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TEILDOKUMENT:


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Holger Kuhle
Soviel Quartier wie nötig und soviel Gesamtstadt wie möglich *
[* = Der Beitrag gibt einen vergleichenden Überblick über die auf der Tagung vorgestellten Ansätze zur Quartiersentwicklung und gibt den sich hier manifestierten Stand der aktuellen Diskussion wieder.]


Die Problembeschreibung der sozialräumlich benachteiligten Stadtquartiere stimmt zwischen den deutschen, französischen und niederländischen Ansätzen überein: Wenn in einem Stadtviertel sozial benachteiligte und räumlich benachteiligende Bedingungen kumulieren und sowohl die tradierten sozialstaatlichen Regelungen als auch die Instrumente der Stadterneuerung einen sozialräumlichen Zusammenhalt aller Teile einer Stadt nicht mehr gewährleisten können, erfordert dies eine Quartiersentwicklung als integrierte sozial- und stadtentwicklungspolitische Strategie. Übereinstimmung besteht auch darin, daß das jeweilige Quartier mit seinen spezifischen sozialräumlichen Charakteristika den Dreh- und Angelpunkt einer jeden Stadtentwicklungspolitik bilden sollte. Die Strategien der Quartiersentwicklung in den drei Ländern unterscheiden sich jedoch danach, ob sie sich auf einen Aktionsradius beschränken, der mit den sozialräumlichen Grenzen der betreffenden Stadtviertel identisch ist oder ob es sich um Maßnahmen handelt, die über diese Grenzen auf andere soziale Gruppen und deren Räume übergreifen. Susanne Kürpick (in diesem Band) hebt hervor, daß die Verknüpfung mit kommunalen und regionalen Erneuerungsstrategien erforderlich sei, da lediglich auf den Stadtteil bezogene „insulare" Konzepte die Möglichkeit neuer räumlicher Ungleichheiten enthielten.

In Abwägung der auf ein Quartier beschränkten und der quartiersübergreifenden Strategien muß berücksichtigt werden, daß es bei ersteren um eine Bündelung der ohnehin knappen öffentlichen Mittel auf die besonders hilfsbedürftige Bevölkerung und entwicklungsbedürftigen Gebiete geht. Schließlich, so könnte argumentiert werden, soll ja das Ziel sein, die sozialräumliche (Re-)lntegration der besonders problembehafteten und nicht irgendwelcher anderer Stadtquartiere sicherzustellen. Wenn jedoch nicht nur bei den Effekten und Symptomen sozialräumlicher Benachteiligung angesetzt werden

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soll, sondern der gesamtstädtische Kontext und die für die sozialräumliche Isolierung ursächlichen Entwicklungen in den Blick geraten sollen, dann scheint, wie die Veränderungen der Quartiersentwicklungsstrategien in Frankreich und den Niederlanden zeigen, ein Quartiersansatz, der sich lediglich auf die problembehafteten Teilräume bezieht, mittel- und langfristig zu kurz zu greifen. Monika Alisch (in diesem Band) macht auf das Dilemma aufmerksam, mit dem einer der in Deutschland am weitesten entwickelten Quartiersentwicklungsansätze in Hamburg konfrontiert ist: Der räumlich begrenzte Ansatz kann zwar ein Weg sein, die Lebensbedingungen der Benachteiligten in ihrem Wohnviertel zu verbessern und positiv zu gestalten, aber die gesamtstädtische Integration bleibt damit meist auf der Strecke.

Wenn es darum geht, die Lebensbedingungen in den problembehafteten Wohnvierteln zu verbessern, ohne dabei die gesamtstädtische Integration aus den Augen zu verlieren, stellen sich u.a. folgende Fragen: Wie großzügig bzw. enggefaßt sollten die Aktionsräume bei den Strategien zur Entwicklung problembehafteter Quartiere sein? Wieviel Quartiersbezug und wieviel Gesamtstadtbezug muß in einer Quartiersentwicklungsstrategie enthalten sein? Wo soll bei der Quartiersentwicklung angesetzt werden - bei den Stärken eines Quartiers und seiner Bewohner oder bei den Schwächen? Welcher sozialräumliche Aspekt hat welchen Stellenwert?

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Übereinstimmung in der Problembeschreibung

In den Niederlanden, in Frankreich und in Deutschland zeichnet sich ab, daß mit dem Quartiersentwicklungsansatz keine Fortsetzung einer alten Politik mit anderen Mitteln, sondern die Umsetzung einer anderen Stadtentwicklungsstrategie erfolgen soll. Dies ergibt sich aus den veränderten Problemlagen: In allen drei Ländern sind Großstädte von einer räumlichen Konzentration sozialer Marginalisierung betroffen, die nicht nur aus vorübergehend krisenhaften Entwicklungen, sondern aus tiefgreifenden strukturellen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft resultiert. Die ökonomische Ausgrenzung der Bewohner als zentrale Ursache bewirkt, daß die Bewohner den Veränderungen in ihrer Stadt bzw. ihrem Stadtteil nicht „standhalten" können und samt ihres Stadtquartiers in sozial prekäre Situationen „abzurutschen" drohen. Es geht folglich um eine Stadtentwicklung, deren soziale Aspekte mehr als nur Fragen der Miethöhe und Rückkehrmöglichkeiten nach Sanierungen umfassen. Baulich-investiv begrenzte Strategien haben nur einen eingeschränkten

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sozialräumlich stabilisierenden Effekt; eine sozialräumliche Integration kann damit nicht sichergestellt werden.

