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Gerd Glaeske
Der gesellschaftliche Umgang mit Sterben und Tod
[Der Beitrag wurde verfaßt unter Mitarbeit von Manfred Kohlosser, Verband der Angestellten-Krankenkassen, Siegburg.]



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1. Medizinische Versorgung im Alter

Nach Feststellung der Krankenkassen sterben die meisten Menschen noch heute in Krankenhäusern oder Heimen, obwohl sich der überwiegende Teil von ihnen wünscht zu Hause zu sterben. Darüber hinaus werden Sterben und Tod in unser Gesellschaft weitgehend tabuisiert. Die fehlende Auseinandersetzung mit dem Tod und die meist ausschließlich kurative Ausrichtung einer Medizin, die sich mit einem Maximum an Leistungen gegen den Tod als vermeintliche Niederlage eines als omnipotent erachteten Versorgungssystems zu wehren scheint – wie sonst käme es dazu, daß 28% aller Kosten, die einem Versicherer durch Krankheitsfälle eines Patienten in dessen Leben entstehen, in den beiden letzten Lebensjahren anfallen – verstärkt die Ängste im Umgang mit Sterbenden. Damit steht auch diese letzte Lebensphase von Menschen in einer medizinischen „Behandlungstradition", die bereits bei der Behandlung älterer Menschen zur Kritik Anlaß gibt. Beispiel Arzneimitteltherapie: 1994 entfielen auf jeden Bundesbürger, ob Kleinstkind oder Greis, im Durchschnitt 22 Packungen Medikamente mit insgesamt rd. 1.200 Arzneimitteldosierungen, also rd. 3 pro Tag. Die Verhältnisse für ältere Menschen sind noch dramatischer: Obwohl Versicherte mit einem Lebensalter von mehr als 60 Jahren lediglich 23% der gesamten Versichertenpopulation ausmachen, vereinigen sie rd. 55% der gesamten Arzneikosten und Arzneiverordnungen auf sich. Im Durchschnitt bekommt jeder der über 65jährigen nahezu drei Arzneimittel in Dauertherapie.

1.1. Problembereich: Arzneimitteltherapie für ältere Menschen

Im Einzelfall bekommen sie bis zu zehnmal so viele Verordnungen wie jüngere, Frauen gegenüber Männern bis zu doppelt so viele. Die durchschnittliche Verordnungszahl pro Jahr reicht von 5 bis 15 in den Altersstufen 0 bis 50, aber von 16 bis 35 in den darüberliegenden Altersgruppen. Darunter sind bei älteren Menschen auffällig häufig Verordnungen von Psychopharmaka, und da vor allem von Benzodiazepin-Derivaten als Schlafmittel oder Tranquilizer. Wenn man z.B. alle Tagesdosierungen aus dieser Gruppe zusammenaddiert, die bei den 75- bis 79jährigen verordnet wird, so reicht die Menge aus, um fast jeden fünften Patienten in einer Dauertherapie mit einer ausreichenden Dosierung zu „versorgen".

Die möglichen Gefährdungen durch häufiger auftretende unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Nebenwirkungen und Interaktionen bei älteren Menschen werden dabei unterschätzt. Untersuchungen belegen z.B., daß bei den über 60jährigen Patientinnen und Patienten die Anzahl der Nebenwirkungen um das fünffache ansteigt, wenn statt 1 bis 5 Wirkstoffe 6 bis 12 Arzneistoffe nebeneinander verordnet werden. Daß solche Mengen, nebeneinander verordnet, keineswegs Fiktion sind, zeigen jährliche Auswertungen der Arzneimittelmengen im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen.

