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TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg.: 11 ]


Ursula Mehrländer
Leben und Arbeiten in Deutschland: Soziale Situation polnischer Werkvertragsarbeitnehmer


1. Methodische Vorbemerkungen

Im September 1993 waren rund 11.500 polnische Arbeitnehmer in Deutschland tätig. Sie arbeiteten insbesondere im Baugewerbe und in der Eisen-, Stahlerzeugung und -verarbeitung, dem Kfz-, Schiffs- und Luftfahrzeugbau.

Im Rahmen der Repräsentativuntersuchung '95 [Fn.1: Vgl. U. Mehrländer, C. Ascheberg, J. Ueltzhöffer, Repräsentativuntersuchung '95: Situation der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen in der Bundesrepublik Deutschland, Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Reihe Sozialforschung Nr. 263, Bonn 1997.] wurden 500 Polen, davon 208 polnische Werkvertragsarbeitnehmer im gesamten Bundesgebiet zu ihrer beruflichen und sozialen Situation in Deutschland befragt. Anhand von Monatsstatistiken des Arbeitsamtes Duisburg wurden für die Interviewer von Marplan Quotenvorgaben für Region und Wirtschaftsbranche formuliert. Die Befragung fand in Form mündlicher, vollstrukturierter Interviews statt. Die Fragebögen lagen in deutscher und polnischer Fassung vor. Der Erhebungszeitraum war September bis November 1995.

2. Soziostrukturelle Grunddaten

Der Anteil der Männer bei den Werkvertragsarbeitnehmern beträgt 94%. 75% von ihnen sind unter 40 Jahre alt. Fast alle sind in Polen geboren. 75% der Werkvertragsarbeitnehmer sind verheiratet.

3. Aufenthalts- und arbeitsrechtlicher Status, Erfahrungen mit dem Ausländerrecht

Durch die veränderte politische Situation in Mitteleuropa ist es seit Anfang der neunziger Jahre möglich geworden, daß Polen in größerer Zahl Arbeit

[Seite der Druckausg.: 12 ]

in Deutschland aufnehmen können. Polen sind z.B. im Rahmen von Werkvertragsabkommen (Kontingent 25.000 Personen) im Bundesgebiet tätig. Der aufenthalts- und arbeitsrechtliche Status der befragten Polen ist im Rahmen ihrer Zulassung zum deutschen Arbeitsmarkt genau festgelegt. Werkvertragsarbeitnehmer werden zur Ausführung eines zwischen einem deutschen und ausländischen Unternehmen geschlossenen Werkvertrages vorübergehend (2 Jahre, maximal 3 Jahre) in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigt.

Der Aufenthalt von ausländischen Arbeitnehmern in Deutschland und die damit zusammenhängenden Fragen werden durch das Ausländergesetz geregelt. Die Polen sind nach ihren persönlichen Problemlagen und Erfahrungen mit dem Ausländerrecht gefragt worden. Ihre Antworten ergeben sich aus Tabelle 1.

Erstaunlich ist, daß 47% der Werkvertragsarbeitnehmer hierzu keine Angabe machen. Ein sehr großer Teil von ihnen berichtet, daß sie Angst hätten, etwas falsch zu machen. Ebenso erklären viele, daß sie über ihre Rechte und Pflichten als ausländischer Arbeitnehmer in Deutschland nur unzureichend informiert seien.

4. Motive der Arbeitsaufnahme in Deutschland und Art der Vermittlung

60% der Werkvertragsarbeitnehmer sind 1994 bzw. 1995 zum erstenmal in Deutschland berufstätig geworden. Der geringe Verdienst in Polen sowie der Wunsch nach Aufbesserung des Familienbudgets stellen die Hauptgründe für die Arbeitsaufnahme in Deutschland dar. Die allgemeine wirtschaftliche Lage in Polen wurde rund von einem Fünftel der Befragten hervorgehoben. Etwas mehr als ein Fünftel der Werkvertragsarbeitnehmer war in Polen arbeitslos. Allerdings geben 46% der Werkvertragsarbeitnehmer an, daß sie von der Firma entsandt worden sind (vgl. Tabelle 2), Mehrfachnennungen waren zugelassen.

