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Restgröße Arbeitslosigkeit

Die industrielle Restrukturierung aufgrund des erhöhten Wettbewerbsdrucks schlägt sich verschärft am Arbeitsmarkt nieder. Denn die Unternehmen reagieren auf diesen zuallererst mit Rationalisierungen, Automatisierung und Auslagerungen von Produktionsprozessen. Die Informalisierung des brasilianischen Arbeitsmarktes, auch innerhalb der industriellen Kernbereiche, hat sich extrem beschleunigt; nach Schätzungen arbeiten inzwischen weit über die Hälfte aller Arbeitnehmer ohne Arbeitsvertrag und formale soziale Absicherung; zu Anfang der 90er Jahre belief sich ihr Anteil erst auf etwa 40 Prozent.

Ob nun die Arbeitslosigkeit gestiegen sei oder nicht, darüber herrscht zwischen Regierung und Gewerkschaften ein erbitterter Streit, der über Meßmethoden weit hinausgeht: Während gewerkschaftsnahe Forschungsinstitute im industriellen Kerngebiet in und um São Paulo ein Hochschnellen der Arbeitslosenrate auf über 16 Prozent vermerken, mißt das staatliche Institut in derselben Region gerade einmal 6 Prozent. Sicher ist jedoch, daß - bei insgesamt 7 Millionen Beschäftigten in der Region - allein in der Industrie etwa 800.000 Arbeitsplätze vernichtet wurden, was bei weitem nicht vollständig von neuen Arbeitsplätzen im Dienstleistungssektor aufgefangen werden konnte.

Die jüngst ergriffene Austeritätspolitik verschärft diesen Trend ganz offensichtlich noch einmal. Allein im Dezember 1997 fanden 27.000 Entlassungen statt, die nun allerdings über die Industrie hinaus vor allem im Dienstleistungssektor konzentriert waren. Selbst wenn die Regierung Cardoso eine breit angelegte, intensive Sozialpolitik betreiben würde - was sie nicht tut, und wofür der Spielraum aufgrund des öffentlichen Sparprogramms noch einmal geringer geworden ist -, könnte sie damit nicht diesen massiven Tendenzen der Informalisierung und damit der Vertiefung der ökonomischen und sozialen Ungleichheiten entgegenwirken. Die extrem großen sozialen Probleme des Landes werden von einer solchen Wirtschaftspolitik weiterhin an den Rand gedrängt - und bleiben ungelöst.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 1999

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