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Gewerkschaften und Managerkreis : Thesenpapier / von Ulrich Pfeiffer. - Bonn, 1997
Electronic Ed.: Bonn: FES-Library, 1998
© Friedrich-Ebert-Stiftung


INHALT



Die „neuen Industrien" (sonstige Dienstleistungen) werden nur wenig gewerkschaftlich organisiert sein.

• Wie werden die Interessen der Arbeitnehmer vertreten?

• Welche Beziehungen bestehen zwischen nicht organisierten Arbeitnehmern und Gewerkschaften?

Lohnpolitik

• Wie ist eine produkitivitätsorientierte Lohnpolitik unter Bedingungen des Hineinschrumpfens in produktive Bereiche auszugestalten? Die hohen Produktivitätssteigerungen sind zum Teil das Ergebnis des Ausscheidens unproduktiver Arbeitsplätze. Zusätzliche Arbeitsplätze können zu diesen Produktivitäten nicht in ausreichendem Umfang geschaffen werden. Entscheidend ist die Produktivität, die in neuen Arbeitsfeldern realisiert werden kann.

• Lohnpolitik unter den Bedingungen des Euro?

• Lohnpolitik in Ostdeutschland. Wie kann die Lücke zwischen Produktivität und Löhnen verringert werden.?

• Wie können niedrigere Lohnsteigerungen in Ostdeutschland akzeptabel gemacht werden? Vermögensbildung?

• Wie kann die Attraktivität Ostdeutschlands für Direktinvestitionen erhöht werden?

Arbeitszeitverkürzung und Beschäftigungsentwicklung

3.1 Verkürzung der Wochenarbeitszeit:

• Arbeitszeitverkürzung als Verwendung eines Produktivitätswachstum in einer vollbeschäftigten Wirtschaft ist nicht zu vergleichen mit (freiwilliger) Arbeitsrationierung, um mehr Menschen die Chance zur Beschäftigung zu geben.

• Arbeitszeitverkürzung unter gegenwärtigen Bedingungen wäre aus verschiedenen Gründen problematisch.

• Die dadurch ausgelösten Tendenzen zur Erhöhung der Staatsquote wären kontraproduktiv, weil der Staat in verschiedenen Bereichen nicht über Rationalisierungsmöglichkeiten verfügt.

• Arbeitszeitverkürzung erhöht in verschiedenen Bereichern die Kosten und verringert die Gesamtbeschäftigung.

• Angesichts der regionalen Differenzen in den Arbeitslosenquoten sind die Wirkung in verschiedenen Regionen problematisch.

3.2 Teilzeitarbeit

• Teilzeitarbeit hat - soweit sie den Bedürfnissen der Arbeitnehmer entspricht und mit den Arbeitsabläufen in den Unternehmen vereinbar ist oder ihnen sogar entgegenkommt ( Einzelhandel, Gaststätten) - positive Wirkungen und sollte unterstützt werden. Es kommt zu einer besseren Ausschöpfung der Arbeitskraftpotentiale und auch zu z.T. effektiveren Abläufen in Unternehmen. Hier bestehen gravierende Unterschiede zu einer tarifvertraglich vereinbarten Verkürzung der Wochenarbeitszeit, die nicht das Ergebnis eines höheren Bedarfs nach Freizeit als Folge höherer Nettoeinkommen ist.

Gewerkschaften und Steuerreform

Zurechnung der volkswirtschaftlichen Kosten besser als subventionierte Kosten

• Eine allgemeine Senkung des Einkommensteuertarifs bei breiterer Bemessungsgrundlage entspricht auch den Interessen der Arbeitnehmer, wenn nach der Reform das obere Fünftel der Einkommensbezieher einen höheren Anteil an der Einkommensteuer tägt. Die Gewerkschaften waren in ihren Äußerungen sehr zurückhaltend. Warum?.

• Steuervorteile, die bei einem Produktionsfaktor ansetzen verbleiben verteilungspolitisch nicht bei diesem Faktor. Es kommt zu Anpassungs- und Überwälzungsprozessen.

Beispiel:

• Abschreibungserleichterungen für Investoren im Wohnungsbau erhöhen die Renditen für die Kapitalanleger nicht. Sie begünstigen einen Wohnungsbau zu hohen Kosten und verringern die Mieten bzw. machen die hohen Kosten erträglich. Sie begünstigen eine Konzentration der Vermögen bei Investoren mit Spitzeneinkommen. Subventionen dieser Art sollten eingestellt werden.

