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[MANAGERKREIS DER FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG]
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TEILDOKUMENT:










Vorwort und Einleitung



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Vorwort

Der Managerkreis ist jetzt sechs Jahre alt. Ein zentrales Motiv für unseren Gesprächskreis sind die Defizite der öffentlichen wirtschaftspolitischen Debatten. Wir sind SPD-Mitglieder oder -Sympathisanten. Wir erleben ständig, daß Manager und andere Berufe, die von einer 40-Stunden-Woche nur träumen können, de facto von der aktiven Arbeit in einer Partei und den Wahlentscheidungen in Parteien ausgeschlossen sind. Die Volksparteien sind in einer Zeit, in der die beruflichen und privaten Zeitbeanspruchungen immer ungleicher werden, zu Parteien der Zeitreichen geworden. Wer in einer Partei wirksam sein will, muß über lange Zeit an einem Ort leben und dort Monat für Monat, Woche für Woche präsent sein. Dies schaffen große Berufsgruppen nicht mehr. Die Rekrutierungen und Realitätserfahrungen in der Partei werden immer einseitiger. Dies ist ein starkes Motiv unseres Zusammenschlusses. Wir wollen konzentriert unsere Erfahrungen in die SPD einbringen. Dabei sind wir keine Unternehmerlobbyisten.

Der Managerkreis arbeitet an einer „Angebotspolitik" von links. Wir haben in den vergangenen Jahren in wesentlichen Politikbereichen, gestützt auf die Erfahrungen der Mitglieder, Innovationsskizzen für wichtige Politikbereiche formuliert. Sie müssen konkretisiert und auch korrigiert werden. Sie liefern Eckwerte für eine langfristig angelegte Debatte, die im Wahljahr nicht eingestellt werden kann. Die Wähler wissen, wie in der Wirtschaft auch, daß die Politik einen ständigen Strom von Innovationen braucht. Über die Ziele in einer demokratischen Gesellschaft, die dem einzelnen Entfaltung, Rückhalt und Anreize bietet, die dabei jedoch niemals alle Risiken beseitigen kann, gibt es wenig Kontroversen. Zunehmen werden und müssen die Kontroversen um die Wirksamkeit von Instrumenten und Entwicklungsstrategien, denn die Wirkungen politischer Programme werden immer schwerer zu beurteilen. Die Zeitverzögerungen in der Wirkung vieler Maßnahmen wecken Ungeduld oder den Vorwurf der Wirkungslosigkeit. Da fast alle Analysen interessengebunden sind, wird es für die Wähler, die selbst durch vielfältige Interessen geprägt sind, immer schwerer „durchzusteigen". Der Managerkreis will in diese Diskussion seine Erfahrungen und seine Analysen einbringen, wobei er sich sozialdemokratischen Zielen verbunden sieht. Er beteiligt sich nicht mit dem Ziel, Verteilungsinteressen von Unternehmen zu vertreten, sondern mit dem Ziel, politische Innovationen zu fördern, die mehr Wachstum, mehr Beschäftigung bei weniger Ungleichheit und mehr Selbstbestimmung und Selbstverantwortung ermöglichen.

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Einleitung - Mehr Radikalität bei der Realitätsbewältigung



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1. Ein Jahrzehnt des Paradigmenwechsels und der politischen Innovationen

Im Wahljahr 1998 werden politische Weichen in das nächste Jahrhundert gestellt. Die Politik sollte den verbreiteten Wunsch nach Erneuerung, Offenheit und die besondere Nachdenkensbereitschaft, die für eine kurze Zeit entsteht, energisch und glaubwürdig nutzen.