Sinnvoll erscheint eine Neuausrichtung der Perspektive: Ziel sollte sein, die Bewohner in problematischen Stadtquartieren zu befähigen, ihre Lebenslagen durch Aktivierung eigener Ressourcen (Bildung/Kenntnisse/Erfahrungen) und durch die Wahrnehmung von Lebenschancen zu verbessern. Da ist beispielsweise die Nutzung von sozialstaatlichen Förderprogrammen bzw. Aus-, Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten, der Ausbau von Netzwerken in Nachbarschaften zur gegenseitigen Stützung ebenso gemeint wie das Arrangement mit lokalen Nachfrage- und Angebotsstrukturen und den Möglichkeiten, sie im gegenseitigen Austausch zu befriedigen oder zum Nutzen der Bewohner zu kommerzialisieren. Beispiele hierfür sind Tauschringe in verschiedenen deutschen Städten, der „Lokale Beschäftigungspakt" in Berlin-Neukölln, der Aufbau eines Gewerbehofes in einem problembehafteten Hamburger Stadtteil, der zur Zeit in Abstimmung mit den ansässigen Gewerbetrieben errichtet und von ihnen genutzt werden wird, oder die Sanierung von Wohnhäusern unter Beteiligung der Bewohner wie in Rostock. Es geht um eine gebietsbezogene Stadtentwicklungs- bzw. Stadterneuerungspolitik, die Wohn-, Beschäftigungs- und ökonomische Aspekte integriert, also um eine raumbezogene klientel- und potentialorientierte Quartiersentwicklungsstrategie, bei der die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Akteure sowohl Ausgangs- als auch Zielpunkt aller Handlungsansätze sein sollten.

Diese Erkenntnis wurde in fast allen Ländern bzw. Städten aus einer Notlage heraus geboren: Strategien zur Quartiersentwicklung wurden trotz eines hohen Problemdrucks erst dann aufgebracht, als sich die sozialräumlichen Ausgrenzungen verfestigten. Auch die herkömmlichen Instrumente der Sozial- und Stadterneuerungspolitik griffen nicht mehr. Sie konnten bestenfalls die materiellen Folgen der sozialräumlichen Exklusion auffangen. Andererseits gerieten die stadtpolitischen Akteure angesichts knapper Finanzen und einer überlasteten sozialstaatlichen Infrastruktur zunehmend unter Druck. Sie mußten nach neuen und wirksameren Strategien suchen.

Diese Bedingungen korrespondierten mit dem Dilemma, daß sich die Benachteiligung in den meisten Städten längst verfestigt hatte und die Wirksamkeit der traditionellen Strategien ganz und gar einschränkte: Je länger beispielsweise die Ausschließung aus dem Arbeitsmarkt dauerte und durch

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räumliche Konzentration der Sozialkontakte auf andere Benachteiligte zur Gewohnheit wurde, je mehr sank die Chance für eine nachhaltige Integration in den gesamtstädtischen Arbeitsmarkt und Teilhabe an den Lebenschancen der Gesellschaft. Mit anderen Worten: Wenn die Bewohner beständig in einer sozial benachteiligten und in den übrigen Stadtteilen stigmatisierten Nachbarschaft leben, werden die sozialen Beziehungen brüchig. Und wenn Menschen beständig arbeitslos und auf Sozialhilfe angewiesen sind und auch in ihrer Nachbarschaft keine anderen Lebensverhältnisse bzw. Lebensweisen sehen, wird die benachteiligte Situation zur Gewohnheit.

In der Vergangenheit überkamen die Fördermittel die Bewohner in sozialräumlich problembehafteten Stadtvierteln einfach, ohne ihren Bedürfnissen und Möglichkeiten immer entsprochen zu haben. Nicht selten profitieren nicht die wirklich Bedürftigen, sondern die Angehörigen der Mittelschicht von Wohnungssanierungen, der Entwicklung verkehrsberuhigter Zonen oder von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Für die allgemeinen sozialstaatlichen Regelungen wie auch die Instrumente der Stadterneuerung gilt, daß sie die individuellen materiellen Risiken und die baulich-städteplanerischen Benachteiligungen eher bündelten anstatt die sozialräumlichen Ressourcen aufzugreifen und zu entwickeln. Zudem wurden die sozialen und räumlich-baulichen Aspekte über die Kategorien der Wohn- und Wohnumfeldverbesserung hinaus oftmals nicht zusammengedacht. Außerdem entwickelten sich eine Reihe staatlicher bzw. stadtpolitischer Förderprogramme zu Dauereinrichtungen. Waren sie einmal eingeführt, so entwickelten sie ihr Eigenleben, gleichgültig ob sie den Zwecken dienten, für die sie ursprünglich vorgesehen waren.

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Unterschiede zwischen den Strategien zur Quartiersentwicklung

'Soziale Aktivierung' der Bevölkerung heißt nun das Stichwort, das die Strategien zur Quartiersentwicklung als roter Faden durchzieht. Mit ihr soll die Grundlage dafür geschaffen werden, daß in sozial- und arbeitsmarktpolitischer sowie städteplanerischer Sicht eine Quartiersentwicklung initialisiert werden kann, die die Bewohner schließlich selbst tragen sollen. Die für ein Quartier und seine Bewohner verfügbaren öffentlichen Mittel sollen nicht einfach nur ausgeschüttet werden. Die Bewohner sollen selbst Akteure der Quartiersentwicklung werden. Denn es geht eben nicht um die sozialstaatlich-

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kompensatorische Versorgung unter problembehafteten Bedingungen, sondern darum, die Fähigkeit zu entwickeln, Lebens- und Erwerbschancen wahrzunehmen. Mit den Strategien zur sozialen Aktivierung, wie sie nun beispielsweise in Hamburg laufen, sollen sich die Fördereinrichtungen nach ihrem Beitrag, die Quartiersentwicklung anzuschieben, überflüssig machen und den betreffenden Bewohnern das „Feld" überlassen.

