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TEILDOKUMENT:


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Klaus Sieveking/Uwe Reim/Stefan Sandbrink
Werkvertragsarbeitnehmer aus osteuropäischen Ländern: Politische Konzepte und arbeitsmarktpolitische Probleme


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1. Einleitung *

[Fn.1: Die folgenden Ausführungen basieren auf Erkenntnissen, die die Verfasser im Rahmen des von der Volkswagenstiftung finanzierten interdisziplinären Projekts: „Die Beschäftigung von Werkvertragsarbeitnehmern in der Bundesrepublik Deutschland. Rechtliche Regulierungen und politische Konflikte" gewonnen haben. Das Projekt steht unter der Leitung von Dr. Thomas Faist, Bremen, Prof. Dr. Claus Offe, Berlin, und Prof. Dr. Klaus Sieveking, Bremen, und wird am Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen und am Zentrum für Europäische Rechtspolitik an der Universität Bremen durchgeführt. Projektbearbeiter sind Uwe Reim und Stefan Sandbrink. Die gesamten Projektergebnisse werden demnächst im Nomos Verlag Baden-Baden veröffentlicht werden.]

Seit Beginn der neunziger Jahre hat die Bundesrepublik Deutschland durch den Abschluß einer Reihe bilateraler völkerrechtlicher Abkommen die Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit von Arbeitnehmern aus mittel- und osteuropäischen (MOE) Staaten neu geregelt. Dabei handelt es sich im wesentlichen um vier unterschiedliche Formen der Beschäftigung:

Die sogenannten Gastarbeitnehmer-Vereinbarungen [Fn.2: Vgl. für alle Polen BGBI. 1991 II, S. 501 (geändert BGBI. 1995 II, S. 127). Identische Abkommen bestehen inzwischen mit Albanien (1992), Bulgarien (1992), Estland (1995), Litauen (1993). Rumänien (1992), Rußland (1993). Slowenien (1996), Slowakei (1996), vor der staatlichen Teilung auch mit der CSFR (1992), sowie Ungarn (1990).] ermöglichen es Arbeitnehmern aus den Vertragsstaaten, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung und Grundkenntnisse in der Sprache des Gastlandes verfügen, zur Erweiterung ihrer beruflichen und sprachlichen Fähigkeiten befristet und unabhängig von der Lage auf dem Arbeitsmarkt im jeweils anderen Vertragsstaat erwerbstätig zu sein. Die Vergütung und die sonstigen Arbeitsbedingungen der Gastarbeitnehmer richten sich nach den tarifvertraglichen, arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen des Gastlandes. Die Anzahl der jährlich für eine Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Gastarbeitnehmer ist aufgrund der in den Ver-

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einbarungen enthaltenen geringen Kontingente, die zudem von den MOE-Staaten nicht ausgeschöpft werden, mit etwa 5.500 vergleichsweise klein. [Fn.3: Die Kontingente betragen insgesamt weniger als 10.000 Gastarbeitnehmer. 1994 wurden in der Bundesrepublik lediglich etwa 5.500 Gastarbeitnehmer beschäftigt. Siehe H. Werner, MittAB 1/96, 36 (44).]

Einen deutlich größeren Umfang hat dagegen die Beschäftigung von Saisonarbeitnehmern aus MOE. [Fn.4: Für 1995 findet sich die Zahl von etwa 200.000 Saisonarbeitnehmern. Siehe Sozialpolitische Umschau Nr. 418/1996.]
Dieser Möglichkeit zur Erwerbstätigkeit liegen keine völkerrechtlichen Verträge, sondern Vermittlungsabsprachen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) mit den Herkunftsländern zugrunde. [Fn.5: Derartige Absprachen bestehen mit Polen, Ungarn, Slowakei, Tschechien, Slowenien, Kroatien, Rumänien, dem ehemaligen Jugoslawien und Bulgarien. Vgl. H. Werner, MittAB 1/96, 36 (46).]
Voraussetzung für die Vermittlung von Saisonarbeitnehmern ist, daß kein deutscher oder gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer für die Tätigkeit zur Verfügung steht, daß die MOE-Arbeitnehmer zu Lohn- und Arbeitsbedingungen beschäftigt werden, die denen deutscher Arbeitnehmer vergleichbar sind, daß sie ordnungsgemäß zur Sozialversicherung angemeldet werden, weiterhin daß zwischen ihnen und dem deutschen Arbeitgeber ein schriftlicher zweisprachiger Arbeitsvertrag besteht und daß eine angemessene Unterbringung gewährleistet ist. Die Saisonarbeitnehmer erhalten eine auf drei Monate befristete Arbeitserlaubnis. Angesichts der hohen Inländerarbeitslosigkeit ist die Bundesregierung derzeit bestrebt, den Einsatz von Saisonarbeitnehmern zu verringern. So wurde Anfang 1997 die Möglichkeit der Beschäftigung ausländischer Saisonarbeitnehmer für deutsche Firmen auf sechs Monate begrenzt. [Fn.6: Diese Beschränkung soll 1998 weiter auf fünf Monate begrenzt werden. Davon unberührt bleibt die Geltungsdauer der Arbeitserlaubnis für den einzelnen Saisonarbeitnehmer von drei Monaten. Siehe Sozialpolitische Umschau Nr. 418/1996.]

Eine weitere Gruppe von MOE-Arbeitnehmern, die in der Bundesrepublik Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachgehen, bilden die Grenzgänger. Bei ihnen handelt es sich um Arbeitnehmer aus Polen oder Tschechien, die bei deutschen Arbeitgebern beschäftigt sind. Sie müssen entweder täglich in ihr Heimatland zurückkehren bzw. dürfen sich nicht länger als zwei Tage hintereinander in der Woche in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Die Dauer ihrer Erwerbstätigkeit ist nicht befristet. Jedoch unterliegt sie

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einer räumlichen Beschränkung auf die grenznahen Kreise der Bundesrepublik Deutschland.

Die vierte, hier ausführlicher zu behandelnde Beschäftigungsform betrifft den Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmern (WVAN). Diese Art der Beschäftigung osteuropäischer Arbeitnehmer war bereits vor den Ende der achtziger Jahre in den MOE-Staaten einsetzenden Transformationsprozessen gebräuchlich.

Tabelle 1: Beschäftigte ausländische WVAN (ausgenommen EG) und sozialversicherungspflichtig beschäftigte Ausländer (in Mio.) in der Bundesrepublik Deutschland 1981-1988

Jahr

WVAN

ausl. Arbeitnehmer in Mio. (Stand 30.6.)

Jahr

WVAN

ausl. Arbeitnehmer in Mio. (Stand 30.6.)

1981

26.300

1,929

1985

8.830

1,592

1982

20.400

1,783 (31.3.82)

1986

9.411

1,583

1983

11.377

1,713

1987

12.318

1,588

1984

8.998

1,992

1988

14.494

1,624

Quelle: Bundesanstalt für Arbeit

Seit 1988 erfolgt der Einsatz der WVAN auf der Grundlage von Werkvertragsabkommen (WVA), die als völkerrechtliche Verträge in Form von Regierungsvereinbarungen abgeschlossen wurden.