Nicht nur das neue Jahrhundert fordert heraus. Noch größere Herausforderungen erwachsen aus den letzten 20 bis 25 Jahren. Die achtziger Jahre brachten den Beginn eines langen Abschieds vom Modell Deutschland aber keinen Durchbruch zu einer neuen Flexibilität, durch individuelle Verantwortung, durch bessere Ausbildung, eingestimmt auf die ständigen Veränderungen, aber auch abgesichert gegen Fundamentalrisiken. Seither wurde kein neues Modell Deutschland als kreative Anwort auf die neuen Herausforderungen geschaffen. Deutschland wurde zur vorsichtigen Nachhut. Die Haushaltsdefizite in den USA sind verschwunden und haben in Großbritannien einen Tiefstand erreicht. Die Arbeitslosigkeit schrumpft in Großbritannien, in Irland, Neuseeland und auch in den USA, aber nicht in Deutschland oder Frankreich. Die letzten 20 Jahre in Deutschland waren dagegen:

• Jahre stetig wachsender Arbeitslosigkeit, wachsender Schulden des Staates und der Vorbelastungen durch die Sozialpolitik, einer schleichenden Bildungskrise und eines immer schädlicher werdenden Steuersystems;

• Jahre einer steigenden Einwanderung ohne ausreichende Integrationsbemühungen, einer steigenden Ungleichheit und der wachsenden Armut junger Menschen;

• Jahre eines immer komplexer, schwerfälliger und unübersichtlicher werdenden Staatssystems aus Bund, Ländern, Gemeinden und EU, wodurch demokratische Rechte entwertet werden;

• Jahre einer sinkenden Attraktivität für externe Investoren bei unzureichendem ökologischen Umbau;

• Jahre der Entscheidungsträgheit und eines unproduktiven Machtpatts zwischen den Parteien;

• Jahre einer sorgenvollen bis pessimistischen Grundstimmung einer engagierten linken Öffentlichkeit die solche Mängel schon fast als schicksalhaft empfindet. Es besteht ein Defizit an Konzepten, weil engagierte Gruppen bei der Arbeit an positiven Visionen ausfallen;

• Jahre wachsender Verschwendungen durch unwirtschaftliche Regulierungen und sinnlose Subventionen.

Ein „Weiter so" bedeutet den dauernden Abschied von der Vollbeschäftigungsgesellschaft. Die derzeitige Wirklichkeit Europas zeigt, wir sind in weiten Bereichen falsch programmiert. Arbeitslosigkeit ist keine Infektionskrankheit mehr, die punktuell kuriert werden kann. Es wird kein Penizillinwunder geben. Arbeitslosigkeit dieses Ausmaßes, dieser Dimension, in enger Symbiose mit hoher Staatsschuld und Bildungskrise, kommt dem Zusammenbruch des Immunsystems und der Selbstheilungskräfte gleich. Selbst ein Reinventing Government wäre nicht mehr genug. Der Titel eines europäischen und deutschen Innovationsdrehbuchs müßte lauten Reinventing Government and Markets.

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2. Nach Jahren des Durchwurstelns ohne Prinzipien den roten Faden wiederfinden

Die Liste der Fehler und Fehlentwicklungen ist lang. Dahinter steht auch ein Verlust an klaren Prinzipien. Die Politik des kommenden Jahrzehnts braucht wieder einen roten Faden.

• Sie muß ernst machen mit dem Grundsatz, daß der Staat sich auf Bereiche beschränkt, die von Gruppen oder einzelnen nicht sinnvoll bewältigt werden können, weil sie Lasten auf andere abwälzen, oder weil aus der Summe von individuell rationalen Einzelentscheidungen Folgelasten entstehen, die so nicht gewollt sind.

• Sie muß Zuständigkeiten dort belassen oder hinverlagern, wo Aufgaben für klar abgegrenzte Gruppen effizient erfüllt werden können.

• Sie muß Wettbewerb so weit wie möglich einsetzen, wobei Märkte, wenn neue Technik oder neue Wettbewerbsformen es verlangen, auch neu geschaffen werden müssen.

• Sie muß realistisch einschätzen, welche Steuern und Abgaben ohne zu große negative Nebenwirkungen noch zumutbar sind, und wo im Vergleich dazu Bürger, auf sich selbst gestellt, Aufgaben der Alterssicherung oder der Absicherung gegen Krankheit selbst bewältigen können.

• Sie muß ernst machen mit dem Versuch, mehr Transparenz, Verantwortungsklarheit und Zurechnung im öffentlichen Sektor zu schaffen. Die Wähler müssen wieder wissen, welche staatliche Ebene welche Steuerbelastung fordert und welche Leistungen damit finanziert werden. Die Vermischung aller Finanzierungen und Zuständigkeiten höhlt die Kontrolle durch Wähler und Wahlen aus und fördert Ineffizienz.

