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Aufgaben und Ausgaben : Perspektiven der Staatsmodernisierung ; [Vortrag im Rahmen des Gesprächskreises Strukturreform der Öffentlichen Verwaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 15. September 1997 in Bonn] / Hedda von Wedel. - [Electronic ed.]. - Bonn, [1997]. - 9 Bl. = 13 Kb, Text
Electronic ed.: Bonn: FES Library, 1999

© Friedrich-Ebert-Stiftung


INHALT




[Seite der Druckausgabe: 1]

Dr. Hedda von Wedel
Präsidentin des Bundesrechnungshofes

„Aufgaben und Ausgaben:
Perspektiven der Staatsmodernisierung"


Vortrag im Rahmen des Gesprächkreises
Strukturreform der öffentlichen Verwaltung
der Friedrich-Ebert-Stiftung am 15. September 1997 in Bonn

(Es gilt das gesprochene Wort)



Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Schlagworte wie „Staatsmodernisierung" oder „Schlanker Staat" haben gegenwärtig Hochkonjunktur. Aber die derzeitige Diskussion lebt nicht nur von Schlagworten; die Diskussionen über die angestrebten Veränderungsprozesse sind in größerem Zusammenhang zu sehen. Es geht nicht ausschließlich um die Rationalisierung innerhalb der Verwaltung. Nicht nur die Verwaltung muß an einer Reform teilhaben, sondern ebenso die politischen Ebenen von Legislative und Exekutive.

  1. Der Bundesrechnungshof beobachtet mit Interesse, daß - von der Kommunalebene ausgehend - eine Woge des Reformwillens, zum Teil sogar mit Enthusiasmus, durch die Verwaltungen geht, die vor allem das Selbstverständnis als Dienstleistungsunternehmen für die Bürger betrifft. Aber zu einem Gesamtkonzept der Staatsmodernisierung - und dieses scheint uns bei all den anerkennenswerten Teilschritten zu einer wirkungsvollen Verwaltung noch auszustehen - gehören auch eindeutige Vorgaben des politischen Bereichs an die Verwaltung. Es wäre ein Fehler, wollte man den Zusammenhang zwischen politischen Vorgaben und effektiver Verwaltung verkennen. Wenn wirksame Veränderungen eintreten sollen, müssen wir wirklich viel kritischer fragen, ob wir bei

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    dem politischen Interessenausgleich tatsächlich alle Wünsche berücksichtigen können.

    Hierzu habe ich ein paar ganz persönliche Fragen und fange sogleich ganz oben an: Liegt es im allgemeinen Interesse,

    • daß es 16 Bundesländer von sehr unterschiedlicher Bevölkerungsgröße und Wirtschaftskraft gibt,

    • daß der Bundestag erheblich mehr Abgeordnete hat als das Repräsentantenhaus der viel größeren Vereinigten Staaten von Amerika, das mit 435 auskommt,

    • daß die Bundesregierung 16 Bundesministerien zählt, obwohl ein großer Teil der Zuständigkeiten in unserem föderativen Staat bei den Ländern mit ihren Landtagen und Landesregierungen liegt?

    Die ersten beiden Fragen will ich sogleich verlassen. Mit dieser politisch sensiblen Thematik sollten sich die Länder und der Bundestag sehr ernsthaft befassen. Aber bei der Größe der Bundesregierung verbleibe ich im Prüfungsbereich des Bundesrechnungshofes.

  2. Über die Zahl der Bundesministerien sagt unsere Verfassung nichts. Der Bundeskanzler hat einen weiteren Ermessensspielraum, wie er die der Bundesregierung gestellten Aufgaben erfüllen will. Und es geht nicht darum, wie in der Öffentlichkeit häufig vermutet wird, möglichst viele Politiker mit Ministerehren zu beglücken, sondern auch darum, daß sich jeder Teilbereich unseres politischen Lebens - seien es Umwelt, Gesundheit oder Entwicklungshilfe - gern mit einem eigenen Ministerium schmückt. Doch wir sprechen von „Staatsmodernisierung" und diese verlangt eine stärkere Bündelung von Aufgaben. Dabei geht es mir nicht nur um die Einsparung von Personal durch die Zusammenlegung von Bundesministerien, sondern mehr noch um die Auswirkungen auf die Regierungsarbeit.

    Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Zur Zeit leisten wir uns den Luxus einer Vielzahl von kumulativ oder alternativ wirkenden Sozialleistungen. Alle Welt spricht von Leistungsmißbrauch und Mitnahmeeffekten, von

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    Transferdschungel und Behördendickicht. Denn für die Durchführung dieser Sozialleistungen gibt es natürlich - zumeist bei Ländern und Kommunen - auch eine Vielzahl unterschiedlicher Behörden und damit eine Zersplitterung von Zuständigkeiten.

    Auf Bundesebene ist für das Kinder- und Erziehungsgeld das BMFSFJ, für das Wohngeld das BMBau, für die Ausbildungsförderung (BAföG) das BMBF, für die Sozialhilfe das BMG, für andere Sozialleistungen das BMA verantwortlich. Ich denke, hier liegt eine Bündelung der Aufgaben und eine Straffung der Verwaltung nahe. Die Regierungsarbeit würde hiervon sicherlich nicht negativ berührt.

    Aber auch von einer wirksamen Aufgabenkritik, die eine Verringerung der Staatsaufgaben und der Staatsquote bewirkt, sind wir nach unseren Erkenntnissen noch zu weit entfernt.

  3. Noch ein Wort zu Chancen, die aus meiner Sicht noch nicht genutzt wurden.

    Grundsätzlich sollten nicht optimale und nicht besonders wirtschaftliche Planungen noch im Vorfeld, d. h. vor Vollzug und Umsetzung der Maßnahmen, korrigiert oder verworfen werden können. Ich meine z. B. den Umzug von Regierung und Parlament von Bonn nach Berlin, den ich nicht dem Grunde nach in Frage stelle. Gestatten Sie mir jedoch, zu den Planungen und Modellen einige kritische Anmerkungen zu machen.

    Dem Bundesrechnungshof ist bewußt, daß es sich bei den Entscheidungen im Jahre 1991 zur Verlagerung von Parlament und Regierung um einen schwierigen Prozeß handelte, bei dem Fragen des Interessenausgleichs zwischen den Städten Berlin und Bonn eine wichtige Rolle spielten. Angesichts der in der Zwischenzeit aufgetretenen finanziellen Engpässe aller öffentlichen Haushalte ist allerdings zu fragen, ob Korrekturen oder Anpassungen der damaligen Entscheidungen geboten sind.

    Meines Erachtens muß gesagt werden, daß das vorgesehene Kombinationsmodell in der jetzigen Form aus organisatorischer Sicht teuer ist

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    und die Arbeitsfähigkeit der Bundesregierung mindert. Beeinträchtigt sind nicht nur die sog. Bonn-Ministerien, die zukünftig einen zweiten Dienstsitz in Berlin haben, sondern auch die sog. Berlin-Ministerien, die einen zweiten - teilweise größeren - Dienstsitz in Bonn behalten. Zusätzlicher Personalbedarf, Reibungsverluste und erschwerte Zusammenarbeit lassen sich als Folgen dieses Modells bereits heute absehen.

    Ich meine, wir sollten alle Fragen noch einmal vorsichtig bedenken und den Umzug von Bonn nach Berlin auch als Chance verstehen und nutzen. Ich kann mich dabei dem Votum des Sachverständigenrates „Schlanker Staat" nur anschließen, der den Umzug als einmalige Gelegenheit zur Reorganisation der Ministerialverwaltung und Einschluß einer grundlegenden Aufgabenkritik ansieht.

    Ich will noch einige weitere Punkte nennen, bei denen wir bisherige Schwächen und Probleme angehen sollten. Dabei werde ich mich auf die Bereiche

    • Vollzugsaufwand bei Gesetzen
    • Erfolgskontrollen bei finanzwirksamen Maßnahmen
    • Organisation und Personalwesen
    • Verbesserung der monetären Steuerung staatlicher Aktivitäten

    beschränken.

