Sozialistische Mitteilungen
News for German Socialists in England

3. 12. 1939


This newsletter is published for the information of Social Democratic refugees from Germany who are opposing dictatorship of any kind.

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Der feige und brutale Ueberfall der Roten Armee Stalins auf Finnland, der am Donnerstag[1] mit der Bombardierung der finnischen Hauptstadt Helsinki, der Ueberschreitung der finnisch-russischen Grenze an drei Stellen, der Besetzung des Eismeerhafens Petsamo und Flottenangriffen auf die finnischen Inseln im Golf von Kronstadt begann, hat die Entruestung der ganzen Welt mit Ausnahme der kommunistischen Presse und der Presse des mit Stalin verbuendeten Hitler-Regimes hervorgerufen. Dank dem tapferen Widerstand der kleinen finnischen Armee, die sich gegen die ungeheure Uebermacht der Roten Armee zur Wehr gesetzt hat und dabei Petsamo zurueckerobern und auch an anderen Stellen den Eindringlingen Verluste beibringen konnte, ist der Ueberfall vorlaeufig noch nicht zum Ziele gelangt, das - wie die Einsetzung einer bolschewistischen "Regierung" in dem finnischen Grenzdorf Terioki[2] zeigt - die Unterwerfung Finnlands unter die Herrschaft Moskaus ist.

Wir bringen nachstehend einen Ueberblick ueber Pressestimmen aus verschiedenen Laendern zum Ueberfall auf Finnland.

Der sozialistische "Daily Herald" (London) schrieb im gestrigen Leitartikel unter der Ueberschrift: "Brutaler Krieg" u. a.: "Der brutale Angriff der Truppen Stalins auf das finnische Volk dauert an ... Der Ruecktritt der finnischen Regierung, den Stalin forderte, hat bis jetzt nicht das Aufhoeren des russischen Angriffes zur Folge gehabt, obwohl die neuen Minister verhandlungsbereit sind. Aber es ist unwahrscheinlich, dass irgendwelche Verhandlungsangebote den russischen Diktator befriedigen werden. Eine gegnerische Scheinregierung, die in allem ausser in ihrem Namen russisch ist, ist eingesetzt worden und erhebt den Anspruch, im Namen des finnischen Volkes zu sprechen. Die Taktik des Hitlerismus wird vollkommen nachgeahmt, ebenso wie die Moral des Hitlerismus, die zu bekaempfen sich Russland einst bereit erklaerte. Kein Mitleid, keine Ruecksicht auf die internationale Meinung, kein Respekt fuer internationales Recht schreckt jetzt den Diktator Stalin irgendwie mehr ab als den Diktator Hitler."

Das liberale Londoner Abendblatt "Star"[3] schrieb in seinem gestrigen Leitartikel u.a.:"Der Ruf an die Arbeiter der Welt, sich zu vereinigen, wird sie wahrscheinlich gegen das sogenannte marxistische Experiment in Russland vereinigen ... Kein Wunder, dass jene, die versucht haben, in Russland die Morgenroete einer neuen Zeit zu sehen, bitter enttaeuscht sind - oder sich dialektisch verrenken, um irgendeine Rechtfertigung fuer die Kampagne zu finden, die Russland auf das Niveau der uebelsten imperialistischen Macht herabzieht."

Der gestrige "Daily Telegraph" sagt in seinem Leitartikel "Empoerung des Weltgewissens" u.a.: "Das tapfere kleine Finnland liegt blutend unter dem wilden Angriff der Stalinschen Bombenflugzeuge und Schiffsgeschuetze ... Wie Praesident Roosevelt in der Protestnote erklaerte, die er an die Regierenden der Welt gesandt hat: 'Dies brutale Bombardement hat das Herz jedes zivilisierten Menschen mit Schmerz erfuellt und das Gewissen der Menschheit tief empoert.' Doch brutales Bombardement ist die einzige Antwort, die der Kreml auf das Angebot des amerikanischen Praesidenten, der zur Friedenserhaltung seine Dienste anbot, fuer noetig gehalten hat."

Der kommunistische "Daily Worker"[4] aber erklaerte stolz: "Der Kampf, den Chamberlain in Nordeuropa fabriziert hat, mit Hilfe der finnischen Scheinregierung, hat begonnen. Die Rote Armee und Flotte sind in Aktion. Die Hoffnungen aller Arbeiter und Sozialisten in allen Laendern sind mit der Roten Armee vereint."