• Sie muß Ernst machen mit dem Verursacherprinzip – nicht nur in der Umweltpolitik.

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3. Prinzipien – einzelne Felder



3.1. Wir sind weit reicher als wir scheinen und mächtiger als wir meinen

In einem reichen Land wie der Bundesrepublik sind die meisten ökonomischen Schwierigkeiten auf die Dominanz von Vested Interests, auf unzureichende Steuerung – insbesondere die Behinderung von Märkten – und auf staatlich organisierte Verschwendung zurückzuführen, wobei viele Subventionen eine Spezialform dieser Verschwendung darstellen.

Die Bereitschaft, nutzlose Verschwendungen abzubauen, kann genügend Ressourcen für Innovationen freischaufeln. Die Verbesserung der Funktionsfähigkeit von Märkten und die Ausweitung der Geltung von Marktsteuerung, können mit dem absehbaren und verfügbaren Wissen weit nachhaltigeres Wachstum erzeugen als gegenwärtig. Es gibt noch unabsehbare unerfüllte Bedürfnisse. Neue Arbeitsplätze schaffen ihre Kaufkraft weitgehend selbst. Arbeitslosigkeit ist in einer reichen Gesellschaft wie der Bundesrepublik ein Ergebnis falschen Bewußtseins, falscher Anreize, falscher Regulierungen, fehlenden unternehmerischen und organisatorischen Wissens. Arbeit kann in genügendem Umfang durch innovative Arbeit entstehen.

Wir müßten auf wenig verzichten, wenn durch staatliches Handeln verschwendete Ressourcen für dringliche Innovationen eingesetzt würden.

• Gemessen an internationalen Standards verschenkt die Bundesrepublik allein durch zu teures Bauen ein bis 1,5 Prozent des BSP und damit einen beachtlichen Teil ihrer Investitionsquote bzw. der Sparquote der Haushalte.

• Gemessen an den weltweiten riesigen Nutzen, die neue Antriebssysteme in Automobilen (z.B. durch Brennstoffzellen) hervorrufen können, sind die dafür eingesetzten Forschungsmittel zu gering.

• Gemessen an den Bildungsergebnissen sind deutsche Akademikerausbildungen um mindestens ein Drittel zu teuer – ganz zu schweigen von der Verschwendung von Lebenszeit zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr, wenn Zeit besonders wertvoll ist.

• Beim Abbau der Subventionen wären kaum Opfer zu bringen, wenn die eingesparten Mittel den betroffenen Regionen für Innovationen zurückgegeben würden.

Die seit mehr als einem Jahrhundert ablaufende Globalisierung hat nationales Handeln nicht unwirksam gemacht. Bildung und Infrastruktur, Steuersystem und Regulierungen, Wirtschaftsklima und die Organisation des Arbeitsmarktes, bis hin zur Arbeitsdisziplin oder Leistungs- und Risikobereitschaft, sind national verankert und schweben nicht irgendwo in multinationalen Räumen.

Die Zeit drängt. Jeder Langzeitarbeitslose verliert Tag für Tag an Motivation und Qualifikation. Jeder junge Aussiedler, der nicht genügend ausgebildet wird, vergrößert das Heer derer, die auf die Anforderungen künftiger Märkte nicht vorbereitet sind und nicht abweisbare Ansprüche an den ohnehin überforderten Sozialstaat stellen werden. Eine innovative Politik des Staates, selbst wenn sie Mehrbeschäftigung nur in Billigjobs schaffen würde, wäre gegenüber dem Status quo eine Politik für mehr Wachstum und mehr Gleichheit. Forderungen nach Mehrbeschäftigungen „nur zu unseren Bedingungen" helfen den niedrig Qualifizierten überhaupt nicht. Hunderttausende, wenn nicht schon Millionen Qualifizierungen und Ausbildungen wurden in den letzten 15 bis 20 Jahren versäumt und haben Entwicklung behindert oder künftige Handlungsfelder beschränkt. Die Art des technischen Fortschritts sowie das riesige weltweite Arbeitsangebot machen es schwer, Gleichheitsziele, wie sie noch zu Beginn der siebziger Jahre erreichbar waren, in den nächsten Jahren zu erfüllen.