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Tabelle 1: Erfahrungen der Befragten mit dem Ausländerrecht

Der Aufenthalt von Ausländern in Deutschland und die damit zusammenhängenden rechtlichen Fragen werden durch das Ausländergesetz geregelt. In diesem Zusammenhang gibt es natürlich unterschiedliche persönliche Problemlagen und Erfahrungen. Sagen Sie mir bitte, welche Probleme Sie persönlich schon hatten.


Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Unsicherheit, wie lange ich in Deutschland bleiben kann 14,9 28,4 12,8
Unsicherheit, ob Familienangehörige zu mir nach Deutschland ziehen dürfen 8,2 12,8 8,5
Undurchschaubarkeit der geltenden Vorschriften 14,4 41,3 27,5
Mangelnde Sachkenntnis der polnischen Behörden über die in Deutschland geltenden Vorschriften 11,5 24,8 22,7
Mangelnde Sachkenntnis von Mitarbeitern der örtlichen Ausländerbehörde in Deutschland 7,2 11,9 16,1
Angst, etwas falsch zu machen 26,0 36,7 44,5
Unzureichende Aufklärung über meine Rechte und Pflichten 18,3 29,4 19,9
Willkürliche Behandlung durch Mitarbeiter der Ausländerbehörde in Deutschland 11,1 9,2 4,7
keine Angabe 47,1 18,3 18,0
BASIS 208 109 211

Befragungszeitraum September - Dezember 1995

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[Seite der Druckausg.: 14 ]

Tabelle 2: Motive der Arbeitsaufnahme in Deutschland

Es gibt ja für polnische Bürger unterschiedliche Anlässe, eine Arbeit in Deutschland aufzunehmen. Sagen Sie mir bitte, welche der folgenden Anlässe auf sie persönlich zutreffen.

Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
War in Polen arbeitslos 22,6 23,9 37,4
Hatte Arbeit in Polen,
aber keine berufliche Perspektive
12,5 19,3 4,3
Habe in Polen zu wenig verdient 56,7 48,6 43,1
Andere persönliche Probleme 7,2 10,1 9,5
Wirtschaftliche Lage in Polen 23,1 26,6 23,7
Aufbesserung des Familienbudgets 40,9 30,3 41,7
Suchte Ferientätigkeit 1,0 - 20,4
Von der Firma entsandt 46,2 4,6 -
Andere Anlässe 7,7 19,3 11,4
keine Angabe - - 0,5
BASIS 208 109 211
Befragungszeitraum September - Dezember 1995

© SIGMA/FES


Für rund 60% der Werkvertragsarbeitnehmer ist das ihr erstes Arbeitsverhältnis in Deutschland. Die durchschnittliche Dauer liegt dementsprechend bei 21 Monaten.

5. Branchen und berufliche Position

Fast zwei Drittel der befragten Werkvertragsarbeitnehmer sind im Baugewerbe tätig, weitere 25% von ihnen arbeiten im Verarbeitenden Gewerbe (vgl. Tabelle 3).

[Seite der Druckausg.: 15 ]

Tabelle 3: Berufstätigkeit in Deutschland nach Branchen

In welcher Branche sind Sie zur Zeit tätig?

Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei 1,0 9,2 89,1
Energie, Bergbau 0,5 - -
Verarbeitendes Gewerbe 25,0 26,6 2,8
Baugewerbe 63,0 50,5 -
Handel 1,0 2,8 -
Verkehr und Nachrichtenübermittlung - - -
Kreditinstitute, Versicherungsgewerbe - - -
Hotel- und Gaststättengewerbe 3,4 1,8 8,1
Dienstleistungen, soweit anderweitig nicht genannt 6,3 9,2 -
Organisationen ohne Erwerbscharakter, private Haushalte - - -
Gebietskörperschaften, Sozialversicherung - - -
keine Angabe - - -
SUMME 100 100 100
BASIS 208 109 211
Befragungszeitraum September - Dezember 1995 © SIGMA/FES


Anhand der Einstufung der jetzigen Arbeit ergibt sich die hohe Qualifikation der polnischen Werkvertragsarbeitnehmer. Rund zwei Drittel sind als Facharbeiter, 9% als Vorarbeiter und 3% als Meister einzuordnen. Etwa 6% von ihnen werden als Angestellte beschäftigt. Nur 3% sind als ungelernte und 15% als angelernte Arbeiter in Deutschland tätig (vgl. Tabelle 4).

[Seite der Druckausg.: 16 ]

Tabelle 4: Berufliche Einstufung in Deutschland

Bitte geben Sie an, wie Ihre jetzige Arbeit einzuordnen ist

Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Ungelernter Arbeiter 2,9 - 66,4
Angelernter Arbeiter 14,9 16,5 23,7
Facharbeiter 64,9 69,7 7,6
Vorarbeiter 9,1 1,8 0,5
Meister 2,9 0,9 -
Ausführender (unterer) Angestellter 2,4 1,8 0,5
Qualifizierter (mittlerer) Angestellter 2,4 9,2 0,5
Leitender Angestellter 0,5 - -
Sonstiges - - 0,9
keine Angabe - - -
SUMME 100 100 100
BASIS 208 109 211
Befragungszeitraum September - Dezember 1995 © SIGMA/FES


6. Anzahl der Wochenstunden / Akkord- und Schichtarbeit

Mehr als ein Drittel der Werkvertragsarbeitnehmer arbeiten im Akkord, etwa ein Fünftel von ihnen leistet Schichtarbeit. Die durchschnittliche Arbeitszeit der Werkvertragsarbeitnehmer pro Woche ist hoch. 43% von ihnen arbeiten 50 Stunden und mehr (vgl. Tabelle 5).

[Seite der Druckausg.: 17 ]

Tabelle 5: Durchschnittliche Wochenarbeitszeit

Wie viele Stunden arbeiten Sie durchschnittlich pro Woche?

Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Unter 10 Stunden - - -
10-19 Stunden - - -
20-35 Stunden 0,5 2,8 10,9
36-39 Stunden 12,0 32,1 2,4
40-45 Stunden 38,5 45,0 54,5
46-49 Stunden 5,8 10,1 11,4
50-55 Stunden 17,8 7,3 12,3
56-59 Stunden 5,3 - 0,9
60 Stunden und mehr 19,7 2,8 5,7
keine Angabe 0,5 - 1,9
SUMME 100 100 100
BASIS 208 109 211
Befragungszeitraum September - Dezember 1995 © SIGMA/FES


[Seite der Druckausg.: 18 ]

7. Einkommen und Sparverhalten

Tabelle 6: Monatlicher Nettoverdienst

Wieviel Geld haben Sie im letzten Monat netto verdient ,d.h. wieviel haben Sie ausbezahlt bekommen? Ich meine damit den Verdienst nach Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, ohne Kindergeld.

*** Filter: Angaben zum Einkommen ***


Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Unter DM 800 - - 4,9
DM 800 bis unter DM 1.000 2,1 - 10,8
DM 1.000 bis unter DM 1.200 0,5 - 17,7
DM 1.200 bis unter DM 1.500 2,1 3,8 28,1
DM 1.500 bis unter DM 1.800 21,5 7,6 12,3
DM 1.800 bis unter DM 2.100 19,4 26,7 16,7
DM 2.100 bis unter DM 2.300 12,6 13,3 2,5
DM 2.300 bis unter DM 2.500 23,0 22,9 2,0
DM 2.500 bis unter DM 2.800 10,5 12,4 4,4
DM 2.800 bis unter DM 3.100 4,2 9,5 0,5
DM 3.100 bis unter DM 3.400 1,6 - -
DM 3.400 bis unter DM 3.700 2,1 2,9 -
DM 3.700 bis unter DM 4.000 - - -
DM 4.000 und mehr 0,5 1,0 -
SUMME 100 100 100
BASIS 191 105 203
Befragungszeitraum September - Dezember 1995
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[Seite der Druckausg.: 19 ]

Tabelle 7: Sparziele

Wofür sparen Sie?

