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TEILDOKUMENT:




Was tun, um den privaten Mietwohnungsbau auszuweiten?

Politikansatz 1:

Höhere Mieten zulassen!

Verglichen mit anderen Kapitalanlagen ist der Mietwohnungsbau relativ unattraktiv. Überließe man die Bildung des Mietzinses dem Markt, würde er auf ein Niveau ansteigen, das den Mietwohnungsbau für Kapitalanleger attraktiv macht.

Einwand: Höhere Mieten machen nicht die Investition in den Wohnungsbau rentabler, sondern erhöhen die Knappheitsrente des Gutes „Bauland". Wird mehr Kapital in Mietwohnungen angelegt, steigt (unter sonst gleichen Bedingungen) die Nachfrage nach Bauland. Da die Angebotsmenge dieses Gutes nicht dem Markt, sondern der öffentlichen Verwaltung unterliegt, wird (bei gegebener Baulandausweisung) der Preis erhöht - bis zu dem Punkt, wo der Wohnungsbau für die Kapitalanleger (bei gegebenen Mieten) unattraktiv zu werden beginnt. Umgekehrt läßt sinkendes Wohnungsbauinteresse der Kapitalanleger (etwa aufgrund sinkender Mieten oder höherer Baukosten bei Festmieten) die Baulandpreise sinken - solange, bis sich der Wohnungsbau wieder rentiert.

Politikansatz 2:

Den Wohnungsbau stärker subventionieren (großzügigere Abschreibungsmöglichkeiten, zinsverbilligte Kredite)!

Die Kapitalanlage „Mietwohnungsbau" läßt sich - bei vorgegebener Miethöhe - auch dadurch attraktiver machen, daß die Investitionskosten durch staatliche Subventionen verringert werden. Das klassische Instrument hierfür sind Abschreibungsvergünstigungen, die den steuerlich relevanten Gewinn unter den für die private Kalkulation relevanten Gewinn drücken und letzteren somit steuerlich entlasten. Zinsverbilligte Kredite senken die Kosten direkt und steigern somit die Kapitalverzinsung, die durch ein vorgegebenes Mietniveau erreicht wird.

Einwand: Es gilt der unter Politikansatz 1 angesprochene Zusammenhang zwischen Grundstückspreisen und Mietzins. Wie immer die Rentabilität der Kapitalanlage „Wohnungsbau" gesteigert wird, der Grundstückspreis wird sich so darauf einstellen, daß diese Rentabilität wieder auf das Maß sinkt, das der Markt als angemessen erachtet. Letzten Endes kommen Subventionen deshalb nur den Grundstücksbesitzern zugute: ihre Grundrente erhöht sich.

Politikansatz 3:

Das Baurecht weniger restriktiv gestalten!

Regulierungen aller Art verteuern das Bauen und erhöhen somit das Mietniveau, das erreicht werden muß, damit sich die Investition „lohnt" (d.h. im Vergleich mit anderen Kapitalanlagen für Investoren attraktiv ist). Bei vorgegebenem, weil politisch kontrolliertem, Mietniveau würde eine Lockerung der Baubestimmungen wegen der damit einhergehenden Verbilligung den Wohnungsbau attraktiver machen. Zumindest würde die private Wohnungswirtschaft mehr preiswerte Wohnungen auf den Markt bringen können. Eine weniger restriktive Erteilung von Baugenehmigungen aktiviert blockierte Bauinvestition.

Einwände: Es gilt der unter Politikansatz 1 angesprochene Zusammenhang zwischen Grundstückspreisen und Mietzins. Wird die Rentabilität der Kapitalanlage „Wohnungsbau" erhöht, steigt der Grundstückspreis entsprechend. Dieser Einwand gilt nicht für die Beschleunigung geplanter Bauinvestitionen durch schnellere Baugenehmigungen.

Es ist fraglich, ob sich genügend verzichtbare Schutz- und Sicherheitsbelange finden lassen, um durch ihre Preisgabe eine ins Gewicht fallende Verbilligung des Wohnungsbaus zu bewirken.

Politikansatz 4:

Das Mietrecht vermieterfreundlicher gestalten!

Das gegenwärtige deutsche Mietrecht schränkt die Verfügungsgewalt des Vermieters über sein Eigentum spürbar ein. Die Bindung der Miethöhe an das örtliche Durchschnittsniveau schränkt die Rentabilität der Kapitalanlage „Wohnungsbau" ein. Die Regelungen zum Mieterschutz hindern den Vermieter zudem. Mieterhöhungsspielräume, die der Markt bietet, wahrzunehmen. Eine Lockerung dieser Regeln würde den Wohnungsbau attraktiver machen und ankurbeln.

