FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg.: 26 ]

Page Top


Elizabeth Burns / Malcolm B. Dickson
Die Stirling-Studie


1. Einleitung und Methodik

Die Stirling-Studie basiert auf einem repräsentativen Auswahlverfahren mit Erwachsenen (über 18 Jahre) in Stirling, Schottland, und entspricht vergleichbaren Studien, die in Geislingen/Deutschland, und Olot/Spanien, durchgeführt wurden. Um die Vergleichsbasis des Gesamtprojektes beizubehalten, wurde bei der Datenerhebung in der Stirling-Studie soweit wie möglich dieselbe Forschungsstruktur wie in Geislingen und Olot verwendet.

Die Stirling-Studie kann daher, mit den üblichen Vorbehalten über die Fähigkeit, daß die Fragen „richtig herüberkommen", die Grundlage für einen aufschlußreichen Quervergleich mit Deutschland und Spanien bieten. Natürlich ist zu bedenken, daß eine solche Studie nur eine vergleichende Sicht der ausgewählten Städte und nicht der betreffenden Länder bieten kann. Trotzdem stellt eine solche Übung eine interessante Möglichkeit des Erfahrungsaustausches über Probleme dar, mit denen wir alle konfrontiert sind.

Die Interviews wurden auf der Basis eines Zufallszahlenwählsystems für Telefoninterviews durchgeführt. Die Befragten wurden aus der ganzen Anzahl der Erwachsenen an jeder Telefon-Stichprobenstelle mit Hilfe eines Zufallsgenerators ausgewählt, um eine spezielle Person für das Interview auszuwählen.

Nach dem Erfassen der Daten wurde der ganze Datensatz gewichtet, um die Volkszählung von 1991 für den Telefonvorwahlbereich von Stirling zu berücksichtigen, so daß eine repräsentative Darstellung von +/- 2 % in den sozio-ökonomischen Eigenschaften von Alter, Geschlecht und beruflicher Tätigkeit sichergestellt war.

[Seite der Druckausg.: 27 ]



Die Aufgliederung der Antwortquoten ist in Tabelle 1 dargestellt. Die allgemeine Reaktion ist mit den Anwortquoten in Großbritannien für die Telefonbefragung vergleichbar.

Tabelle 1: Antwortquoten - Stirling-Studie

Zahl der ausgegebenen Telefonnummern

1455

Zahl der nicht verwendbaren Telefonnummern

376

Zahl der in Frage kommenden Telefonnummern

1079

Zahl der Abweisungen

311

Zahl der durchgeführten Interviews

768

Gesamt-Antwortquote

71.2 %

Die vorliegende Studie legt die wesentlichen Feststellungen der Stirling-Studie als Vergleichsbasis zu den bereits abgeschlossenen Studien von Geislingen und Olot fest. Unser Referat enthält eine vorläufige Besprechung der Ergebnisse und einige Hinweise für den Vergleich. Es soll keine komplette Darstellung der Stirling-Studie sein und kann in diesem

[Seite der Druckausg.: 28 ]

Stadium auch noch nicht voll vergleichbar sein. Aber es liefert einen hilfreichen ersten Schritt, um die Haltungen gegenüber Fragen der Gemeinschaft, des Engagements in der Gemeinschaft, der Freiwilligenarbeit und des bürgerschaftlichen Engagements im allgemeinen zu verstehen.

In der allgemeinen Ausrichtung folgt die Struktur dieses Berichtes den Analysen, die bereits für die Studien von Geislingen und Olot durchgeführt wurden, um einen ersten Vergleich zu erleichtern.

Page Top

2. Wahrnehmung der Gemeinde

Die Wahrnehmung der Nachbarschaft und Gemeinde durch die Bürger und Bürgerinnen ist von entscheidender Bedeutung, um ihre Teilhabe und ihren Bezug zu Aktivitäten zu verstehen, die die Lebensqualität und die Entscheidungsstrukturen in der Gemeinde verbessern sollen. Daher wurden einige erste Messungen der allgemeinen Wahrnehmung der Umgebung in Stirling durchgeführt.