*** Filter: Sparer ***





Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Haus 41,0 37,5 27,6
Eigentumswohnung 8,1 6,3 4,3
Landkauf / Grundstück 13,3 4,2 4,9
Auto 48,0 28,1 31,9
Landwirtschaftliche / gewerbliche Maschinen 4,6 - 3,1
Eigenes Geschäft / Betrieb 17,9 11,5 5,5
Berufsausbildung der Kinder 20,2 17,7 8,0
Wohnungsausstattung 27,7 20,8 23,3
Aussteuer der Kinder 16,2 11,5 6,7
Große Elektrogeräte (Waschmaschine, TV) 9,8 4,2 16,6
Alterssicherung 11,0 11,5 5,5
Unterstützung der Familie 40,5 37,5 42,3
Urlaub 8,7 9,4 8,6
Sonstiges 24,9 22,9 20,2
keine Angabe 1,2 1,0 -
BASIS 173 96 163
Befragungszeitraum September - Dezember 1995
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[Seite der Druckausg.: 20 ]

8. Einschätzung der beruflichen und sozialen Sicherheit in Deutschland

Die Mehrzahl der polnischen Werkvertragsarbeitnehmer schätzt ihre berufliche und soziale Sicherheit in Deutschland als gut ein. Lediglich etwa rund 30% von ihnen halten es für sehr wahrscheinlich bzw. wahrscheinlich, daß sie vor Vertragsablauf den Arbeitsplatz verlieren bzw. daß sie weniger Lohn erhalten als zugesagt. Daß sie keinen Lohn erhalten, befürchten nur rund 6%. Dagegen erklären weitere 30%, daß es vorkommen könnte, daß sie vertraglich nicht vereinbarte Arbeiten erledigen müssen. Bedenklich stimmt, daß 30% der Werkvertragsarbeitnehmer es als „sehr wahrscheinlich/wahrscheinlich" ansehen, daß sie einen Arbeitsunfall erleiden. Diese Aussage deutet auf die Gefährlichkeit ihrer Tätigkeit, aber auch auf möglicherweise unzureichende Sicherheitsmaßnahmen hin. Allerdings glauben nur rund 15% von ihnen, daß es wahrscheinlich ist, daß sie im Falle von Krankheit oder Unfall nicht versichert seien.

9. Reaktionen der Polen: Anpassungsprozesse oder Selbstisolierung

9.1 Deutschkenntnisse

Fast zwei Drittel der Werkvertragsarbeitnehmer sagen aus, daß sie deutsche Sprachkenntnisse haben (vgl. Tabelle 8).

Tabelle 8: Deutschkenntnisse

Haben Sie deutsche Sprachkenntnisse?



Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Ja 63,5 84,4 80,1
Nein 36,5 15,6 19,9
keine Angabe - - -
SUMME 100 100 100
BASIS 208 109 211
Befragungszeitraum September - Dezember 1995
© SIGMA/FES


[Seite der Druckausg.: 21 ]

Bei den Antworten auf die Frage, wo sie Deutsch gelernt haben, gibt jeweils ein Viertel der Befragten an, daß sie bereits in Polen deutsche Sprachkenntnisse erworben haben. Bei den Werkvertragsarbeitnehmern dominiert dann jedoch die Aussage „am Arbeitsplatz" (67%). Jeweils mehr als 90% der Werkvertragsarbeitnehmer erklären, daß ihre Deutschkenntnisse so gut sind, daß sie den Anforderungen an ihrem Arbeitsplatz gerecht werden können. Deutschkurse haben lediglich ein Zehntel der Werkvertragsarbeitnehmer besucht (vgl. Tabellen 9 und 10).