3.2. Das Machtpatt überwinden, einen kooperativen Föderalismus zurückgewinnen

In einem reichen Land wie der Bundesrepublik sind praktisch alle ökonomischen, sozialen und auch ökologischen Probleme Bewußtseins- und Steuerungsprobleme. Sie entstehen auch, weil politische Verantwortung in einer unüberschaubaren Politikverflechtung verschwimmt, weil zu viele gut organisierte Gruppen zu Verhinderungsminderheiten werden, weil die Parteien, in denen Lernprozesse nur im Schneckentempo vorankommen, starr an alten Konzepten festhalten. Als besonders schädlich erweist sich das Machtpatt der Parteien und die Allparteienregierung in Bundestag und Bundesrat. Sie verhindert einen politischen Innovationswettbewerb und fördert den Innovationsstau. Das Trauerspiel der gescheiterten Steuerreform, die Realitätsverweigerung in der Rentenreform oder der Bildungspolitik, der riesige politische Energieaufwand für Winzigreformen (Ladenschluß), liefern Lehrstücke dafür, wie der Wettbewerb zwischen Parteien zum Vollgasfahren im ersten Gang mit angezogener Bremse führt.

Parteien, die sich im Patt zwischen Bundesrat und Bundestag ihre Stimmenanteile glauben sichern zu können, indem sie die Konzeptionen der jeweils anderen verhindern, erfüllen ihre Aufgabe nicht mehr. Der Konsens über einen unerträglichen Status quo führt zu keinem Konsens über seine Änderung. Der Berg von Mißständen bleibt wie ein großer Geröllhaufen nach einem Erdrutsch liegen, weil sich die Aufräumer nicht einigen können, ob sie ihn nach rechts oder links von der Straße räumen sollen.

Soll demokratischer Wettbewerb innovativ bleiben, dann muß eine politische Richtung die Chance haben, den Wählern zu demonstrieren, was ihre Konzeption bedeutet und bewirkt. Im Konsenssystem der Bundesrepublik kann die politische Gegenposition immer mitregieren – mit dem Ergebnis, daß in kontroversen Bereichen überhaupt nicht mehr regiert wird. Politischer Wettbewerb denaturiert im verflochtenen Politiksystem vielfach zu einem Wettbewerb der Verhinderungstaktiken.

Seit mehreren Legislaturperioden besteht zwischen Bundestag und Bundesrat der Zwang zu einer Quasi-Allparteienregierung. Niemand ist mehr für das tatsächliche Ergebnis des Regierens voll verantwortlich. Die politischen Ergebnisse werden von niemandem ganz gewollt. Es herrscht eine Dauerstimmung der Halbherzigkeit, der leichten oder schweren Frustration, der politischen Unlust und des freudlosen, endlosen Herumverhandelns, bei dem die Wähler nach einiger Zeit nicht mehr wissen, worum es geht, und ganz einfach abschalten. So kann kein Aufbruch entstehen und keine Innovation gedeihen. Wir brauchen endlich klar Mehrheiten und eine klare politische Arbeitsteilung.

3.3. Mehr Experimente und Zivilcourage

Politische Innovationen sind immer schwerer durchzusetzen. Gleichzeitig ist unsere Prognosefähigkeit über die Auswirkungen fundamentaler politischer Änderungen vielfach zu gering. Welche Wirkungen politische Innovationen haben, läßt sich oft nicht genau genug vorhersagen. Unternehmen können und müssen neue Produkte einfach im Markt testen. Ihre Innovationsrisiken sind meist überschaubar. Die Belohnungen für erfolgreiche Innovationen sind hoch. In der Politik müssen trotz unsicherer Erfolgsaussichten innerhalb von vier Jahren Ergebnisse vorzeigbar sein. Die Rahmenbedingungen für politische Innovationen sind denkbar schlecht. Das politische Entscheidungssystem ist auch wegen der unüberschaubaren Innovationsrisiken veränderungsfeindlich. Der Wettbewerb zwischen den Parteien ist weniger innovativ als der Wettbewerb zwischen Unternehmen. Um diesen Engpaß zu überwinden, muß systematischer nach Lösungen gesucht werden. Helfen können:

