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5. Andere kommunale Betriebsformen – Rechtsgrundlagen und Eignung



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5.1 Kriterien und Rahmenbedingungen für Rechtsformentscheidungen

Nachdem wir uns ausführlicher mit der Problematik eines Trägerschaftswechsels und den auf dem Vereinsrecht des BGB basierenden Betriebsformen befaßt haben, soll hier kein wissenschaftliches Kompendium für kommunale Organisationsformen folgen. Die dafür nötige Kompetenz dürfen wir in den Querschnittsverwaltungen der Städte, Gemeinden und Landkreise voraussetzen. Das dort beschäftigte Fachpersonal wird jedoch bei anstehenden Strukturentscheidungen oft genug zu spüren bekommen, daß nicht nur die kommunale Aufgabe „Kultur", sondern gerade auch die Organisation von Kultur ihre Tücken hat. Da wir zu denen gehören, die solche Tücken – vor allem ihre organisatorischen und finanziellen Folgen – zuweilen ausbaden helfen dürfen, möchten wir mit den folgenden Hinweisen und Beispielen helfen, Bauchlandungen auf dem Nagelbrett zu verhindern.

Der nachfolgende Kriterienkatalog und der Vorschlag zur Entscheidungsfindung basieren auf unseren eigenen Verwaltungsreformerfahrungen und auf der Erörterung von Entscheidungsparametern in der Fachliteratur.

5.1.1 Allgemeiner Kriterienkatalog

Das folgende Grobraster für Entscheidungskriterien und deren Hierarchisierung werden bezogen auf

  • rechtliche Rahmenbedingungen (Gesellschaftsrecht, Kommunalrecht, Haushaltsrecht),
  • politische Handlungsspielräume und Grundsatzpositionen sowie
  • Besonderheiten der jeweiligen Einrichtung und ihre Entwicklungsziele.

A. Rechtliche Rahmenbedingungen

  1. (Kommunal)Verfassung/haushaltsrechtliche Vorgaben

    • Kunstfreiheitsgarantie nach Art. 5 Abs. 3 GG, Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. GG und die daraus abgeleitete originäre Kulturgestaltungskompetenz von Kommunen (Recht zur Selbstdefinition des Kulturauftrages) sowie zusätzliche Vorgaben, z.B. durch Landesverfassungen, Kommunalordnungen oder Kommunalverfassungen

    • Vorgaben für Rechtsformumwandlungen:
      • Bestimmte Reformziele sind z. B. nur in privatrechtlicher Form zu erreichen, da ein optimierter Regiebetrieb nicht möglich ist.
      • Umgekehrt verboten bzw. verbieten bestimmte Kommunalverfassungen in vielen Fällen privatrechtliche Lösungen (daraus resultieren z. B. die in den Bundesländern unterschiedlichen Rechtsform-Traditionen für Theater).

    • Weitere Länderspezifika
      Beispiel: In der Freien Hansestadt Bremen werden die Handlungsgrundlagen überwiegend durch das Haushaltsrecht gelegt, das damit auch wesentlich die gestalterischen Spielräume bestimmt.

  2. Gesellschaftsrecht (u. Handelsrecht), Vereins- und Stiftungsrecht

    • Unterschiede bei der flexiblen inneren Ausgestaltung von Einrichtungen und Gremien,

    • Vor- und Nachteile für die Wahrnehmung von Leitungsfunktionen und Entscheidungsabläufen.

  3. Sonstige rechtliche Aspekte

    • Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots im Falle der Umgehung des öffentlichen Dienst- und Tarifrechts durch Wahl privatrechtlicher Betriebsformen,

    • Grenzen der Privatisierung durch Rechtsverpflichtungen, z.B. notwendiger Verbleib von Schenkungen und Dauerleihgaben an Museen im öffentlichen Besitz,

    • tarifvertragliche Spezifika (z.B. Bühnentarifverträge),

    • Mitbestimmung und ihre Grenzen,

    • Tendenzschutz, abgeleitet aus der grundgesetzlichen Garantie der Kunst- und Wissenschaftsfreiheit (sog. „Tendenzbetriebe" bzw. geschützte Bereiche).

B) Allgemeine Rahmenbedingungen und Ziele

  1. Vorhandene bzw. fehlende politische Durchsetzbarkeit vor allem privatrechtlicher Organisationsformen gegenüber den Betroffenen und Gremien

    • Unüberwindliche Ängste und Bedenken gegen bestimmte Rechtsformen bei Verfahrensbeteiligten,

    • Ausweichen vor arbeitsrechtlichen Konflikten,

    • Verschiebung (ungelöster) Probleme in eine private Rechtsform,

    • verdeckter Sparzwang, z. B. bei der Übergabe von Einrichtungen an Dritte (mit oft vertraglich stgelegten degressiven Zuschüssen),

  2. (kultur)politische Grundsatzpositionen und Ziele

    • Steuerungsmöglichkeiten der Kommune und Entscheidungsstruktur,

    • „Bekenntnis" öffentlicher Verantwortung für den Kulturbereich durch bewußte Wahl öffentlich-rechtlicher Betriebsformen,

    • einheitliche rechtliche Ausgestaltung von Steuerungskreisen, z.B. für die Einrichtungsstruktur eines Politikfeldes insgesamt oder für Teile davon,

    • konsequente Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips,

    • Wahl der privatrechtlichen Form bzw. auch des Eigenbetriebs zur „Verschlankung" des kommunalen Stellenplanes,

    • tarifpolitische Zielsetzungen bzw. personalwirtschaftliche Rahmenbedingungen, z. B. bewußtes Ausscheiden aus der Tarifgemeinschaft zur Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen und zur Kostensenkung.

  3. Wirtschaftsführung, Haushalts-, Rechnungs- und Prüfungswesen/ Optimaler Ressourceneinsatz /Paradigmawechsel

    • Finden geeigneter MitarbeiterInnen /Attraktivität der Arbeit und Vergütung,

    • Anreizstrukturen zur Leistungssteigerung (Entlohnung, Sanktionen),

    • Fremdvergabe-Entscheidungen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten,

    • Anreize zur Optimierung des Sachmitteleinsatzes,

    • gegenseitige Deckungsfähigkeit (auch Personal- und Sachmittel, zeitliche Übertragbarkeit),

    • verbesserter Einkauf externer Güter und Leistungen.

  4. Erfordernisse interkommunaler Zusammenarbeit (z. B. Bildung von Zweckverbänden oder einer GmbH)

C) Einrichtungsspezifische Bedingungen und Ziele

  1. Beteiligung /Einbeziehung Dritter

    • Die Gründung von „Kooperationsgesellschaften" mit privatrechtlich organisierten Dritten zur gemeinsamen Zweckerfüllung und sonstiger public-private-partnership-Modelle (Betrieb, Investitionen),

    • Die Erleichterung der Zusammenarbeit mit Dritten im jeweiligen Aufgabenfeld (z. B. mit anderen privatrechtlichen Trägern, Einbeziehung Dritter in Fach- und Entscheidungsgremien usw.),

    • Die Erleichterung der Akquise von Drittmitteln (z. B. Förderbedingungen für öffentliche und private Zuschüsse!),

  2. Prüfung der Subventionsnotwendigkeit

    • Outsourcing von Teilleistungen,

    • Verselbständigung von (sich wirtschaftlich tragenden) Betriebsteilen, auch mit dem Ziel der Gründung von Kooperationsgesellschaften.

  3. Steuerrechtliche Gründe

    • Entwicklung von Betriebs- und Finanzierungsmodellen in Gemengelagen steuerbefreiter bzw. -begünstigter ideeller Bereiche und Zweckbetriebe sowie „steuerschädlicher" wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe,

    • Verhinderung steuerrechtlich nachteiliger „Betriebsaufspaltungen",

    • Erschließung zusätzlicher Einnahmen im Wege der für gemeinnützige Körperschaften steuerbegünstigten „Vermögensverwaltung",

    • Sponsoringstrategien, sonstige public-private-partnership-Modelle, z. B. zur Investitionsförderung oder für Teilbetriebe (Vorsteuerabzug bei Investitionen, Steuersparmodelle durch Betriebsformen).

