Sozialistische Mitteilungen
News for German Socialists in England

5. Nov. 1939

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Nach Molotows Rede

Am 31. Oktober hat der russische Aussenkommissar Molotow eine Rede ueber die Ziele der sowjetrussischen Aussenpolitik gehalten, in der er u.a. erklaerte, Deutschland bemuehe sich um den Frieden, aber England und Frankreich seien Angreiferstaaten geworden. Mit dieser neuen These rechtfertigte Molotow die Politik der Pakte mit dem Dritten Reich und die Hilfe, welche die Sowjetunion bei der Niederwerfung und Teilung Polens und durch Lieferung von Rohstoffen und Lebensmitteln dem "friedlichen" Dritten Reich gewaehrt hat. Obwohl die Sowjetregierung kurz vorher auch noch mit einem Protest gegen die englische Blockade ihre feindliche Einstellung gegen die westlichen Demokratien kundgetan hatte, unterliess es Molotow auch diesmal nicht, die Neutralitaet der Sowjetunion zu verkuenden, womit er die ausschweifenden Hoffnungen gewisser Nazi-Kreise, dass sie sogar direkte militaerische Hilfe von der Sowjetunion erwarten koennten, enttaeuschte. Molotow verband aber das Prinzip der Neutralitaet mit dem Ziel der "freien Hand in der Weltpolitik", und auf die Erklaerung, die Sowjetregierung wolle die Ausbreitung des Krieges verhindern, liess er scharfe Drohungen an die Adresse der finnischen Regierung folgen, die nicht alle Forderungen Moskaus auf Gebietsabtretungen und Einraeumung von Flottenstuetzpunkten an die Sowjetmarine anzunehmen gewillt ist, und er drohte am Ende auch den Tuerken, sie wuerden ihren Pakt mit England und Frankreich bereuen, obwohl im Nachsatz dieses Paktes die tuerkische Regierung ausdruecklich die Verpflichtung, gegen Sowjetrussland vorzugehen, abgelehnt hat.

Die Ehrlichkeit der sowjetrussischen "Neutralitaet" ist durch Molotows Rede nur noch zweifelhafter geworden. Klar scheint nur soviel, dass Moskau einen direkten Zusammenstoss mit den westlichen Demokratien vermeiden moechte, im uebrigen aber Hitler in seinem Kampfe gegen die Demokratien Vorschub leisten will, soweit das im Rahmen der "Neutralitaet" irgend moeglich ist. Weil England und Frankreich im Falle Polens kein zweites "Muenchen" gewaehren wollten, werden sie jetzt von Moskau als "Aggressoren" beschimpft, und waehrend die westlichen Demokratien den Kampf zum Sturze des Hitler-Faschismus fuehren, erklaert man in Moskau, es handele sich um einen imperialistischen Krieg - und nuetzt die Situation zur Bedrohung der kleinen Nachbarstaaten aus, um imperialistische Gebietsgewinne fuer die Sowjetunion zu erpressen.

Die "City of Flint"

Die Verschleppung des amerikanischen Dampfers "City of Flint" durch ein Nazi-Prisenkommando in den russischen Eismeerhafen Murmansk war eine weitere Illustration der Sowjet-Neutralitaet. Die Sowjetbehoerden haben das amerikanische Schiff nicht von den Nazis befreit, sondern unter Nazi-Kommando wieder auf die Weiterreise nach dem Dritten Reich geschickt. Der Weg sollte durch norwegische Kuestengewaesser fuehren, um der englischen Kriegsflotte ein Eingreifen unmoeglich zu machen. Die Norweger aber wagten, das zu tun, was die Russen unterlassen hatten: beim Anlaufen des norwegischen Hafens Haugesund wurde die Nazi-Besatzung des amerikanischen Schiffes interniert und das Schiff mit seiner amerikanischen Besatzung freigelassen.

