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TEILDOKUMENT:
Arbeitsgruppe 3: [Seite der Druckausg.: 98 = Leerseite] Hannes Gabriel
Die Arbeitsgruppe 3 befaßte sich mit der Förderung der Integration durch Wohnungsbau und Stadtplanung". Damit war ein weitgehend neues kommunales Handlungsfeld von Zuwanderungspolitik umrissen. Dies um so mehr, da die Erhaltung und Schaffung bezahlbaren Wohnraums in Verbindung mit Beschäftigungsmöglichkeiten für bleibeberechtigte Zuwanderer in Zeiten knapper Kassen und sozialer Abbrüche eine besondere Dimension erfahren. 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fachkonferenz hatten sich für die Debatte in diesem Arbeitskreis entschieden und gestalteten eine lebhafte und anregende Diskussion. Zunächst steckten drei Statements den Rahmen für die Diskussion ab. Als erste nutzte Dr. Karin Veith das Forum, um auf ein neues Forschungsfeld der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung aufmerksam zu machen. Ausgelegt für einen Zeitraum von vier Jahren (1995-1999), befaßt sich das Projekt mit der Städtebaulichen Integration von Ausländern und Aussiedlern". Da sich das Projekt noch im Anfangsstadium befindet, konnte nicht erwartet werden, Erfahrungen und Ergebnisse zur Kenntnis zu geben, vielmehr konzentrierten sich die Darlegungen auf die Absichten und Ziele des Forschungsfeldes und machten für künftige Debatten neugierig. Um dem Ansatz des Projektes gerecht zu werden, die Lebensbedingungen für Ausländer und Aussiedler durch Maßnahmen des Wohnungs- und Städtebaus dauerhaft verbessern zu helfen, verwies Karin Veith auf die folgenden Zielstellungen: [Seite der Druckausg.: 100 ]
Mit besonderer Aufmerksamkeit wurden im Arbeitskreis die Ausführungen von Herrn Wolfgang Pach verfolgt. Er stellte sein in vielerlei Hinsicht bemerkenswertes Projekt des multikulturellen Wohnparks in Köln Volkhoven-Weiler vor. Bemerkenswert, weil es einem neuen und bundesweit bislang einmaligen Ansatz eines Integrationsprojektes folgt, das der Idee der Eigentumsbildung verpflichtet ist. Mit der Eigentumsbildung in diesem Wohnpark bekennen sich die 100 deutschen und ausländischen Familien ganz bewußt zu einer ständigen Begegnung von Menschen unterschiedlicher Herkünfte, verschiedener Kulturen und Religionen, suchen von sich aus die Berührung mit dem Anderssein. Zudem haben die etwa 40 ausländischen Familien aus über 10 Herkunftsländern und ebenso verschiedenen Nationalitäten mit ihrer Eigentumsentscheidung einen sichtbaren Willen zu stabiler und dauerhafter Integration dokumentiert. Bemerkenswert auch, weil bei Planung, Architektur und Bauausführung weitgehend speziellen Bedürfnissen und kulturellen Traditionen der Eigentümer Rechnung getragen werden konnte. Nicht zuletzt erscheint das Projekt bemerkenswert hinsichtlich der Finanzierungsmodelle, die einen Ansatz deutlich unter den Marktpreisen gefunden haben, 10 bis 15% unter den ortsüblichen Vergleichspreisen angesiedelt sind und sich damit bewußt an der finanziellen Tragbarkeit durch die Eigentümer orientieren. Wenn alle 96 Wohnungen und die 5 dazugehörigen Reihenhäuser heute ihren Eigentümer gefunden haben, ist dies nicht zuletzt der vergleichsweise günstigen Finanzierungsgrundlage geschuldet. [Seite der Druckausg.: 101 ] Vielfalt und Intensität der Fragestellungen unterstrichen das breite Interesse an bisherigen Erfahrungen mit dem multikulturellen Wohnpark. Wolfgang Pach wußte durchaus von den Schwierigkeiten zu berichten, die mit dem Projekt einhergingen, insbesondere, um die Grundfinanzierung für das Wohnprojekt zu beschaffen. Nachfragen betrafen die soziale Begleitung des Projektes. So erfuhren die Teilnehmer vom Engagement der katholischen Kirche und von der Integrationshilfe durch einen Mitarbeiter der Gesellschaft. Mit Interesse wurde zur Kenntnis genommen, daß sich ein Gemeinschaftsrat aus dem Kreis der Wohnungseigentümer gebildet hat, der nicht nur den Gemeinschaftsraum