  4. Flexibilisierung von Entscheidungs- und Arbeitsabläufen

    • durch privatrechtliche Ausgestaltung öffentlicher und auch hoheitlicher Aufgabenwahrnehmung, unabhängig vom Status der Beamten und Angestellten,

    • Entbürokratisierung bei der organisatorischen Ausgestaltung von Verwaltungseinheiten und Einrichtungen.

D) Bewertungsgrundsätze:

  1. Die vorgenannten Kriterien und Motive für Rechtsformänderungen greifen teilweise ineinander. Eine verbindliche Hierarchisierung ist nicht möglich, da die Prioritätensetzung örtlich wie auch im Einzelfall sehr verschieden ausfallen kann.

  2. Kriterienkataloge sind nicht „objektiv" im Sinne aller Verfahrensbeteilgten (beispielsweise unter tarifpolitischen Gesichtspunkten) zu formulieren.

  3. Konkrete Entscheidungen dürfen nicht auf der Grundlage einer nur idealtypischen Wertungsskala erfolgen.

Eine sinnvolle Entscheidungsmatrix für einen Rechtsformwechsel mit Hilfe der vorgenannten Kriterien entsteht in drei Schritten:

  • Bestimmung des allgemeinen Handlungsrahmens, der sich im Abgleich der betriebsformbezogenen Rechtsgrundlagen mit den kommunal- und haushaltsrechtlichen Gestaltungsspielräumen ergibt;

  • Konkretisierung des Handlungsrahmens durch Hierarchisierung der politischen Zielsetzungen;

  • Konkretisierung der Entscheidung für das jeweilige politische Gestaltungsfeld bzw. für die jeweilige Einrichtung unter Einbeziehung der feld- bzw. einrichtungsbezogenen Kriterien.

Aus den Bewertungsgrundsätzen wird deutlich, daß die speziellen örtlichen Verhältnisse ausschlaggebend für die Wahl von Rechtsformen sind. Demnach resultieren die Freiheitsgrade für Einrichtungen in jeder Rechtsform nicht allein aus den allgemeingültigen (gesellschafts- oder vereins)rechtlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten, sondern ganz entscheidend aus der Flexibilität, die solchen Steuerungseinheiten in der Haushaltsführung und der Personalverwaltung/Personalentwicklung tatsächlich gewährt wird.

Wo solche Rahmenbedingungen optimal entwickelt sind und genügend wirksame Anreize für eigenverantwortliches Handeln bestehen, halten wir die Form des (kostenrechnenden) „optimierten" Regiebetriebes in Kombination mit einer Kontraktsteuerung im Regelfall für völlig ausreichend, um die Ziele der Verwaltungsreform zu erreichen. In anderen Fällen ist der Eigenbetrieb bzw. die „Eigenbetriebsähnliche Einrichtung" ein ausreichender Grad an Verselbständigung.

Wenn die Prüfung keinen zwingenden Grund ergibt, allgemeine Reformziele über die Anwendung privater Rechtsformen anzusteuern, verbleiben meist nur noch folgende entscheidende Abwägungskriterien:

  • generell:
    • die einheitliche Ausgestaltung von Politikfeldern bzw. Steuerungsbereichen
    • die Prüfung der Notwendigkeit öffentlicher Subventionierung

  • speziell:
    • personalpolitische Entwicklungsziele
    • die Einbeziehung Dritter /public-private-partnerships, im Verbund mit steuerrechtlichen Erwägungen.


5.1.2 Rahmenbedingungen für Rechtsformentscheidungen

Für die Akzeptanz neuer Rechtsformen und die langfristige Freilegung tatsächlicher Optimierungs- und Entwicklungspotentiale ist es unabdingbar, anstehende Reformprozesse nicht nur als Instrumentarium der Kostensenkung und -begrenzung auszugestalten. Da wir uns hier nicht weiter mit den Instrumentarien der Verwaltungsreform auseinandersetzen können, mögen einige wenige Hinweise genügen:

1. Auszuhandelnde Kontrakte und Zielvereinbarungen dürfen nicht allein auf „Sparziele" reduziert werden, sondern müssen (allerdings in finanzpolitisch realistischen Varianten!) deutlich erkennbare Entwicklungsziele und Spielräume für die Verantwortlichen in den Einrichtungen beinhalten.

2. Eine (ggf. zu beschließende oder zu genehmigende) Möglichkeit zur Rücklagenbildung im Haushalt in vereinbarten Größenordnungen oder mit Zweckbindung sowie ein erfolgreiches Einwerben von Drittmitteln darf nicht zur „Bestrafung" erfolgreicher Einrichtungen bei der Zuschußbemessung führen.

3. Die in Kommunalverfassungen und Haushaltsgesetzen vorgesehenen Flexibilisierungen der Haushaltsführung müssen den Einrichtungen im vollen Umfange zugestanden werden. Sofern hier Abstufungen (z.B. bei der vollen gegenseitigen Deckungsfähigkeit) und Übergangsphasen erforderlich scheinen, müssen den Handelnden Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden. Controlling beinhaltet diesbezüglich einen hohen, kontinuierlichen Grad an Beratung der Zuwendungsempfänger.

4. Überjährige Entwicklungs- und Kontraktziele sind in vielen, vor allem größeren Einrichtungen zur Optimierung des Betriebes und der Angebote unabdingbar. Wenn sich Politik für diese Angebote entscheidet, gibt es keine Gründe, die gegen mehrjährige Festlegungen und umfangreichere Planungssicherheit sprechen.

Der gegen dieses Verfahren oft erhobene Einwand, dies führe zu einer langfristigen Zementierung großer Teile des Haushalts (z.B. durch Verpflichtungsermächtigungen) verkennt, daß Rechtsverpflichtungen und Vertrauensschutz schon heute im Konfliktfall eine erhebliche Unbeweglichkeit begründen. Controlling und Kontraktsteuerung können zudem ein fundiertes politisches und in mehrjährigen Abständen zu überprüfendes Urteil über Zuwendungsziele, Erfolge und nötige Veränderungen begründen.

5. Kontraktgestützte Personalentwicklungskonzepte müssen in überschaubaren Zeiträumen dazu beitragen, den Kultureinrichtungen die Wahrnehmung der allgemeinen und speziellen Kontraktziele uneingeschränkt zu ermöglichen.

6. Eine schwerfällige, aufwendige und bislang ohne Verbindlichkeitscharakter gebliebene Kulturentwicklungsplanung sollte durch tatsächlich handhabbare und weitgehend verbindliche „Strukturpläne" abgelöst werden.

7. Die Umwandlung bisheriger Regiebetriebe in selbständige Einrichtungen darf nicht vorbehaltlos den status quo festschreiben, sofern nicht schon vorher eine Reorganisation erfolgt ist. Die im Umwandlungsprozeß gewonnenen Erkenntnisse müssen sich im Auftrag und in der Ressourcenbeschreibung niederschlagen.

Schon mit einer Umstellung des Rechnungswesens geht eine gründliche Bestandsaufnahme und Bewertung von Potentialen wie von Problemlagen in den Kulturbetrieben einher. Dieser Umstand sollte genutzt werden, um Entwicklungsziele, Investitionsbedarf und den Einsatz konsumtiver Mittel kritisch zu prüfen. Weitere Reorganisationsarbeit von Einrichtungen kann darauf aufbauen.

8. Per Struktur(entwicklungs)plan und Kontrakt bzw. Zuwendungsvertrag können Entwicklungs- und Reorganisationsziele für die jeweilige Einrichtung festgesetzt und eine Umsetzungsfrist bestimmt werden. Aus den Ergebnissen sind Schlußfolgerungen für eine etwaige Weiterentwicklung der Betriebsform abzuleiten.