Ob es allerdings gelingt bzw. gelingen kann, den einmal aktivierten Quartiersbewohnern das Feld ohne das Engagement von sozialstaatlichen Animateuren zu überlassen, hängt vom Programmansatz zur sozialen Aktivierung und von seiner räumlichen Reichweite ab. Damit ist ein Punkt genannt, an dem sich die Strategien zwischen Frankreich, den Niederlanden und Deutschland unterscheiden. Entsprechend der Unterschiede zwischen einer räumlich begrenzten und einer quartiersübergreifenden Strategie variiert auch die mit den Ansätzen zur sozialen Aktivierung korrespondierende Stadtpolitik: In allen drei Ländern soll die Stadtpolitik die zur sozialen Aktivierung notwendigen Bedingungen sicherstellen und sich auf die vielfältigsten Probleme konzentrieren, die sich den „überforderten" Nachbarschaften unter den Bedingungen räumlich konzentrierter sozialer Benachteiligung stellen, beispielsweise die Qualität und Sicherheit der öffentlichen Räume, die Gesundheitsfürsorge, Kindergartenplätze, Schulen und sonstige Bildungseinrichtungen sowie die unkomplizierte Zugänglichkeit öffentlicher Ämter (Post, Bürgerbüros etc.) und die Präsenz privater Dienstleistungen (Einkaufsmöglichkeiten etc.).

Sowohl beim räumlich begrenzten als auch beim quartiersübergreifenden Ansatz hat soziale Aktivierung zu tun mit ehrenamtlicher Arbeit, soziokulturellen Tätigkeiten [Fn.2: Hierbei geht es weniger um ein ehrenamtliches Engagement und um die Bürgerbeteiligungsverfahren, die sich seit den siebziger Jahren eine artikulationsfähige Bürgerschaft in Fragen der Stadtplanung etc. erkämpft hat. Diese Verfahren und Methoden (beispielsweise Nachbarschaftstreffs, Workshops etc.) werden in den benachteiligten Quartieren nur selten von den wirklich Benachteiligten in Anspruch genommen. Sie sind weder mit der vorausgesetzten Diskussionskultur vertraut noch könnten sie mit der Eloquenz von diskussionserfahrenen Engagierten mithalten. Für die Benachteiligten stellt Beteiligung und soziale Aktivierung nicht zwangsläufig einen Wert an sich dar. Vielmehr wollen sie ihre konkreten Probleme gelöst haben. Da diese komplex und oftmals wechselhaft sind, müßte zunächst erst einmal in Erfahrung gebracht werden, was an Problemlösung gewollt ist. Die soziale Aktivierung müßte dann schließlich nicht irgendwelche sozialen und sozialkulturellen Fragestellungen, sondern die jeweiligen Probleme zu ihrem Dreh- und Angelpunkt machen.] und Maßnahmen zur Verbesserung der Wohn- und Lebenssituation

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im Quartier. Diese Tätigkeiten helfen, soziale Isolationen im Wohnviertel zu vermeiden oder abzubauen und sie können einen positiven Impuls für die weitere Entwicklung des Quartiers in der Selbstwahrnehmung seiner Bewohner geben. Van der Pennen (in diesem Band) stellt fest, daß eine Reihe benachteiligter Bürgerinnen und Bürger nur sehr eingeschränkt in den Arbeitsmarkt integriert werden können, weil sie Gesundheits- und Suchtprobleme haben. In diesem Fall beschränkt sich die soziale Aktivierung darauf, die soziale und soziokulturelle Teilhabe der Bewohner im Quartier zu steigern und zu stabilisieren.

Bei der überwiegenden Zahl der Bewohner stellt die soziale Aktivierung in den Niederlanden jedoch lediglich die Voraussetzung für einen (Neu-)Start auf dem Arbeitsmarkt dar. Die soziale Aktivierung ist eine Art Vorbereitungsphase. In ihr werden mit Qualifizierungs-, (Wieder-)Einstiegsprogrammen, Arbeitsinformationsangeboten und Arbeitsvermittlungen Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten und Maßnahmen getroffen, mit denen die Einbindung in den Arbeitsmarkt erfolgen soll. Im Vergleich zu den in Deutschland laufenden Quartiersentwicklungsstrategien ist festzustellen: Während die Stabilisierung der Nachbarschaften und Etablierung von lokalen ökonomischen Strategien in den Quartieren in den Niederlanden nur das Sprungbrett für die anschließende Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt darstellen, gilt dies in den meisten deutschen Varianten der Quartiersentwicklung bereits als Zielmarke.

