Steuerreform. Das Memorandum des Fördervereins ökologische Steuerreform, Olzog Verlag, München.

[Seite der Druckausg.: 63 ]

Greenpeace/DIW 1994: Ökosteuer - Sackgasse oder Königsweg? Wirtschaftliche Auswirkungen einer ökologischen Steuerreform. Gutachten im Auftrag von Greenpeace e.V., Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin, Mai (liegt seit August 1995 auch als Buch vor).

ISVDIW 1994: Gesamtwirtschaftliche Auswirkungen von Emissionsminderungsstrategien. Studie im Auftrag der Enquete-Kommission 'Schutz der Erdatmosphäre, Fraunhofer-Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Karlsruhe/Berlin.

[Seite der Druckausg.: 64 = Leerseite ]


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