Wer vor einer Umwandlungsentscheidung weitere Satzungs- und Vertragsmuster verarbeiten und Ideen sammeln möchte, findet in einer Zusammenstellung des Deutschen Städtetages neben knappen Beschreibungen der Rechtsformen zahlreiche Beispiele aus deutschen Städten für Theater, Museen, Bibliotheken, Volkshochschulen, Musik- und Jugendkunstschulen und andere Einrichtungen: Neue Rechtsformen für Kultureinrichtungen. DST-Beiträge zur Bildungs- und Kulturpolitik, Reihe C, Heft 22, hg. von Bernd Meyer, Markus Tiedtke, Regine Meißner, DST (50968 Köln, Lindenallee 13–17), 1996. Diese Mustersammlung will einen anregenden Überblick geben und nicht als „Handlungsanleitung mißverstanden" werden (S. 15). Auf den Seiten 44/45 dieser Veröffentlichung werden die wesentlichen Unterschiede zwischen Regiebetrieb, Eigenbetrieb und GmbH idealtypisch in einer Matrix dargestellt, die jedoch dem konkreten Entscheidungszusammenhang in einer Kommune aus unserer Sicht nicht genügt.

Sehr hilfreich und gründlich ist die Darstellung von Oliver Scheytt: Rechtsgrundlagen der kommunalen Kulturarbeit, Schriftenreihe Kulturpraxis und Recht, Bd.1 im Deutschen Gemeindeverlag, Köln 1994. Hier werden die Betriebsformen und ihre Auswirkungen allgemein sowie bezogen auf die Einrichtungstypen dargestellt.

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5.2 Der „Regiebetrieb"

Mehr soziale Sicherheit als Teil des öffentlichen Dienstes – dies ist die eine Seite des sogenannten Status „Regiebetrieb", in dem sich die überwiegende Zahl der Kulturbetriebe der neuen Bundesländer (noch) befindet. Auf der anderen Seite klagen alle bitterlich und beispielhaft über die schon sprichwörtliche Toilettenpapierrolle, die als Grundbedarf beim Hauptamt beantragt und nach einem Bearbeitungszeitraum von nur vier Monaten über die zentrale Beschaffung auch gewährt wird. Eigentlich möchten alle raus aus dem Regiebetrieb und „freier wirtschaften", wäre das nur nicht so kompliziert und gefahrvoll.

Regiebetriebe kommen im Kulturbereich sowohl als „Institute" vor – einer Organisationseinheit mit einem für den fachlichen Aufgabenvollzug allein verantwortlichen Leiter, deren sonstige Verwaltungsaufgaben von den Querschnittsämtern wahrgenommen werden – und auch als selbständige „Ämter", die alle fachlichen Aufgaben sowie die Organisations-, Personal- und Finanzangelegenheiten selbst wahrnehmen, sofern sie nicht den Querschnittsämtern obliegen.

Regiebetriebe können, wenn sie die Voraussetzungen zur Eigensteuerung aufweisen, „optimiert" werden. Eine solche Ausgestaltung macht unter bestimmten Umständen eine Verselbständigung in Form des Eigenbetriebes oder einer Eigengesellschaft entbehrlich. Sind die Rahmenbedingungen für diesen Schritt kommunalrechtlich hinreichend gesichert und in der Kommune selbst gründlich durchdacht und beschlossen, dann ist der „optimierte Regiebetrieb" durchaus in vielen Fällen die ultima ratio, die viele Umwege erspart.

Die Schritte zu einer „Optimierung" decken sich im wesentlichen mit Forderungen der Verwaltungsreform unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten des kommunalen Organisations- und Haushaltsrechts. Die Kernbegriffe lauten:

  • Ausweitung der gegenseitigen und unechten Deckungsfähigkeit

  • Verbesserung der Finanzplanung

  • Erweiterung der Übertragbarkeit nicht verausgabter Haushaltsmittel

  • Differenzierung der Sammelnachweise

  • (mehr) Eigenständigkeit in der Personalwirtschaft

  • Globale Steuerung über Zuschüsse

  • Budgetierung mit dezentraler Ressourcenverantwortung, soweit landesrechtlich zulässig

  • Sonderbudgets für Einrichtungen mit Betriebscharakter

  • Einschränkung zentraler Bewirtschaftung und Bedarfsprüfung

  • Kostenrechnung und vollständige Leistungsverrechnung

  • bereichsspezifisches Controlling.

Auf eine weitergehende Vorstellung dieser Verfahren verzichten wir unter Verweis auf die einschlägigen Berichte und Gutachten der KGSt, vor allem zum Neuen Steuerungsmodell (5/93) und zur Budgetierung (6/93). Ausführliche Erörterungen zu den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Betriebsformen und zur Möglichkeit der Optimierung von Regiebetrieben enthält beispielsweise das KGSt-Gutachten „Führung und Steuerung des Theaters", Köln 1989.

Wenn dennoch über eine Veränderung der Betriebsformen beispielsweise für Theater nachgedacht wird, dann – neben Gründen der Kooperation und aufgabenspezifischen Aspekten – vor allem deshalb, weil die Kommunalverfassungen und das kommunale Haushaltsrecht Experimente nicht oder nur sehr bedingt zulassen. Daß dies insbesondere für den Kulturbereich kontraproduktiv ist, wird seitens der Kommunalaufsicht zumindest teilweise erkannt.

Erhebliche Probleme gibt es auch in den Kommunalverwaltungen selbst. Bei Versuchen, mehr Flexibilität in das starre System der „Kameralistik" zu bringen, führt das ebenso starre Verhalten vieler Querschnittsverwaltungen im besten Falle schnell zur Querschnittslähmung, im schlimmsten Fall allerdings zu einer gefährlichen Realsatire. Als abschreckendes Beispiel dafür mag hier die Kette wahrer Begebenheiten in einer größeren Stadt dienen, die ihre als Ämter organisierten Theater mutig zu optimierten Regiebetrieben erklärte, sie einem Budgetierungsmodell unterwarf und, noch fortschrittlicher, gleich auch das Rechnungsjahr an die Spielzeit anpaßte. Nach zwei Haushaltsjahren stand das „Modell" vor einem Scherbenhaufen. Warum? Die Antwort könnte lauten, „Denn sie wußten nicht, was sie taten". Ohne gründliche Prüfung der kommunalrechtlichen Spielräume schuf die Stadtverwaltung in kreativer Auslegung eines Ratsbeschlusses eine neue Rechtsform, den „aus der Hoheitsverwaltung der Stadt entlassenen, bezuschußten Regiebetrieb".

Hinter diesem fehlverstandenen und ohne hinreichende Beschäftigung mit Verwaltungsreformmodellen umgesetzten „Budgetierungs"-Modell steht, wie so oft, der verzweifelte Versuch, Kostenaufwüchse zu deckeln. Da anstehende tarifvertragliche Aufwüchse in die Festlegung der Budgets nicht einbezogen wurden und auch sonst wesentliche Bemessungsgrundlagen, für die Rechtsverpflichtungen bestehen, mißachtet wurden, standen die Theater dieser Stadt schon nach dem zweiten Jahr des Experiments überwiegend am Ende ihrer Betriebsfähigkeit. Entweder sind „stille Reserven" längst ausgeschöpft oder aber sie können wegen des Fehlens einer für Budgetierungsmodelle unabdingbaren Kostentransparenz nicht einmal ausgemacht werden. Auf diese Weise war auch vorgezeichnet, daß sich eine Anpassung des Rechnungsjahres an die Spielzeit nicht bewähren würde. Hinzu kommt, daß Rat und Verwaltung den Theatern nur unzureichende Handlungsautonomie beispielsweise in der Personalwirtschaft gewährt haben und die in den Budgets enthaltenen Summen zur „inneren Verrechnung" von Leistungen der Querschnittsverwaltung in Gestalt undifferenzierbarer Sammelnachweise nicht transparent sind. Die als Anreiz unabdingbare einrichtungsbezogene Übertragbarkeit von Mehreinnahmen wurde den Einrichtungen nur auf Widerruf gewährt. Während die Stadt nur in Ausnahmefällen Dynamisierungen in der Budgetzuteilung vornahm, sollte zugleich das fördernde Land Kostenaufwüchse kompensieren.