Auffällig ist vor allem die Häufigkeit der Verordnungen von psychotropen Arzneimitteln an ältere Menschen. Diese muß aber keineswegs etwas mit der tatsächlichen Prävalenz psychischer Erkrankungen im Alter zu tun haben. Schließlich ist bekannt, daß z.B. mit dem Auftreten mehrerer Erkrankungen auch die psychische Belastung und damit die psychische Dekompensation sogar zur Verschlechterung des körperlichen Zustandes führen können. Wenn durch körperliche Veränderungen beim älteren Menschen z.B. Ängste mobilisiert werden, bleibt es nur eine sehr vordergründige Therapie, ihm die Angst mit Tranquilizern wegzutherapieren. Gefühle von Nutzlosigkeit oder auch von Furcht, nicht mehr gemocht oder anerkannt zu werden, können nur unter sehr vordergründiger Betrachtung in die Verordnung eines antidepressiv wirkenden Mittels münden. Auch Schlaflosigkeit ist in den seltensten Fällen eine Krankheit. Gerade bei älteren Menschen nimmt das Schlafbedürfnis ab. Fünf bis sechs Stunden sind bei den über 60jährigen nichts Ungewöhnliches. Oft bekommen die Älteren also Schlafpillen nur deswegen verschrieben, weil sie meinen, mindestens acht Stunden schlafen zu „müssen". Ein Kreislauf, der nach sechs bis acht Wochen kaum mehr zu durchbrechen ist.

Die fortgesetzte Verordnung von Beruhigungs- und Schlafmitteln ist daher nicht nur für sich genommen ein Problem, sondern weist auch auf das Problem älterer Menschen in unserer Gesellschaft hin: Die relativ kostengünstige Therapie mit Benzodiazepin-Präparaten (z.B. Valium, Adumbran u.a.) als eine der häufigsten Zuwendungen des medizinischen Versorgungssystems scheint auch ein Ausdruck für eine nicht einmal in Ansätzen erkennbare angemessene Sozialpolitik für ältere Menschen zu sein. Diese Abschiebung in die Beruhigung ist eine Entwertung für Menschen, die nach Meinung vieler unbequem und nutzlos geworden sind und denen offensichtlich nicht mehr zugetraut wird, aktiv und selbständig am Leben teilnehmen zu können. Es ist eine vielfache chemische Gewalt gegen ältere Menschen.

1.2. Überdiagnostik und Übertherapie als Gefahr für ältere Menschen

Alte Menschen werden nach Meinung von Experten sinnlos übertherapiert. Ursache dafür ist, daß die Ärzteschaft die im mittleren Alter häufig angemessene interventionistische Schulmedizin unkritisch auf die Diagnostik und Therapie beim alten Menschen übertrage. Tatsächlich seien aber im Alter pathologische Veränderungen und Funktionseinbußen unvermeidlich. Die ökonomischen Anreize im gegenwärtigen System führen aber in Übereinstimmung mit schulmedizinischen Vorstellungen dazu, alle objektiven Abweichungen von der Norm zu behandeln. Die Folge ist Überdiagnostik und Übertherapie. Die Bonner Gerontologische Längsschnittstudie konnte z.B. zeigen, daß die subjektive Gesundheitseinschätzung mit der objektiven Feststellung des medizinischen Status bei älteren Menschen vielfach nicht übereinstimmt. Etwa 50% der Gesamtgruppe der über 60jährigen schätzen sich besser ein, als es nach den ärztlichen Befunden zu erwarten wäre. Die „Optimisten" hatten objektiv einen schlechteren Gesundheitsstatus als die „Pessimisten". Die Selbsteinschätzung der Gesundheit und die Selbstgestaltungsmöglichkeiten erweisen sich für das zukünftige objektive medizinische Urteil als der beste Prädiktor. Entscheidend für die zukünftige Gesundheit ist also, wie gesund sich ein alter Mensch fühlt und nicht unbedingt, wie gesund er ist. Eine vorrangige Therapie mit Beruhigungsmitteln nimmt den älteren Menschen aber ihre Aktivität, ihre Möglichkeit für das notwendige „Gesundheitshandeln".