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Die amerikanische Presse ist in der Beurteilung des Ueberfalls auf Finnland einig. So schreibt die "Washington Post"[5]: "Es gibt einen Trost bei der russischen Invasion Finnlands. Jetzt wenigstens ist der wahre Charakter des Sowjetregimes endlich enthuellt, so dass ihn alle erkennen koennen. Wie Russland die deutsche Eroberung Polens guthiess, so hat Deutschland zweifellos im voraus der russischen Kampagne gegen Skandinavien zugestimmt." Der "Evening Star"[6] schreibt: "Mehr noch als die finnische Unabhaengigkeit wird von den Sowjetlegionen zerstoert. Sie zerschmettern alle Illusionen ueber die Wesensart des Kommunismus." Die "New York Post"[7] schreibt: "Stalin tritt aus einer gemalten Kulisse als gemeiner Despot hervor, als Blutsbruder jenes Eroberers, als Hitlers Zwillingsbruder."

Besonders gross ist die Erbitterung in den skandinavischen Laendern. So schreibt die norwegische Zeitung "Dagbladet"[8] "Sowjetrussland hat jetzt die letzten Ueberreste ideologischer Bedenken abgeworfen und alle kommunistischen Phrasen von Frieden und Freiheit auf den Schutthaufen geworfen. Die Welt sieht klar, dass nackte Gewalt die ganze bolschewistische Ideologie ersetzt hat." Und die norwegische Zeitung "Tidens Tegn"[9] sagt: "Nichts kommt der Brutalitaet der Sowjetfuehrer gleich. Es ist die schlimmste Art der Brutalitaet, an einem Tage die finnischen Arbeiter zu umwerben und sie am naechsten zu bombardieren, um Leningrad zu schuetzen." Der Stockholmer "Socialdemokraten"[10] stellt fest: "Die Sowjets liefern ein Plagiat der von Deutschland gegen Oesterreich, die Tschechoslowakei und Polen angewandten Prozesse. Es ist schwer, noch die Illusionen ueber die Friedens- und Gerechtigkeitsgefuehle Moskaus aufrechtzuerhalten, nachdem Russland sich mit dem imperialistischen Nazismus verbuendet hat und die Anschlaege gegen die Unabhaengigkeit der baltischen Staaten beging."

In den "Sozialistischen Mitteilungen" vom 16. November haben wir auf die aufopfernde Rolle hingewiesen, die der finnische Sozialdemokrat Tanner, damals Finanzminister, bei den Verhandlungen mit Stalin gespielt hat, dem er einst in der Zarenzeit das Leben gerettet hatte. Als die bisherige finnische Regierung zuruecktrat, weil Stalin das als Bedingung fuer eine friedliche Beilegung des Konflikts bezeichnet hatte, bildete der finnische Nationalbankgouverneur Ryti[11] ein neues Kabinett, in dem Tanner das Aussenministerium uebernahm. Die Antwort aus Moskau war eine Rede Molotows, in der er Tanner beschuldigte, bei den Verhandlungen in Moskau eine sowjetfeindliche Rolle gespielt zu haben. Molotow erklaerte, mit dem buergerlichen finnischen Unterhaendler Paasikivi[12] haette man zu einer Verstaendigung kommen koennen, nicht aber mit Tanner. Auf Grund dieser Beschuldigung lehnte Molotow Verhandlungen mit der neuen finnischen Regierung ab. Und das Morden geht weiter ...

In Fortsetzung unserer Mitteilungen vom 17. Oktober und 5. November weisen wir darauf hin, dass 16 von den Fluechtlingen, die sich in Wilna aufhielten und schon vorher schwedische Visa besessen hatten, Aufnahme in Schweden finden werden. Fuer etwa vierzig andere Fluechtlinge in Wilna ist um das schwedische Visum nachgesucht worden. Wie wir aus Stockholm erfahren, haben sich Fluechtlinge gemeldet, die sich in Lemberg aufhalten, das jetzt von Sowjettruppen besetzt ist. Diese Fluechtlinge haben ebenfalls um Aufnahme in Schweden gebeten, da sie in Gefahr schweben, von den Sowjetbehoerden an Hitler-Deutschland ausgeliefert zu werden. Die gleiche Gefahr droht auch den Fluechtlingen in dem von den Russen an Litauen zurueckgegebenen Wilna.