In Bild 1 sehen wir, daß insgesamt 73 % der Befragten entweder ganz oder weitgehend mit der Aussage zustimmten, daß es „Leute gibt, die mir helfen, wenn ich Probleme habe". Angesichts der sozio-ökonomischen Eigenschaften von Stirling ist das auch nicht überraschend, da man ja in einer Stadt, in der Arbeitslosigkeit, Armut und Kriminalität nicht so groß sind wie in Großstädten, eine recht gute soziale Stabilität erwarten kann.

Abb. 1: Es gibt Leute, die mir helfen, wenn ich Probleme habe



[Seite der Druckausg.: 29 ]

Wir fanden weniger eindeutige Antworten auf die Aussage über den Umfang, in dem das soziale Miteinander in unserer Nachbarschaft gut ist, wie in Bild 2 gezeigt. Eine kleine Mehrheit von 55 % nannte ihre völlige Zustimmung oder weitgehende Zustimmung zu dieser Aussage. Jedoch stimmte fast jeder 5. (17 %) dieser Aussage überhaupt nicht zu.

Abb. 2: In unserer Gegend ist der Zusammenhalt zwischen den

Nachbarn ausgezeichnet



Dieses Gefühl scheint die Ergebnisse in Bild 1 nicht zu bestätigen und kann daher wohl am besten dadurch erklärt werden, daß eine Reihe von Studien in den letzten Jahren in Großbritannien festgestellt haben, daß viele Menschen die Bedrohung ihrer Gemeinschaft durch Kriminalität und dergleichen als schlimmer empfinden als diese Bedrohung tatsächlich ist. Diese Wahrnehmung kann durch die Art beeinflußt sein, in der die Gemeinschaftsvorstellungen und die Erfahrung des sozialen Wandels, einschließlich des Wandels in der Bevölkerungsbewegung, im Familienleben und auf dem Arbeitsmarkt, in den Medien dargestellt werden.

Wie auch in Olot stellten wir keinen signifikanten Unterschied in diesen Meßziffern zwischen Männern und Frauen fest. Signifikante Unterschiede fanden wir in den Alterskategorien, in einer ähnlichen Weise wie in Geislingen und Olot. Allerdings waren die Unterschiede zwischen den Alterskategorien ihrer Natur nach nicht genau so wie in Geislingen oder

[Seite der Druckausg.: 30 ]

Olot. Bild 3 und 4 zeigen die Prozentzahlen, nach Altersgruppen, der Befragten, die mit „Trifft ganz genau zu" geantwortet haben.

Abb. 3: In unserer Gegend ist der Zusammenhalt zwischen den

Nachbarn ausgezeichnet



In beiden Meßziffern über Menschen, die bereit zu helfen sind, und über das soziale Miteinander stellten wir fest, daß die Kohorte zwischen 40 und 69 die höchste Punktzahl gab. Das ist ganz anders in Olot, wo genau das Gegenteil zutraf für die Meßziffer, ob Menschen helfen, wenn man Probleme hat.

Abb. 4: Wenn ich ein Problem habe, gibt es Leute, die mir helfen



Die Verteilung der Punktzahlen in der Stirling-Studie sind näher an der normalen Verteilung als in Geislingen oder Olot. Das Gefühl des Ge-

[Seite der Druckausg.: 31 ]

meinschaftssinnes ist bei jüngeren Altersgruppen am wenigsten ausgeprägt, während die Erwartung in Bezug auf Leute, die zu helfen bereit sind, bei älteren Altersgruppen am geringsten sind. Die Art, in der diese beiden Gruppen in Stirling - und allgemein in Schottland - versorgt werden, hat in den letzten Jahren zu einiger Besorgnis geführt, und diese Erhebungen beweisen, daß diese Besorgnis gerechtfertigt ist.

