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G. Grundzüge des Verwaltungsverfahrens

Das Kommunalabgabengesetz des Landes Brandenburg enthält – wie alle anderen Komunalabgabengesetze (bis auf das Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein) – keine Verfahrensvorschriften. Vielmehr wird im Hinblick auf das Verwaltungsverfahren in § 12 BraKAG bestimmt, daß auf Kommunalabgaben die Bestimmungen der Abgabenordnung (AO) in der jeweiligen Fassung entsprechend anzuwenden sind, soweit nicht das BraKAG oder andere Gesetze besondere Vorschriften enthalten.

Zu beachten ist hier die sogenannte dynamische Verweisung auf die Abgabenordnung. Nicht die Abgabenordnung in einer bestimmten Fassung, sondern die Abgabenordnung in der jeweils geltenden Fassung findet entsprechende Anwendung. Durch diese „flexible" Verweisung wird sichergestellt, daß neueste Änderungen der (bundesrechtlichen) Abgabenordnung automatisch auch landesrechtliche Änderungen bewirken.

Im Rahmen der Anwendbarkeit der AO ist ferner zu beachten, daß deren Vorschriften bei kommunalen Abgaben nur entsprechend, d.h. sinngemäß gelten. Dabei ist immer zu berücksichtigen, daß die AO ein Regelwerk darstellt, welches sich auf die von den Finanzbehörden verwalteten Bundes- oder Landessteuern und nicht auf kommunale Abgaben bezieht. Damit eine sinngemäße Anwendung der AO zum tragen kommen kann, muß daher gewährleistet sein, daß die entsprechend anzuwendende Vorschrift mit dem Grundgedanken kommunaler Entgeltabgaben vereinbar ist [ Vgl. hierzu Lauenroth in Driehaus, § 12 Rn. 5] .

Bevor es aber überhaupt zu einer entsprechenden Anwendung der AO kommen kann, ist zunächst zu prüfen, ob nicht das BraKAG oder andere Gesetze besondere Vorschriften enthalten.

Hier sind insbesondere die §§ 134 Abs. 2, 135 BauGB (Vorschriften des Erschließungsbeitragsrechts) zu nennen, nicht aber die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfGBbG) des Landes Brandenburg [ ebenso nicht das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes NRW] , da dieses ausdrücklich (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 VwVfGBbG) nicht für solche Verwaltungsverfahren gilt, bei und in denen die Vorschriften der AO anzuwenden sind, also eben bei Kommunalabgaben.

Wer Beteiligter an einem kommunalabgabenrechtlichen Verwaltungsverfahren ist, richtet sich also nicht nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, sondern nach der AO. Nach § 78 AO sind beteiligt am Verfahren Antragsteller und Antragsgegner, diejenigen, an die die Behörde einen Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat bzw. diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat. Dabei kann sich gemäß § 80 AO grundsätzlich ein Verfahrensbeteiligter durch einen Bevollmächtigten im Rahmen des Verfahrens vertreten lassen.

Die den Abgabenbescheid erlassende Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen (§ 88 Abs. 1 AO, Untersuchungsgrundsatz). Die Beteiligten haben jedoch gemäß § 90 AO Mitwirkungspflichten bei der Ermittlung des Sachverhalts.

Vor Erlaß eines Kommunalabgabenbescheides (gem. § 118 AO [ § 118 S. 1 AO: „Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswir kung nach außen gerichtet ist."] Verwaltungsakt) ist der oder die Betroffene grundsätzlich anzuhören (§ 91 AO). Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Anhörung besteht nur, wenn und soweit die Anhörung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist oder ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht (§ 91 Abs. 2 und 3 AO).

Der (Kommunalabgaben-)Bescheid, mit dem der Betroffene zur Leistung von Steuern, Gebühren oder Beiträgen herangezogen wird, muß schriftlich ergehen und gemäß § 119 AO inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Er ist ferner (§ 121 AO) schriftlich zu begründen und (§ 122 AO) demjenigen bekanntzugeben, für den er bestimmt oder der von ihm betroffen wird, wobei der Bescheid auch gegenüber dem Bevollmächtigten bekanntgegeben werden kann. Der schriftliche Bescheid muß (§ 119 AO) die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Unterschrift und Namenswiedergabe sind bei einem Bescheid, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen oder formularmäßig erlassen wird, nicht erforderlich (§ 119 Abs. 4 AO).

Darüber hinaus sollte der Bescheid Angaben zur Festsetzungs- und Zahlungsverjährung gemäß §§ 169ff., 228ff. AO enthalten.

Die Festsetzungsverjährung gemäß §§ 169ff. AO betrifft dabei das Recht der Gemeinde als Abgabengläubigerin, die Abgabenforderung gegenüber dem Abgabenschuldner geltend zu machen. Macht die Gemeinde die Forderung trotz Entstehung aller sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen nicht geltend, kann Festsetzungsverjährung gegeben sein. Die Zahlungsverjährung gemäß den §§ 228ff. AO betrifft hingegen die Realisierung des durch den Abgabenbescheid festgesetzten Abgaben- bzw. Zahlungsanspruchs.

Schließlich sollte der Kommunalabgabenbescheid (wie auch der Widerspruchsbescheid) eine Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelbelehrung enthalten. Fehlt eine entsprechende Belehrung, so beginnt die Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelfrist gem. §§ 70 Abs. 2, 58 VwGO nicht zu laufen; die Erhebung eines Rechtsbehelfs bzw. die Einlegung eines Rechtsmittels ist dann innerhalb eines Jahres nach Zustellung des Bescheides zulässig.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1998

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