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Oswald Garrison Villard[13], ein in Deutschland geborener amerikanischer Journalist, hat nach einer vierwoechigen Reise durch Deutschland und die Tschechoslowakei eine Artikelserie im Londoner "Daily Telegraph" veroeffentlicht und ueber seine Eindruecke auch in der Londoner deutschen Sendung gesprochen. Villard begann seine Artikelserie mit der Feststellung, dass das deutsche Volk einen deprimierten und ungluecklichen Eindruck macht und die Zukunft mit tiefer Entmutigung betrachtet. "Natuerlich sind sie alle patriotisch, und die mittleren und oberen Klassen haben sich etwas mehr um Hitler geschart infolge der Aufrufe, national zu sein und dem Feinde eine Einheitsfront entgegenzustellen. Die versuchte Ermordung des Fuehrers hat ihm zweifellos Sympathien gewonnen. Aber ich bin ueberzeugt, dass es bei weitem keine Einheitsfront gibt. Jedesmal, wenn ich mit Arbeitern in Beruehrung kam, fand ich, mit einer einzigen Ausnahme, Unzufriedenheit, Gegnerschaft gegen die Regierung, mit einer Offenheit ausgedrueckt, die erstaunlich war." Villard berichtet weiter, dass in Beamten- und Offizierskreisen Besorgnisse ueber die Konsequenzen des Sowjetpaktes bestehen. Villard warnt aber davor, einen baldigen Zusammenbruch des Dritten Reiches zu erwarten. Ueber die Ernaehrungslage schreibt er:" Ich habe nicht eine Person getroffen, ob Nazi, erbitterter Anti-Nazi oder in der Mitte, die nicht sicher war, dass die Deutschen zwei Jahre oder laenger aushalten koennten, und das war auch die Meinung amerikanischer und anderer neutraler Beobachter." Ueber Hitlers Kriegsplaene schreibt Villard, dass ein Grossangriff gegen England und das Empire fuer den Mai geplant sei, dass aber Hitler offenbar noch immer hoffe, eine Moeglichkeit zu finden, vorher zu einem Frieden zu kommen. Besonderen Eindruck hat auf Villard das offene Hintreiben des Hitler-Regimes zum Bolschewismus gemacht. "Die Russen und Nazi-Deutschland moechten und werden zusammenkommen. Oekonomen haben laengst dargelegt, dass die Zwielicht-Zone zwischen diesen beiden totalitaeren Regimen staendig im Schwinden ist. Beide Systeme glichen einander vom Beginn in ihrem Blutdurst, der krassen Brutalitaet ihrer Gewalt und ihrer extremen Ruecksichtslosigkeit. Jetzt, da die russische Aussenpolitik genau so unmoralisch, moerderisch und anti-sozial wie die Hitler-Deutschlands geworden ist, wird ihre Aehnlichkeit immer auffallender ... Darueber hinaus hat sich die deutsche Menschheit[14] gewandelt. Der Proletarisierungsprozess war offen am Werke, als ich 1931 zuletzt in Berlin war. Jetzt aber sagte ich immer wieder, als ich durch die Strassen ging: 'Das ist Russland, und nicht Berlin!' Die Schaebigkeit der Kleider, die Duesterkeit des Lebens, die hohen Stiefel, die so viele Frauen tragen, die bleiche ungesunde Farbe und die duestere Stimmung der Massen." Der Durchschnittsdeutsche, schreibt Villard, ist von der Wendung der Nazis zum Kommunismus erschreckt, die Geschaeftsleute und Industriellen sind von Furcht besessen, die Kommunisten sind aus den Konzentrationslagern entlassen, und man spricht davon, dass sie bald wieder oeffentliche Versammlungen werden abhalten duerfen und dass kommunistische Literatur wieder offen verkauft werden wird. Villard berichtet weiter ueber die Uneinigkeiten in der Nazi-Fuehrung hinsichtlich der weiteren Kriegsfuehrung und der Wirtschaftsmassnahmen. Die Brueche im Regime sind gross und offenkundig, aber nach Villards Meinung hat Hitler persoenlich noch immer eine grosse Popularitaet. Teils bewundert man seinen Mut, teils seine Rednergabe, teils sein einfaches Leben, teils seine Erfolge, und diese vor allem. "Die Pruefung wird kommen, wenn die Dinge schief gehen, wenn die Unruhe und Unzufriedenheit staendig [steigen], wenn das Sehnen nach dem Frieden laut wird, zu Hause und an der Front. Wenn ein moralischer Zusammenbruch kommt, wird es Hitler sehr schwer sein, einen Suendenbock zu finden." Villard erwaehnt Thyssens[15] Flucht als vielsagendes Anzeichen, aber er fuegt hinzu, dass die meisten anderen Industrie- und Geschaeftsleute nicht den Mut zum Entschluss haben. Am Ende seiner Artikelserie empfiehlt Villard, dem deutschen Volke positive Kriegsziele vorzuhalten und nicht nur Angriffe auf