Nachdem lange Zeit in Frankreich und in den Niederlanden und noch heute in den deutschen Großstädten eine Stadtpolitik gegenüber den problembehafteten Quartieren dominierte, die eng auf die betreffenden Stadtviertel begrenzt war, wird nun ein quartiersübergreifender Ansatz favorisiert. Hierfür werden mehrere Gründe genannt: Erstens stellte sich mit den im Vergleich zu Deutschland bereits sehr viel länger laufenden räumlich begrenzten Quartiersentwicklungsstrategien die erhoffte sozialräumliche Integration der betreffenden Quartiere und ihrer Bewohner in die Gesamtstadt bzw. Region nicht ein. Zweitens hatten die problembehafteten Quartiere oftmals bereits einen Zustand sozialer Anomie und räumlicher Isolation erreicht, den die Bewohner dieser Viertel nicht aus sich heraus überwinden konnten. Und drittens gibt es auch, insbesondere in Frankreich, einen pragmatischen Grund:

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Die Quartiersentwicklungsstrategie, die auf der Zonierung problembehafteter Gebiete und der positiven Diskriminierung ihrer Bewohner beruht (beispielsweise durch besondere räumlich begrenzte sozialstaatliche Maßnahmen, Steuerermäßigungen, Förderprogramme für bestimmte soziale Gruppen etc.), brachte so viele einzelne Quartiere hervor, die von der Stadtpolitik den Einsatz von Quartiersentwicklungsmaßnahmen beanspruchen konnten, daß sich die Stadtpolitik außerstande sah, überall gleichzeitig mit den Strategien der Quartiersentwicklung aktiv zu werden.

Je nachdem, ob sich der Aktionsraum einer Quartiersentwicklung auf ein bestimmtes Viertel beschränkt oder quartiersübergreifend angelegt ist, zielen die Strategien auf unterschiedliche ökonomische Wirkungszusammenhänge und jeweils unterschiedliche Beschäftigungsmuster für die Bewohner in den problembehafteten Quartieren. Neben Ansätzen, die auf die am Markt orientierten Wirtschaftssektoren abheben, existieren Strategien zum Ausbau eines „Dritten Sektors" oder einer Gemeinwesenarbeit. Sie werden sowohl im lokalen Rahmen als auch quartiersübergreifend angewandt. Dabei zielt ein lokal begrenzter Ansatz auf eine Aktivierung, die eng mit dem spezifischen sozialräumlichen Umfeld verbunden und hierauf abgestimmt ist. Vergegenwärtigt man sich die oftmals mangelnden Berufsabschlüsse oder geringen Ausbildungsniveaus sowie die nicht vorhandenen (im Fall von Großwohnanlagen) oder prekären Gewerbe- und Dienstleistungsstrukturen (im Fall einer Reihe problembehafteter Innenstadtgebiete), dann kann eine lokal begrenzte Quartiersentwicklung eine ökonomische Stabilisierung des spezifischen Stadtviertels bewirken, ohne jedoch die Anschlußfähigkeit an die gesamtstädtischen Kreisläufe des Arbeitsmarktes sicherstellen zu können. Bestenfalls gelingt die Anschlußfähigkeit zeitverzögert, wenn sich die ökonomische Situation innerhalb des Quartiers stabilisiert hat und die Bewohner Brücken zu den ökonomischen und gesellschaftlichen Wirkungszusammenhängen der Gesamtstadt schlagen können. Diejenigen, die den lokal begrenzten Ansatz zur ökonomischen Reaktivierung der Quartiere bevorzugen, sehen im Ausbau lokaler ökonomischer Strukturen angesichts eines unsicheren Übergangs in den allgemeinen Arbeitsmarkt eine Chance, weil Bewohner problembehafteter Quartiere ohnehin nur auf die bereits überfüllten und krisenanfälligen Niedriglohn-Arbeitsmärkte abgedrängt würden.

Solche überwiegend in den deutschen Städten verfolgten arbeitsmarktpolitischen Strategien sind Bestandteil einer auf das jeweilige Quartier begrenzten

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sozialen Aktivierung. Je nach den lokalen Bedingungen werden die Bewohner beispielsweise bei der Modernisierung von Wohnhäusern und der Infrastruktur des Quartiers eingesetzt, teilweise in Verbindung mit Qualifizierungsmaßnahmen, so beispielsweise in NRW im Rahmen des Programms „Quartiere mit besonderem Erneuerungsbedarf". Oder Bewohner werden zu Reinigungs- und Pflegearbeiten in Parks und öffentlichen Plätzen herangezogen (meist durch die Einbeziehung der Sozialhilfe in Kombinationsförderungen wie „Hilfe zur Arbeit" in Berlin). Eine andere Variante ist, daß sie als Hausmeister und Portiers in Wohnhäusern arbeiten oder Nachbarschaftsläden betreiben (beispielsweise in Paris und Berlin). Teilweise gibt es hierbei Bemühungen, lokale ökonomische Strukturen auf der Basis von Tauschringen oder der funktionalen Kopplung zwischen einzelnen lokalen Gewerben zu entwickeln (in den Niederlanden im Rahmen von Stadtteilunternehmen, in Berlin im Rahmen kommunaler Foren oder in Paris unter dem Stichwort „Régies des Quartiers").

Während die soziale Aktivierung in den Quartieren in Deutschland den eigentlichen Zweck darstellt, ist sie in den Niederlanden zunehmend nur ein Mittel zum Zweck der Integration in den gesamtstädtischen Arbeitsmarkt, beispielsweise in Beschäftigungsfeldern (Pflegebereich/Schulen/Kitas), die sich zunächst an den Bedürfnissen der Quartiere orientieren und über eine Professionalisierung Korridore in den allgemeinen Arbeitsmarkt eröffnen (z.B. über Rotation in Einrichtungen, die über die Stadt gestreut sind). In Frankreich ist soziale Aktivierung in den Quartieren zunehmend ein Mittel zum Zweck einer Einbindung des gesamten Quartiers in den allgemeinen wirtschaftlichen Wirkungszusammenhang. Firmenansiedlungen bzw. Ausgründungen aus anderen Stadtteilen in die problembehafteten Quartiere werden ebenso gefördert wie die wirtschaftliche Vernetzung durch den Aufbau von Zuliefererunternehmen in den Quartieren.