Dem Leistungsgeschehen im Alter muß ein Begriff von Gesundheit zugrunde gelegt werden, der in erster Linie darauf abhebt, trotz körperlicher Störungen ein erfülltes Leben führen zu können. Die Ärzte müssen sich deshalb verstärkt der psychosozialen Bedingtheit des Krankseins im Alter zuwenden und Lebenshelfer und Seelsorger, nicht aber Diagnostik- und Therapietechniker sein. Das Überwiegen des naturwissenschaftlichen Denkstils müßte verhindert, die Bedeutung ökonomischer Anreize für das Leistungsgeschehen sollte erkannt, die oft mangelnde Rationalität des Vorgehens offen eingestanden werden. Hierzu gehört auch die von Experten immer wieder vertretene Ansicht, daß das Übermaß an unerwünschten Arzneimittelwirkungen bei älteren Menschen in erster Linie auf inadäquate Verschreibungspraktiken zurückgehe. Durchblutungsfördernde Mittel sind kein Ersatz für Bewegung und soziale Aktivitäten, Beruhigungsmittel kein Ersatz für soziale Zuwendung.

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2. Die Hospizbewegung als Beispiel für eine sozialmedizinische Rückbesinnung

Diese überwiegend kurative Ausrichtung der Medizin wirkt sich aber nicht nur negativ auf die Versorgung älterer Menschen in der ambulanten Versorgung aus, sie ist, in den meisten Fällen noch extremer, in Krankenhäusern, den „Domen der Medizintechnik", spürbar und hat bewirkt, daß Ärzte und Pflegekräfte auf die Aufgabe der medizinisch und psychosozial ausgerichteten Begleitung Sterbender nur unzureichend vorbereitet sind.

Es kann daher nicht erstaunen, daß vor allem eine „Laienbewegung" sich stärker als die professionellen Helfer in den letzten Jahren um Möglichkeiten gekümmert haben, dem Sterben und dem Tod einen würdigeren und humaneren Rahmen zu geben, als dies in der hochtechnisierten Medizin erfahren werden kann. Dies betrifft die Sterbenden genauso wie die Angehörigen, weil beide von der Dominanz der Medizintechnik überfordert sind und die menschliche Komponente verloren zu gehen droht. Dabei wären neben den medizinischen Notwendigkeiten im besonderen die soziale Zuwendung neu zu bestimmen. Diesen Gedanken fühlen sich auch die in den vergangenen Jahren entstandenen Hospiz-Initiativen verpflichtet, die ebenso wie Palliativ-Stationen in Krankenhäusern die Würde von Sterben und Tod thematisiert haben und eine strukturelle Möglichkeit für ein humanes Sterben umsetzen möchten.

Ziel der Hospizbewegungen ist es also, Menschen in der Sterbephase eine Versorgung unter ganzheitlichen Gesichtspunkten zu ermöglichen, d.h. neben einer medizinisch-pflegerischen und einer ärztlich-pharmakologischen Betreuung gleichberechtigt auch soziale, psychische und spirituelle Gesichtspunkte zu berücksichtigen, dies unter Einbeziehung von Angehörigen.

Die Hauptaufgabe der Hospizbewegung liegt vor allem in der ambulanten Hospizarbeit. Die ambulante Betreuung hat somit prinzipiell Vorrang vor einer stationären Unterbringung. Deshalb sollte das stationäre Hospiz Bestandteil einer Hospizbewegung mit ambulanten Hausbetreuungsdienst sein.

Die Ersatzkassen haben sich bereits im April 1994 zur Unterstützung dieser Entwicklung entschlossen, die Voraussetzungen für ein humanes Sterben schaffen soll. Die für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden gesetzlichen Bestimmungen sehen bislang allerdings explizit keine Kostenübernahme für eine stationäre Unterbringung einem Hospiz vor. Lediglich die der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 und 2 SGB V zuzurechnenden Leistungen der ambulanten Hospizarbeit können bei Erbringung durch qualifiziertes Krankenpflegepersonal übernommen und – wie mit Sozialstationen – vertraglich vereinbart werden.

Läßt sich im Einzelfall die erforderliche Zuwendung von seiten der Hospizinitiative zusammen mit den Angehörigen nicht ambulant durchführen, z.B. weil der Kranke alleine lebt und die Angehörigen durch die Intensität der Pflege oder die medizinisch notwendigen Therapien überfordert sind, kann die Aufnahme in ein stationäres Hospiz in Betracht kommen.