Tabelle 9: Wege der Aneignung der deutschen Sprache

Wo haben Sie überwiegend die deutsche Sprache gelernt ?

*** Filter: deutsche Sprachkenntnisse ***



Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
In Polen 23,5 26,1 26,0
Am Arbeitsplatz 67,4 46,7 46,7
Im Elternhaus 7,6 6,5 14,8
In der Schule 6,1 13,0 9,5
In Sprachkursen 7,6 26,1 6,5
In berufsvorbereitenden Maßnahmen 0,8 4,3 0,6
In der Berufsausbildung 0,8 - 0,6
Durchs Radio / Fernsehen 6,8 5,4 7,7
Durch Kontakt zu Deutschen 32,6 10,9 29,0
Habe ich mir selbst beigebracht 34,1 15,2 32,0
Sonstiges 2,3 - 3,6
keine Angabe - - 1,2
BASIS 132 92 169
Befragungszeitraum September - Dezember 1995
© SIGMA/FES


[Seite der Druckausg.: 22 ]

Tabelle 10: Charakterisierung der Deutschkenntnisse

Haben Sie deutsche Sprachkenntnisse? Sind Ihre Sprachkenntnisse so gut,...

*** Filter: deutsche Sprachkenntnisse ***




Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
daß Sie keine Probleme beim Einkaufen in deutschen Geschäften haben? 77,3 90,2 80,5
daß Sie den Anforderungen an Ihrem Arbeitsplatz gerecht werden? 96,2 93,5 92,3
daß Sie sich auch in der Freizeit mit Deutschen unterhalten können? 58,3 78,3 67,5
daß Sie Deutsch schreiben können? 20,5 29,3 25,4
BASIS 132 92 169
Befragungszeitraum September - Dezember 1995
© SIGMA/FES

Die Befragten sind gebeten worden, ihre Deutschkenntnisse selbst einzustufen. 4% der Werkvertragsarbeitnehmer bezeichnen ihre deutschen Sprachkenntnisse als sehr gut bzw. gut. 30% der Werkvertragsarbeitnehmer geben ihre Deutschkenntnisse als mittelmäßig an. Ein Drittel der Werkvertragsarbeitnehmer schätzen ihre Deutschkenntnisse als schlecht ein. 15% von ihnen haben gar keine Deutschkenntnisse (vgl. Tabelle 11).

[Seite der Druckausg.: 23 ]

Tabelle 11: Subjektive Einschätzung der Deutschkenntnisse

Wie beurteilen Sie Ihre deutschen Sprachkenntnisse?


Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Sehr gut 0,5 0,9 0,9
Gut 3,4 13,8 11,8
Mittel 33,2 53,2 29,4
Schlecht 33,7 13,8 30,3
Sehr schlecht 12,5 15,6 13,7
Spreche kein Deutsch 16,8 2,8 13,7
keine Angabe - - -
SUMME 100 100 100
BASIS 208 109 211
Befragungszeitraum September - Dezember 1995
© SIGMA/FES


Interessant ist an dieser Stelle der Vergleich der Selbsteinschätzung mit der Interviewerfeststellung über die Kenntnisse der deutschen Sprache der Befragten. Die Interviewer kommen bei allen drei Gruppen zu etwas höheren Anteilen derjenigen, die „sehr gut" und „gut" Deutsch sprechen. Bei der Beurteilung der Interviewer als „mittel" decken sich die Prozentzahlen für Werkvertragsarbeitnehmer mit der Selbsteinschätzung.

