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Stabilitätswahrung und sicherheitspolitische Risiken

Wenn zentralasiatische Staaten ihre Stabilitätsprobleme identifizieren, kommt ein Sicherheitsbegriff zum Vorschein, der weit über den militärischen Bereich hinausgeht und dem entspricht, was im Westen als "comprehensive security" bezeichnet wird. Er schließt die ökologische Sicherheit ebenso ein wie Probleme der Staatsbildung, demographische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung. Die nachsowjetischen Sicherheitsdoktrinen sehen nationale und regionale Sicherheit nicht von einzelnen Staaten oder Staatenblöcken bedroht, obwohl Großmächte wie Rußland und China zweifellos das Sicherheitsgefühl der neuen Staaten tangieren. Sicherheitsrisiken gehen vielmehr von Regionalkonflikten wie dem tadschikischen und dem afghanischen, von interethnischen Spannungen und sozialökonomischen Krisen aus. Auf internationalen Konferenzen wurden in letzter Zeit Themen wie unkontrollierte Migration und grenzüberschreitende Kriminalität (Drogenhandel) unter den Faktoren hervorgehoben, die die Stabilität in der südlichen GUS beeinflussen. Seit längerem ist auch Ökologie ein Brennpunkt internationaler Konferenzen über Sicherheitsfragen der Region.

Manchmal sind die Angaben der Bedrohungsfaktoren durch die lokalen sicherheitspolitischen Eliten dazu bestimmt, den Herrschaftsstil ihrer Regierungen und Präsidenten zu legitimieren. So wurde in Usbekistan Opposition und Kritik an der Regierung gern mit Extremismus gleichgesetzt. Der "islamische Fundamentalismus" und die Bedrohung der ethnopolitischen Stabilität durch nationalistische Kräfte wurden besonders genannt, wenn die Beschränkung politischer Grundrechte und die Stärkung der exekutiven Gewalt gerechtfertigt werden sollte. Westliche Analytiker haben hier die Aufgabe, zwischen Legitimationsbehauptungen und der objektiven Darstellung von Sicherheitsproblemen zu unterscheiden.

Von welchen Faktoren hängt Stabilität in Zentralasien ab? Die sicherheitspolitischen Probleme unterscheiden sich natürlich von Land zu Land. So ist zum Beispiel die Notwendigkeit, ethnopolitische Stabilität zu sichern und Konflikten zwischen Volksgruppen vorzubeugen, für Kasachstan mit seiner nicht-kasachischen Bevölkerungshälfte zwingender als für die ethnisch weit homogeneren Länder Turkmenistan und Usbekistan. Es gibt jedoch Gemeinsamkeiten: In allen Ländern wird die Bedeutung der Wirtschaftsentwicklung für die Stabilisierung von Staat und Gesellschaft betont. In Tadschikistan ist es umgekehrt: Dort muß erst einmal ein Minimum an politischer Struktur und Stabilität erlangt werden, damit Wirtschaftsentwicklung überhaupt möglich wird.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 1999

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