Waffen-Embargo aufgehoben

Nachdem der Kongress der Vereinigten Staaten den Antrag des Praesidenten Roosevelt, das Waffenausfuhr-Verbot des amerikanischen Neutralitaetsgesetzes aufzuheben, angenommen hatte,

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hat Roosevelt gestern eine Proklamation erlassen, in der er die abgeaenderten Neutralitaetsbestimmungen in Kraft setzt.[1] Demnach koennen alle kriegfuehrenden Staaten aus den Vereinigten Staaten Kriegsmaterial beziehen, wenn sie es bar bezahlen und auf eigenen Schiffen transportieren. Praktisch bedeutet das einen grossen Vorteil fuer Frankreich und England, die jetzt ihr Kriegsmaterial aus den Vereinigten Staaten ergaenzen koennen, waehrend Hitler-Deutschland solche Lieferungen wegen der Unfaehigkeit, sie bar zu bezahlen und auf eigenen Schiffen abzuholen, nicht beziehen kann. Man rechnet damit, dass besonders England von der neuen Situation Gebrauch machen wird, um vor allem Flugzeuge in Amerika einzukaufen und so die etwa noch vorhandene Ueberlegenheit der Nazis in der Luft zu annullieren.

Die Haltung der Sowjetunion im Falle der "City of Flint" und gegenueber Finnland hat in Amerika eine bemerkenswerte Wendung der oeffentlichen Meinung gegenueber Sowjetrussland zur Folge gehabt.

Die Kriegsziele der Labour-Party

Am kommenden Donnerstag wird R.C. Attlee[2], der parlamentarische Fuehrer der britischen Labour-Party, in einer Versammlung in London die Kriegsziele der Labour-Party bekanntgeben.[3] Waehrend die englische Regierung vorlaeufig nicht geneigt ist, ihre Erklaerung, dass der Krieg zum Sturze des Hitler-Regimes gefuehrt werde, durch detaillierte Erklaerungen zu ergaenzen, ist in der englischen Presse bereits eine Diskussion ueber die Kriegsziele im Gange. So hat kuerzlich Sir Walter Layton[4] im "News Chronicle" einen laengeren Artikel ueber die Reorganisierung Mittel- und Osteuropas auf foederativer Grundlage veroeffentlicht.[5]

Sitzung der Internationale:

Am 18. November wird in London eine Sitzung des Exekutivkomitees der Sozialistischen Arbeiterinternationale stattfinden, an der auch die in der Exekutive befindlichen Vertreter der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands teilnehmen werden.[6]

Eine kommunistische Stimme

In einer in Paris erscheinenden Wochenschrift ist ein Artikel von Willi Muenzenberg[7], dem ehemaligen Reichstagsabgeordneten und Propagandaleiter der deutschen Kommunisten erschienen, in dem ueber den "Freundschaftsvertrag" Stalins und Hitlers gesagt wird: "In diesem Freundschaftsvertrag hat sich Stalin ausdruecklich mit der Hitlerdiktatur solidarisiert, er hat ausdruecklich den feigen und raeuberischen Ueberfall der Hitlerregierung auf Polen gutgeheissen und zynisch die Teilung der Beute oeffentlich proklamiert. ... Stalin hat der Hitlerdiktatur jegliche Hilfe zugesagt, wenn sie sich, im Osten durch Stalin gedeckt, nunmehr auf die westlichen Demokratien werfen wird. Die schwere Schuld fuer alles Blut, das in den kommenden Kaempfen vergossen werden wird, faellt in gleichem Masse auf Stalin und auf Hitler. Hitler haette ohne Beistand von Stalin nie gewagt, Polen zu ueberfallen, ebensowenig wuerde er es heute wagen, ohne Ermunterung Stalins die westlichen Demokratien anzugreifen. Der Hauptkriegstreiber steht heute in Moskau und heisst Stalin."[8]

Das Schicksal der Fluechtlinge in Polen

In Ergaenzung unseres Berichtes vom 17. Oktober ueber die Tragoedie der Fluechtlinge aus der Tschechoslowakei, die sich zur Zeit des Einfalls der Nazi-Armee in Kattowitz und Krakau befanden und von denen nur ganz wenige nach Rumaenien gelangen konnten, sind uns inzwischen weitere Nachrichten zugegangen: Eine Gruppe der zu Fuss aus Krakau gefluechteten Emigranten, die unterwegs von einer deutschen Abteilung ueberholt wurde, ist wieder nach Krakau zurueckgekehrt. Es handelt ich bei dieser Gruppe um Fluechtlinge aus der Slowakei, die es vorziehen, in Krakau ihr weiteres Schicksal abzuwarten, als in die Slowakei zurueckzukehren. Einer anderen Gruppe tschechoslowakischer