9.2 Mitgliedschaft in Vereinen, Kontakten zu Landsleuten

Nur 1 % der Werkvertragsarbeitnehmer sind Mitglied in einem deutschen Verein oder Club. 5% von ihnen sind dagegen in Deutschland Mitglied eines polnischen Vereins oder Clubs.

Andererseits gilt, daß bei allen drei Befragtengruppen die Freizeitkontakte mit Landsleuten sehr ausgeprägt sind. Etwa 80% der Werkvertragsarbeitnehmer treffen sich täglich in der Freizeit mit Landsleuten.

[Seite der Druckausg.: 24 ]

9.3 Kontakte zu Deutschen

Fast die Hälfte der Werkvertragsarbeitnehmer hat in der Freizeit gar keinen Kontakt zu Deutschen. Es zeigt sich ebenfalls, daß ein großer Anteil der Werkvertragsarbeitnehmer (30%) nur selten Freizeitkontakte mit Deutschen haben.

Bei der Frage, ob Deutsche Kontakt zu ihnen wünschen, zeigt sich eine hohe Unsicherheit: Mehr als die Hälfte der Werkvertragsarbeitnehmer sind hier unentschlossen. Ein Drittel der Werkvertragsarbeitnehmer teilen die Auffassung, daß Deutsche keinen Freizeitkontakt mit ihnen haben möchten.

Als Gründe dafür betonen zwei Drittel der Werkvertragsarbeitnehmer, daß die Deutschen glauben, daß sie ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen. Ein weiteres Drittel der Werkvertragsarbeitnehmer geht davon aus, daß Deutsche wenig Interesse an Kontakten mit ihnen hätten. Mehrfachnennungen waren hier zugelassen.

9.4 Erfahrungen mit Diskriminierungen und ausländerfeindlichen Handlungen

Die Polen sind gefragt worden, ob sie in den letzten 12 Monaten persönlich schlechter behandelt worden sind als Deutsche. 16% der Werkvertragsarbeiter haben bereits diskriminierende Situationen von Seiten der Deutschen erlebt. Insbesondere wird genannt, daß ihnen der Einlaß in eine Gaststätte/Diskothek verwehrt worden ist oder daß sie in einem Geschäft nicht bedient worden sind. Bei der Fortbildung bzw. bei der Beförderung im Betrieb wurden deutsche Kollegen bevorzugt. Weitere Diskriminierungserfahrungen erstrecken sich auf die Arbeitsplatz- und Wohnungssuche bzw. das Verhalten von Versicherungen (vgl. Tabelle 12).

[Seite der Druckausg.: 25 ]

Tabelle 12: Diskriminierungserfahrungen der Polen in Deutschland

Bitte sagen Sie mir auch für jede der folgenden Situationen, die ich Ihnen nenne, ob Sie dabei innerhalb der letzten 12 Monate persönlich schlechter behandelt wurden als Deutsche.

Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Einlaß in Gaststätte / Diskothek wurde verwehrt 6,7 5,5 6,6
Versicherung weigerte sich, mich zu versichern - - 1,9
Vermieter gab einem deutschen Mieter den Vorzug 2,4 1,8 1,4
Arbeitgeber stellte mich nicht ein - - 2,8
Kollege wurde bei der Beförderung / Fortbildung bevorzugt 4,3 1,8 3,3
Wurde in einem Geschäft nicht bedient 2,4 0,9 3,8
BASIS 208 109 211
Befragungszeitraum September - Dezember 1995
© SIGMA/FES


Ausländerfeindlichen Handlungen sind die polnischen Befragten in den letzten 12 Monaten ebenfalls ausgesetzt gewesen. Ein Fünftel der Werkvertragsarbeitnehmer sind beleidigt worden, weil sie Ausländer sind. Ein Viertel der Werkvertragsarbeitnehmer sind angepöbelt worden. Ein Zehntel der Werkvertragsarbeitnehmer sind als Ausländer bedroht worden. Ein Prozent der Befragten sind geschlagen worden und 1-2 % von ihnen sind verletzt worden (vgl. Tabelle 13).