  4. Größere Aufmerksamkeit müssen wir künftig dem Aufwand für den Vollzug von Gesetzen widmen. Nur so lassen sich aufwendige Verfahren vermeiden, die Verwaltung und Bürger oft unnötig stark belasten. Hierzu ist es erforderlich, den voraussichtlichen Vollzugsaufwand und die weiteren Belastungen der öffentlichen Haushalte und anderer betroffener Stellen bereits vor Verabschiedung von Gesetzgebungsmaßnahmen möglichst exakt zu ermitteln. Hier möchte ich die Initiativen zur Gesetzesfolgekostenabschätzung ausdrücklich unterstützen.

    Lassen Sie mich dazu ein Beispiel aus einer Prüfung nennen, die wir vor einiger Zeit durchgeführt haben. Bei der Erhebung der sog. Fehlbelegungsabgabe bei Bundesdarlehenswohnungen haben wir festgestellt,

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    daß durchschnittlich rd. 30 v. H. der Einnahmen für den Verwaltungsaufwand verbraucht werden. Der Grund hierfür liegt insbesondere in einem aufwendigen Erhebungsverfahren, das betroffene Bürger und Verwaltung erheblich belastet, teilweise sogar überfordert. Hinzu kommt, das haben wir auch festgestellt, daß trotz dieses aufwendigen Verfahrens der Gesetzeszweck noch nicht einmal erreicht werden kann. Es gelingt nämlich nicht, ungerechtfertigte Subventionsvorteile möglichst flächendeckend und vollständig abzuschöpfen.

    Auch angesichts dieses Beispieles meine ich, daß wir Gesetzesfolgekosten - insbesondere auch dem Vollzugsaufwand - eine größere Bedeutung als bisher schenken müssen. Dabei bin ich mir bewußt, daß durch einfachere und pauschalere Verfahren und gesetzliche Regelungen teilweise die derzeit angestrebte weitgehende Einzelfallgerechtigkeit nicht mehr immer erreicht werden kann.

  5. Ein weiteres bedeutsames Thema sind Erfolgskontrollen.

    Der Bundesrechnungshof hat häufig festgestellt, daß es nach Abschluß von Programmen oder größeren finanziellen Maßnahmen als Erfolg gewertet wird, daß die Mittel vollständig abgeflossen sind und - ggf. - die entsprechenden Verwendungsnachweise vorliegen. Die in den Haushaltsordnungen und den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften geforderte Erfolgskontrolle, die in einem systematischen Verfahren die Frage prüft, ob und in welchem Ausmaß die Maßnahme die angestrebten Ziele erreicht hat, ob sie ursächlich für die Zielerreichung und auch wirtschaftlich war, gibt es nur in sehr wenigen Bereichen und dazu in noch sehr unterschiedlicher Qualität.

    Meist fehlte es schon an den Voraussetzungen der Erfolgskontrolle. Bereits die Planungsvoraussetzungen für finanzwirksame Maßnahmen des Bundes waren unzureichend; insbesondere wurden Ziele entweder überhaupt nicht oder nur so unbestimmt angegeben, daß Zielerreichungskontrollen nur schwer möglich oder ausgeschlossen waren. Es bleibt zu hoffen, daß die vom Bundesministerium der Finanzen unter unserer Mitwirkung herausgegebenen neuen Vorschriften und Arbeitshilfen dazu beitragen, daß Erfolgskontrollen mehr als bisher und zwar unter Einschluß des gesamten Subventionsbereiches durchge

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    führt werden. Dies setzt voraus, daß sich das Parlament und die Leitungsebene in den Ressorts zur Notwendigkeit der Erfolgskontrolle bekennen.

    Ich möchte zu dieser Thematik noch sagen, daß es kaum hinnehmbar ist, im Verwaltungsbereich z. B. bei der Ablauf- und Aufbauorganisation alle denkbaren Optimierungen zu erwägen und auch durchzuführen und dort, wo es im allgemeinen um respektable Geldmengen geht, sich mit dem Erfolgsmaßstab zufrieden zu geben, daß alle Mittel möglichst termingerecht abgeschlossen sind. Gestatten Sie mir in diesem Zusammenhang noch ein paar kritische Worte zu der Finanzierung von Gemeinschaftsaufgaben nach Art. 91 a GG in Form der sog. Mischfinanzierung von Bund und Ländern.