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Fluechtlinge gelang es, nach langer, muehevoller und gefaehrlicher Wanderung auf dem Umweg ueber Lemberg bis nach Wilna zu gelangen, das von der Roten Armee besetzt wurde. Da die Sowjetbehoerden sich weigerten, den 46 Sozialdemokraten, die sich bei dieser Gruppe befanden, Asylrecht in der Sowjetunion zu gewaehren und nur die Kommunisten zuliessen, wurden zwei Vertreter der Fluechtlinge nach Kowno, der litauischen Hauptstadt, geschickt, um mit den dortigen Behoerden ueber die Aufnahme dieser Fluechtlinge zu verhandeln. Inzwischen ist Wilna von den Sowjetrussen an Litauen gegeben worden, und es sollen nun Verhandlungen mit der litauischen Regierung ueber Asyl fuer die Fluechtlinge gefuehrt werden, die sich in bemitleidenswertem Zustande befinden und den sehnlichen Wunsch haben, nach den skandinavischen Staaten oder nach England zu kommen.[9]

Das Ergebnis der Tribunale

In der letzten Sitzung des Unterhauses gab der Staatssekretaer des Home Office, Sir John Anderson, eine Erklaerung ueber das Ergebnis der Tribunale in den ersten vier Wochen ihrer Taetigkeit bis zum 28. Oktober ab. In dieser Zeit sind weniger als 200 feindliche Auslaender interniert worden, mehr als 3000 wurden von der Internierung befreit und mehr als 9000 wurden von der Internierung und den Restriktionen fuer feindliche Auslaender befreit.

Nach Zeitungsberichten ist zu erwarten, dass die Tribunale fuer feindliche Auslaender ihre Taetigkeit bis Ende des Jahres beendet haben werden.[10] Fuer die Untersuchung der nicht-feindlichen Auslaender (zu denen auch die tschechoslowakischen Staatsbuerger gehoeren) sind die Vorbereitungen bereits im Gange und in manchen Orten Englands hat man auch sie vor die Tribunale bestellt.

Beim Home Office ist ein Beratungskomitee eingesetzt worden, das ueber Berufungen gegen die Urteile von Tribunalen beraten soll. Das Beratungskomitee besteht aus sieben Juristen. Berufungen gegen Internierungen koennen an das Home Office in Whitehall, London, gerichtet werden.

Die "Deutschland-Berichte" und "Germany-Reports",

die vom Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade), Sitz Paris, herausgegeben werden und seit 1934 monatlich erscheinen und die zuverlaessigste politische Berichterstattung ueber alle wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Verhaeltnisse in Nazi-Deutschland darstellen, sind nach einer kurzen, durch den Kriegsausbruch unvermeidlich gewordenen Unterbrechung wieder erschienen.

Diese Berichte erscheinen jetzt in drei Sprachen: Englisch, Franzoesisch und Deutsch. Die neue Nummer der Berichte vom November 1939 hat folgenden Inhalt:

Der Teil A "Nachrichten und Berichte" bringt Berichte ueber den Krieg, die Einstellung der Bevoelkerung zum Ueberfall auf Polen, Berichte aus Mecklenburg, Luebeck, Hamburg, Bayern, Suedwest-Deutschland, Mittel-Deutschland, Schlesien, Rheinland und Nordwestdeutschland, die beweisen, dass die deutschen Kriegsvorbereitungen gegen Polen schon Anfang August abgeschlossen waren, und einen Bericht ueber die Situation im Westen, der aus dem Rheinland und Suedwest-Deutschland Nachrichten ueber die Evakuierung der Bevoelkerung bringt.

Ueber die Lage im Innern erscheinen Berichte neutraler Reisender, welche die Stimmung in Westdeutschland schildern. Berichte aus Bayern, Suedwest-Deutschland, Mitteldeutschland und Westdeutschland geben Auskunft ueber die Kriegsmuedigkeit des deutschen Volkes. Daran reihen sich Berichte ueber Sabotage-Akte und Berichte aus Oberschlesien, Berlin, Rheinland-Westfalen, Suedwest-Deutschland, Bayern, Mitteldeutschland ueber die Einstellung der verschiedenen Bevoelkerungskreise zum Buendnis Hitler-Stalin. Die Haltung der Arbeiter beleuchten Berichte aus Westdeutschland und aus Berlin.

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Ueber die Wirkungen des Propagandakrieges wird aus Suedwest-Deutschland, Rheinland-Westfalen und Berlin in Mitteilungen ueber das Abhoeren der auslaendischen Sendungen berichtet. Aus Sueddeutschland und Westdeutschland liegen Berichte ueber Verhaftungen wegen Abhoerens auslaendischer Sendungen vor. Aus Sueddeutschland und dem Rheinland wird ueber den Abwurf von Flugblaettern durch englische Flieger berichtet. Zwei Berichte aus Sueddeutschland und ein Bericht aus dem Rheinland erzaehlen von propagandistischen Gegenaktionen der Nazis.