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2. Der Einsatz von Werkvertragsarbeitnehmern aufgrund von Regierungsabkommen

2.1 Die Werkvertragsabkommen

Der Beschäftigung von MOE-Arbeitnehmern als Gastarbeitnehmer, Saisonarbeitnehmer und Grenzgänger ist trotz der Unterschiedlichkeit ihrer rechtlichen Ausgestaltung eines gemeinsam: In allen Fällen besteht während der Erwerbstätigkeit eine arbeitsvertragliche Beziehung zwischen dem MOE-Arbeitnehmer und einem deutschen Arbeitgeber. Hierin unterscheiden sie sich grundlegend von den Werkvertragsarbeitnehmern, deren Beschäfti-

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gung im Rahmen von Werkverträgen erfolgt. Dabei werden die Arbeitnehmer von ihren in MOE-Staaten ansässigen Arbeitgebern befristet zur Ausführung eines Werkvertrages in die Bundesrepublik Deutschland entsandt. Das zuvor zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis bleibt auch während der Entsendung bestehen. Dies hat zur Folge, daß die Beschäftigungsverhältnisse dieser entsandten Arbeitnehmer weitgehend dem Recht ihres Herkunftslandes unterfallen.

Die Grundlage für die Beschäftigung dieser Arbeitnehmer bilden die mit den Entsendestaaten abgeschlossenen WVA. [Fn.7: Polen BGBI. 1990 II, S. 602 (geändert durch BGBI. 1992 II, S. 93 und BGBI. 1993 II, S. 1125; Ungarn BGBI. 1989 II, S. 244 (geändert durch BGBI. 1991 II, S. 861 sowie BGBI. 1992 II, S. 1151). Weitere Vereinbarungen wurden mit Jugoslawien BGBI. 198911, S. 774 (für Bosnien - Herzegowina BGBI. 1995 II, S. 374 und Mazedonien BGBI. 1995 II, S. 731) inzwischen durch separate Vereinbarungen ersetzt; Rumänien BGBI. 1991 II, S. 666 (geändert durch BGBI. 1991 II, S. 822 und BGBI. 1996 II, S. 1303); CSFR BGBI. 1990 II, S. 602 (geändert durch BGBI. 1991 II, S. 820 und BGBI. 1993 II, S. 178 und für die Slowakei BGBI. 1996 II, S. 1030); Bulgarien BGBI. 1991 II, S. 863 (geändert BGBI. 1995 II, S. 90); sowie Lettland BGBI. 1992 II, S. 1204 und Türkei BGBI. 1992 II, S. 54. Im folgenden wird auf das deutsch-polnische WVA Bezug genommen. Allgemein zum Instrument der WVA vgl. K. Sieveking, EuroAS-Stichwort: Werkvertragsabkommen, EuroAS 1995, 42ff.]
Danach wird Arbeitnehmern aus diesen Staaten im Rahmen festgelegter Kontingente, die gegenwärtig insgesamt etwa 50.000 Arbeitnehmer betragen, eine Arbeitserlaubnis unabhängig von der Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt erteilt. [Fn.8: Art. 1 l der Vereinbarung.] Die Kontingente werden entsprechend einer in den Vereinbarungen enthaltenen Arbeitsmarktanpassungsklausel jährlich an die Entwicklung auf dem deutschen Arbeitsmarkt angepaßt. [Fn.9: Art. 2 II der Vereinbarung.] Die Verteilung der vereinbarten Kontingente auf die einzelnen Firmen obliegt den Entsendeländern.

Eine in der Regel auf die Dauer des Werkvertrages, maximal jedoch auf zwei Jahre befristete Arbeitserlaubnis erhalten die WVAN jedoch nur dann, wenn der auszuführende Werkvertrag überwiegend qualifizierte Arbeitskräfte erfordert. Unqualifizierten Arbeitnehmern soll eine solche nur insoweit erteilt werden, als sie für die Erstellung des Werkes unbedingt notwendig sind. Darüber hinaus muß der Arbeitnehmer im Besitz einer gültigen Aufenthaltsbewilligung sein. [Fn.10: Vgl. BGBI. 1991 II, S. 861 (Ungarn); BGBI. 1992 II, S. 93 (Polen). Die Änderungsvereinbarung mit Ungarn begnügt sich diesbezüglich zwar mit dem Oberbegriff der Aufenthaltsgenehmigung anstelle der konkreteren Form der Aufenthaltsbewilligung, jedoch ergibt sich aus der Zweckgebundenheit des Aufenthaltes der Arbeitnehmer, daß ihnen, ebenso wie den polnischen WVAN, in Anwendung des neuen Ausländergesetzes von 1990 (AusIG) ausschließlich eine Aufenthaltsbewilligung nach § 28 AusIG erteilt wurde. Dafür spricht ebenfalls die Verwendung des Begriff „Aufenthaltsbewilligung" in den Änderungen der Art. 10 und 7.]
Schließlich muß sich aus dem Werkver-

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trag ergeben, daß die Entlohnung inklusive aller Sonderzahlungen, wie z.B. Auslöse, der des einschlägigen deutschen Tarifvertrages für eine vergleichbare Tätigkeit entspricht. Dabei werden bei der Berechnung deutsche Nettotariflöhne zugrunde gelegt, die nicht ausschließlich in DM ausgezahlt werden müssen. [Fn.11: Rundschreiben der BA vom 28. Februar 1989 (Ungarn) und 03. Juli 1990 (Polen).]
Eine erneute Arbeitserlaubnis erhält ein Arbeitnehmer, der in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines Werkvertrages gearbeitet hat, erst, wenn er sich genauso lange außerhalb der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hatte, wie er zuletzt dort tätig war. [Fn.12: Art. 5 III-V der deutsch-polnischen Vereinbarung.]
In Verbindung mit den Vorschriften über die Befristung der Arbeitserlaubnis bedeutet dies für osteuropäische Subunternehmen, die längerfristig auf dem deutschen Markt tätig sein wollen, ihr Personal regelmäßig austauschen zu müssen. Für WVAN, die weniger als neun Monate in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt waren, wurde die Wartezeit später auf drei Monate verkürzt. [Fn.13: Vgl. BGBI. 1992 II, S. 93 (Polen).] Als Sanktionen bei einem Verstoß gegen die für die WVAN-Beschäftigung geltenden Vorschriften sehen die WVA den Ausschluß der betreffenden Firma von diesem Instrument vor.

2.2 Motive zum Abschluß der Werkvertragsabkommen

Die WVA wurden ursprünglich mit dem wirtschaftspolitischen Ziel der Flexibilisierung der Zusammenarbeit deutscher und osteuropäischer Unternehmen konzipiert und umgesetzt. Die rechtlichen Regelungen in den Abkommen wurden dabei so gewählt, daß sie den den Abkommen zugrunde liegenden politischen und ökonomischen Motiven Rechnung tragen konnten: Die WVAN-Beschäftigung konnte flexibel, aber arbeitsmarktverträglich eingesetzt werden. Entscheidend für das problemlose Funktionieren war die Kontrollierbarkeit, die nicht zuletzt dadurch gewährleistet wurde, daß die Kontingente gering waren (siehe Tabelle 2), daß es sich bei den osteuropäischen Unternehmen in der Regel um große Staatshandelsunternehmen

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handelte, mit denen es langjährige Kooperationserfahrungen gab, und daß die Aufenthalts- und Einreisemöglichkeiten der WVAN aufgrund einer restriktiven Visumshandhabung sehr beschränkt waren. Die rechtlichen Regelungen in den Abkommen standen insgesamt in Einklang mit den äußeren politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen. Auf diese Weise erwiesen sich die Abkommen als erfolgreiches und sowohl politisch als auch ökonomisch weitgehend unumstrittenes Instrument.