Das Ziel der in den Niederlanden und in Frankreich verfolgten Ansätze liegt also in der
(Re-)Aktivierung des zwischen den Quartiersbewohnern und der Gesamtstadt unterbrochenen ökonomischen Wirkungszusammenhangs. Eine Nischen- oder Nebenökonomie soll vermieden werden. Diese könnten zwar dazu beitragen, die Lebensbedingungen der Benachteiligten zu verbessern, die sozialräumliche Integration sicherstellen könnten sie aber nicht, da die lediglich an der Nachfrage innerhalb des Quartiers orientierten Beschäftigungsmuster mit den rasanten Veränderungen auf den gesamtstädtischen

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Arbeitsmärkten gar nicht Schritt halten könnten. Daß sich über die lokale ökonomische Aktivierung Übergänge in die gesamtstädtischen Wirtschaftskreisläufe arrangieren lassen, kann zumindest solange als unsicher angesehen werden, wie die wirtschaftlichen Aktivitäten innerhalb des Quartiers nicht in die gesamtstädtischen Wirkungszusammenhänge eingebunden sind. Daher kann durch die Entwicklung und Aufrechterhaltung perspektivloser und nur in sozialräumlichen Teilbereichen der Stadt anerkannter Tätigkeiten eine Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht gewährleistet werden.

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Integration in den Arbeitsmarkt als zentraler Bestandteil der Quartiersentwicklung

Erkennbar ist, daß arbeitsmarktpolitische Aspekte in Frankreich und in den Niederlanden gegenüber den meisten in Deutschland laufenden Quartiersentwicklungsstrategien zentrale Bedeutung haben und hierauf abgestimmt die Strategien zur Steigerung des sozialen Zusammenhalts und der Lebensqualität in den Wohnvierteln angegangen werden. In Deutschland wurden Beschäftigungsaspekte bislang im Rahmen einer an der Gemeinwesenarbeit orientierten Quartiersentwicklungsstrategie abgehandelt. Dies lag darin begründet, daß die Beschäftigungskrise hier vergleichsweise spät einsetzte und daß sich die Quartiersentwicklungsstrategien nicht um die Steigerung der Beschäftigung kümmern sollten bzw. aufgrund der herrschenden gesetzlichen Regelungen kümmern durften. Infolgedessen konzentrierten sich die Quartiersentwicklungsstrategien eher auf Fragen der Wohn- und Lebensqualität, des sozialen Zusammenhalts und verfolgten, wenn es um Fragen der Beschäftigung ging, eine gegenüber der staatlichen Arbeitsmarktpolitik alternative Strategie, wie beispielsweise den Auf- und Ausbau lokaler ökonomischer Kreisläufe und einer Etablierung des sogenannten dritten Sektors. Da sich arbeitsmarktpolitische Maßnahmen als immer weniger wirksam zur Integration von Langzeitarbeitslosen aus den problembehafteten Stadtvierteln erwiesen und die bisherigen Quartiersentwicklungsstrategien den weiteren sozialen Abstieg der problembehafteten Stadtviertel nicht verhindern konnten, gewinnt die ökonomische Dimension der Quartiersentwicklung in Deutschland langsam an Bedeutung. Dabei treten entweder die oben erwähnten Ansätze der Gemeinwesenökonomie bzw. Strategien zur Stärkung der lokalen ökonomischen Kreisläufe in den Mittelpunkt und/oder die laufenden

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arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen werden mit der Quartiersentwicklung gekoppelt. Insgesamt handelt es sich hierbei um räumlich auf die betreffenden Quartiere eingeschränkte Strategien.

In den Niederlanden und in Frankreich sind demgegenüber die am Arbeitsmarkt ausgerichteten „Job-placement projects" (vgl. van der Pennen), das individuell angelegte „improvement of personal capital, education, training attitude" bereits seit längerem integraler Bestandteil der Quartiersentwicklung. In den Niederlanden wird z.B. ein „Job-Pool" staatlicher Beschäftigungsprogramme mit der sozialen Klientel in problembehafteten Quartieren räumlich gebündelt, die Beschäftigungsangebote sind jedoch räumlich gestreut. Im Effekt kommt die Bevölkerung problembehafteter Stadtviertel in die für sie in den übrigen Stadtteilen arrangierte Beschäftigung.

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Wie sind die unterschiedlichen Strategien zu beurteilen?

Eine quartiersübergreifende Strategie ist notwendig aufgrund der Charakteristika sozialräumlicher Benachteiligung. Diese bestehen darin, daß es sich nicht um einen autarken Prozeß von einzelnen sozialen Gruppen und deren Räume handelt, sondern um einen der jeweiligen Gesamtstadt immanenten Prozeß. Sozialräumliche Ausgrenzung von einem Teil der Stadt verläuft in einem globalen Wirkungszusammenhang simultan zur Entgrenzung eines anderen Teils der Stadt: In einer Reihe von Großstädten ist bereits die akute Auseinanderentwicklung zwischen ihren einzelnen Teilen zu beobachten. Während einige Stadtteile in einem hohen Maß in internationale Zusammenhänge eingebunden sind, wo nur noch die stadttypischen Fassaden Unterschiede zu anderen Städten markieren, verfestigen sich „no-go areas", die bei sozial angespannten Verhältnissen mit dem Stigma hoher Kriminalität versehen und ausgegrenzt werden. Obwohl die betreffenden Stadtteile und ihre Bewohner in ein und derselben Agglomeration faktisch nebeneinander wohnen, wird die sozialräumliche Nähe und Ferne neu und auf eine Weise bestimmt, bei der „am Ende die Welt wieder in Freunde und Feinde aufgeteilt (wird), in die wärmende Nähe der eigenen (sozialen) Gruppe einerseits, die jede Aggressivität legitimierende Ferne der Fremde" andererseits. [Fn.3: P. König, Urbanität und Leidenschaften, Frankfurt a.M. 1992, S. 63.]
Dies kündigt eine Spaltung an, die am „republikanischen Prinzip" bzw. dem „sozialstaatlichen Solidarprinzip" gemessen längst für überwunden gehalten wurde.