Was hier am anonymisierten Beispiel einer städtischen Theaterförderung beschrieben wurde, entspricht in viel zu vielen Fällen dem, was uns an Mißverständnissen und ungenügender Rezeption vieldiskutierter Modelle der Verwaltungsreform begegnet. Bei falscher Herangehensweise wird Reform schnell zum Flop – sei es im Regiebetrieb oder in einer anderen Rechtsform. Wir gehen darauf, nach Diskussion anderer kommunaler Gestaltungsmöglichkeiten, im Kapitel 6.2 zusammenfassend noch einmal ein.

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5.3 Der Eigenbetrieb

Die Möglichkeit, einem Kulturbetrieb mehr Selbständigkeit zu gewähren und ihn vor kreativen Schöpfungen unbelesener Optimierungsstrategen zu bewahren, ist die Gründung eines Eigenbetriebes oder – je nach kommunalrechtlicher Möglichkeit – einer „eigenbetriebsähnlichen Einrichtung".

Beim Eigenbetrieb entsteht keine eigene Rechtspersönlichkeit, Dienstvorgesetzter bleibt der kommunale Verwaltungschef, Arbeitgeber für das Personal. Dennoch besteht für die Betriebsleitung ein erhebliches Maß an Eigenverantwortlichkeit. Die kaufmännische doppelte Buchführung führt zu einer wünschenswerten Ferne von der meist erdrückenden „Kameralistik". Der Eigenbetrieb eignet sich vor allem für größere und in ihrer Verwaltungskompetenz ohnehin zur Eigenständigkeit tendierende Kulturbetriebe wie Theater. Dabei besteht durch die Bildung eines speziellen „Theaterausschusses" anstelle der Zuständigkeit des auf die Kontrolle ganz anderer Betriebe ausgerichteten „Werksausschusses" die Möglichkeit, kompetente Mitglieder aus Verwaltung, Rat und sachkundiger Öffentlichkeit in dieses Aufsichtsgremium zu berufen (siehe hierzu auch das KGSt-Gutachten „Führung und Steuerung des Theaters", S. 89).

Das nachfolgende Beispiel einer Eigenbetriebssatzung für einen Theaterbetrieb illustriert diese Steuerungsmöglichkeiten. Bei einer Verwendung dieses Musters sind die Besonderheiten der jeweiligen Kommunal- bzw. Gemeindeordnung zu beachten!

5.3.1 Muster einer Eigenbetriebssatzung für einen Theaterbetrieb

Betriebssatzung für das [Name des Theaters, Ort]

Aufgrund des [§ der jeweiligen Gemeindeordnung] für das Land [...] vom [...], in Verbindung mit der Verordnung über Eigenbetriebe und andere prüfungspflichtige Einrichtungen vom [...] hat der Stadtrat der Stadt [...] am [...] folgende Satzung für das Theater [...] beschlossen:

§ 1 Gegenstand des Eigenbetriebes

(1) Das Theater [...] wird als Eigenbetrieb der Stadt [...] nach den Bestimmungen der Eigenbetriebsverordnung des Landes [...] und nach den Bestimmungen dieser Satzung geführt.

(2) Der Zweck des Eigenbetriebes ist die Unterhaltung eines Theaters im Bereich [...] in der Stadt [...].

(3) Das Theater soll für die Stadt [...], ihr Umland und – in Form von Gastspielen – auch über die Regionalgrenzen hinaus ein ständiges kulturelles Angebot bereithalten.

§ 2 Name und Sitz des Eigenbetriebes

(1) Der Eigenbetrieb führt die Bezeichnung [...].

(2) Er hat seinen Sitz in [...].

§ 3 Stammkapital

Das Stammkapital des Theaters beträgt [600.000] DM.

§ 4 Verwaltungsorgane des Theaters

Die Verwaltungsorgane des Theaters sind der Stadtrat, der Theaterausschuß, der [Ober]Bürgermeister und die Theaterleitung.

§ 5 Zuständigkeiten des Stadtrates

In Angelegenheiten des Theaters ergibt sich die Zuständigkeit des Stadtrates grundsätzlich aus der Gemeindeordnung [(§..)].

Insbesondere fallen in seine Zuständigkeit:

  1. Die Wahl der Mitglieder des Theaterausschusses und deren Stellvertreter, mit Ausnahme des Beigeordneten für Kultur, der Kraft dieser Satzung Mitglied des Ausschusses ist und sich durch einen anderen Beigeordneten vertreten lassen kann.
  2. Entscheidungen über die wesentliche Erweiterung, Umwandlung, Einschränkung oder Aufhebung des Theaters.
  3. Bestätigung des Finanz- und Wirtschaftsplanes, einschließlich des Stellenplanes für Personal in den Bereichen Technik und Verwaltung.
  4. Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses, des Lageberichtes, die Entlastung der Theaterleitung sowie über die Verwendung des Gewinnes oder die Behandlung des Jahresverlustes.

§ 6 Der Theaterausschuß

(1) Der Theaterausschuß <Werksausschuß> setzt sich zusammen aus dem [Ober]Bürgermeister, dem Beigeordneten für Kultur und sechs weiteren Mitgliedern.

(2) Die Amtszeit der Mitglieder des Theaterausschusses richtet sich, sofern sie Mitglieder des Stadtrates sind, nach der Legislaturperiode, bei anderen Mitgliedern beträgt sie fünf Jahre.

(3) Der Theaterausschuß wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und den stellvertretenden Vorsitzenden.

(4) Der Theaterausschuß tritt mindestens einmal im Jahr zu einer Sitzung zusammen. Die Einladung zu Sitzungen erfolgt durch die Theaterleitung im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden.

(5) Die Theaterleitung nimmt an den Sitzungen des Theaterausschusses beratend teil. Sie ist berechtigt und auf Verlangen verpflichtet, zu den Beratungsgegenständen Stellung zu nehmen und Auskünfte zu erteilen.

(6) Dem Theaterausschuß obliegen folgende Aufgaben:

  1. Beratung aller Angelegenheiten des Theaters, die der Entscheidung des Gemeinderates vorbehalten sind.
  2. Auf Vorschlag der Theaterleitung: die Beschlußfassung über die Preisordnung für den Eintritt, Kleiderablage und Programmverkauf sowie die Vorschrift über die Preisgestaltung geschlossener Veranstaltungen.
  3. Die Benennung des Bilanzprüfers für den Jahresabschluß.

§ 7 Stellung des [Ober]Bürgermeisters

(1) Der [Ober]Bürgermeister bestellt die Theaterleitung.

(2) Besteht die Theaterleitung aus mehreren Mitgliedern, regelt der [Ober]Bürgermeister mit Zustimmung des Theaterausschusses durch Dienstanweisung die Geschäftsverteilung.

(3) Der [Ober]Bürgermeister kann der Theaterleitung Weisungen erteilen. Die Theaterleitung ist vor Erteilung einer Weisung des [Ober]Bürgermeisters zu hören.

(4) Der [Ober]Bürgermeister ist über alle wichtigen Angelegenheiten des Theaters rechtzeitig zu unterrichten.

(5) Der [Ober]Bürgermeister gibt die Beschlüsse des Stadtrates gemäß [§... Eig VO] bekannt.

§ 8 Theaterleitung

(1) Die Theaterleitung besteht aus einer oder mehreren Personen.