Bei der Bewertung der sozialen Haltung hat sich in den letzten Jahrzehnten auch gezeigt, daß die Entfremdung, die von einigen Teilen der Gesellschaft empfunden wird, offensichtlich wächst. Das spiegelt sich allgemein in einer geringer werdenden Achtung gegenüber öffentlichen Institutionen und der Regierung wider. Es führte auch aus demographischen Gründen zu einem Wandel in der Erfahrung und der Wahrnehmung der Beziehungen des Einzelnen zu den Personen, die ihn umgeben. In Bild 5 sagten 71 % der Befragten, daß es ganz genau oder weitgehend zutrifft, daß sie Angst vor der Kälte der heutigen Gesellschaft haben.

Abb. 5: Ich habe Angst vor der Kälte der heutigen Gesellschaft



Die Befragten in Stirling stimmten jedoch weitaus weniger der Aussage zu, daß es eine immer größer werdende Kluft zwischen den Generationen gibt. Die Ergebnisse sind in Bild 6 dargestellt. Nur 22 % stimmten dieser Aussage vollständig zu, während es in Olot 67 % waren. Das Muster in Geislingen ist hier mit 25 % der völligen Zustimmung zu dieser Aussage

[Seite der Druckausg.: 32 ]

ganz ähnlich wie in Stirling. Das zeigt einen interessanten Unterschied zwischen der Wahrnehmungskultur in unseren deutschen und schottischen Beispielen im Vergleich zu Katalonien.

Abb. 6: Die Kluft zwischen den Generationen wird auch in Stirling immer größer



Dieser kulturelle Unterschied wird auch von den Ähnlichkeiten in den Ergebnissen von Stirling und Geislingen bestätigt in der Frage, ob das Verhältnis der Menschen untereinander oft als unpersönlich empfunden wird. Auch hier ist Olot ein Außenseiter. Nur etwas über 60 % der Befragten sind hier vollständig mit dieser Aussage einverstanden. In Stirling war der Ergebnis 28 % und in Geislingen 22 %.

In der Stirling-Studie änderten wir die Frage über die Zugehörigkeit zu Verbänden und Vereinen insoweit ab, als wir die Arten von Organisationen nannten, die man normalerweise in einer Stadt wie Stirling antrifft. Außerdem sind diese Organisationen manchmal auch nicht durch eine formelle Mitgliedschaft gekennzeichnet, daher bezogen wir in die Fragestellung sowohl die Mitgliedschaft als auch die aktive Beteiligung an einer Organisation ein. Dies ist in Vergleichen mit Geislingen und Olot zu berücksichtigen.

Von unserer gesamten befragten Personengruppe sagten 55 %, daß sie in mindestens einer der in Tabelle 2 genannten Organisationen Mitglied oder aktiv beteiligt seien. Die höchste Beteiligung lag in kirchlichen oder

[Seite der Druckausg.: 33 ]

karitativen Organisationen. Insgesamt scheint der Grad der Beteiligung in Organisationen in Stirling größer als in Olot zu sein. Auch hier kommt Stirling wieder Geislingen am nächsten. Allerdings ist nicht festzustellen, ob die relativ hohen Punktzahlen in Stirling eine Reaktion auf die Formulierung der Frage sind oder einen wesentlichen Unterschied widerspiegeln.

Tabelle 2: Mitgliedschaft/aktive Beteiligung an Organisationen

Art des Verbandes

%-Satz an Mitgliedern oder aktiv Beteiligten

Kunst und Kultur

4.1

Gemeinschaftsgruppen

15.6

Sportverbände und Vereine

12.7

Freizeitclubs

13.3

Wohltätigkeitsorganisationen

18.4

Politische Organisationen

6.2

Kirchliche Organisationen

19.6

Schulorganisationen

10.2

Geschäftsorganisationen

5.6

Die wirklichen Unterschiede an der Beteiligung werden wahrscheinlich meist von sozio-ökonomischen und Ausbildungsunterschieden zwischen den Bevölkerungsgruppen verursacht. In vergleichenden Studien geben diese Variablen die sichersten Aussagen über den Grad der Teilhabe, nicht nur an politischen Prozessen, sondern auch an allgemeineren Formen der sozialen Aktion und Beteiligung.