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Hitler zu richten. Die meisten Deutschen waeren mit einer Raeumung Polens und der Tschechoslowakei grundsaetzlich einverstanden. - In einem der Artikel gab Villard ein Bild von den Prager Zusammenstoessen am 28. Oktober und stellte die Schuld der provozierenden SA-Leute am Blutvergiessen fest.

Da vielfach, so auch in England, von gewissen Kreisen der Versuch gemacht wird, den "Deutschen Freiheitssender"[16] auf das Konto bestimmter Parteien oder Verbaende zu buchen, geben wir die folgenden Saetze aus einer vom Freiheitssender mehrfach abgegebenen Erklaerung wieder: "Wir sind keine Kommunisten, wir sind keine Sozialisten, wir sind nicht die Deutsche Freiheitspartei[17], wir haben nichts mit Otto Strasser und seiner 'Schwarzen Front'[18] zu tun. ... Keine Gruppe hat deshalb das Recht, uns im Inland oder Ausland fuer sich zu reklamieren ... Wir haben weder die Kommunisten noch Otto Strasser, weder Max Sievers[19] noch eine uns unbekannte Unabhaengige Deutsche Arbeiterpartei[20] beauftragt, fuer uns zu sammeln, und wir haben niemals von einer dieser Gruppen eine Mark oder auch nur einen Groschen Unterstuetzung erhalten. ... Wenn in London oder in Amsterdam, in Zuerich oder Stockholm [...] Unbekannte Geld sammeln, mit der falschen Vorspiegelung, es sei fuer den illegalen deutschen Sender, so schwindeln sie und betruegen gutglaeubige Menschen."

der erste Reichskanzler der ersten deutschen Republik ist am 30. November im Exil bei seinen daenischen Freunden in Kopenhagen gestorben.[21] Er war ein Kind von Arbeitereltern, einfach und schlicht erzogen, dann Handwerkslehrling, Funktionaer einer Buchdruckergewerkschaft, dann Redakteur, seit 1903 [Abgeordneter des Reichstags], dessen erster Vizepraesident er mehrere Jahre war. Scheidemann war einer der besten Redner des Reichstags. Die deutsche Sozialdemokratie trug viele Jahre die Wesenszuege dieses Mannes, der scharfe Worte im Kampf gegen rechts, im Kampf fuer einen Verstaendigungsfrieden waehrend des Weltkrieges und im Kampf der deutschen Sozialdemokratie gegen die Verantwortlichen des Kapp-Putsches praegte. Als die empoerten Volksmassen Berlins sich am 9. November 1918 im Zentrum Berlins, Frieden und Freiheit fordernd, versammelten, war es Philipp Scheidemann, der in dieser historischen Stunde auf ein Fenster des Reichstages stieg, zu den Massen sprach und mit den Worten schloss: "Es lebe die freie deutsche Republik!" Das kaiserliche deutsche Regime war damit endgueltig gefallen. Scheidemann war einer der ersten beim Ausbau der deutschen Republik. Der Mann, der fuer die Verstaendigungsfrieden gearbeitet hatte, trat auch fuer die prinzipielle Anerkennung des Voelkerbundes ein und arbeitete in diesem Sinne im Rate der Volksbeauftragten wie spaeter als Ministerpraesident und Reichskanzler. Die deutschen Nationalsozialisten verfolgten Scheidemann mit grimmigem Hass. Nur einem Zufall war es zu verdanken, dass Scheidemann einem Anschlag der Nazis in seiner Vaterschaft Kassel entkam. Was mit der Waffe des Meuchelmordes nicht zu erreichen war, versuchten die Nazis mit der Waffe der Verleumdung. Dabei hatte Scheidemann das hoechste Amt der deutschen Republik freiwillig niedergelegt, weil er den Vertrag von Versailles nicht zu unterzeichnen vermochte. Er wurde Oberbuergermeister von Kassel und hat dort eine aeusserst segensreiche Taetigkeit entfaltet. Grosse Teile seiner Einnahmen spendete er den sozialen Einrichtungen seiner Vaterstadt und hat damit ein Beispiel gegnueber jenen gegeben, die heute in Deutschland Eigennutz vor Gemeinnutz stellen. Als Fluechtling musste Scheidemann nach Hitlers [Machtergreifung] in der Tschechoslowakei Zuflucht nehmen. Es entsprach ganz seinem einfachen Wesen, dass er gern in das vom Kapitaen Voska[22] zur Verfuegung gestellte Fluechtlingsheim der sudetendeutschen Sozialdemokraten ging. Scheidemann ist, 75-jaehrig, mit der Gewissheit gestorben, dass Hitlers Tage gezaehlt sind.