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Folglich darf es bei den Strategien der Quartiersentwicklung nicht darum gehen, die Lebensbedingungen in den von den gesamtstädtischen Wirkungszusammenhängen abgeschnittenen Stadtvierteln lediglich erträglicher zu machen. Es geht vielmehr um eine (Wieder-)Herstellung der zwischen den einzelnen Teilen und sozialen Gruppen einer Stadt unterbrochenen Zusammenhänge. Dabei ist die Gewährleistung quartiersübergreifender Möglichkeiten zur Wahrnehmung von Lebens- und Arbeitschancen nicht nur der Maßstab für eine erfolgreiche Quartiersentwicklung, sie ist auch deren Voraussetzung. Damit sich die benachteiligten Quartiere überhaupt auf ein in der Gesamtstadt verbreitetes Modernisierungsniveau hin entwickeln können, bedarf es der Solidarität derjenigen sozialen Gruppen und ihrer Räume, die die allgemeinen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen tragen und bestimmen.

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Eine Kombination aus quartierszentrierten und quartiersübergreifenden Strategien

Angesichts der spezifischen sozialen und räumlichen Ausprägung problembehafteter Quartiere bedarf es sowohl der lokal eingegrenzten als auch der quartiersübergreifenden Strategien. Wenn beispielsweise die Zusammensetzung in einem Stadtviertel überwiegend von älteren geringqualifizierten Bewohnern bestimmt wird, die aufgrund ihres Alters auch bei erfolgreicher Qualifizierung auf dem Arbeitsmarkt nur noch sehr geringe Vermittlungschancen haben, dann haben quartiersübergreifende Ansätze zur sozialen Aktivierung nur wenig Erfolgschancen. Ähnliches gilt auch im Falle von räumlich isolierten und monostrukturierten Wohnsiedlungen, wo zwar die Integration der Quartiersbewohner in den gesamtstädtischen Arbeitsmarkt gelingen kann, jedoch die funktionale räumliche Einbindung in die gesamtstädtischen Wirkungszusammenhänge schwierig sein könnte. Wenn sich zwischen ihnen und der Gesamtstadt zunächst gar keine Übergänge herstellen und sich die allgemeinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wirkungszusammenhänge gar nicht auf diese Siedlungen ausdehnen lassen, weil sie räumlich zu weit entfernt sind, wird es vor allem auf die soziale Aktivierung der endogenen Potentiale in dem betreffenden Quartier ankommen. Erst recht ist dies der Fall, wenn es sich um problembehaftete Quartiere innerhalb einer Stadt mit einer insgesamt wirtschaftlich krisenhaften Situation handelt, in der es ohnehin nur begrenzte Aufnahmekapazitäten des Arbeitsmarktes gibt.

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Wenn sich allerdings ein problembehaftetes Stadtviertel in einer ansonsten wirtschaftlich prosperierenden Umgebung befindet, die zudem räumlich naheliegend ist, ist nicht einzusehen, warum hier nur eine räumlich isolierte Quartiersentwicklung vorgenommen werden sollte. Dies gilt vor allem dann, wenn die nachwachsende Generation mit sozialräumlicher Benachteiligung konfrontiert ist. Sie von vornherein auf die im Aktionsradius ihres Wohnquartiers vorhandenen Aktivitäten zu beschränken, ohne Übergänge in die Gesamtstadt zu eröffnen, ist problematisch, weil ihnen damit die Wahrnehmung der von ihrem Wohnort unabhängigen Lebens- und Arbeitschancen vorenthalten wird.

Wesentlich ist, daß die lokal zentrierten und die quartiersübergreifenden Strategien angesichts der sozialräumlichen Konstellation im Zusammenhang gesehen und verfolgt werden müssen. Denn immer besteht die Bevölkerung sowohl aus Angehörigen der älteren und jungen Generation. Zudem wird es innerhalb einer jeden Generation diejenigen Menschen geben, denen der räumlich begrenzte Aktionsraum ausreicht und andere, die sich an den Übergangsmöglichkeiten in andere Sozialräume der Stadt orientieren. Außerdem ist die intrastädtische und intraregionale Streuung zwischen sozialräumlich benachteiligten und prosperierenden Gebieten charakteristisch für die aktuelle Regional- und Stadtentwicklung. Das bedeutet, daß sich in den meisten Fällen die wirtschaftliche Entwicklung und sozialräumliche Abwicklung durchaus in einer überbrückbaren räumlichen Distanz nebeneinander vollziehen. Nur in wenigen Fällen sind die problembehafteten Stadtviertel samt ihrer Stadt bzw. Region vom Niedergang betroffen.