Tabelle 2: Kontingenthöhen in den ersten Werkvertragsabkommen

Land

Kontingent

CSFR

1.500

Jugoslawien

5.000

Polen

11.000

Ungarn

2.500

Quelle: WVA mit Jugoslawien BGBI. 1989 II, 774; Ungarn BGBI. 1989 II, 244; Polen BGBI. 1990 II, 602; CSFR BGBI. 1990 II, 682

Diese Situation änderte sich Anfang der neunziger Jahre. Neben die nach wie vor vorhandene wirtschaftliche Motivierung traten nach dem Zusammenbruch des Comecon (RGW) außen- und entwicklungspolitische Motive. So wurde in der WVAN-Beschäftigung nunmehr von der Bundesregierung in erster Linie eine Möglichkeit der Entsendestaaten zur Einnahme für die Bewältigung der Transformationsprozesse dringend benötigter zusätzlicher Devisen gesehen. Aus Sicht der Bundesregierung war diese Form der Zusammenarbeit besonders günstig, da die Devisentransfers durch deutsche Unternehmen an MOE-Unternehmen erfolgten. Angesichts eines hohen Finanzbedarfs im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung und bereits geleisteter finanzieller Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland an die MOE-Staaten schienen die WVA in diesem Sinne ein ideales entwicklungspolitisches Instrument zu sein, zumal sie eine Art der „Hilfe zur Selbsthilfe" darstellten. Inwieweit der Transfer von Know-how ein wesentliches Motiv für den Abschluß neuer Abkommen und für die Erhöhung bereits bestehender Kontingente darstellte, läßt sich nicht eindeutig klären. Ein Transfer von Know-how im Sinne einer Weiterbildung mittel- und osteuropäischer Arbeitnehmer stellte wohl kein wesentliches Motiv dar.

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Tabelle 3: Kontingenthöhen in Werkvertragsabkommen bis 30.09.1992

Land

Kontingent

Bulgarien

4.000

CSFR

8.250

- Tschechien


- Slowakei


Jugoslawien

9.500

- Kroatien

2.000

- Slowenien

1.000

- Bosnien-Herzegowina

400

- Mazedonien

200

Lettland

400

Polen

35.170

Rumänien

7.000

Türkei

7.000

Ungarn

14.000

Quelle: Bundesanstalt für Arbeit

Für den Zweck der individuellen Weiterbildung wurden zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einigen MOE-Staaten eigens die sogenannten „Gastarbeitnehmerabkommen" abgeschlossen. [Fn.14: Interview mit Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung am 27.6.1996.]
Ein Transfer von westlichem „Management-Know-how" an MOE-Werkvertragsunternehmen dürfte eher ein Nebeneffekt der Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen gewesen sein als ein originäres Motiv für die vertragliche Ausweitung der MOE-WVAN-Beschäftigung. Deutschlandpolitische, migrationspolitische und europapolitische Motive spielten ebenfalls eine eher untergeordnete Rolle. Um diese neue Zielsetzung umsetzen zu können, erhöhte die Bundesregierung Anfang der neunziger Jahre bereits bestehende Kontingente und schloß neue Abkommen ab.

2.3 Probleme beim Einsatz der Werkvertragsarbeitnehmer

Die Ausweitung der Kontingente wurde jedoch vorgenommen, ohne daß die einzelnen Vertragsregelungen sowie die dazugehörigen Durchführungs-

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bestimmungen entscheidend an die neuen Rahmenbedingungen angepaßt wurden. Diese neuen Rahmenbedingungen waren die Öffnung der Grenzen, die weitgehende Substitution der ehemaligen Staatshandelsunternehmen durch privatwirtschaftliche Betriebe und die Transformation der politischen und administrativen Systeme in den Staaten Osteuropas. Im Zuge der deutlichen Ausweitung der Kontingente unter diesen neuen Umständen war die ordnungsgemäße Umsetzung der Abkommen nicht mehr zu gewährleisten. Zum einen kam es deshalb zu Zielkonflikten, indem beispielsweise entwicklungspolitische Ziele nicht mehr im Einklang standen mit der Arbeitsmarktverträglichkeit, zum anderen wurden rechtliche Regelungen der WVA, die anfänglich unproblematisch erschienen, konflikthaft.

2.3.1 Kontingentüberschreitungen

So überschritten insbesondere 1992 die maßgeblichen Entsendestaaten die vertraglich vereinbarten Kontingente deutlich (siehe Diagramme 1 und 2). Eine Ursache dafür dürfte die Jahresdurchschnittszahlenregelung gewesen sein, aufgrund deren das Vorliegen einer tatsächlichen Kontingentüberschreitung erst nach Ende des Abrechnungszeitraumes festgestellt werden konnte.

Diagramm 1: WVA-Kontingente und deren tatsächliche Ausnutzung

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Diagramm 2: WVA-Kontingente mit Polen und deren tatsächliche Ausnutzung

2.3.2 Sektorale Konzentration und Wettbewerbsverzerrungen

Gleichzeitig wurde die Effizienz der Arbeitsmarktanpassungsklausel in Frage gestellt, da sie sich auf die Entwicklung des Gesamtarbeitsmarktes bezieht und somit sektoralen wie auch regionalen Entwicklungen nicht Rechnung tragen konnte, wie sie sich durch die Konzentration der WVAN-Beschäftigung auf die Baubranche bzw. auf Großstädte und die neuen Länder ergab. Darüber hinaus führten die den Preis der Dienstleistung bestimmenden Faktoren (nicht zu zahlende Sozialkassenbeiträge, Entlohnungsvorschriften, niedrigere Sozialabgaben in den Heimatländern) dazu, daß MOE-Firmen ihre Leistungen zu günstigeren Konditionen als deutsche Unternehmen anbieten konnten.

2.3.3 Illegale Praktiken

Darüber hinaus war (und ist) die illegale Beschäftigung im Rahmen von Werkverträgen ein Problem. Zum einen erhielten die osteuropäischen WVAN

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statt des verbindlich vorgeschriebenen Tariflohnes von mehr als 20 DM lediglich zwischen 10 und 12 DM netto. So sind z.B. die von dem Werkvertragsunternehmer auf der Baustelle bereitzuhaltenden Lohnunterlagen in den Fällen, wo untertarifliche Bezahlung vermutet wird, häufig nicht vorhanden oder unvollständig. Dort, wo sie vorliegen, geben sie in der Regel nicht die Realität wieder, sondern sind derart manipuliert, daß die darin verzeichneten Lohnhöhen den für die WVAN-Beschäftigung geltenden Vorschriften entsprechen, obwohl die Arbeitnehmer tatsächlich einen geringeren Lohn erhalten. Werden dennoch einmal Differenzen festgestellt, verweisen die Verantwortlichen immer wieder darauf, daß der fehlende Betrag, wie dies die WVA zulassen, im Heimatland des Arbeitnehmers ausgezahlt wurde, was die Arbeitnehmer in der Regel dann auch aus Angst um den lukrativen Arbeitsplatz, der ihnen selbst bei rechtswidriger Entlohnung ein Vielfaches des in ihrem Heimatland gezahlten Durchschnittslohnes einbringt, bestätigen. Eine Überprüfung dieser Angaben ist praktisch unmöglich, da die Arbeitnehmer aus Furcht um den vergleichsweise hohen Verdienst alles unterschreiben, was der Arbeitgeber bzw. Vorarbeiter ihnen vorlegt, u.a. auch gefälschte Lohnabrechnungen, bzw. sie bei Kontrollen den deutschen Behörden gegenüber zur tatsächlichen Lohnhöhe entweder schweigen oder das sagen läßt, was ihre Vorgesetzten hören wollen.