Issued by the London Representative of the German Socialdemocratic
Party,33, Fernside Avenue, London N.W. 7






Editorische Anmerkungen


1 - In der Nacht vom 29. auf den 30. November 1939 begannen die russischen Militäraktionen gegen Finnland.

2 - Gemeint ist die finnische Grenzstadt Terijoki.

3 - In der Nacht vom 29. auf den 30. November 1939 begannen die russischen Militäraktionen gegen Finnland.

4 - "Daily Worker", kommunistische Tageszeitung (London), erschien 1930-1966, 1941-1942 verboten.

5 - "The Washington Post", entwickelte sich seit ihrer Gründung (1877) nach und nach von einer kleineren Hauptstadtzeitung zu einer einflussreichen überregionalen Tageszeitung.

6 -"Evening Star", bedeutendstes Abendblatt der amerikanischen Hauptstadt Washington, parteiunabhängig, erschien von 1852 bis 1972. Selbständige Sonntagsausgabe: "Sunday Star".

7 -"New York Post", liberale amerikanische Tageszeitung, erschien seit 1934.

8 - "Dagbladet", norwegische Tageszeitung (erschien zweimal täglich: mittags und abends), Hauptorgan der liberalen Partei, erschien 1869 - 1943 und dann wieder ab 1945 in Oslo.

9 - "Tidens Tegn", norwegische Tageszeitung, die 1910 - 1941 in Oslo erschien.

10 - "Socialdemokraten", genauere Angaben konnte nicht ermittelt werden.

11 - Risto Ryti (1889 - 1956), finnischer Bankier und Politiker, 1921-1924 Finanzminister, 1939-1940 Ministerpräsident, 1940 - 1944 Staatspräsident. 1946, als Mitverantwortlicher für den Krieg gegen die Sowjetunion angeklagt, zu einer Zuchthausstrafe verurteilt.

12 - Juho Kusto Paasikivi (1870 - 1956), Diplomat und Politiker, 1936-1939 finnischer Gesandter in Stockholm, 1939/1940 Minister ohne Geschäftsbereich, handelte 1944 die Waffenstillstandsbedingungen mit der SU aus, 1944-1946 Ministerpräsident, 1946-1956 Staatspräsident.

13 - Oswald Garrison Villard (geb. 1872), amerikanischer Publizist, Verleger, Herausgeber, veröffentlichte 1940 : Within Germany, und 1943 in New York : Shall we rule Germany?

14 - Gemeint ist wohl "Bevölkerung".

15 - Fritz Thyssen (1873 - 1951), 1926-1939 Leiter des Thyssen-Konzerns, unterstützte ab 1923 die NSDAP, auch finanziell (Mitglied ab 1933). Meinungsverschiedenheiten mit dem NS-Regime bewogen ihn im September 1939 zur Emigration in die Schweiz; 1940 Aufenthalt in Frankreich, dort 1940/1941 verhaftet und an die Deutschen ausgeliefert, bis Kriegsende mit seiner Frau zuerst in einer Heilanstalt, dann in einem KZ. Er schrieb: I paid Hitler (1941 veröffentlicht).