(2) Die Theaterleitung leitet das Theater eigenständig und ist insbesondere zuständig für:

  1. die laufenden Geschäfte der Verwaltung;
  2. die Organisation des Theaters;
  3. die Erstellung des Spielplanes;
  4. die Erstellung des Wirtschaftsplanes, des Finanzplanes und des Jahresabschlusses;
  5. die laufende Unterrichtung des Theaterausschusses und des [Ober]Bürgermeisters in wichtigen Angelegenheiten;
  6. den Abschluß, die Beendigung oder Veränderung unbefristeter und befristeter Arbeits- und Dienstverträge für das gesamte, der Theaterleitung nachgeordnete Personal in Technik und Verwaltung im Rahmen des von der Stadt festgelegten Stellenplanes sowie im künstlerischen Bereich für den Abschluß, die Erneuerung oder Nichterneuerung befristeter Dienst- und Gastspielverträge.

§ 9 Firmierung und Vertretung des Theaters

(1) Das Theater firmiert als [...].

(2) Unter der obigen Firmierung vertritt die Theaterleitung das Theater.

(3) Das Theater ist Dienststelle im Sinne des [§... Absatz ...] des Landespersonalvertretungsgesetzes des Landes [...].

§ 10 Inkrafttreten

Die Betriebssatzung des Theaters tritt zum .... in Kraft.

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5.4 Die Eigengesellschaft

Während die „Gesellschaft mit beschränkter Haftung" (GmbH) nach der Wende in den neuen Ländern als die für alles geeignete Organisationsform der kapitalistischen Gesellschaft schlechthin gepriesen wurde, gleich ob Eisenwarenhandlung oder Stadttheater, war die „Eigengesellschaft" im Kulturbereich Gegenstand zum Teil heftiger Auseinandersetzungen zwischen Gastrednern aus dem Westen. So konnte es vorkommen, daß auf einer Gewerkschaftsveranstaltung über Rechtsformen für Theaterbetriebe ein süddeutscher Vertragsanwalt der Gewerkschaft gegen das Abwicklungsmodell GmbH wetterte, während sein niedersächsischer Kollege den Schimpftiraden fassungslos lauschte. Dieser Glaubenskrieg liegt, wie man schon ahnt, in der Segnung des Föderalismus begründet. Während der Herr aus Süddeutschland sich eine Theater-GmbH nur als teuflischen Trick der Trägerkommune zur Risikominderung ausmalen konnte, da die Kommunalverfassung seines Heimatlandes die Eigengesellschaft für Theaterbetriebe nicht gestattet, konnte der Herr aus Niedersachsen darin nicht das geringste Problem sehen. Oder geht es dem Personal der Staatstheater-GmbHs etwa schlecht?

Empfehlungen aus dem Westen gerieten so zur Geschmacksfrage und wurden im Osten auch so gehandelt. In der Umsetzung verhielten sich die Kommunen und Länder nur sehr zögerlich und warteten überwiegend zunächst die neuen ländereigenen Kommunalverfassungen ab. Neben unsinnigen Betriebsformumwandlungen, wie wir sie im Kapitel 5.4.1 vorstellen, wurden vielfach mit der (gemeinnützigen) GmbH Übergangsmodelle gebildet. Dazu siehe Kapitel 5.4.2.

Zum Thema Personalüberleitung verweisen wir auf das Muster eines Überleitungsvertrages im Anhang.

5.4.1 Fallbeispiel: Von der GmbH, die keine sein darf

Ein kommunaler Träger beschließt, der Verwaltung seines historisch wertvollen Bespieltheaters „mehr Freiheit" bei der Gestaltung ihrer Angebote und bei der Einwerbung von Mitteln zu gewähren. Es lebe das unternehmerische Risiko – und die Absicherung vor dem Risiko natürlich auch. Also wird die Haftung begrenzt, weshalb eine GmbH zu gründen ist. Zwei benachbarte Gebietskörperschaften, die durchaus Interesse an einer rechtlichen Einbindung in die Arbeit der Spielstätte bekundet haben, winken entrüstet ab. Die Mitgliedschaft in einem Verein hätte man sich vorstellen können. Aber eine GmbH? So ist die Kommune auf sich selbst gestellt und einzige Gesellschafterin der hoffnungsvollen GmbH. Ein wenig Steuerung aber möchte man sich schon vorbehalten, um im Ernstfall nicht fortwährend seiner „Nachschußpflicht" genügen zu müssen. So wird der jährliche Zuschuß für den Betrieb begrenzt und sogar gekürzt, dem Geschäftsführer vorgeschrieben, Förderanträge, Haushaltsplan und Verwendungsnachweise nach der kameralistischen Systematik aufzustellen und Gewinne nach den Vorschriften einer „Fehlbedarfsfinanzierung" zurückzuzahlen. Wie da absehbare Verluste „vorgetragen" werden sollen, bleibt dem Geschäftsführer schleierhaft. Zu allem Überfluß wird im Gründungsjahr „vergessen", daß die GmbH aufgrund ihrer ganz überwiegend gemeinnützigen Tätigkeit auch die Gemeinnützigkeit hätte beantragen müssen. Was nun mit der steuerlichen Veranlagung und der öffentlichen Förderfähigkeit? Hinzu kommt, daß der Vertreter des Gesellschafters, den die Kämmerei zu stellen hat, angeblich keine Zeit findet, die Gesellschafterversammlung zu besuchen und dem Geschäftsführer Entlastung zu erteilen. Die Gesellschaft dümpelt handlungsunfähig in das nächste Wirtschaftsjahr, während das Steuerprüfungsbüro feststellt, daß das vorhergehende Rechnungsjahr eigentlich nicht geprüft werden kann, u. a. auch, weil keine ordnungsgemäße Eröffnungsbilanz erstellt wurde. Einziger Trost, falls der Gesinnungsumschwung der Gründerväter ausbleibt: Konkursanmeldung ist nur möglich, wenn eine nachvollziehbare Buchführung existiert. Die ist Dank der rechtschaffenen Arbeit des Geschäftsführers und einzig handelnden Organs der Gesellschaft immerhin vorhanden – im Unterschied zu den kläglichen Aufzeichnungsversuchen mancher freier Träger, die sich mit dem Thema Konkurs auseinanderzusetzen haben.

Fazit: Wer soll, jedoch nicht darf, was er zum Sollen dürfen muß, der wird ohne Zauberei nicht können. Eine Binsenweisheit, die ihre Allgemeingültigkeit offensichtlich nur durch Eigenversuche in sehr eigenen Gesellschaften erlangt.

5.4.2 GmbH-Vertrag und Personalüberleitungsvertrag für kommunale Orchester

In anderen Fällen ist es nicht die offenkundige Funktionsunfähigkeit der GmbH, die Zweifel an ihrem Sinn aufkommen läßt, sondern die Zukunftsaussichten für den von ihr verfolgten Zweck. So gibt es in den neuen Bundesländern einige Fälle, in denen zur Abwicklung anstehende Orchester oder verbliebene Orchesterteile mit zum Teil fragwürdiger Instrumentalbesetzung ihr Dasein in einer Eigengesellschaft ihres früheren Arbeitgebers fristen, in der Hoffnung, sich in bessere Zeiten zu retten oder vielleicht „Landesinteresse" nachweisen zu können, damit staatliche Fördermittel weiter fließen. Wiederum andere Orchesterformationen schlugen sich ganz außerhalb öffentlicher Trägerschaft oder Beteiligung durch, erhielten aber öffentliche Förderung. Der Versuch von Arbeitgebern und Gewerkschaften, diesen Kurs mit sondertariflichen Regelungen so lange wie möglich durchzuhalten, ist legitim. Viele „Modelle" dieser Art bedienten sich zunächst der Möglichkeiten des Arbeitsförderungsgesetzes, obwohl sich die Bundesanstalt für Arbeit schon sehr bald konsequent von dem ABM-Orchestermodell für abgewickelte Klangkörper verabschiedet hatte.