Im Teil B "Uebersichten" erscheinen Untersuchungen ueber Nationalsozialismus und Voelkerrecht. Die einzelnen Kapitel behandeln: 1. Das Voelkerrecht vor Hitler, 2. Voelkerrecht als Naturrecht zu Deutschlands Gunsten, 3. Nationalsozialismus und Bolschewismus, 4. Voelkerrecht als Rasserecht, 5. Aufweichung und Aufloesung des Voelkerrechts, 6. Hitlers Praxis des Voelkerrechts.

(Die Auslieferung dieser Berichte erfolgt nicht durch den Buchhandel. Anfragen und Bestellungen direkt bei: Dr. Erich Rinner, Sopade, 30, Rue des Ecoles, Paris 5e.)[11]

Die tschechoslowakische Freiheitsbewegung und die Kommunisten

In Nr. 3 der "Dopisy etenarum", einer Veroeffentlichung der tschechoslowakischen Sozialdemokraten in England, ist ein Aufsatz eines fuehrenden tschechischen Sozialdemokraten "Die Kommunisten am Scheidewege" erschienen, in dem gesagt wird: "Vor und nach Muenchen traten die Kommunisten in der CSR als die radikalste Kriegspartei auf. Sie sagten, dass der Hitlerismus nur durch Krieg geschlagen und vernichtet werden kann. Dabei hofften sie, dass der Krieg eine revolutionaere Erhebung des Volkes im Hitlerreich ermoeglichen und hervorrufen wird. Als sich im September 1938 zeigte, dass die westlichen Grossmaechte nicht wegen der CSR in den Krieg gingen und dass infolgedessen der Vertrag mit Russland auch nicht praktische Wirkung annahm, forderten die Kommunisten sehr stuermisch, dass die Tschechoslowakei doch allein in den Krieg ziehen solle. "Nach einer Schilderung der verzweifelten Lage der Tschechoslowakei im vorigen September und ihrer inneren Schwierigkeiten faehrt der Artikel fort: "Nach dem Ausgang des polnisch-deutschen Krieges koennen wir uns lebhaft vorstellen, welches Schicksal die tschechoslowakische Nation betroffen haette, wenn sie im September 1938 in den Krieg gezogen waere. Hinter Polen standen Grossbritannien und Frankreich, im Innern drohte kein Aufstand - und doch wurde Polen in nicht ganz drei Wochen besiegt. Das alte 'Wehe dem Besiegten!' traf das unglueckliche Polen mit barbarischer Wucht. Warschau wurde fast voellig zerstoert. Hunderttausende Bewohner wurden roh gemordet, ueber 200.000 polnische Soldaten fielen, hunderttausende polnischer Arbeiter und Bauern wurden in die Sklaverei gefuehrt." Der Artikel stellt nun fest, welche Aenderung sich seit 1938 hinsichtlich der Tschechoslowakei vollzogen hat, nicht nur aussenpolitisch, sondern auch im Sudetengebiet und in der Slowakei. Es heisst dann: "Die ungeheuren Kraefte grosser, maechtiger Nationen haben sich gegen die Nazi-Tyrannei in Bewegung gesetzt. Nun hat unsere Stunde geschlagen. Nun ist es Zeit zu handeln. Unser Volk daheim hat das begriffen und kennt seine Aufgabe. Es weiss, dass es ohne Krieg, und zwar ohne siegreichen Krieg, nicht befreit werden kann .... Wir fragen die Kommunisten: Warum wart ihr 1938 fuer den Krieg und sprecht jetzt von Pazifismus? Warum habt ihr den Krieg 1938 fuer die heiligste Aufgabe der Arbeiter erklaert und erklaert ihn jetzt fuer eine kapitalistische Angelegenheit? Warum habt ihr gestern das Hakenkreuz fuer den Hauptfeind der Arbeiterklasse erklaert und duldet heute seine Freundschaft mit dem Sowjetstern?" Am Ende des Artikels heisst es: "Wer jetzt zoegert und schwankt, der vergiftet den Freiheitskampf des Volkes, wer jetzt den Willen zum Sieg laehmt, wer jetzt der klaren Pflicht ausweicht, der verraet das tschechoslowakische Volk und hilft seinen Versklavern."