Weiterhin wird bei der Abwicklung von Werkverträgen immer wieder festgestellt, daß zusätzlich zu den legalen WVAN auch MOE-Arbeitnehmer ohne Arbeitserlaubnis (illegale Ausländerbeschäftigung) arbeiten. Bei ihnen handelt es sich zum einen um Personen, die als Touristen legal eingereist sind und dann - ohne im Besitz einer Arbeitserlaubnis zu sein - erwerbstätig sind. Zum anderen werden aber auch Personen festgestellt, die über die illegale Erwerbstätigkeit hinaus auch keinen gültigen Aufenthaltstitel haben. Bei ersteren kann es vorkommen, daß sie bereits im Herkunftsland gezielt für bestimmte Baustellen angeworben wurden. Eine andere für beide Gruppen zutreffende und offensichtlich sehr viel häufiger angewandte Rekrutierungsmethode ist die, daß der osteuropäische Arbeitgeber oder sein Vorarbeiter diese Arbeitnehmer als „Tagelöhner" auf dem in fast jeder deutschen Großstadt existierenden sogenannten „Arbeiterstrich" anheuert. Diese Arbeitnehmer sind aufgrund der fehlenden Genehmigungen in besonderer Weise von ihrem Arbeitgeber abhängig. Nicht nur, daß dieser sie selbst jederzeit in ihr Heimatland zurückschicken kann. Darüber hinaus verhindert die Illegalität, daß sie sich mit Problemen an die zuständigen deut-

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sehen Stellen wenden, da sie in diesem Fall ihren Status offenbaren und mit Ausweisung rechnen müssen. Da die Erwerbstätigkeit ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis darüber hinaus auch eine Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 229 Abs. 1 Nr. 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) darstellt, droht dem Arbeitnehmer zudem bei Feststellung eines derartigen Verstoßes eine Geldbuße von bis zu DM 1.000. Diese Situation wird von den Arbeitgebern konsequent ausgenutzt. Den Illegalen wird ein noch geringerer Stundenlohn gezahlt (nicht selten 5 DM oder darunter), von dem ihnen dann häufig noch Teile für die oft katastrophalen Unterbringungen - überbelegte Wohncontainer oder Abbruchhäuser sind keine Seltenheit - abgezogen werden.

Die wohl häufigste, aufgrund ihrer Durchführung jedoch am schwierigsten nachzuweisende Form von Illegalität im Zusammenhang mit der Beschäftigung von osteuropäischen WVAN war und ist die illegale Überlassung von Arbeitnehmern. Eine derartige Arbeitnehmerüberlassung ist im Rahmen der WVAN-Beschäftigung aus zwei Gründen illegal. Zum einen verstößt sie gegen die Vorschriften der WVA, die den Einsatz der Arbeitnehmer nur bei Werkverträgen gestatten und zum anderen fehlt dem osteuropäischen Unternehmer die für eine legale Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) erforderliche Genehmigung. Zur Verschleierung des tatsächlichen Charakters der Vertragsbeziehung schließen der deutsche Auftraggeber und der osteuropäische Auftragnehmer zum Schein einen den Vorschriften entsprechenden Werkvertrag ab. Anders als im Vertrag vorgesehen erstellt der Auftragnehmer dann jedoch kein Werk, sondern überläßt die auf der Grundlage dieses „Scheinwerkvertrages" eingereisten Arbeitnehmer dem deutschen Vertragspartner zur Arbeitsleistung. Die Schwierigkeiten bei der Erkennung eines derartigen „Scheinwerkvertrages" ergeben sich daraus, daß es sich sowohl bei dem Werkvertrag als auch bei der Arbeitnehmerüberlassung um Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes handelt, bei dem die Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung jeweils bei einem anderen Unternehmer, als dem, mit dem sie ein Arbeitsverhältnis haben, erbringen und sie somit nach außen ein gleiches Erscheinungsbild haben. Hinzu kommt, daß alle formalen Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Werkvertrages, wie dessen Genehmigung, sowie die Arbeitserlaubnisse bzw. Aufenthaltsbewilligungen für die Arbeitnehmer vorliegen.

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3. Die politische Auseinandersetzung um die WVA und ihre Auswirkungen

3.1 Standpunkte und Strategien der politischen Akteure 15

[Fn.15: Zum folgenden siehe U. Reim/S. Sandbrink, Die Werkvertragsabkommen als Entsenderegelungen für Arbeitnehmer aus MOE-Staaten, ZeS-Arbeitspapier Nr. 12/96, sowie ausführlich Projektbericht, siehe Fn. 1.]

Die Probleme um die MOE-WVAN-Beschäftigung führten in der Bundesrepublik Deutschland Anfang der neunziger Jahre zu einer heftigen politischen Kontroverse. Als Protagonisten der Auseinandersetzung standen sich dabei auf der einen Seite die Tarifvertragsparteien der Baubranche als Vertreter betroffener Individualakteure und als strikte Gegner der WVA und auf der anderen Seite die Bundesregierung, im wesentlichen vertreten durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, als Urheberin und Verfechterin der Regierungsvereinbarungen gegenüber. Ein weiterer wichtiger Akteur war die SPD aufgrund ihrer parlamentarischen Möglichkeiten und ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung. Die Rolle anderer Akteure wie der BA, der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeberverbände (BDA), der Europäischen Union, des DGB und anderer Einzelgewerkschaften bzw. Arbeitgeberverbände war von untergeordneter Bedeutung. Die Entsenderegierungen spielten indirekt über ihren Kontakt zur Bundesregierung eine Rolle, insbesondere die polnische Regierung.

Die Bedeutung, die die Bautarifvertragsparteien der Problematik beimaßen, spiegelte sich in der „Frankfurter Erklärung" wider, in der sie ihre bereits in der Anfangsphase des Konfliktes ähnlich gelagerten Interessen zuspitzten und von der Bundesregierung die Abschaffung der WVA forderten. Kritisch äußerten sich auch die anderen am Konflikt beteiligten nationalen kollektiven Akteure, die ausnahmslos das Instrument der MOE-WVAN-Beschäftigung hinsichtlich ihrer ursprünglichen Zielsetzung, der praktischen Umsetzung und der damit verbundenen Auswirkungen in Frage stellten und je nach Position deren vollständige Abschaffung bzw. zumindest eine Reduzierung der Kontingente verlangten. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang war vor allem die kritische Position des Verwaltungsrates der BA gegenüber der MOE-WVAN-Beschäftigung, die in ihrer Entschließung an den Bundesarbeitsminister zum Ausdruck kam.

Ambivalent blieb dagegen die Rolle der SPD. Auf der einen Seite avancierte sie in der Öffentlichkeit zu einem vehementen Kritiker der MOE-WVA, auf

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der anderen Seite ließ sie sich im Rahmen des Asylkompromisses im Dezember 1992 auf eine gesetzliche Festschreibung der MOE-WVAN-Beschäftigung ein. Einerseits könnte dies darauf hindeuten, daß der Stellenwert der Problematik im Vergleich zu anderen Themenbereichen für die SPD doch nicht die Bedeutung hatte, wie es die Aktivitäten im Bundestag bzw. im Bundesrat suggerierten; andererseits könnte es ein Hinweis auf einen tatsächlichen Kompromiß zwischen der SPD und der Bundesregierung in der Frage der WVAN-Beschäftigung sein, in dem man auf seiten der SPD eine Grundlage für die Lösung der Problematik sah.