Die Überlebenskraft solcher Ensembles ist endlich, auch wenn sie Jahre währen kann. Während es in einigen Fällen gelingen kann, durch Fusion oder Einstellung bei geeigneten Vakanzen die MusikerInnen „unterzubringen", ist in anderen Fällen die „Abwicklung" mittelfristig programmiert. Selten genug kommt es vor, daß die öffentliche Hand solche „Abwicklungskandidaten" wieder unter ihre Fittiche nimmt. Ein solcher Akt birgt, wie wir selbst bei der Begleitung eines Projektes erfuhren, alle nur denkbaren finanziellen und rechtlichen Risiken. Mangelnde Haushaltstransparenz, fehlerhaft abgeschlossene Arbeitsverträge und nicht eingehaltene Tarifvereinbarungen, versäumte Fristen, Rückforderungen der Zuwendungsgeber und nicht zuletzt die „Erbfolge", in die sich ein neuer Träger durch den „Betriebsübergang" nach § 613 a BGB begibt, können für die gutwillig Handelnden ein wahres Horrorszenario heraufbeschwören. So war (und ist) auch die Absicht des Sächsischen Kulturraumes 5 (Kulturraum Leipziger Raum), das als GmbH (Eigengesellschaft eines Musikervereins) geführte „Rundfunkblasorchester Leipzig" und die von einem eingetragenen Verein geführte „Westsächsische Philharmonie" (Sitz Borna) in eine Betriebsgesellschaft des als Zweckverband konstituierten Kulturraumes zu überführen, für alle Beteiligten alles andere als der Genuß von Zuckerwatte.

Die Einigung über den Gesellschaftsvertrag der „Kulturraumorchester Leipziger Raum gGmbH" gehörte bei diesem Unterfangen zu den einfacheren Übungen. Wir geben ihn hier als Muster für unverwegene Verantwortungsträger wieder, wobei hier die Spezifika des Sächsischen Kulturraumgesetzes (auf das wir später ausführlich eingehen) berücksichtigt werden müssen. Dies betrifft auch die Befristung der Dauer der Gesellschaft, die steuerrechtlich eine Rücklagenbildung erforderte. Der Gesellschaftsvertrag wurde deshalb zwischenzeitlich verändert.

Gesellschaftsvertrag der
Kulturraumorchester Leipziger Raum gGmbH

§ 1 Firma, Sitz

(1) Die Gesellschaft führt den Namen „Kulturraumorchester Leipziger Raum gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung".

(2) Sitz der Gesellschaft ist Böhlen.

§ 2 Zweck

(1) Gegenstand des Unternehmens ist die Pflege und Förderung der Kunst und Kultur im Sinne des § 52 Absatz 2 Ziffer 1 Abgabenordnung (AO) sowie der Ziffer 4 a) Anlage 7 EStR der im Sinne des § 10 b Absatz 1 EStG als besonders förde-rungswürdig anerkannten Zwecke.

(2) Zur Erreichung ihrer Zwecke betreibt die Gesellschaft zwei Kulturorchester und veranstaltet mit ihnen hochwertige musikalische Aufführungen im Bereich des Kulturraumes Leipziger Raum sowie im nationalen und internationalen Raum.

(3) Die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks wird darüber hinaus insbesondere erreicht durch

  1. musikalische Veranstaltungen für allgemeinbildende Schulen und andere pädagogische Einrichtungen mit dem Ziel, das Verständnis für die Instrumentalmusik in allen Darstellungsformen zu wecken und zu fördern;
  2. Vorträge, Lehrgänge, Seminare und andere geeignete Formen der Weiterbildung von Laien- und Berufsmusikern sowie des musikalischen Nachwuchses in Zusammenarbeit mit geeigneten Trägern der Fort- und Weiterbildung sowie nach Möglichkeit in einer eigenen Einrichtung;
  3. Zusammenarbeit mit künstlerischen Hochschulen.

(4) Die Gesellschaft ist zu allen Maßnahmen und Geschäften berechtigt, die mit dem genannten Gesellschaftszweck zusammenhängen oder ihn fördern, insbesondere zur Zusammenarbeit mit kommunalen sowie privatrechtlich geführten Kultur- und Bildungseinrichtungen. Sie kann bei Bedarf Zweigniederlassungen errichten sowie den Betrieb von Einrichtungen übernehmen, die mit dem Gesellschaftszweck im Einklang stehen.

§ 3 Gemeinnützigkeit

(1) Die Gesellschaft verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der § 52 ff. der Abgabenordnung (AO). Die Gesellschaft ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.

(2) Etwaige Gewinne der Gesellschaft dürfen nur für ihre satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden und sollen den Rücklagen nur zugeführt werden, soweit dies erforderlich ist, um die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig erfüllen zu können.

(3) Die Gesellschafter erhalten keine Gewinnanteile und in dieser Eigenschaft auch keine sonstigen Zuwendungen aus den Mitteln der Gesellschaft. Bei Auflösung oder Aufhebung der Gesellschaft erhalten sie nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile und den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen zurück.

(4) Keine Person darf durch Verwaltungsausgaben, die den Zwecken der Gesellschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütung begünstigt werden.

§ 4 Dauer der Gesellschaft, Geschäftsjahr

(1) Die Dauer der Gesellschaft ist vorerst bis zum 31.12.2004 begrenzt. Die Gesellschafter verpflichten sich, über die Laufzeit des Sächsischen Kulturraumgesetzes hinaus untereinander sowie mit dem Freistaat Sachsen spätestens im Jahre 2002 über die nachhaltige Sicherung und Fortführung der Gesellschaft und ihrer Aufgaben zu verhandeln. Sollte das Kulturraumgesetz in unveränderter Form verlängert werden, verschieben sich die hier bestimmten Fristen entsprechend.

(2) Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.

§ 5 Stammkapital, Stammeinlage

(1) Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 50.000,– DM (in Worten: fünfzigtausend Deutsche Mark).

(2) Das Stammkapital wird in einer Stammeinlage von dem Gesellschafter Zweckverband Kulturraum Leipziger Raum gehalten.

(3) Die Stammeinlage ist sofort in bar und voller Höhe fällig.

(4) Die Aufnahme weiterer Gesellschafter ist möglich. Beitreten können der Gesellschaft insbesondere andere kommunale Körperschaften sowie privatrechtlich organisierte, gemeinnützige Kulturträger oder Förderer.

(5) Der Zweckverband Kulturraum Leipziger Raum bzw. sein/e Rechtsnachfolger haben sich die Mehrheit der Anteile am Stammkapital zu sichern. Im Fall der Veräußerung eines Geschäftsanteiles oder eines Teiles eines Geschäftsanteiles steht ihm ein Vorkaufsrecht zu.

§ 6 Betriebsgelände und Kosten

Der Landkreis Leipziger Land stellt der Gesellschaft das Kulturhaus Böhlen für Probezwecke sowie Teile des Gebäudes des Kulturhauses Böhlen für Verwaltungszwecke gegen Mietzahlung zur Verfügung.

§ 7 Organe der Gesellschaft

Organe der Gesellschaft sind:

1. die Geschäftsführung

2. die Gesellschafterversammlung.

§ 8 Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft

(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Die Geschäftsführer werden durch die Gesellschafterversammlung bestellt, angestellt und abberufen.

(2) Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer vertreten. Die Gesellschafterversammlung kann die Geschäftsführer durch Beschluß zur Einzelvertretung ermächtigen und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreien. Die Gesellschaft kann außerdem durch Prokuristen bzw. von diesen in Gemeinschaft mit einem Geschäftsführer vertreten werden. Über die Form der Vertretung beschließt jeweils die Gesellschafterversammlung.

(3) Die künstlerischen Leiter der Klangkörper gehören der Geschäftsführung nicht an. Die nach § 14 dieses Vertrages zu erlassende Geschäftsordnung hat jedoch sicherzustellen, daß sie ihre gesamtkünstlerische Verantwortung innerhalb der von den Gesellschaftern gesetzten Rahmenbedingungen eigenverantwortlich wahrnehmen können.