Die Aussage aus dieser Erhebung in Stirling ist, daß es einen gewissen Grad an Gemeinschaftssinn gibt. Dieser wird allgemein am meisten in den sozialen Untergruppen innerhalb der Bevölkerung geteilt, obwohl auch das Alter eine gewisse Rolle spielt.

[Seite der Druckausg.: 34 ]

Abb. 7: In Stirling ist das Verhältnis der Menschen untereinander

oft unpersönlich



Bürgerschaftliches Engagement

Die tatsächliche Beteiligung in Gemeinschaftsaktivitäten an jedem Ort der Welt hängt von einer ganzen Reihe von sozio-ökonomischen Faktoren ab. Es hängt zusätzlich auch von Verhaltens- und Motivations-Faktoren ab. Dieser Teil unserer Erhebung beschreibt einige der Verhaltensfaktoren, die eine Grundlage für das bürgerschaftliche Engagement in Stirling bilden.

Wir stellten insgesamt fest, daß 61 % der Befragten sagten, daß sie bereit seien, sich an Gemeinschafts- oder Freiwilligen-Aktivitäten zu beteiligen (Bild 8). Im Vergleich dazu sagten 70 % in Olot und 38 % in Geislingen, daß sie zur Beteiligung bereit seien. Die Frage in Geislingen bezog sich auf spezielle Projekte, was die niedrige positive Antwort erklärt.

In den Studien in Geislingen und Olot wurden die Unterschiede zwischen denen, die zur Teilnahme bereit bzw. nicht bereit waren, identifiziert. In der Stirling-Studie versuchten wir, diese Ergebnisse zu vergleichen, und stellten fest, daß die Unterschiede insgesamt nur relativ gering waren. In der Bemessung der Frage, ob die Befragten sich selbst anderen gegenüber als offen bezeichnen, stellten wir fest, daß es eine Differenz von 16 % zwischen denen gab, die bereit bzw. nicht zur Teilnahme bereit

[Seite der Druckausg.: 35 ]

waren (Bild 9). Die Richtung des Unterschiedes war dieselbe wie in Geislingen und Olot, auch wenn die Größenordnung der Differenz größer war.

Abb. 8: Bereitschaft zur Beteiligung an Gemeinschafts- oder

Freiwilligen-Aktivitäten



Abb. 9: Ich bin anderen Leuten gegenüber offen,

auch wenn ich sie nicht kenne



In zwei anderen Messungen, die in Geislingen und Olot durchgeführt wurden, war die Richtung der Differenz wiederum gleich wie in Stirling. Bild 10 und 11 zeigen diese Feststellungen. Wieder sind die Unterschiede klein, und im Falle des Kontaktes mit Gemeinderäten oder dem Gemeinderat war hier der Unterschied statistisch nicht signifikant.

[Seite der Druckausg.: 36 ]

Abb. 10: Ich bespreche Angelegenheiten, die die Menschen in

Stirling betreffen, mit Freunden



Abb. 11: Ich nehme Kontakt mit dem Gemeinderat oder mit Gemeinderatsmitgliedern auf in Fragen, die für die Einwohner von Stirling von Bedeutung sind



Trotzdem war die Richtung des Unterschiedes in allen Fällen dieser drei Messungen in Stirling, Geislingen und Olot dieselbe. Ganz allgemein können wir schließen, daß die Bereitschaft zur Teilnahme nicht im direkten Zusammenhang damit steht, wie diese Leute in informellen und persönlichen Beziehungen und in Kontakt mit den örtlichen Institutionen auf ihre Mitmenschen zugehen.