• zeitlich befristete Lösungen (Schweden hat die Ladenschlußregelung zunächst zeitlich befristet aufgehoben; man kann mit Lauschangrifflösungen zeitlich befristet experimentieren und eine Sollbruchstelle einbauen, bis zu der Erfahrungen für eine endgültige Lösung gesammelt werden);

• räumlich auf eine Stadtregion beschränkte Lösungen (Staupreise können in einer Stadtregion für eine bestimmte Zeit erprobt werden; Oslo verfügt seit Jahren über einen elektronischen Mautring um die innere Stadt);

• eine stärker experimentierende Einstellung, die das Übergewicht der dogmatischen Fixierungen zurückzudrängt. Die Risiken von Innovationen sind hoch.

Die Gefährdungen für den Machterhalt sind häufig unübersehbar. Die strukturelle Neigung zum „Weiter so" muß überwunden werden.

3.4. Radikalität unvermeidbar?

Ohne eine positive Vision und die Bereitschaft, Politiken auch gegen starke Interessen zu realisieren, wird es schwer fallen, genügend Wähler zu überzeugen. Dabei kann der Zeithorizont einer Legislaturperiode nicht ausreichen. Die Maßstäbe für politisches Handeln müssen mit Blick auf eine längere Entwicklungsperspektive und mit Blick auf die Dimensionen des Innovationsbedarfs in der Politik gewonnen werden. Kosmetik und Beruhigungspolitiken haben sich verbraucht.

Alle Erfolgsbeispiele der letzten Jahre von Neuseeland über Irland bis nach Großbritannien zeigen, den Menschen muß die Chance gegeben werden, sich an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Das Verhalten der Menschen muß sich ändern. Märkte müssen wieder besser funktionieren. Vor allem die Menschen, weniger die Standorte, müssen wettbewerbsfähig und wettbewerbsbereit sein. Der Staat – das bedeutet seine Beamten – müssen effizienter werden. Die Schere zwischen verdientem Bruttoeinkommen und verfügbarem Einkommen muß sich wieder schließen. Die Armutsfalle darf nicht bei fast einer Million Menschen zuschnappen und sie von legaler Arbeit abhalten. Investitionen müssen durch Preise finanziert und angeregt werden, nicht durch Subventionsparagraphen, damit die Unternehmen und ihre Manager wirklich kundenorientiert agieren. Ein Aufbruch, der diesen Namen verdient, muß ein Aufbruch mit klaren Zielen und Verantwortungen sein. Ein Aufbruch, beladen mit pessimistischen Erwartungen, geprägt von Rationierungs- und Einschränkungsdenken, von Absicherungsversprechen, die aus dem gegebenen und absehbarem BSP nicht finanziert werden können, wäre ein Aufbruch mit dem falschen Gepäck und in die falsche Zukunft.

Nach Jahren des Innovationsstaus muß ein Jahrzehnt des Paradigmenwechsels in der Politik gestartet werden. Bei den politischen Weichenstellungen für das nächste Jahrzehnt geht es weniger um die Frage links oder rechts, sondern mehr um die Frage, mit welcher Radikalität man sich den neuen Realitäten stellt. Realitätsbewältigung wird das Schlüsselwort. Die Radikalität der Veränderungsbereitschaft, nicht die Starrheit oder Festigkeit in der Verteidigung liebgewordener und auch rechtfertigbarer Positionen wird den Ausschlag geben, wenn es darum geht, die Lähmung und Anpassungsschwierigkeiten zu überwinden.

Soll demokratischer Wettbewerb innovativ bleiben,

• dann müssen die Verantwortungen von Bund und Ländern entflochten und die Autonomie und Selbstverantwortung der einzelnen Länder gestärkt werden;

• dann muß jede politische Richtung die Chance haben, den Wählern zu demonstrieren, was ihre Konzeption bedeutet und bewirkt.

Eine Bundestagswahl, die in beiden Kammern zu einheitlichen Mehrheiten führt, kann eine riesige Chance bieten, innerhalb kurzer Zeit wegweisende Strukturentscheidungen durchzusetzen. Das ist unsere Hoffnung. Wir wollen mit unseren Analysen und Empfehlungen dafür konzeptionelle Grundlagen schaffen helfen.


©Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1998

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