16 - Es gab, wenn auch nicht gleichzeitig, drei andere Sender mit dem gleichen Namen. Vgl. Conrad Pütter: Rundfunk gegen das "Dritte Reich". Deutschsprachige Rundfunkaktivitäten im Exil 1933 - 1945. Ein Handbuch. Unter Mitwirkung von Ernst Loewy und mit einem Beitrag von Elke Hilscher, München etc. 1986, S. 65-67. Bei dem Deutschen Freiheitssender habe es sich um einen Tarnsender gehandelt, der in Verbindung mit dem französischen Außenministerium, dem Informationsministerium und der staatlichen Rundfunkverwaltung als Instrument der psychologischen Kriegführung gegen das Dritte Reich eingerichtet worden sei. Die Kurzwellensendungen (ca. Mitte September 1939 - Mitte Juni 1940), von deutschen Mitarbeitern gestaltet, hätten vorrangig die "Aktivierung des Widerstandswillens" im nationalsozialistischen Machtbereich zum Ziel gehabt. Zit. Pütter: "Die Tendenz der Sendungen war antinationalsozialistisch und prosozialistisch, aber auch eindeutig antikommunistisch."

17 - Die Deutsche Freiheitspartei (DFP), 1936/1937 mit den Zentren London und Paris entstanden, war weniger eine Partei als vielmehr eine konspirativ arbeitende Exilgruppe, die deutsche Emigranten aller Richtungen (mit Ausnahme der Kommunisten) umfasste und die im Reich über Verbindungsleute in Behörden, Wirtschaft, Kirchen und vermutlich auch in der Wehrmacht verfügte.

18 - Otto Strasser (1897 - 1974), nach dem I. Weltkrieg SPD-Mitglied, zeitweise Mitarbeiter des "Vorwärts", 1925 Eintritt in die NSDAP, 1930 Austritt aus dieser Partei (Motto: "Die Sozialisten verlassen die NSDAP!"), 1931 Gründung der "nationalrevolutionären" Schwarzen Front (SF), ab 1933 Exil in Österreich, CSR, Schweiz, Frankreich, Portugal und Kanada, 1934 ausgebürgert, 1955 Rückkehr nach Deutschland. Die SF spielte als Exilorganisation eher eine untergeordnete Rolle, während SF-Anhänger innerhalb Deutschlands von den Nationalsozialisten als gefährliche Regime-Gegner angesehen wurden.

19 - Max Sievers (1887 - 1944), von Beruf Arbeiter, dann kaufmännischer Angestellter, Funktionär und Journalist, vor dem I. Weltkrieg SPD-Mitglied, später USPD, 1920 KPD, 1921 Austritt aus der KPD und wieder SPD-Mitglied, in den 20er und 30er Jahren führende Position im Deutschen Freidenker-Verband (DFV), ab 1930 hauptamtlicher DFV-Vorsitzender, 1933 nach kurzfristiger Schutzhaft Flucht ins Ausland, 1933 ausgebürgert, 1933-1940 Exil in Belgien, 1937-1939 Herausgeber von u. a. der Exilwochenzeitschrift "Freies Deutschland - Organ der Deutschen Opposition", 1940 in Belgien interniert und nach Frankreich abgeschoben, dort 1943 von der Gestapo verhaftet und vom Volksgerichtshof in Berlin zum Tode verurteilt, 1944 hingerichtet.

20 - Über eine Exilgruppierung mit dem Namen Unabhängige Deutsche Arbeiterpartei konnte nichts in Erfahrung gebracht werden.

21 - Philipp Scheidemann, geb. am 26.7.1865, starb nach anderen Angaben bereits am 29.11.1939.

22 - Emanuel Viktor Voska (1875 - 1960), um den es sich handelte, gebürtiger Tschecho-amerikaner, war Bildhauer, Unternehmer, Journalist und Sozialdemokrat, gehörte nach 1918 zu den Initiatoren und wichtigen Mitarbeitern des tschechoslowakischen Geheimdienstes. Kurt R. Grossmann (Emigration. Geschichte der Hitler-Flüchtlinge 1933-1945, Frankfurt a. M. 1969, S. 44) erwähnt Voska an einer einzigen Stelle, im Zusammenhang mit der finanziellen Unterstützung für Flüchtlinge in der Tschechoslowakei: "Verbilligungen wurden durch Wohnungsheime und Wohngemeinschaften geschaffen. Die Sozialdemokratische Flüchtlingshilfe [in der CSR] richtete das von Kapitän Voska zur Verfügung gestellte Hotel in Zbraslav ein."



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