Bei den bislang bekannten quartiersübergreifenden Strategien lassen sich eine Reihe von Ansätzen nennen, die die problembehafteten Stadtgebiete projektbezogen und problembezogen sozialräumlich in die Gesamtstadt bzw. Region zu integrieren versuchen. Dabei geht es sowohl um die soziale Aktivierung der Bewohner in problembehafteten Stadtvierteln als auch um deren Integration in den gesamtstädtischen Arbeitsmarkt. Sicherlich wäre es nützlich, die zur Zeit in Europa laufenden Ansätze zu identifizieren und eine Liste mit „Best-practice"-Beispielen zu erstellen.

Projekt- und problembezogen geht beispielsweise die RATP (Pariser Verkehrsbetriebe) mit dem Ausbau des Schienennetzes in bislang isolierte Großsiedlungen vor. Einerseits werden sozialräumlich bislang isolierte Wohnquartiere in das allgemeine Verbundnetz integriert, ein den Bedürfnissen der

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Quartiersbewohner angepaßter Zeit- und Linienplan der öffentlichen Verkehrsmittel erstellt, an den neuen Bahnhöfen Geschäfte und sonstige Dienstleistungen errichtet und andererseits werden für die hierfür anfallenden Arbeiten Langzeitarbeitslose aus problembehafteten Quartieren eingestellt und aus- bzw. weitergebildet.

Eine solche Art Achsenbildung, bei der die betreffenden Quartiere als Teil eines Wirtschafts- und Mobilitätsraums betrachtet werden, wird in kleinerem Maßstab entlang einer quartiersübergreifenden Einkaufsstraße in Berlin-Schöneberg zu etablieren versucht. Entlang der Potsdamer Straße mit Geschäften und Dienstleistungen unterschiedlichster Branchen und unterschiedlichster Größen (als Teil von Handelsketten oder kleine Läden in Privatbesitz) wurde ein „Ausbildungsverbund" organisiert. Da sich in dieser Straße eine Reihe von Geschäften in Besitz nicht-deutscher Bürger befinden, werden beispielsweise junge türkische und arabische Auszubildende nicht auf die oft prekären Arbeitsmöglichkeiten innerhalb des ethnischen Gewerbes festgelegt. Es wäre durchaus denkbar, daß ein solcher Ausbildungsverbund über noch weitere Straßen verlängert wird und Geschäfte unterschiedlichen Standards eingebunden werden.

Weiterentwickeln bzw. auf den Hintergrund sozialräumlicher Benachteiligung anpassen ließe sich auch das Engagement der Deutschen Bahn AG im Berliner Stadtbezirk Wedding. Wegen neuer Gleisbauten auf einer Grünfläche des Stadtbezirks für den neuen zentralen Lehrter Stadtbahnhof ist die Bahn zu Ausgleichsarbeiten, d.h. der Umgestaltung eines bereits bestehenden Parks verpflichtet. Dieser befindet sich zufälligerweise in einem problembehafteten Quartier. Denkbar wäre es, daß Maßnahmen zur sozialräumlichen Integration des problembehafteten Beusselkiezes mit dem Projekt Lehrter Stadtbahnhof abgestimmt werden. Der neue Zentralbahnhof wird zur Zeit in unmittelbarer Nähe zu einem Quartier mit einem hohen Anteil an Langzeitarbeitslosen und einer sozial benachteiligten sowie durch die städtebauliche Lage räumlich isolierten Bevölkerung errichtet. Wenn beispielsweise städtebauliche Verbesserungen der Verbindungswege zwischen dem Beusselkiez und dem Bahnhof vorgenommen und Beschäftigungsmöglichkeiten in und um den Bahnhof für einen Teil der arbeitslosen Bewohner arrangiert würden, würde eine Brücke zwischen einem boomenden und einem problembehafteten Stadtquartier hergestellt werden.

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Ähnliche Strategien wären entlang thematischer Projekte, beispielsweise entlang eines Flusses wie im Pariser Nordosten oder in Villeneuve-le-Roi (vgl. Klaus Werner in diesem Band) denkbar. Durch Umgestaltung von Brachflächen an den Flußufern problembehafteter Quartiere und ihren Anschluß an bereits attraktive Promenaden der bürgerlichen Viertel und durch die Einbindung der Bewohner in die kommerzielle Nutzung der neu erschlossenen Stadträume könnten Übergänge in die Gesamtstadt und eine sozialräumliche Integration erreicht werden. Ein anderes, zunächst lediglich auf die soziale Aktivierung zielendes Projekt beschreibt Werner (in diesem Band) am Beispiel eines kommunalen Modellbauernhofes. Interessant hieran ist, daß nicht einfach nur ein Freizeitobjekt in ein problembehaftetes Quartier gesetzt wird, damit sich die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung für die Bewohner in diesem Quartier verbessern. Vielmehr ist es so angelegt, daß es sowohl von den Bewohnern eines benachteiligten Viertels als auch von den Bewohnern anderer Viertel genutzt werden kann und somit die quartiersübergreifende Begegnung ermöglicht. Quartiersentwicklung zielt in diesem Sinne auf eine Vermittlung zwischen längst getrennten Lebens- und Erfahrungswelten der Bewohner innerhalb einer Stadt oder eines Stadtgebiets.