    Der Bundesrechnungshof befaßt sich gegenwärtig in einer querschnittlichen Untersuchung mit den Fragen und Problemen der Mischfinanzierung bei den Gemeinschaftsaufgaben. Unsere bisherigen Erkenntnisse bestätigen dabei die von vielen Stellen geäußerte Kritik an der Finanzierung solcher Maßnahmen. Mischfinanzierungen sind Quellen erheblicher Bürokratie und erschweren die Zuordnung eindeutiger Verantwortlichkeiten. Sie verhindern eine klare Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern, tragen dem Subsidiaritätsprinzip nicht ausreichend Rechnung und können Verteilungs- und Subventionswettläufe zwischen den Ländern fördern. Bei der Diskussion über die Vereinfachung von Verwaltungsstrukturen gehören die vielfältigen Formen von Mischfinanzierungen auf den Prüfstand.

  6. Den Aspekt der verwaltungsinternen Organisationsoptimierung und der damit verbundenen Fragen der Personalstruktur will ich nur ganz kurz ansprechen. Hier gibt es nicht nur innerhalb der jeweiligen Behörden, sondern auch bei mehrstufigen Verwaltungen Straffungsmöglichkeiten,
    z. B. bei der Bundesanstalt für Arbeit. Wir stellen auch immer wieder fest, daß die Behörden ihren Personalbedarf und ihre Organisation trotz erheblich zurückgehender Aufgaben nicht anpassen. Bedauerlich ist insbesondere, daß Behörden nur auf äußeren und massiven Druck hin bereit sind, erforderliche Anpassungen durchzuführen. In diesem Zusammenhang führt der Bundesrechnungshof querschnittsmäßige „Bench-Marking-Untersuchungen" durch. Bei diesen Prüfungen werden

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    zwischen einzelnen Behörden vergleichbare Tätigkeiten erfaßt, Kennzahlen ermittelt und so die Mitarbeiterproduktivität gemessen, z. B. Anzahl der bearbeiteten Reisekostenanträge pro Mitarbeiter. Anschließend wird eine Rangliste der Behörden erstellt. So können wir sehen, wo die jeweilige Behörde bei der jeweiligen Aufgabenbewältigung rangiert. Und die Behörde weiß es auch. Dieses Verfahren kann zwar keinen marktmäßigen Wettbewerb ersetzen, doch es schafft Transparenz, fördert das Konkurrenzdenken und ist im Ergebnis ein weiterer Ansatz zur Verbesserung der Organisation und des Personaleinsatzes.

  7. Ein anderer wichtiger Punkt, die monetäre Steuerung der Staatsaktivitäten mit dem als „kameralistisch" bezeichneten Haushaltssystem, steht derzeit auf dem Prüfstand.

    Ausgehend von den Gemeinden und Ländern gibt es derzeit zahlreiche Ansätze, über flexiblere Haushaltsverfahren und Controlling eine stärkere betriebswirtschaftliche Orientierung der öffentlichen Verwaltung zu erreichen. Ein internes Rechnungswesen, das betriebswirtschaftliche Daten und Kennzahlen liefert, darf aber nicht Selbstzweck sein: neben der Schaffung von Kostentransparenz muß es auch Grundlage für eine an der Leistung orientierte Steuerung durch Behördenleiter und „Produktverantwortliche" sein. Wenn dieses Ziel nicht erreicht wird, lohnt der Aufwand nicht.

    Auch der Bund hat Pilotanwendungen auf diesen Feldern vorzuweisen. Ich will deshalb für den Bund nur beispielhaft die Pilotprojekte zur Einführung von Controllingverfahren und Kosten- und Leistungsrechnungen im Auswärtigen Amt, im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, im Kraftfahrtbundesamt und bei der Stiftung Wissenschaft und Politik nennen. Interessant sind auch die Modelle bei der Bundeswehr zur Kosten- und Leistungsverantwortung, z.B. auch für einen rein militärischen Bereich wie ein Jagdbombergeschwader.

    Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen wurden im Bundeshaushalt 1998 die Verwaltungsausgaben in die Flexibilisierung einbezogen; d. h. die sachliche und zeitliche Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln wurde ausgedehnt. Dies betrifft einen Umfang von rd. 6 v. H. des Bundeshaushalts. Finanziell und politisch bedeutsame Programmhaushal

    [Seite der Druckausgabe: 8]

    te, z. B. Leistungsgesetze, Förderprogramme, militärische Beschaffungen oder Subventionen und damit der ganz überwiegende Teil des Bundeshaushalts, die eine intensive politische Steuerung und Kontrolle erfordern, sind von den Flexibilisierungsmaßnahmen nicht betroffen.

