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Überblick

Südafrika ist mit 40,6 Mio. Einwohnern und einem Pro-Kopf-Einkommen von ca. 3000 US $ das politisch und ökonomisch wichtigste Land des afrikanischen Kontinents. Den 15,5 Mio. Beschäftigten stehen 2,6 Mio. Arbeitslose gegenüber. Im informellen Sektor sind ca. 4,3 Mio. Menschen aktiv und sichern damit ihr Überleben. Das Land weist eine relativ gute Infrastruktur auf, ist stark in den Weltmarkt eingebunden und besitzt einen modernen Finanz- und Dienstleistungssektor sowie ein erfahrenes lokales Management und ein - im Vergleich mit anderen afrikanischen Ländern - hohes Ausbildungsniveau. Der Urbanisierungsgrad liegt bei 64%. Die Inflationsrate ist ziemlich niedrig, gleichzeitig sind die Verschuldungsprobleme nicht gravierend.

Aber das Land hat auch mit zahlreichen Folgen der Apartheid zu kämpfen. Zum einen leidet die Wirtschaft unter erheblichen strukturellen Verzerrungen, etwa der Konzentration auf landwirtschaftliche Produkte und Rohstoffe bei Exporten. Zum anderen existieren innerhalb des Landes sehr unterschiedlich entwickelte Sektoren: Während die Masse der ländlichen Bevölkerung und die der ehemaligen Townships in großer Armut lebt, entwickeln sich in städtischen Zentren Bereiche mit Industrieproduktion, großen Nachfragemärkten (Gauteng, Kapstadt, Durban) und gut ausgebildeten Arbeitern und Angestellten. Im internationalen Vergleich schneidet die südafrikanische Industrie zwar relativ schlecht ab, weil die Produktivitäten meist niedrig sind. Inzwischen aber gilt Südafrika als angehendes Schwellenland, das mit lateinamerikanischen Ländern konkurrieren kann. Fortschritte im industriellen Bereich hängen vor allem davon ab, ob es gelingt, das Kompetenzniveau zu heben, die Zahl der qualifizierten Ingenieure zu erhöhen, die Engpässe im Management zu beseitigen (Folge der früheren Rassenpolitik) und mehr qualifizierte schwarze Manager in Entscheidungspositionen zu bringen. Die Fehler der von den Apartheidregimes verfolgten Import-Substitutionsindustrialisierung (ISI) sind allenthalben zu spüren. Große Unternehmen wurden geschützt, so daß die Märkte von Oligopolen beherrscht wurden und der Staat eine große Rolle im Wirtschaftsprozeß spielte, während Klein- und Mittelunternehmen - vor allem das "black business" - daran gehindert wurden, wirtschaftlich aktiv zu werden.

Durch eine kluge Wirtschaftspolitik wurden die Weichen für eine allgemeine Verbesserung der wirtschaftlichen Effizienz gestellt. In den Programmen der ANC-Regierung (RDP 1994 und GEAR 1996) drückt sich der Wunsch nach grundlegender Veränderung aus. Das RDP möchte Grundbedürfnisse befriedigen, Wachstum und Umverteilung miteinander kombinieren, durch umfassende Ausbildungsprogramme menschliche Ressourcen entwickeln und die Menschen am Entwicklungsprozeß partizipieren lassen. Ziel des GEAR ist, "eine nationale Vision zu entwickeln, um aus dem Schlamassel herauszukommen" (Präsident Mandela am 9.2.1996). Die Schwierigkeiten sind zu umfassend, als daß sie in einem Zug gelöst werden könnten. Die Regierung betreibt zunächst einmal über Budgetdisziplin, über Privatisierung und Kommerzialisierung und über die Liberalisierung der Auslandsmärkte eine Politik der Öffnung, um die strukturellen Defizite schnell überwinden zu können. Die Stabilisierung der südafrikanischen Währung Rand hat nicht zuletzt neues Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Südafrika geweckt. Zahlreiche Investoren strömen ins Land, so daß die internen Spar- und Investitionsquoten langsam steigen. Südafrika benötigt jedoch noch einen langen Atem, um im Globalisierungsprozeß bestehen und die gravierenden Beschäftigungsprobleme sowie die Landfrage lösen zu können.


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