§ 9 Gesellschafterversammlung

(1) Die ordentliche Gesellschafterversammlung wird von der Geschäftsführung mindestens einmal jährlich, und zwar spätestens zehn Monate nach Abschluß des Geschäftsjahres zur Verabschiedung des Jahresabschlusses und zum Beschluß über den Wirtschaftsplan einberufen.

(2) Die Gesellschafterversammlung wird schriftlich unter Mitteilung der Tagesord-nung mit einer Frist von mindestens zwei Wochen einberufen.

(3) Den Vorsitz in der Gesellschafterversammlung führt der Vertreter des Gesellschafters Zweckverband Kulturraum Leipziger Raum.

(4) Die Gesellschafterversammlung findet am Sitz der Gesellschaft statt.

(5) Wird ein Gesellschafter durch mehrere Vertretungsbefugte vertreten, so haben diese ihre Stimme einheitlich abzugeben. Jede 100 DM Anteil am Stammkapital der Gesellschaft gewähren eine Stimme.

(6) Über die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung ist eine Niederschrift zu fertigen, die von der Geschäftsführung zu unterzeichnen ist.

§ 10 Aufgaben der Gesellschafterversammlung

(1) Die Gesellschafterversammlung beschließt insbesondere über:

  1. die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Ergebnisses;
  2. die Bestellung des Wirtschaftsprüfers;
  3. die Feststellung des Wirtschaftsplanes;
  4. die Entlastung der Geschäftsführung;
  5. die Erhöhung des Stammkapitals;
  6. den Eintritt weiterer Gesellschafter;
  7. die Änderung des Gesellschaftsvertrages;
  8. die Geschäftsordnung;
  9. die Auflösung der Gesellschaft;
  10. die Zustimmung zum Abschluß von Haustarifverträgen;
  11. die Beschlußfassung über die Eintrittsentgelte für Veranstaltungen der Orchester;
  12. die Bestellung, Anstellung und Abberufung der Geschäftsführer und der künstlerischen Leiter;
  13. die Aufnahme von Darlehen und die Übernahme von Bürgschaften;
  14. die Entscheidung über die Führung eines Rechtsstreites von wesentlicher Bedeutung.

(2) Die Gesellschafterversammlung kann sich durch Beschluß weitere Entscheidungen vorbehalten.

§ 11 Wirtschaftsplan

(1) Die Geschäftsführung stellt für jedes Geschäftsjahr einen Wirtschaftsplan auf. Im Rahmen des Wirtschaftsplanes sind der Stellenplan und die Stellenübersicht aufzustellen. Diese sind Anlagen zum Wirtschaftsplan.

(2) Der Wirtschaftsplan ist der Gesellschafterversammlung bis zum 30. September des dem Geschäftsjahr vorhergehenden Geschäftsjahres zur Beratung vorzulegen. Die Feststellung des Wirtschaftsplanes hat bis spätestens zum 30. November des dem Geschäftsjahr vorhergehenden Geschäftsjahres zu erfolgen. Sofern zuwendungsrechtlich bedingt andere Fristen einzuhalten sind, legt die Geschäftsführung die vorgenannten Termine entsprechend fest.

(3) Der Wirtschaftsführung ist eine zweijährige Finanzplanung zugrunde zu legen und dem Gesellschafter zur Kenntnis zu bringen. Dies erfolgt erstmalig mit Vorlage des Wirtschaftsplanes für das Haushaltsjahr 1999.

(4) Die im Rahmen des Wirtschaftsplanes bewilligten Mittel dürfen insoweit nicht eher in Anspruch genommen werden, als es für eine wirtschaftliche und sparsame Verwaltung erforderlich ist. Der Rahmen der Haushaltsführung wird zuwendungsrechtlich geregelt.

§ 12 Jahresabschluß

(1) Die Geschäftsführung hat innerhalb von drei Monaten nach Ablauf eines Geschäftsjahres den Jahresabschluß (Jahresbilanz mit Gewinn- und Verlustrechnung) und den Lagebericht aufzustellen und dem Wirtschaftsprüfer zur Prüfung vorzulegen. Nach erfolgter Prüfung ist der Jahresabschluß mit dem Lagebericht und dem Prüfungsbericht des Wirtschaftsprüfers unverzüglich nach dessen Eingang den Gesellschaftern vorzulegen.

(2) Die Gesellschafterversammlung hat innerhalb von 10 Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres über die Feststellung des Jahresabschlusses zu beschließen.

§ 13 Rechnungsprüfung

Der Prüfung der Bilanz erfolgt durch einen Wirtschaftsprüfer. Bei der Erstellung des Prüfungsberichtes sind auch die nach § 44 SächsHO vorgesehenen Prüfungsfeststellungen zu treffen. Über die Prüfung ist schriftlich zu berichten. Die Prüfungsrechte öffentlicher Zuwendungsgeber bleiben hiervon unberührt.

§ 14 Geschäftsordnung

Für das Zusammenwirken der von der Gesellschaft betriebenen Klangkörper, der Geschäftsführung und der künstlerischen Leitung ist unter Berücksichtigung der Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes und des jeweils geltenden Haustarifvertrages von der Geschäftsführung eine Geschäftsordnung aufzustellen und von der Gesellschafterversammlung zu genehmigen. Der Geschäftsverteilungsplan ist in seiner jeweils geltenden Fassung Bestandteil der Geschäftsordnung.

§ 15 Beirat und Arbeitsgruppen

Zur Beratung der Gesellschaft in künstlerischen Angelegenheiten kann die Gesellschafterversammlung einen Beirat und/oder Arbeitsgruppen berufen, über deren Zusammensetzung und Dauer sie gesondert beschließt. Die Gesellschafter sowie die Geschäftsführung und die künstlerischen Leiter haben ein Vorschlagsrecht.

§ 16 Einziehung von Geschäftsanteilen

(1) Mit Zustimmung des betreffenden Gesellschafters kann die Gesellschaft jederzeit die ganze oder teilweise Einziehung von Geschäftsanteilen dieses Gesellschafters beschließen. Teile von Geschäftsanteilen müssen durch 100 teilbar sein.

(2) Die Einziehung von Geschäftsanteilen kann ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters beschlossen werden, wenn

  1. über sein Vermögen das Konkursverfahren oder Vergleichsverfahren eröffnet oder die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, oder
  2. die Zwangsvollstreckung in seinen Geschäftsanteil betrieben wird.

(3) Die Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens sowie Zwangsvollstrec-kungsmaßnahmen in den Geschäftsanteil berechtigen nur dann zur Einziehung, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten wieder aufgehoben worden sind.

(4) Statt der Einziehung kann die Gesellschafterversammlung beschließen, daß der Anteil von der Gesellschaft – unter Beachtung der §§ 30, 33 GmbHG – erworben oder auf eine oder mehrere von ihr benannte/n juristische/n Person/en übertragen wird.

(5) In den Fällen der Absätze 2 und 4 hat der betreffende Gesellschafter kein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung.

§ 17 Kündigung, Aufhebung und Auflösung der Gesellschaft bzw. Erlö-schen eines Gesellschafters

(1) Alle Gesellschafter außer dem Zweckverband Kulturraum Leipziger Raum können ihre Beteiligung mit einer Frist von einem Jahr auf den Schluß eines Kalenderjahres durch eingeschriebenen Brief an die Gesellschaft kündigen.

(2) Der kündigende Gesellschafter ist verpflichtet, seinen Geschäftsanteil unter Beachtung der §§ 30, 33 GmbHG sowie des in § 5 Absatz 5 dieses Vertrages genannten Vorkaufsrechts auf die Gesellschaft oder einen von ihr benannten Gesellschafter oder Dritten zu übertragen.