In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, daß Anspruch auf stationäre (Krankenhaus-)Behandlung nur besteht, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 SGB V). Häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte in ihrem Haushalt und ihrer Familie, wenn

  • Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist oder
  • Krankenhausbehandlung durch häusliche Krankenpflege verkürzt oder vermieden wird.

Zunehmend leben alte Menschen alleine, der Hausarzt und das Personal häuslicher Betreuungsdienste oder betreuende Angehörige sind mit Schmerzbehandlung und der Symptomkontrolle überfordert, so daß eine Begleitung Schwerstkranker und Sterbender im Einzelfall (z.B. bei Krebs, AIDS) nicht ausreichend sichergestellt ist. In diesen Fällen kann – auch unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte (§ 12 SGB V) – an die Aufnahme in ein stationäres Hospiz – anstelle der Überweisung in ein Krankenhaus – gedacht werden (Stellvertreterleistung). Dies gilt in gleicher Weise, wenn eine Verlegung aus dem Krankenhaus in die häusliche Umgebung aus den vorgenannten Gründen scheitert, also die Bemühungen um eine ambulante Sterbebegleitung oder für ein Sterben zu Hause ausgeschöpft sind.

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3. Die Förderung der Hospizbewegung durch die Ersatzkassen

In den Jahren 1992/1993 haben die Ersatzkassen zusammen mit dem jeweiligen Medizinischen Dienst der Krankenkassen – unter Anlehnung an das Konzept „Ausgelagerte häusliche Krankenpflege" – das Einweisungsverhalten der Ärzte und Krankenhäuser sowie die Versorgung und Betreuung in einigen Hospizen beobachtet und eine Dokumentation der Aufenthaltsdauer vorgenommen. Die Berichte der einzelnen MDK können durchweg positiv bezeichnet werden. Es wurde auch bestätigt, daß ohne die durchgeführte Hospizbetreuung ausgelagerte häusliche Krankenpflege (analog § 37 Abs. 1 SGB V) bzw. stationäre Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) erforderlich geworden wäre.

Die Ersatzkassen haben aus diesem Grunde nach eingehender Prüfung der vorliegenden Unterlagen und Berichte beschlossen, in begründeten Fällen bei Existenz eines entsprechend ausgestatteten mit qualifizierten Kräften besetzten Hospizes in Anlehnung an § 37 Abs. 4 SGB V Kosten im Umfang der erbrachten medizinischen Leistungen zu übernehmen. Voraussetzungen für die Erbringung dieser Stellvertreterleistungen sind, daß die Einrichtung die für die häusliche Krankenpflege geforderten Anforderungen erfüllt und der Versicherte aus medizinischen Gründen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 SGB V bedarf. Die Leistungsdauer ist analog § 37 Abs. 1 SGB V auf bis zu vier Wochen beschränkt und sollte bei begründeter Verlängerung vier Monate nicht überschreiten.

Mit Wirksamwerden der Leistungsansprüche nach dem Pflegeversicherungsgesetz zum 01.04.1995 und zum 01.07.1996 wird eine Neuorientierung der Kostenbeteiligung der Ersatzkassen bei einer stationären Hospizunterbringung notwendig. Insbesondere bedarf es einer Abgrenzung zu den Leistungen der Pflegekassen. Nach § 37 SGB V ist die häusliche Krankenpflege im Haushalt bzw. in der Familie des Versicherten zu erbringen. Dessen ungeachtet hatten sich die Ersatzkassen entschlossen, diese Leistung analog auch zur medizinischen Sterbebegleitung in Hospizen zu erbringen.

Bei einer teilstationären Pflege nach § 41 SGB XI oder einer Kurzzeitpflege nach § 42 SGB XI ist der Leistungsanspruch nach § 37 SGB V vorrangig (§ 13 Abs. 2 SGB XI). Für eine Anpassung der Vereinbarungen mit den Hospizen nach § 132 SGB V bzw. Änderungen der Leistungspraxis der Ersatzkassen spricht allerdings § 34 Abs. 2 SGB XI, wonach für die Fälle nach § 41 und 42 SGB XI – im Gegensatz zur häuslichen Pflege nach den §§ 36 bis 38 SGB XI – das Ruhen des Leistungsanspruchs aus der Pflegeversicherung nicht verfügt ist (§ 34 Abs. 2 SGB XI).