    Insgesamt müssen wir deutlich machen, daß sich nicht nur die Rolle der Verwaltung, sondern auch die der Politik verändern muß, wenn moderne Systeme und Verfahren wirklich greifen sollen. So denke ich, wird man zunehmend davon Abschied nehmen müssen, die Verwaltung über die Mittelzuweisung im Rahmen der sehr fein gegliederten Titelstruktur bei den Sachausgaben zu „übersteuern". Die Verwaltung kann hier sicherlich mehr Freiheitsgrade erhalten und auch vertragen, ohne daß gleich die parlamentarischen Kontrollrechte ausgehebelt würden. Man wird sich aber im Gegenzug stärker um die Effektivität der Programme und Fachaufgaben kümmern müssen. So liegt z. B. im Umwelt- und Forschungsbereich teilweise eine „Untersteuerung" vor. Ich meine damit, daß die politischen Zielsetzungen, Konturen und Anforderungen nicht immer genügend deutlich werden. Kurz: hier hat die Verwaltung in einigen Bereichen zu viele Freiheiten und zu wenig zielführende Weisungen.

    Um die Über- und Untersteuerungen der Verwaltung im herkömmlichen Haushaltsverfahren zu beseitigen, sind neue und weitergehende Ansätze notwendig. Die Entwicklung wird dabei dahin gehen müssen, daß das Parlament über das jeweilige Haushaltsgesetz stärker Ziele und Vorgaben setzt und durch eine wirksame Zielerreichungskontrolle sicherstellt, daß diese Vorgaben wirksam umgesetzt werden. Hierfür sind für das Parlament neue Informationssysteme erforderlich. Ob dabei betriebswirtschaftliche Controlling- und Managementverfahren allein ausreichen oder ob es ergänzender Informationen bedarf, wird noch zu bestimmen sein. Die Suche danach hat begonnen. Wir verfolgen die derzeit geführten Diskussionen und unterstützen die gegenwärtig laufenden Maßnahmen. Einen ersten Eindruck darf ich bereits schildern: die größten Defizite bestehen noch bei der Bewertung des Outputs, das heißt bei den Zielvorgaben und der Überprüfung der Zielerreichung.

    Eines will ich an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit sagen. Es wäre illusionär anzunehmen, betriebswirtschaftliche Managementverfahren al-

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    lein würden ausreichen, um dem Staat die erforderlichen finanziellen Handlungsspielräume und -möglichkeiten zu verleihen. Eine gründliche und sorgfältige Aufgabenkritik, organisatorische Straffungen und Verbesserungen auf der Grundlage einer größeren Kostentransparenz und verläßlicherer Daten sind dabei unabdingbar. Wenn wir nicht in der Lage sein werden, die ggf. auch schmerzhaften Konsequenzen aus diesen Informationssystemen umzusetzen, verursachen sie nur Kosten, mehr Bürokratie und Papier sowie letztlich neue Frustrationen.

    Abschließend kann ich folgendes feststellen:

    Es mangelt nicht an Problem- und Zustandsanalysen und es mangelt auch nicht an Reformvorschlägen. Ich sehe ein anderes Problem: die praktische Umsetzung und Durchführung von Reformvorhaben. Noch fehlt z.B. eine praktische umsetzbare Aufgabenkritik, die festlegt, was der Staat in Zukunft weiterhin zwingend selbst machen muß und welche Aufgaben privatisiert werden können. Privatisierung kann aber kein Selbstzweck sein. Sie setzt einen funktionsfähigen Wettbewerb voraus, der spürbare Vorteile für den Bürger bringt und den Staatshaushalt tatsächlich wirksam entlastet.

    Als Bundesrechnungshof betrachten wir nicht nur solche Überlegungen, sondern begleiten die verschiedenen Maßnahmen zur Staatsmodernisierung konstruktiv und versuchen, unsere Vorschläge einzubringen. Aber die Zukunft läßt sich nur gewinnen, wenn Veränderungsprozesse mit möglichst vielen Kräften zielgerichtet angegangen werden.


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