Editorische Anmerkungen


1 - Am 4. November 1939.

2 - Clement Richard Attlee (1883 - 1967), Rechtsanwalt, seit 1907/1908 Sozialist (Fabian Society, Independent Labour Party, Labour Party), 1935-1955 Führer der LP, 1942-1945 Minister in der Allparteienregierung unter W. Churchill, 1945-1951 britischer Premierminister, in dessen Amtszeit die Schaffung eines britischen Wohlfahrtsstaates (Ausbau der Sozialversicherung und Einrichtung eines Nationalen Gesundheitsdienstes) sowie die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien fiel, 1951-1955 Oppositionsführer im Unterhaus, danach als Earl Sitz im Oberhaus.

3 - Attlee-Rede am 8.11.1939. Vgl. auch C. R. Attlee u. a.: Die Britische Arbeiterpartei über Krieg, Frieden, Neues Europa. Eingeleitet und übersetzt von Julius Braunthal, London o. J. [1940].

4 - Walter Layton (1884 - 1966), Nationalökonom, Wirtschaftsmanager, Liberaler, 1922- 1938 u. a. Herausgeber (Editor) der seit 1843 in London ersch. Wirtschaftswochenzeitung "The Economist", während des Krieges Beratertätigkeit für das Ministry of Supply (Versorgung) und Ministry of Production.

5 - Der "News Chronicle", eine liberale Tageszeitung, erschien in London von 1930 - 1960.

6 - Die Sopade stellte 2 Mitglieder der Exekutive der Sozialistischen Arbeiter-Internationale (SAI).

7 - Willi Münzenberg (1889 - 1940), Schuhfabrikarbeiter, als Sozialist und entschiedener Kriegsgegner im I. Weltkrieg in der Schweiz, dort Bekanntschaft mit Lenin, 1919 Mitglied der KPD, Aufbau eines kommunistischen Presseimperiums ("Münzenberg-Konzern"), 1924-1933 KPD-MdR, 1933 ausgebürgert. Der von ihm in Paris aufgebaute Verlag Edition du Carrefour galt als Zentrum legaler und illegaler Arbeit deutscher Kommunisten in Frankreich, 1937 ff. allmähliche Lösung von der KPD und späterer Ausschluss bzw. Austritt aus der Partei. Wie er 1940 in Südfrankreich zu Tode kam, ist bis heute ungeklärt. Vgl. u.a. Babette Gross: Willi Münzenberg. Eine politische Biographie, Stuttgart 1969.

8 - W. Münzenberg war von 1938 - 1940 Herausgeber von "Die Zukunft" (Paris), einer antifaschistischen Wochenzeitung, die sich auch kritisch mit der Politik der SU und der Komintern auseinandersetzte.

9 - Polen hatte 1921 das Wilna-Gebiet annektiert. Am 21. 11. 1939 wurde eine neue litauische Regierung gebildet, die bis zur Besetzung Litauens durch die SU (Juni 1940) im Amt war.

10 - Zu den "Tribunalen" und zu den Begriffen "feindliche und nicht-feindliche Ausländer" vgl. Einleitung.

11 - Erich Rinner (1902 - 1982), prom. Volkswirt, vor 1933 Wirtschaftsexperte beim Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB), Sekretär der SPD-Reichstagsfraktion, im November 1933 - nach illegaler politischer Tätigkeit - Flucht in die CSR, dort Aufnahme in den Exil-PV, 1934-1940 Gründer und Redakteur der monatlich erscheinenden "Deutschland-Berichte der Sopade" (nach der Farbe des Druckpapiers auch "Grüne Berichte" genannt), 1938 ausgebürgert, 1940 in Frankreich interniert, Flucht über Lissabon in die USA, während des Krieges Mitarbeiter des Office of War Information der USA, nach 1945 bei einer amerikanischen Privatbank. Zu den "Deutschland-Berichten" der Exil-SPD allgemein vgl. Werner Plum (Hrsg.): Die "Grünen Berichte" der Sopade. Gedenkschrift für Erich Rinner (1902-1982), Bonn 1984. Die "Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade)" erschienen von 1934 bis 1938 in Prag und von 1938 bis 1940 in Paris in hektographierter Form (Auflage ca. 450). Sie berichteten über die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in NS-Deutschland und basierten auf Meldungen von SPD-Mitgliedern aus dem Reich und einer analytischen Lektüre der gesamten NS-Presse.



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