[Seite der Druckausg.: 37 ]

Motive für bürgerschaftliches Engagement

Die Mosaiksteine der Motivation, die den Prozeß und die Natur des bürgerschaftlichen Engagements in Gemeinschaftsaktivitäten erklären, sind vielleicht am schwierigsten zusammenzusetzen. Die Motive sind komplex und können nicht leicht voneinander getrennt werden. Um die Struktur der Motivationen zu analysieren, wurden die Fragen, die über die Motivationsfaktoren gestellt wurden, weshalb die Mitbürger sich in bürgerschaftliche Aktivitäten engagierten, zusammen und mit Hilfe von mehrdimensionalen Techniken analysiert.

In der Geislingen-Studie wurde eine Faktorenanalyse über die individuellen Motivationsfaktoren durchgeführt. Dabei wurden die Interviewten gefragt, ob diese Faktoren eine zutreffende Beschreibung ihrer Motivationen für ihr Engagement sind. Eine Faktorenanalyse versucht nur, ein Muster von Antworten herauszukristallisieren, die für eine Reihe von Fragen ähnlich sind. Vier solcher Gruppierungen wurde in der deutschen Studie identifiziert. Als die Fragen bei diesen vier Gruppen untersucht wurden, zeigte sich, daß sie eine begriffliche Verbindung hatten. Die vier Faktoren waren:

  • * anderen helfen
  • * Pflichtgefühl
  • * der Wunsch, kreativ zu sein
  • * Selbstverwirklichung

Wir führten die Faktorenanalyse für die Ergebnisse von Stirling in einem Parallelversuch durch und stellten fest, daß im Großen und Ganzen dieselben vier Faktoren identifiziert werden konnten. Bild 12, 13, 14 und 15 zeigen die Fragen, die die vier Faktoren enthielten, sowie den Prozentsatz der Befragten, die diesem Punkt völlig zustimmten.

[Seite der Druckausg.: 38 ]

Abb. 12 Motivation zum bürgerschaftlichen Engagement

FAKTOR 1: Anderen zu helfen



Der Faktor, der im Durchschnitt die höchsten positiven Antworten erhielt, war „anderen zu helfen". Hier erzielte der Faktor „Menschen in Not zu helfen" eine sehr hohe Punktzahl von 52 % der völligen Zustimmung. Diese Punktzahl stimmt mit anderen Untersuchungsergebnissen in Großbritannien überein, bei denen festgestellt wurde, daß die Mitbürger positiv auf den Gedanken an die Bedürftigen in der Gemeinde reagieren. Es ist ein Hauptmotiv des Engagements und der karitativen Teilhabe.

Abb. 13: Motivation zum bürgerschaftlichen Engagement

FAKTOR 2: Pflichtgefühl



Der zweite Faktor des „Pflichtgefühls" wurde in den Daten von Stirling ebenfalls eindeutig identifiziert. Der Gedanke der Pflicht ist problematisch, wenn das bürgerschaftliche Engagement und die Teilhabe disku-

[Seite der Druckausg.: 39 ]

tiert werden, und in modernen demokratischen Gemeinwesen ist der Pflichtgedanke weniger dominant als in der Vergangenheit. Seit den 60iger Jahren ist in den meisten europäischen Ländern die Achtung vor öffentlichen Institutionen und Autoritäten allgemein gesunken. Aber das Pflichtbewußtsein gegenüber den Mitmenschen ist immer noch ein wichtiges Element in der Haltung der meisten Bürger. Die Gesamtkategorien der „völligen Zustimmung" und der „weitgehenden Zustimmung" umfassen bei den Befragten in Stirling tatsächlich 68 %. 36 % antworteten mit „trifft ganz genau zu", wie Bild 13 zeigt.

Zusätzlich zu Bild 13 beantworteten 72 % der Befragten den Punkt „weil der Bürger oft etwas in Bewegung setzen kann" mit „trifft ganz genau zu" und „trifft eher zu". 28 % davon befanden sich in der Kategorie „trifft ganz genau zu" und 44 % in der Kategorie „trifft eher zu". Das bestätigt eine Feststellung in einer landesweiten britischen Untersuchung, die im Jahre 1994 von der Universität Strathclyde durchgeführt wurde, daß die Bürger meinten, daß Gemeinschaftsgruppen Ziele besser erreichen könnten als die Kommunalverwaltung.