(3) Bei Auflösung oder Aufhebung der Gesellschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zwecks fällt das nach Abwicklung der Verbindlichkeiten verbleibende Gesellschaftsvermögen, soweit es die eingezahlten Kapitalanteile sowie den gemeinen Wert der gegebenenfalls geleisteten Sacheinlagen übersteigt, an den Gesellschafter oder von ihm benannten gemeinnützigen Träger, der sich zu einer Fortsetzung der Orchestertätigkeit entschließt. Entfällt diese Voraussetzung, fällt das Vermögen an den Kulturraum Leipziger Raum oder im Verhältnis ihrer Umlagehöhe anteilig an seine Verbandsmitglieder bzw. deren Rechtsnachfolger. Diese haben es unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige kulturelle Zwecke zu verwenden.

(4) Bei Auflösung der Gesellschaft liquidieren der oder die Geschäftsführer, wenn nicht von der Gesellschafterversammlung andere Liquidatoren bestellt werden.

§ 18 Gründungsaufwand

Die Gesellschaft trägt den Gründungsaufwand bis zum Betrag von 5.000 DM.

§ 19 Bekanntmachungen

Die Bekanntmachungen (Veröffentlichungen) der Gesellschaft erfolgen ausschließlich in den Amtsblättern der im Zweckverband Kulturraum Leipziger Raum zusammengeschlossenen Landkreise.

§ 20 Schlußbestimmungen

(1) Soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des GmbH-Gesetzes.

(2) Sollten Bestimmungen dieses Vertrages oder eine künftig in ihn aufgenommene Bestimmung ganz oder teilweise nicht rechtswirksam sein oder ihre Rechtswirksamkeit oder Durchführbarkeit später verlieren, so soll hierdurch die Gültigkeit der übrigen Vertragsbestimmungen nicht berührt werden.

(3) Das gleiche gilt, wenn sich herausstellen sollte, daß der Vertrag eine Regelungslücke enthält. Anstelle der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung oder zur Ausfüllung der Lücke soll eine angemessene Regelung gelten, die, soweit rechtlich möglich, dem am nächsten kommt, was die Gesellschafter gewollt haben würden, sofern sie bei Abschluß dieses Vertrages oder bei späterer Aufnahme einer Bestimmung den Punkt beachtet hätten.

(4) Es ist unzulässig, Gesellschaftern oder mit ihnen in Verbindung stehenden Dritten entgegen dem Gesellschaftsvertrag Vorteile irgendwelcher Art zuzuwenden. Derartige Zuwendungen sind unwirksam, soweit sie unangemessen sind.

Beispiel für einen Personalüberleitungsvertrag

Gab es bei der Gründung beispielsweise einer Orchester-GmbH Personalüberleitungsverträge, in denen sich die vormalige Trägerkommune verpflichtete, die künstlerischen Kräfte beim Ende der Eigengesellschaft wieder in ihren Stellenplan zu übernehmen bzw. wenn der Vertrag auch nur das „Bemühen" festschreibt, sind wegen der Durchgriffshaftung der Kommune als alleiniger Gesellschafter kostspielige gerichtliche Auseinandersetzungen meist unvermeidlich. Ein solches Vertragsexemplar möchten wir unserern Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten:

Personalüberleitungsvertrag
Zwischen der
vertreten durch

und der
vertreten durch

Stadt X
den Bürgermeister, Herrn .......

Konzertorchester Y GmbH
Geschäftsführung

wird nach Zustimmung des Personalrates der Stadt X und des Konzertorchesters Y folgender

Personalüberleitungsvertrag

geschlossen:

Präambel

Das Konzertorchester Y wird mit Wirkung vom ... (Stichtag) in die „Konzertorchester Y GmbH" umgewandelt. Stadt und Gesellschaft sind sich darüber einig, daß dem im Vertrag genannten Personenkreis durch die Überleitung unter Wahrung der bisherigen Besitzstände keine Rechtsnachteile entstehen dürfen und ihnen mindestens sowohl zum Zeitpunkt der Überleitung als auch bei künftigen Änderungen die Rechtsstellung zusteht, die sie einnehmen würden, wenn keine Überleitung erfolgt wäre.

Die Gesellschaft verpflichtet sich, die im Orchesterbetrieb tätigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen weiterzubeschäftigen.

Im einzelnen gelten die folgenden Bestimmungen:

§ 1 Geltungsbereich

Von diesem Vertrag werden folgende Beschäftigte beim Konzertorchester Y erfaßt:

  • Orchestermusiker nach dem Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern (TVK) in der Fassung des Tarifvertrages für die Musiker des Konzertorchesters Y vom [Datum, in diesem Falle eines Haustarifvertrages].
  • Angestellte nach dem Bundesangestelltentarif (BAT).

§ 2 Personalüberleitung

(1) Die Gesellschaft tritt unbeschadet der Vorschriften des § 613 a BGB in alle am Stichtag bestehenden und bereits abgeschlossenen Dienst-, Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse unter Anerkennung der bisher erworbenen Dienst- und Betriebszugehörigkeitszeiten mit den in § 1 genannten Beschäftigten ein.

(2) Im Hinblick auf die Dienst- und Betriebszugehörigkeitszeiten wird die Gesellschaft die übergeleiteten Personen so stellen, wie sie stehen würden, wenn die Stadt weiterhin Rechtsträger des Orchesters wäre.

§ 3 Tarifbindung, Betriebsratswahlen

(1) Die Gesellschaft verpflichtet sich, die für das Orchester am Stichtag geltenden Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen zugunsten des in § 1 genannten Personenkreises vollinhaltlich weiter anzuwenden; davon bleibt die Möglichkeit des Abschlusses neuer tariflicher Vereinbarungen durch die Gesellschaft unberührt.

(2) Genehmigungen für Nebentätigkeiten, die vor dem Stichtag erteilt wurden, werden von der Gesellschaft unter gleichen Bedingungen weiter anerkannt.

(3) Bis zur Neuwahl eines Betriebsrates nimmt der am Tage vor dem Stichtag amtierende Personalrat des Orchesters die Rechte eines Betriebsrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz wahr. Die Wahlen zum Betriebsrat sind unverzüglich einzuleiten.

§ 4 Zusatzversorgung

Die Gesellschaft ist auf der Grundlage der Tarifordnung für die deutschen Kulturorchester vom 3. März 1938 verpflichtet, der Versorgungsanstalt der deutschen Kulturorchester (VddKO) als Mitglied beizutreten und die bisherige Zusatzversorgung der Orchestermitglieder fortzuführen.

§ 5 Rückübernahmeoption

(1) Im Falle der Auflösung der Gesellschaft wird sich die Stadt X im Rahmen des jeweiligen Haushalts- und Stellenplanes bemühen, die Beschäftigten, die aufgrund dieses Vertrages in die Gesellschaft überführt worden sind, wieder in nach Möglichkeit entsprechende Arbeitsverhältnisse zu übernehmen.

(2) Darüber hinaus wird sich die Stadt X im Rahmen des jeweiligen Haushalts- und Stellenplanes bemühen, solche Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 wieder in ihre Dienste zu übernehmen, die ihren Arbeitsplatz bei der Gesellschaft betriebsbedingt oder personenbedingt verlieren, es sei denn, daß der Arbeitsplatzverlust vom Beschäftigten zu vertreten ist.

(3) Im Falle der Rückübernahme durch die Stadt X werden die Dienst- und Betriebszugehörigkeiten wie entsprechende Zeiten bei der Stadt behandelt.

§ 6 Schlußbestimmungen

(1) Sollten einzelne Tatbestände durch diesen Vertrag nicht geregelt sein, verpflichten sich die Stadt X und die Gesellschaft, unter Beteiligung des Betriebsrates nach Möglichkeit eine Vereinbarung zu treffen, die den Grundsätzen dieses Vertrages entspricht.

(2) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform.

(3) Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, so wird davon die Rechtsgültigkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Stadt und Gesellschaft verpflichten sich, unter Beteiligung des Betriebsrates eine entsprechende Regelung zu treffen, die den gesetzlichen und rechtlichen Anforderungen entspricht.

X, den...

................. ............
Für die Stadt X

..............................
Für die Gesellschaft


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 1999

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