Die Bundesregierung blieb während der gesamten Auseinandersetzung ihrer ursprünglichen Linie treu: Genauso kompromißlos wie sich letztendlich die Bautarifvertragsparteien für eine Abschaffung der WVAN-Beschäftigung einsetzten, beharrte die Bundesregierung aus verschiedenen Gründen auf einer Beibehaltung der WVAN-Beschäftigung. Dabei stand sie in einem Spannungsfeld zwischen den Interessen der deutschen Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden auf der einen Seite und den Interessen der MOE-Entsendeländer auf der anderen Seite.

Die gesamte Diskussion über die WVA war dadurch gekennzeichnet, daß es den politischen Akteuren nicht oder nur bedingt gelang, kausale Zusammenhänge zwischen der Beschäftigung von MOE-WVAN und den damit vermuteten Auswirkungen mit empirisch gesicherten Daten zu belegen. Insgesamt führte dies dazu, daß die von den Akteuren wahrgenommenen Sachverhalte unterschiedlich eingeschätzt wurden. Dies galt sowohl im Hinblick auf die Auswirkungen der WVAN-Beschäftigung auf die Entsendestaaten als auch auf die Auswirkungen auf die Bundesrepublik Deutschland. Dementsprechend wurden von einzelnen Akteuren auch unterschiedliche Strategien zur Lösung der Problematik entwickelt. Lediglich hinsichtlich der Einschätzung der Umsetzungsprobleme der WVAN-Beschäftigung kam es zu einer weitgehenden Übereinstimmung zwischen den Akteuren.

In der politischen Diskussion um die Bedeutung der MOE-WVAN-Beschäftigung wurden nur die entwicklungspolitischen und migrationspolitischen Zielsetzungen diskutiert. Es kam dabei zu einer unterschiedlichen Einschätzung hinsichtlich der Zielerreichung. Lediglich die Bundesregierung und die Entsenderegierungen sahen in der WVAN-Beschäftigung ein geeignetes Mittel zur Erreichung der entwicklungspolitischen Ziele: dem Transfer von Devisen und Know-how zum Aufbau marktwirtschaftlicher Strukturen in den Ent-

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sendestaaten. Eine migrationspolitische Bedeutung wurde lediglich von der Bundesregierung gesehen.

Die Probleme im Zuge der Umsetzung der WVA wurden unter den Aspekten der Kontrolle der WVAN-Beschäftigung, deren quantitativer Entwicklung und deren Konzentration auf die Baubranche thematisiert: Während es hinsichtlich der Einschätzung der Umsetzungsprobleme weitgehende Übereinstimmungen zwischen den Akteuren gab, gingen die Meinungen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auseinander. Die IG BAU, die Arbeitgeberverbände der Bauwirtschaft und die SPD sahen einen direkten, wenn auch nicht eindeutig quantifizierbaren Zusammenhang zwischen der Zunahme der illegalen Beschäftigung und der Zunahme der WVAN-Beschäftigung. Die Bundesregierung bestritt diesen direkten kausalen Zusammenhang. Nichtsdestotrotz wurde die zunehmende illegale Beschäftigung von allen Akteuren als eine Ursache für eine existenzgefährdende Wettbewerbsverzerrung zu Lasten deutscher Klein- und Mittelbetriebe der Baubranche gesehen. Während die Bauverbände darüber hinausgehend die MOE-Werkvertragskonstruktion aufgrund der Lohnkostenvorteile der MOE-Unternehmen als grundsätzlich wettbewerbsverzerrend darstellten, betrachtete die BDA genau diese Lohnkostenaspekte aus Sicht deutscher Arbeitgeber als beabsichtigten Anreiz. Für die Wettbewerbsverzerrung machten die Tarifvertragsparteien vornehmlich Versäumnisse der Bundesregierung und der Entsenderegierungen sowie illegale Praktiken der MOE-Unternehmen verantwortlich. Dagegen war die Verantwortung deutscher Unternehmen bzw. der Arbeitgeberverbände an den illegalen Praktiken nur am Rande Gegenstand der Debatte. Die Bauarbeitgeberverbände vermittelten den Eindruck, daß die Mehrheit der Bauunternehmen lediglich Opfer und nicht auch Nutznießer der MOE-WVAN-Beschäftigung waren und daß den Verbänden gegenüber ihren Mitgliedsunternehmen Sanktionsmechanismen fehlten.

Hinsichtlich der Arbeitsmarktkonkurrenz sahen die Gewerkschaften, aber auch die Bauarbeitgeberverbände negative qualitative und quantitative Auswirkungen der WVAN-Beschäftigung: eine Gefährdung deutscher Arbeits- und Lohnbedingungen, mögliche negative Auswirkungen auf die Nachwuchsrekrutierung und auf Qualifizierungsprogramme in der Baubranche sowie eine Gefährdung des Sozialkassensystems. Die Verdrängung von inländischen Bauarbeitnehmern spielte in der Diskussion zunächst nur eine untergeordnete Rolle und nahm erst im Laufe der Jahre 1993/1994 mehr Platz ein. Aus Sicht der Bundesregierung und der MOE-Entsendestaaten

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wurden solche WVAN-beschäftigungsbedingten Verdrängungseffekte verneint. Die Tatsache, daß in der Hochphase der MOE-WVAN-Beschäftigung in bedeutendem Maße neue Arbeitsplätze in der deutschen Bauwirtschaft geschaffen wurden, spielte in der öffentlichen Diskussion um die WVAN-Beschäftigung interessanterweise keine Rolle. Dies könnte aber der Grund dafür gewesen sein, daß die quantitativen Arbeitsmarkteffekte nicht in das Zentrum der Diskussion gerückt wurden. Die unterschiedlichen Positionen der beteiligten gesellschaftlichen Akteure lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Übersicht: Positionen der Akteure in der Diskussion um die WVA (1992/1993)


Bundes-
regierung

MOE-
Regierungen

Bautarif-
verbände

SPD

Entwicklungspolitische Funktion

ja

ja

nein

nein

Migrationspolitische Funktion

ja

nein

nein

nein

Kontrollprobleme bei WVAN-Beschäftigung

ja

ja

ja

ja

Konzentration der WVAN auf Baubranche

ja

ja

ja

ja

Probleme mit quantitativer Entwicklung

ja

ja

ja

ja

Zunahme der Illegalität aufgrund der WVA

nein

nein

ja

ja

Wettbewerbsverzerrungen durch MOE-Unternehmen

ja

nein

ja

ja

Arbeitsplatzkonkurrenz durch MOE-WVAN

nein

nein

ja

ja

Ausländerfeindliche Tendenzen durch WVA

keine Aussage

keine Aussage

ja

keine Aussagen

Ersetzung der WVA durch direkte Beschäftigung

nein

nein

ja

ja

Verteuerung der WVAN-Beschäftigung

ja

nein

ja

ja

Verbesserung der Kontrolle

ja

ja

ja

ja

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Zur Lösung der Problematik entwickelten die Akteure ebenfalls unterschiedliche Strategien: Während alle Akteure die Notwendigkeit einer Ausweitung der Kontrollmaßnahmen zur Eindämmung illegaler Ausländerbeschäftigung sahen, gingen die Meinungen hinsichtlich einer möglichen Abschaffung der WVAN-Beschäftigung zugunsten einer erweiterten Saisonarbeiter- oder Gastarbeitnehmerregelung weit auseinander. Während die Tarifvertragsparteien und die SPD die Abschaffung der MOE-WVAN-Beschäftigung als zentrale Forderung formulierten und in ihr die einzige Möglichkeit sahen, die Probleme Wettbewerbsverzerrung, Arbeitsplatzkonkurrenz und illegale Ausländerbeschäftigung befriedigend zu lösen, sprachen sich sowohl die Bundesregierung als auch die Entsendestaaten aus verschiedenen Gründen für eine Beibehaltung dieses Instruments aus.

