FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:




Page Top

[Essentials]

  • Unter Ministerpräsident Netanjahu hat sich die Polarisierung und Zerissenheit der israelischen Gesellschaft entlang religiös-ethnischer Linien noch verschärft. In Verbindung mit der zunehmenden wirtschaftlichen Verschlechterung, die zu einem Wiederaufleben der sozialen Frage geführt hat, sind die Auswirkungen auf den Friedensprozeß unübersehbar: ohne inneren Frieden kein äußerer Frieden.
  • Die einstigen Säulen des zionistischen Gemeinwesens sind zerstört, wie der früher mächtige Gewerkschaftsverband Histadrut, oder angeschlagen, wie die israelische Armee. Die Erosion der zentralen säkularen Institutionen des Staates ist auf die mit dem Friedensprozeß einhergehende Öffnung der israelischen Gesellschaft zurückzuführen. Zudem werden die wankenden Bastionen des bisher dominierenden Zionismus von der nationalistischen Rechten und den religiösen Kräften in die Zange genommen.
  • Die Grenzen der Kompromißbereitschaft Israels im Friedensprozeß sind klar: ein großes und vereinigtes Jerusalem, keine Rückkehr zu den Grenzen des Waffenstillstands von 1967, keine moderne Armee westlich des Jordan-Flusses und eine Mehrheit der jüdischen Siedler – nicht unbedingt der jüdischen Siedlungen – unter israelischer Souveränität. Klar ist auch, daß keine palästinensische Führung einen Staat in Form eines Flickenteppichs und mit nur minimalen Souveränitätsrechten akzeptieren kann.
  • Entscheidend bleibt, ob es einen Staat für die Palästinenser geben und welche Grenzen und Befugnisse er haben wird. Erst danach werden Fragen wie der Status von Jerusalem, die Flüchtlingsproblematik, die Zukunft der jüdischen Siedlungen und die Wasserverteilung zu regeln sein. An der Faustformel, wonach ein Maximum der jüdischen Siedler bei Israel und ein Maximum des Territoriums der Westbank beim zukünftigen palästinensischen Staat verbleiben soll, wird wohl keine zukünftige Friedensregelung vorbeikommen.
  • Ägypten, Jordanien und Länder wie Marokko, Tunesien, Mauretanien usw. wissen, daß es für sie keine Alternative zum Frieden mit Israel gibt, weil sie schon mit ihren inneren Problemen nicht fertig werden und weil das dringend benötigte ausländische Kapital nur dann in die Region kommt, wenn Stabilität zu erwarten ist.
  • Öffentlich verurteilt die USA die Blockadepolitik der Regierung Netanjahu, im sicherheitspolitischen Bereich arbeitet man hingegen eng zusammen. Ihre natürliche Allianz basiert auf folgenden Interessen: Eindämmung der aggressiven Staaten der Region (wie Iran, Syrien und Irak) und Schutz der gemäßigten, pro-westlichen Regime (Ägypten, Golfstaaten) vor äußerer Aggression und islamistischer Unterminierung im Inneren; Zurückweisung der Einmischung anderer Staaten (Rußland, China, Frankreich) in die Region


Page Top

Das Wichtigste auf einen Blick

Im fünfzigsten Jahr seiner Existenz wird Israel von einer Regierung geführt, deren Kurs nach den Worten des Anfang Januar zurückgetretenen Außenministers Levy „einem Flug nach nirgendwo" gleicht.

Unter Ministerpräsident Netanjahu hat sich die Polarisierung und Zerissenheit der israelischen Gesellschaft entlang religiös-ethnischer Linien noch verschärft. In Verbindung mit der zunehmenden wirtschaftlichen Verschlechterung, die zu einem Wiederaufleben der sozialen Frage geführt hat, sind die Auswirkungen auf den Friedensprozeß unübersehbar: ohne inneren Frieden kein äußerer Frieden. Diese Binsenweisheit trifft auf die gegenwärtige Situation um so mehr zu, als die Regierung Netanjahu bei jedem Schritt in Richtung Erfüllung der Oslo-Verträge von den Hardlinern in den eigenen Reihen gebremst und sogar mit dem Sturz bedroht wird.

Mit dem Rückzug von Levy´s Gesher-Fraktion aus der Regierung ist deren Mehrheit auf 61 von 120 Sitzen gesunken (wozu fallweise zwei Stimmen der rechtsextremen Moledet-Partei kommen). Neuwahlen in diesem Jahr sind damit wahrscheinlicher geworden, zumal Netanjahu immer stärker in die Zwickmühle zwischen amerikanischem Druck und innerer Lähmung gerät. Doch gilt für ihn, der schon viele Krisen überlebt hat, der Satz, wonach Totgeglaubte länger leben.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 1999

TOC Next Page