Abb. 14: Motivation zum bürgerschaftlichen Engagement

FAKTOR 3: Wunsch, kreativ zu sein



Faktor 3, der Wunsch kreativ zu sein, zeigt auch den Ansatz von Gemeinschaftssinn. Die Faktoren darüber, was der Einzelne einbringen kann, zeigen das Verständnis von Gemeinschaften, die die Verantwor-

[Seite der Druckausg.: 40 ]

tung für ihre eigene Entwicklung übernehmen. Speziell der Gedanke, Stirling mitzugestalten, ruft positive Antworten hervor. Weniger wichtig war der Gedanke, unbürokratisch zu arbeiten. Das kann zum Teil auf den sich wandelnden Beziehungen zwischen Mitbürgern, Freiwilligengruppen, dem Privatsektor und der Kommunalverwaltung beruhen, die alle in der Bereitstellung von lokalen Dienstleistungen und Möglichkeiten engagiert sind. Der Ansatz, der Kommunalverwaltung zu helfen, hat zu einem vielfältigeren Muster der Bereitstellung in den Kommunen geführt als in der Vergangenheit, in der die Kommunalverwaltung praktisch alle lokalen Dienstleistungen selbst beschaffte.

Faktor 4, die Selbstverwirklichung, brachte die einzige signifikante Abweichung von der deutschen Analyse. Der Punkt „um neue Leute kennenzulernen" hatte für sich alleine als 5. Faktor eine bessere Stelle. Auch Untersuchungen anderer Formen der Teilhabe, einschließlich der Mitgliedschaft in politischen Parteien, zeigten, daß die Motivation, Freunde und einen sozialen Kreis zu finden, an sehr hoher Stelle steht. Wir haben diesen Punkt in Bild 15 dargestellt, aber statistisch ragt er über die andern vier Punkte in der Gruppe hinaus.

Abb. 15: Motivationen zum bürgerschaftlichen Engagement

FAKTOR 4: Selbstverwirklichung



[Seite der Druckausg.: 41 ]

Insgesamt bringt der Selbstverwirklichungsfaktor keine signifikant hohen positiven Punktzahlen als Motivationseinfluß auf das bürgerschaftliche Engagement. Das zeigt einen hohen Grad der bürgerschaftlichen Orientierung der Einwohner von Stirling und beweist auch, daß die Kritiker in Schottland und Großbritannien nicht recht haben, die behaupten, daß die Mitbürger in den letzten Jahren weniger altruistisch und mehr individualistisch geworden sind.

Unterstützung durch die Politik

Obwohl einige Ergebnisse darauf hinweisen, daß die Bürger sich selbst in der Lage fühlen, die Verantwortung für Gemeinschaftsaktivitäten zu übernehmen, wird die Unterstützung anerkannt, die durch öffentliche Institutionen angeboten werden kann (Bild 16). 84 % der Befragten sagten hier, daß es entweder sehr wichtig oder ziemlich wichtig sei, daß öffentliche Institutionen sich in wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde Stirling engagierten.

Abb. 16: Bedeutung des Engagements der öffentlichen

Institutionen in Fragen, die den Einwohnern von Stirling

wichtig sind



[Seite der Druckausg.: 42 ]

Wie in Geislingen und Olot wurden die Befragten auch in Stirling gebeten, die Art, in der öffentliche Institutionen Unterstützung leisten können, in der Reihenfolge der Bedeutung, die sie ihr zumessen, anzugeben. Es wurde festgestellt, daß finanzielle Hilfe als die wichtigste Hilfestellung betrachtet wurde, sie stand mit 32 % an erster Stelle. Die allgemeine Finanznot der Kommunalbehörden in Großbritannien hat sicherlich eine Auswirkung auf dieses Ergebnis.

Abb. 17: Was sollte die Kommunal- oder Zentralverwaltung tun,

um die Eigeninitiative der Bürger zu stärken ?




© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

Previous Page TOC Next Page