3.2 Maßnahmen der Bundesregierung zur Problembewältigung

Der politische Konflikt wirkte sich nachhaltig auf die WVAN-Beschäftigung aus. So fanden zwar nach wie vor die in den WVA festgelegten Konsultationen bilateraler Delegationen statt, jedoch zeigte sich die Bundesregierung dabei gegenüber Forderungen nach einer Ausweitung von Kontingenten unnachgiebig. Im Gegenteil: Ende 1992 wurde als Folge der politischen Auseinandersetzung um die WVA bzw. als Folge der direkten Auswirkungen der WVAN-Beschäftigung auf den deutschen Arbeitsmarkt beschlossen, keine weiteren Abkommen mit nicht der EG assoziierten Staaten abzuschließen und die für das Baugewerbe bestehenden befristeten Zusatzkontingente nicht mehr zu verlängern. Neue Abkommen wurden lediglich noch mit Bosnien-Herzegowina und Mazedonien 1995 abgeschlossen und in Kraft gesetzt, weil es sich bei diesen Abkommen um sehr geringe Kontingente handelte und weil beide Staaten Nachfolgestaaten der ehemaligen SFR Jugoslawien sind, deren Kontingent auf die Nachfolgestaaten aufgeteilt wurde. [Fn.16: So erhielten auch Kroatien und Slowenien durch Absprachen Kontingente zugeteilt, wogegen das Kontingent der neu entstandenen Bundesrepublik Jugoslawiens stark gekürzt wurde.]
Ein bereits mit Rußland ausgehandeltes und paraphiertes Abkommen trat dagegen nicht mehr in Kraft, was insofern bemerkenswert erscheint, als daß mit Rußland ein Kontingent von 17.000 WVAN verein-

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bart wurde. [Fn.17: Vgl. H. Heyden, BArbBI. 9/1991, 7.] Ein mit Litauen verhandeltes Abkommen wurde aus den gleichen Gründen trotz eines niedrigen Kontingentes nicht mehr umgesetzt. Gleichzeitig wurden die Arbeitsmarktanpassungen und die Kontingentkürzungen bei Kontingentüberschreitungen konsequent angewendet.

Dadurch verringerte sich die Gesamthöhe aller Kontingente zwischen Mitte 1992 und 1995 um mehr als 40%:

Tabelle 4: Kontingenthöhen in Werkvertragsabkommen

Land

Kontingent ab
1.10.1995

Bulgarien

1.690

CSFR


- Tschechien

2.940

- Slowakei

1.600

Jugoslawien

1.680

- Kroatien

5.100

- Slowenien

1.960

- Bosnien-Herzegowina

1.010

- Mazedonien

490

Lettland

380

Polen

22.900

Rumänien

4.220

Türkei

5.890

Ungarn

6.990

Quelle: Bundesanstalt für Arbeit

Außerdem wirkte die Bundesregierung in den regelmäßig stattfindenden bilateralen Konsultationen dahingehend auf die Entsenderegierungen ein, Fehlentwicklungen bei der WVAN-Beschäftigung bereits in den Entsendestaaten zu korrigieren. Vor allem betraf dies die Auswahl der Unternehmen und die Einhaltung der Kontingente.

Parallel zur Kontingentverringerung wurden 1993 die Durchführungsanordnungen der BA für die WVA verändert. Die ergriffenen Maßnahmen betrafen im wesentlichen die Arbeitserlaubniserteilung. In Abänderung der bis-

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herigen Zuständigkeit wurde die Prüfungskompetenz bezüglich der Genehmigung von Werkverträgen auf wenige Arbeitsämter (AA) bzw. Landesarbeitsämter (LAA), die jeweils für bestimmte MOE-Staaten zuständig sind, konzentriert. Darüber hinaus wurden durch eine Verordnung des Verwaltungsrates der BA Gebühren für die Arbeitserlaubniserteilung eingeführt. [Fn.18: Vgl. DB RdErl. 38/93 § 5; Erläuterung in EuroAS 6/1993, 5.]
Die damit der BA zusätzlich zufließenden Mittel werden zur Finanzierung von 800 - 1.000 zusätzlichen Stellen für Mitarbeiter bei den Stützpunktarbeitsämtern zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung, die ausschließlich Außenprüfungen von MOE-Werkverträgen durchführen, verwandt. Zusätzlich werden seit 1993 aufgrund einer Arbeitsmarktschutzklausel keine Arbeitserlaubnisse mehr für AA-Bezirke erteilt, deren Arbeitslosenquote 30% über dem Bundesdurchschnitt liegt. Gleiches gilt, wenn in einem Betrieb oder Betriebsteil des deutschen Partners bereits kurzgearbeitet wird bzw. Kurzarbeit beantragt ist. [Fn.19: Vgl. DB RdErl. 60/95, 13; damit soll sowohl eine sektorale als auch eine regionale Konzentration von WVAN in Bereichen mit hoher Arbeitslosigkeit und schlechter wirtschaftlicher Lage verhindert werden. Die Arbeitsmarktschutzklausel hat im Ergebnis dazu geführt, daß in fast allen AA-Bezirken. Ostdeutschlands keine Werkverträge mehr genehmigt werden.]
Letztendlich ist die Erteilung von Arbeitserlaubnissen an MOE-WVAN in der Bauwirtschaft seit 1993 von der Anzahl der gewerblichen Arbeitnehmer beim deutschen Vertragspartner abhängig (Quotierung). [Fn.20: Vgl. DB RdErl. 60/95, 33.] Diese Bestimmung soll dafür sorgen, daß auch kleine Firmen am WVAN-Geschäft teilhaben können. Schließlich wurden die Sanktionen, deren Art und Umfang sich nunmehr nach der Höhe des gegen die MOE-Firmen verhängten Bußgeldes richtet, verschärft. [Fn.21: Die Anwendung dieser Sanktionsregelungen führte zu Rechtsstreitigkeiten, in denen überwiegend das Vorliegen eines Ausschlußtatbestandes bestritten wird. Diese sind derzeit noch nicht abschließend entschieden.]