[Seite der Druckausg.: 26 ]

Tabelle 13: Ausländerfeindliche Handlungen gegenüber den polnischen Befragten

Nun noch eine Frage zu Ihrer persönlichen Sicherheit als Ausländer im Deutschland. Bitte sagen Sie mir für jede Situation, die ich Ihnen gleich nenne, ob Ihnen persönlich so etwas innerhalb der letzten 12 Monate passiert ist, weil Sie hier Ausländer sind?

Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
wurde beleidigt 19,7 25,7 15,6
wurde angepöbelt 24,5 14,7 14,2
wurde bedroht 9,6 2,8 3,3
wurde geschlagen 1,4 0,9 1,4
wurde verletzt 1,4 - 1,9
BASIS 208 109 211
Befragungszeitraum September- Dezember 1995
© SIGMA/FES


Diese Aussagen weisen nach, daß in gewissem Umfang eine ausländerfeindliche Stimmung zu verzeichnen ist, die - wie oben erwähnt - zu Diskriminierungen und auch in selteneren Fällen zu Gewaltausübung führt.

9.5 Ansprechpartner in Deutschland

Über das Vorhandensein eines Ausländerbeirats oder eines Ausländerausschusses an ihrem Wohnort sind die meisten polnischen Befragten nicht informiert: Jeweils 70% der Werkvertragsarbeitnehmer machen diese Angabe. Wohlfahrtsverbände wie z.B. Arbeiterwohlfahrt, Caritasverband oder Diakonisches Werk sind dagegen vielen polnischen Befragten bekannt: 27% der Werkvertragsarbeitnehmer machen diese Aussage.

10. Zukunftspläne

Nur etwa 14% der Werkvertragsarbeitnehmer beabsichtigen, auf ihre bisherige Stelle in Polen zurückzukehren. Sehr viele möchten später in Polen mehr Geld verdienen als vorher, suchen bessere Arbeitsbedingungen, wol-

l[Seite der Druckausg.: 27 ]

en in der Firma bzw. allgemein beruflich vorankommen. Ein Drittel der Werkvertragsarbeitnehmer planen, sich in Zukunft in Polen selbständig zu machen (vgl. Tabelle 14).

Tabelle 14: Berufliche Pläne bezüglich der späteren Arbeit in Polen

Welche Pläne haben Sie in bezug auf Ihre spätere Arbeit in Polen?

Werkvertrags-
arbeitnehmer
Gast-
arbeitnehmer
Saison-
arbeiter
Mehr Geld verdienen 42,3 45,9 32,7
Bessere Arbeitsbedingungen 19,2 19,3 10,9
In der Firma vorankommen 13,0 15,6 8,1
Selbständig machen 34,6 29,4 13,7
Berufliches Vorankommen 20,7 25,7 9,5
Berufsausbildung machen 1,0 2,8 2,8
Arbeitsstelle suchen 3,4 14,7 20,9
Auf meine bisherige Stelle zurückkehren 13,9 7,3 26,1
Weiß nicht / habe keine Pläne 14,9 12,8 18,0
Sonstiges 10,6 7,3 10,9
keine Angabe 1,0 - -
BASIS 208 109 211
Befragungszeitraum September - Dezember 1995
© SIGMA/FES


Etwa jeweils 60% der Werkvertragsarbeitnehmer - jeweils bezogen auf diejenigen, die sich in Polen selbständig machen wollen - beabsichtigen, das im Handwerk zu tun. Die Mehrzahl aller Werkvertragsarbeitnehmer geht davon aus, daß sie die in Deutschland erworbenen Kenntnisse später zumindest in Polen teilweise nutzen können. Mehr als ein Drittel der Werkvertragsarbeitnehmer erklärt sogar, das Know-how in einer zukünftigen Arbeit in Polen in vollem Umfang nutzen zu können.

[Seite der Druckausg.: 28 = Leerseite ]


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