der Wohnanlage verwaltet, sondern verschiedentliche soziale Begleitung sichert. Bei dem auf Eigentumsbildung beruhenden Ansatz des Wohnparks konnte es nicht überraschen, daß die Diskussion den Finanzierungsrahmen hinterfragte, die Kreditbelastung und die Höhe des einzubringenden Eigenkapitals der Eigentümer interessierten sowie Erkundigungen nach Fördermöglichkeiten für die einzelnen Familien eingeholt wurden. Dies auch vor dem Hintergrund, daß das Projekt ein neues Element von integriertem Wohnen von Einheimischen und Zuwanderern markiert, andererseits Einkommensverhältnisse und finanzielle Situation von ausländischen Familien oftmals dort angesiedelt sind, wo sich die Teilnahme an einem solchen Modell verbietet. Am Beispiel von Duisburg-MarxIoh brachte schließlich Herr Friedhelm Fix einen wichtigen Aspekt in die Debatte. Er vermittelte Erfahrungen bei der Integration von Ausländern in den Wohnungs- und Arbeitsmarkt durch die Verbindung von Stadterneuerungs- mit Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Hintergrund bildet, daß sich in Marxloh in den zurückliegenden 20 Jahren fundamentale Veränderungen infolge des Strukturwandels in der Kohle- und Stahlindustrie vollzogen haben: 6.000 Arbeitsplätze wurden liquidiert; die Arbeitslosenquote erhöhte sich auf 25%; Abwanderung setzte in Größenordnungen ein und verringerte die Einwohnerzahl; der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung stieg auf 36%. Diesem Umstand Rechnung zu tragen und den wirtschaftlichen und sozialen Abschwung zu bremsen, werden mit dem Projekt Marxloh neue Wege in der Stadterneuerung beschritten. Ihm liegt ein ganzheitlicher Ansatz zugrunde, die Verknüpfung von Stadtsanierung - getragen durch die Entwicklungsgesellschaft Duisburg-MarxIoh mbH (EGM) - mit dem Stadtteilprojekt Marxloh, das Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen [Seite der Druckausg.: 102 ] für Jugendliche, Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger sowohl in sozialen als auch in gewerblichen Berufen durchführt. Dabei nannte Friedhelm Fix drei Zielstellungen für das Stadtteilprojekt Marxloh: Erstens die Verbesserung der sozialen Infrastruktur (durch Instandsetzung bzw. Schaffung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen), zweitens die Verbesserung der Sozialstruktur und des Zusammenlebens zwischen Einheimischen und Zuwanderern (durch Vernetzung von Integrations- und Beratungsangeboten), drittens die Durchführung von Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in verschiedenen Arbeitsbereichen (und dabei die Berücksichtigung von Ausländern entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil). So hat das Projekt einen Entwicklungsstand erreicht, daß derzeit in ihm an die 360 Mitarbeiter - unter ihnen ca. 40% Ausländer - in sieben gewerblichen und elf sozialen Arbeitsbereichen beschäftigt sind. Naturgemäß betrafen interessierte Nachfragen im Arbeitskreis weitere Informationen nach einzelnen Arbeitsbereichen und nach den Finanzierungsgrundlagen des Stadtteilprojektes. So werden die Kosten dieser Maßnahmen im wesentlichen von der Arbeitsverwaltung sowie vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW getragen. Wenn am Schluß der Debatte weitere Verabredungen zwischen den Teilnehmern getroffen, neue Termine vereinbart und weitere Informationen erbeten wurden, deutet dies auf ein starkes Bedürfnis zum Austausch, um das Zusammenleben von Einheimischen und Zugewanderten in den Kommunen zu verbessern. Für die einen war es kritisches Hinterfragen bisheriger Erfahrungen, für die anderen waren es Anregungen, um die Integration von Zuwanderern zu begleiten. Auch, weil gerade die neuen Bundesländer vor der Aufgabe stehen, speziell Aussiedler zu integrieren und dabei vor allem die Verbindung von Wohnen und Beschäftigung für ein sozial verträgliches Miteinander von besonderem Gewicht ist. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000 |