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4. Neuere Entwicklungen im Bereich der Illegalität

Nach Einschätzung der Bundesregierung haben diese Maßnahmen zusammen mit organisatorischen Veränderungen in den Entsendeländern eine Eindämmung der beschriebenen Praktiken bewirkt. [Fn.22: Vgl. 8. Bericht der Bundesregierung über die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung, BT-Drs. 13/5498.]
Hinsichtlich der Kontingentüberschreitungen kann dies konkret empirisch belegt werden (siehe

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Diagramme 1 und 2 oben). Bezüglich der untertariflichen Entlohnung der WVAN fehlt es allerdings an vergleichbaren Nachweisen. Gleiches ist im Bereich der illegalen Beschäftigung festzustellen, in dem im Zusammenhang von Unternehmenskooperationen mit osteuropäischen Firmen in jüngster Zeit neue Formen der Illegalität sichtbar geworden sind, die darauf abzielen, den hinsichtlich der Arbeitserlaubniserteilung eingeführten Beschränkungen und verschärften Kontrollen zu entgehen. Dabei werden jedoch häufig unter dem Deckmantel von an sich legalen und für Ausländer arbeitserlaubnisfreien Erwerbsmöglichkeiten, arbeitserlaubnis- oder genehmigungspflichtige Beschäftigungsformen praktiziert. [Fn.23: Siehe ausführlich U. Reim, Aspekte von Illegalität bei der Beschäftigung von osteuropäischen Werkvertragsarbeitnehmern, in: DGB (Hrsg.), Illegale Beschäftigung in der Europäischen Union. Gewerkschaftliche und staatliche Handlungsmöglichkeiten, 1997. 17ff.]

So treten in jüngster Zeit hauptsächlich auf dem deutschen Baumarkt verstärkt Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) als Auftragnehmer auf, an denen osteuropäische Arbeitnehmer - nach unseren Erkenntnissen überwiegend polnische, teilweise aber auch tschechische Staatsbürger - als „Gesellschafter" beteiligt sind. Bisher ließen sich zwei Wege für die Gründung derartiger Gesellschaften ausmachen. Zum einen gab es zunächst Fälle, bei denen die ausländischen Arbeitnehmer als Touristen einreisten, um dann mit einem Deutschen oder einem ausländischen Staatsangehörigen, der einen deutschen Paß besitzt, in der Bundesrepublik Deutschland eine GbR nach deutschem Recht zu gründen. Die anfänglichen Schwierigkeiten bei der Einordnung dieser Praxis sind inzwischen beseitigt. Wird eine derartige Konstruktion, die, da die Osteuropäer ausschließlich als Arbeitnehmer tätig werden, eine Umgehung des Arbeitserlaubnisrechts darstellt, von den deutschen Behörden bei Kontrollen festgestellt, wird sie generell nicht als Gesellschaft bürgerlichen Rechts anerkannt. Dies führte dazu, daß diese Firmen verstärkt nicht mehr in der Bundesrepublik Deutschland, sondern in einem Mitgliedsland der Gemeinschaft unter Beteiligung von EU-Bürgern gegründet oder die osteuropäischen Staatsangehörigen in eine dort bereits bestehende Gesellschaft aufgenommen werden. Bevorzugter Sitz dieser fast ausschließlich in der Baubranche tätigen Firmen sind die Niederlande und Belgien. Häufig haben sie Niederlassungen in der Bundesrepublik Deutschland, die sich jedoch meist lediglich als Postadresse herausstellen.

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In der Praxis haben diese „Gesellschaften" meist einen ständigen Bestand von ca. 5-20 osteuropäischen „Gesellschaftern". Diese wechseln je nach Fortgang des Baus meist schon nach wenigen Wochen. Die ausscheidenden Gesellschafter werden durch solche ersetzt, die, natürlich rein zufällig, das in dieser Bauphase benötigte Gewerk beherrschen. So kann man bei diesen Firmen anhand des Gesellschafterbestandes teilweise sehr genau ablesen, in welcher Phase der Fertigstellung sich das betreffende Projekt gerade befindet. Im Gesellschaftervertrag wird vereinbart, daß die Osteuropäer außer einer geringen Einlage (etwa DM 1.000,-), die sie im günstigsten Fall vor ihrem Ausscheiden zurückerhalten, ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Der Vertrag selbst wird ihnen - wie im Fall einer niederländischen Firma, bei der 267 (!) polnische Staatsangehörige als „Gesellschafter" festgestellt wurden, von denen nur zwei den gesamten und weitere 40 lediglich die letzte Seite des Gesellschaftervertrages erhalten hatten - meist nicht ausgehändigt. Daß unter diesen Umständen keine ordnungsgemäße Gesellschafterabrechnung erfolgen kann, leuchtet jedem ein. Die monatliche Arbeitszeit der „Gesellschafter" betrug im genannten Fall 240 Stunden und mehr. Von dem ihnen dafür versprochenen Lohn von maximal DM 2.500,- erhielten sie lediglich Abschläge. Allein diese Firma soll auf die beschriebene Art und Weise mindestens 600 polnische Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland eingesetzt haben. [Fn.24: Beispiel nach dem Schwarzbuch II „Illegale Beschäftigung im Baugewerbe am Niederrhein" der IG BAU Bezirksverband Niederrhein vom November 1995.]

Werden derartige osteuropäische „Gesellschafter" bei Baustellenüberprüfungen angetroffen, zeigen sie den Behörden anstelle einer Arbeitserlaubnis einen mehr als zweifelhaften Gesellschafterausweis und berufen sich darauf, daß sie nach § 9 Nr. 1 Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO) als leitende Angestellte nicht arbeitserlaubnispflichtig sind. Bei ihnen handelt es sich jedoch, wie im oben genannten Beispiel regelmäßig um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, die sowohl eine Arbeitserlaubnis als auch eine Aufenthaltsgenehmigung benötigen. Da sie eine solche aber nicht besitzen, ist ihre Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland illegal.

Bei unseren Gesprächen berichteten die zuständigen Behörden außerdem, daß seit kurzem auch verstärkt Verstöße im Zusammenhang mit Werklieferungsverträgen mit osteuropäischen Firmen auftreten. Bei dieser Vertragskonstruktion verpflichtet sich der Auftragnehmer anders als bei einem

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Werkvertrag, das Werk aus von ihm selbst zu beschaffenden Stoffen zu erstellen. Derartige Werklieferungsverträge unterliegen nicht den für Werkverträge mit osteuropäischen Firmen geltenden Beschränkungen. Insbesondere bedürfen ausländische Arbeitnehmer, die gelieferte Anlagen montieren, gemäß § 9 Nr. 3 AEVO keiner Arbeitserlaubnis, sofern ihre Tätigkeit nicht länger als drei Monate dauert. Daher entfallen hier die bei einem Einsatz von WVAN zu zahlenden Arbeitserlaubnisgebühren. Darüber hinaus unterliegen Werklieferungsverträge keinerlei Kontingentierungsvorschriften.

Nach Angaben der Bundesregierung ergaben Überprüfungen, daß über 60% der Werklieferungsverträge nicht ordnungsgemäß abgewickelt wurden. Dabei kam es entweder zu illegaler Arbeitnehmerüberlassung oder es wurde eine arbeitserlaubnispflichtige Tätigkeit ausgeführt. [Fn.25: 8. Bericht der Bundesregierung über die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung, BT-Drs. 13/5498.]
Nach unseren Erkenntnissen wird dabei das Material, anders als von § 651 Bürgerliches Gesetzbuch gefordert, doch vom Auftraggeber besorgt, während der osteuropäische Auftragnehmer lediglich die Arbeitskräfte zur Verfügung stellt. Dabei soll es sogar vorgekommen sein, daß das Material teilweise erst vom deutschen Vertragspartner nach Polen transportiert wurde und dann zusammen mit den Arbeitnehmern wieder einreiste. Aufgrund des um 10 DM liegenden Stundenlohns der Arbeitnehmer ist selbst bei diesem aufwendigen Verfahren offensichtlich ein Gewinn gegenüber der Beschäftigung deutscher Arbeitnehmer zu erzielen. Häufig wird jedoch lediglich eine Falsch- oder Umdeklarierung des Materials während des Transportes innerhalb der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen. Oft macht man sich aber auch nicht einmal diese geringe Mühe. Eine Entdeckung braucht man dabei kaum zu fürchten, da Werklieferungsverträge nicht angemeldet werden müssen und daher nur zufällig Gegenstand von Prüfungen der Arbeitsämter sind.