Zu beachten ist ferner, daß nach Artikel 4 des Pflegeversicherungsgesetzes zur Änderung des V. Buches Sozialgesetzbuch dem § 37 Abs. 2 nach Satz 3 folgender Satz angefügt wurde: „Leistungen nach den Sätzen 2 und 3 sind nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit im Sinne des XI. Buches nicht zulässig."

Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1 werden zur Verfügung gestellt, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird.

Demgegenüber werden Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 zur Verfügung gestellt, wenn sie zur Sicherung des Zieles der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Die Satzung kann bestimmen, daß die Krankenkasse zusätzlich zur Krankenhauspflege nach Satz 1 als häusliche Krankenpflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringt. Die Satzung kann dabei Dauer und Umfang der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach Satz 2 bestimmen.

Nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI ist die Gewährung von Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung im Rahmen des § 37 Abs. 2 SGB V also ausgeschlossen (vgl. Art. 4).

Problematisch ist auch, daß die Pflegekassen im Rahmen der teilstationären Pflege, Kurzzeitpflege und vollstationärer Pflege nur Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erbringen, den Krankenkassen aber die Gewährung der gleichzeitig notwendigen Behandlungspflege wegen der Bindung der Leistungserbringung an den Haushalt bzw. an die Familie nach § 37 SGB V verwehrt ist.

Gleichwohl haben sich die Ersatzkassen auf folgende Vorgehensweise verständigt, wobei allerdings unterstellt wird, daß es gelingt, die Erbringung von Behandlungspflege in diesen Einrichtungen entweder rechtlich abzusichern oder die Aufsichtsbehörden im Hinblick auf die entsprechende Vorgehensweise zumindest zur Toleranz zu bewegen:

Bei der Leistungsgewährung im Fall der Unterbringung in Hospizen ist zu unterscheiden zwischen Versicherten mit und ohne Anspruch nach dem SGB XI.

a) Nicht-Anspruchsberechtigte nach dem SGB XI

    Erfolgt die Unterbringung anstelle einer Krankenhausbehandlung, werden gemäß § 37 Abs. 1 SGB V Behandlungs- und Grundpflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung erbracht. Eine Übernahme bzw. Beteiligung an den Verpflegungs- und Unterbringungskosten scheidet aus.

    Erfolgt die Unterbringung nicht anstelle einer Krankenhausbehandlung, wird gemäß § 37 Abs. 2 SGB V die Behandlungspflege übernommen. Die Mitgliedskassen mit einer Satzungsbestimmung nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB V erbringen auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung im satzungsgemäßen Rahmen.

b) Anspruchsberechtigte nach dem SGB XI

    Erfolgt die Unterbringung anstelle einer Krankenhausbehandlung, werden gemäß § 37 Abs. 1 SGB V Behandlungs- und Grundpflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung erbracht. Eine Übernahme bzw. Beteiligung an den Verpflegungs- und Unterbringungskosten scheidet aus. Leistungen der Pflegeversicherung werden nicht erbracht (§§ 13 Abs. 2, 34 Abs. 2 SGB XI).

    Erfolgt die Unterbringung nicht anstelle einer Krankenhausbehandlung, werden gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 (und evtl. Satz 4) SGB V lediglich die Kosten der Behandlungspflege übernommen. Die Pflegekasse übernimmt bzw. beteiligt sich an den Kosten der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung (§§ 42, 43 SGB XI).

Die rechtliche Abgleichung und Koordination zwischen Krankenkassen und Pflegekassen ist sicherlich noch nicht optimal und abschließend gelöst, ein Anfang ist aber zumindest gemacht. Wir als Ersatzkassen werden uns auch weiterhin auf allen Versorgungsebenen für Lösungen einsetzen, die dem Gebot der Humanität folgen – gerade und besonders auch im Umgang mit Sterben und Tod.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 1999

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