Folgerung:

• Diese Argumentation gilt auch bei der Sonderbehandlung der Einkommen aus Nachtarbeit und Feiertagsarbeit. Die Kunden und Käufer der Güter und Leistungen, die Nachtarbeitsgüter kaufen - und nicht die Steuerzahler - müssen die Mehrkosten tragen. Ähnliches gilt für jede Form von Ausgleichsleistungen bei Schlechtwetter am Bau. Es ist unsozial, die volkswirtschaftlichen Kosten von Baubehinderungen durch ungünstige Witterung der Allgemeinheit anzulasten. Die Kunden müssen solche Kosten tragen. Die Arbeitnehmer können diese Kosten durch Saisonmehrarbeit im Sommer verringern. Dieses Prinzip gilt für zahlreiche Berufe mit saisonalen Auslastungsschwankungen. Niemand kommt auf die Idee dem Einzelhandel vor Weihnachten einen Streßzuschlag steuerlich zu subventionieren.

• Beim Umstieg aus bestehenden (Steuer-) Subventionsregelungen in ein System der exakten Zurechnung der Kosten müssen natürlich längere Übergangsfristen zugestanden werden, weil sonst erhebliche vorübergehende Einkommenseinbußen eintreten.

Steuerreform und Vermögensbildung

Die mit Abstand wichtigsten Vermögensbestände sind die Immobilienvermögen. Das geltende Steuerrecht fördert durch hohe Abschreibungen und die Möglichkeit, Verluste aus Vermietung mit anderen Einkunftsarten zu verrechnen, die Vermögenskonzentration und die in Deutschland weit überhöhten Baukosten. Den Interessen der typischen Arbeitnehmer entspricht das Steuerrecht nicht.

Von Arbeitnehmerseite besteht gegenüber dem geltenden Steuerrecht eine erhebliche Toleranz, weil von der irrigen Meinung ausgegangen wird, die Wohnungsversorgung würde dadurch verbessert. Die Gewerkschaften könnten eine viel aktivere Rolle in der Interessenvertretung breiter Schichten übernehmen und für eine Eigentumspolitik eintreten, die Wohneigentum zum Massenkonsumgut macht. Dies würde eine koordinierte Strategie erfordern, die z.B. auch für preiswertes Bauland sorgt.

Armutsfalle und Lohnnebenkosten

Die Lohnnebenkosten sind sicher zu hoch. Ihre allgemeine Bedeutung für die Beschäftigung wird jedoch überschätzt. Unterschätzt werden die Wirkungen bei niedrig qualifizierten Arbeitslosen. Bei der Wiederbeschäftigung sind die volkswirtschaftlichen Kosten einer Wiederbeschäftigung niedrig oder gleich Null. Es entstehen keine Opportunitätskosten, weil noch andere Arbeitslose für andere Zwecke in großer Zahl zur Verfügung stehen.

Die privaten Kosten der Einstellung sind wegen der hohen Lohnnebenkosten sehr hoch. Die Beschäftigung unterbleibt vielfach weil Lohn plus Lohnnebenkosten die Produktivität bei weitem übersteigen.

Konsequenzen

Größere Lohnspreizung als bisher?

Absenkung der Lohnnebenkosten bei Einstellung von Arbeitslosen ( Keine Sozialversicherungsbeiträge?)

Lohnkostenzuschüsse und Zulassen von niedrigen Löhnen mit der Konsequenz eines Billiglohnarbeitsmarktes, der subventioniert wird , um die Einkommen über das Sozialhilfeniveau zu heben.

Aus der Sicht der Sozialhilfeempfänger muß die Armutsfalle überwunden werden. Viele Sozialhilfeempfänger finden keine Vollzeitbeschäftigung oder nur sehr niedrig bezahlte Tätigkeit. Sie sind weiter auf Sozialhilfe angewiesen. Dies gilt besonders häufig für Alleinerziehende mit kleinen Kindern ,die nicht voll arbeiten können. Die Sozialhilfe wirkt für sie demoralisierend, denn sie führt zu einem Grenzsteuersatz von 100%. Hier sind gleitende Übergänge erforderlich. die fiskalischen Belastungen sind hoch. Die volkswirtschaftlichen Kosten solcher Programme sind gering, weil die Wertschöpfung steigt und die Transferzahlungen insgesamt geringer werden.


©Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | November 1998