Eine weitere neue Form von Illegalität im Zusammenhang mit MOE-Arbeitnehmern, auf die wir im Rahmen unserer Untersuchungen gestoßen sind, ist hinsichtlich ihrer Bedeutung für den deutschen Arbeitsmarkt praktisch bisher überhaupt noch nicht untersucht. Es handelt sich dabei um die illegale Beschäftigung von osteuropäischen Arbeitnehmern bei EU-Firmen. Mit seiner Entscheidung in der Rechtssache Vander Elst hat der Euro-

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päische Gerichtshof (EuGH) die Entsendung von Arbeitnehmern aus Nicht-Mitgliedstaaten der EU, die bei in der EU ansässigen Firmen ordnungsgemäß und dauerhaft beschäftigt sind, innerhalb der Gemeinschaft für zulässig erklärt, ohne daß für diese im Einsatzland eine Arbeitserlaubnis einzuholen ist. [Fn.26: EuGH, Urteil vom 9.8.1994 Rs. C-43/93 (Vander Elst), SIg. 1994, 3803.]
Auf der Grundlage dieser Entscheidung bedürfen Arbeitnehmer aus Drittstaaten, wenn sie über eine gewisse Zeit legal in einem Mitgliedsland der EU beschäftigt sind, in dem Fall, daß sie von ihrer EU-Firma zum Einsatz nach Deutschland entsandt werden, keiner Arbeitserlaubnis.

Von dieser völlig legalen Möglichkeit der Beschäftigung von Osteuropäern ist jedoch der illegale Einsatz derartiger Arbeitnehmer zu unterscheiden. Ein solcher liegt vor, wenn von der in der Gemeinschaft ansässigen Firma Personen in die Bundesrepublik Deutschland entsandt werden, ohne daß diese eine für das Entsendeland gültige Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung besitzen. Daß dies praktiziert wird, zeigt der uns bekannt gewordene Fall einer österreichischen Firma, die etwa zehn polnische Staatsangehörige, die sich illegal in Österreich aufhielten und dort auch keine Arbeitserlaubnis hatten, in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt hatte. Die gleiche Konstellation liegt offensichtlich dem Fall eines polnischen Staatsangehörigen zugrunde, der für eine italienische Firma in der Bundesrepublik Deutschland tätig war, ohne anscheinend in Italien eine Arbeits- oder Aufenthaltsgenehmigung zu besitzen. [Fn.27: Vgl. VGH Mannheim Beschl, v. 7.12.1994 NVwZ 1996, S. 817ff.] Ähnliches wird bei irischen Firmen vermutet, die tschechische Arbeitnehmer auf diese Weise illegal beschäftigten. Diese Beispiele deuten darauf hin, daß sich hier möglicherweise ein illegales Potential herauszubilden beginnt. Diese neue Form von Illegalität könnte in Zukunft vor allem vor dem Hintergrund des aufgrund der Dienstleistungsfreiheit des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft weitgehend unkontrollierten Zuganges von EU-Firmen zum deutschen Markt zu einem nicht zu unterschätzenden Problem werden.

Schließlich bedienen sich immer mehr Privatpersonen unter Umgehung der Arbeitserlaubnisvorschriften der lukrativen Vorteile der illegalen Beschäftigung von Arbeitnehmern aus MOE-Staaten. [Fn.28: 8. Bericht der Bundesregierung über die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung, BT-Drs. 13/5498.]
Die Methoden entstammen wiederum ausschließlich dem Bauwesen. So werden im Rahmen von Re-

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novierungsarbeiten an Wohnungen mit osteuropäischen Staatsbürgern „Scheinmietverträge" abgeschlossen. Diese geben dann vor, als „Mieter" ihre eigenen Wohnungen zu renovieren. In einer anderen Variante behaupten die Osteuropäer, Eigentümer der von ihnen zu errichtenden Häuser zu sein und diese nach der Fertigstellung selbst nutzen zu wollen. Zur Tarnung werden sie auch als Grundeigentümer eingetragen. Tatsächlich sollen die Häuser jedoch nach Abschluß der Arbeiten gewinnbringend verkauft werden. [Fn.29: Vgl. Weserkurier vom 7.1.1997.] Schließlich geben die osteuropäischen Arbeitnehmer in jüngster Zeit auch an, lediglich Freunden eine Gefälligkeit zu erweisen und von daher keine Arbeitserlaubnis zu benötigen. Tatsächlich handelt es sich bei ihnen jedoch in der Regel um Touristen, die illegal beschäftigt werden.

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5. Schlußbemerkung

Aus der Vielfalt der angesprochenen Aspekte der Beschäftigung von WVAN sind abschließend einige wenige Einschätzungen anzusprechen: Im Zuge der Auseinandersetzungen um die WVA wurde deutlich, daß das Instrument „Werkvertragsbeschäftigung" hinsichtlich seiner Folgen kritisch eingeschätzt werden muß und daß es nicht ohne weiteres - wie Anfang der neunziger Jahre geschehen - als politisches und ökonomisches „Allround-Instrument" eingesetzt werden kann. Denn gerade aufgrund der rechtlichen Konstruktion des Werkvertrages und der Extraterritorialität der Beschäftigungsverhältnisse scheint eine Steuerbarkeit und Kontrollierbarkeit der WVAN-Beschäftigung äußerst schwierig. Ohne eine angemessene Steuerung und Kontrolle kann es einerseits zu politischen und ökonomischen Zielkonflikten kommen und andererseits vergrößert sich die Gefahr des Mißbrauchs der WVAN-Beschäftigung.

Die Diskussion über die WVAN-Beschäftigung hat infolge des zeitlich befristeten bundesdeutschen Arbeitnehmerentsendegesetzes und der Ende 1996 verabschiedeten Entsenderichtlinie der EU eine veränderte Perspektive erfahren. Hier ist noch manches streitig bzw. ungeklärt, z.B. die Fragen, die sich aus deren unterschiedlichen Regelungen in bezug auf die Zahlung von Tariflohn bzw. des Mindestlohns oder der Frage nach der Anwendung des Arbeitnehmerentsendegesetzes auf Werkvertragsarbeitnehmer aus Staaten, mit denen WVA abgeschlossen wurden, ergeben.

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Mit Blick auf die Osterweiterung der EU wird man wohl auf neue Formen der allmählichen Angleichung an EU-Standards kommen müssen. Flexible Instrumente könnten im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit funktionieren, um sowohl dem zu erwartenden Migrationsdruck wie auch den Freizügigkeitsgeboten der Gemeinschaft Rechnung tragen zu können. Letztlich geht es auch um eine angemessene Verteilung von Sozialkostenbelastungen, die - trotz Verlagerungen auf private Versicherungsträger - zu einem Funktionshindernis der WVAN-Beschäftigung zu werden drohen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 2000

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