Um den gesamtstädtischen Zusammenhalt zu gewährleisten, geht es um geeignete quartiersübergreifende Verfahren. Neben der Bereitstellung finanzieller Mittel geht es darum, ein „kreatives, vernetzendes und innovatives Gestaltungswissen und Gestaltungshandeln - in einer von unten ausgedorrten, frustrierten, blockierten und verengten Gesellschaft" [Fn.4: Klaus M. Schmals, Quartiersmanagement zwischen Lokalisierung und Globalisierung, in: Dokumentation zur 73. Sitzung des Stadtforums Berlin „Soziale Stadt - Quartiersmanagement im internationalen Vergleich" (13.11.1998), S. 4.] zu aktivieren. Dazu bedarf es der Mobilisierung der zentralen Produktivkräfte in Wirtschaft und Gesellschaft. Denkbar wären zur Beschaffung von Geldern und zur Bereitstellung von Arbeits- und Ausbildungs- sowie Weiterbildungsplätzen verschiedene Formen des Social-Investment oder Social-Sponsoring. Darüber hinaus müßten die tradierten sozial- und stadtentwicklungspolitischen Verfahren im Interesse quartiersübergreifender Strategien, wie die Niederlande und Frankreich zeigen, ergänzt werden. In den Niederlanden werden beispielsweise vom Zentralstaat Fonds bereitgestellt, die von Kommunen für quartiersübergreifende Projekte genutzt werden können. In Frankreich werden sogenannte Agglomerationsverträge angestrebt, an denen sich die finanzielle

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Unterstützung des Zentralstaats für die kommunale Stadtpolitik orientiert. Sind in den innerhalb einer städtischen Agglomeration interkommunal ausgehandelter Verträgen quartiersübergreifende Projekte zur sozialräumlichen Einbindung räumlich isolierter und sozial benachteiligter Bewohner enthalten, dann können die betreffenden Kommunen mit zentralstaatlichen Zuwendungen rechnen.

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Fazit

Ausgangspunkt für die Quartiersentwicklung sollte nicht die problematischste, sondern die in einem Quartier stabilste Situation sein. Wenn in dem betreffenden Quartier keine ausreichenden Stärken vorhanden sind, gilt es, die Stärken eines dem Quartier angrenzenden Gebietes zur Überwindung der Quartiersschwächen einzubeziehen. Wenn in einem Teil eines problembehafteten Quartiers bzw. in dem ihm angrenzenden Gebiet eine „Aufwärtsentwicklung" wahrgenommen werden kann, dann setzt dies für die übrigen Abschnitte Maßstäbe, gibt Beispiele und Anknüpfungspunkte. Dies kann die Motivation der Bewohner und sämtlicher Akteure zur Quartiersentwicklung bestärken und die realen Chancen auf eine sozialräumliche Integration der problembehafteten Quartiere und ihrer Bewohner in die Gesamtstadt erhöhen.

Hingegen würde eine Strategie, die an einer besonders problematischen Situation ansetzt, lediglich eine Art „Feuerwehrfunktion" wahrnehmen. Es ist kaum anzunehmen, daß hier Ressourcen in der Weise freigesetzt werden könnten, daß sie zu einer stabilen Situation bzw. nachhaltigen Integration in die Gesamtstadt beitragen. Bei den oben genannten projekt- und problembezogenen Strategien wird versucht, die in einem problembehafteten Quartier vorhandenen sozialräumlichen Möglichkeiten mit denen in der Gesamtstadt herrschenden Anforderungen des Wirtschafts- und Erwerbslebens zu verbinden. Die Maßnahmen greifen einerseits gesamtstädtische Bedarfe auf und stehen andererseits in Zusammenhang mit dem Leben der sozialräumlich Benachteiligten, weil sie immer auch die Bedarfe der problembehafteten Quartiere und ihrer Bewohner im Auge behalten. Wenn es diesen Zusammenhang zwischen beiden Bedarfen gibt, dann sind Grundlagen für eine sozialräumliche Integration geschaffen.

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Zu berücksichtigen ist, daß mit der Quartiersentwicklung nicht die für die Benachteiligung ursächlichen wirtschaftlichen, sozialen und integrationspolitischen Fehlentwicklungen aufgefangen werden können. Sie kann lediglich einen Beitrag dazu leisten, daß die unterbrochenen Bänder zwischen den gesamtstädtischen Wirkungszusammenhängen und den sozial und räumlich ausgegrenzten Quartieren wieder geknüpft werden. Um eine umfassende soziale Teilhabe der ausgegrenzten Bewohner einer Stadt sicherzustellen, steht der Sozialstaat auch weiterhin in der Verantwortung. Er prägt Integrationschancen bzw. Ausgrenzungsmechanismen. Insoweit die problembehafteten Stadtviertel durch die Quartiersentwicklung (wieder) in die gesellschaftlichen und ökonomischen Wirkungszusammenhänge der Gesamtstadt eingebunden werden, kann zumindest die für die sozialräumliche Marginalisierung ursächliche Benachteiligung auf dem Erwerbs- und Wohnungsmarkt eingeholt werden.

Wenn die gesamtstädtischen Wirkungszusammenhänge nicht ausreichend berücksichtigt werden, läuft jeder Versuch, aus einem stabilisierten Quartier heraus an die gesamtstädtischen Arbeits- und Wohnungsmärkte Anschluß zu finden, Gefahr, an den Grenzen des Quartiers zur übrigen Stadt ausgebremst zu werden, weil die Integrationsbedingungen auf beiden Seiten inkompatibel bleiben. Da der eng an der Klientel, den Potentialen, den Mitteln und den räumlichen Bedingungen des Quartiers orientierte Ansatz der sozialen und räumlichen Stabilisierung Voraussetzung dafür ist, daß sich ein quartiersübergreifender Ansatz entwickeln kann, gilt es, beide Ansätze zu verbinden. Die Handlungsmaxime für diese Art Quartiersentwicklung könnte lauten: „Soviel Quartier wie nötig und soviel Gesamtstadt wie möglich".


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