Einwände: Die beschränkte Verfügungsgewalt des Vermieters über sein Eigentum erhöht das Mietniveau, das als angemessen erachtet wird (ebenso, wie die Aussicht auf Wertsteigerung das „angemessene" Mietniveau senkt). Bei politisch vorgegebener Miethöhe sinkt der Grundstückspreis soweit, bis das angemessene Rentabilitätsniveau realisierbar wird. Eine Lockerung des Mietrechtes würde den Grundstückspreis steigen lassen, da die Wohnungseigentümer dann mit einer geringeren Rentabilität zufrieden wären und dementsprechend auch auf teurerem Grund bauen würden. Die Mieten würden als Reaktion auf die geringeren Rentabilitätsansprüche der Vermieter hingegen erst dann sinken, wenn kein Nachfrageüberhang nach Mietwohnraum mehr besteht.

Politikansatz 5:

Größere Sicherheit hinsichtlich des künftigen Mietrechts schaffen!

Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Verwertungsbedingungen macht eine Kapitalanlage relativ unattraktiv.
Da das Mietrecht Gegenstand der politischen Auseinandersetzung und deshalb wechselnden Mehrheiten anheimgestellt ist, verlangen Investoren einen Risikoaufschlag in Form höherer Miete. Wohnungen werden deshalb nur in dem Maße erstellt, wie sich diese Risiko-Miethöhe erzielen läßt. Mehr Sicherheit, was das Mietrecht betrifft, würde die Risikoprämie senken und die Bereitschaft erhöhen, bei vorgegebener Miethöhe in den Wohnungsbau zu investieren.

Einwand: Auch hier gilt wieder der Zusammenhang von Rentabilitätsanspruch des Investors und Grundstückspreis. Die vom Investor geforderte Risikoprämie wird bei vorgegebener Miethöhe den Grundstückspreis drücken.

Politikansatz 6:

Dafür sorgen, daß mehr Bauland ausgewiesen wird!

Wird dem Wohnungsbau mehr Grundstücksfläche angeboten, sinkt deren Preis und damit auch der Preis der erstellten Wohnungen. Die Investition in den Wohnungsbau wird dann auch bei niedrigeren Mieten rentabel. Der Effekt ist, daß auch die Nachfrage nach Wohnungen zu niedrigen Mieten dann auf ein entsprechendes Angebot stößt.

Als politische Hebel zur Bereitstellung von mehr Fläche für den Wohnungsbau kommen in Frage:

  • Ausschaltung kommunaler Widerstände per Gesetz,
  • Entlastung der Kommunen von den Erschließungskosten,
  • vermehrte Nutzung innerstädtischer Reserveflächen,
  • Verstärkung positiver und negativer Anreize zur Bebauung ausgewiesener Grundstücke (Steuern),
  • Senkung der Grunderwerbssteuer.

Die Freigabe von Grundstücken für eine dichtere und höhergeschossige Wohnbebauung sorgt insgesamt ebenfalls für eine Entknappung und damit Verbilligung von Bauland, auch wenn sie den Wert der betroffenen Grundstücke hebt.

Politikansatz 7:

Wachstumsfreundliche Wirtschaftspolitik!

Da die meisten Bauherren ihre Investition mit Krediten vorfinanzieren (müssen), ist der Preis dieser Kredite, also der Zins, ein entscheidendes Kriterium für die Fähigkeit und den Willen zu bauen. Dabei geht es um den realen Zins (Zinssatz minus Inflationsrate). Je erfolgreicher das Zusammenspiel von Geld-, Finanz- und Lohnpolitik (um die wichtigsten Faktoren zu nennen) darin ist, einen niedrigen Realzins herbeizuführen und zu halten, desto mehr wird u.a. der private Wohnungsbau begünstigt.

Generaleinwand:

Irrelevante Frage!

Den privaten Mietwohnungsbau auszuweiten, ist kein gerechtfertigtes Politikziel mehr. Es gibt keinen generellen Wohnungsmangel mehr. Der Wohnungsmarkt in seiner jetzigen Verfaßtheit ist im allgemeinen sehr wohl in der Lage, die Nachfrage nach Wohnraum zu befriedigen. Die wohnungspolitischen Probleme sind spezifischer und verlangen nach spezifischen Antworten. In diesem Zusammenhang sind zu nennen:

  • Wohnungsmangel und generell Wohnraumknappheit in einigen städtischen Ballungsräumen,

  • schwierige Wohnungsversorgung von Problemgruppen,

  • zyklisch wiederkehrender Wohnungsmangel aufgrund prozyklischer Bautätigkeit,

  • soziale Entmischung von Wohnquartieren und Herausbildung von „Armenghettos",

  • ungebremste Tendenz zu umweltfeindlichen Siedlungsstrukturen (lange Verkehrswege, Flächenverbrauch).

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999

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