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TEILDOKUMENT:




E. Kommunalrechtliche Bestimmungen

Das Kommunalrecht ist Teil des Landesrecht. Wie ausgeführt, muß es sich nach Art. 31 GG im Rahmen des Gesellschaftsrechts halten. Gerade weil die Gemeinde nicht gezwungen ist, sich in gesellschaftsrechtlicher Form zu betätigen, sondern nur das Wahlrecht hat, erscheint es auch grundsätzlich angemessen, der Gemeinde in der Gesellschaft keine Sonderstellung einzuräumen, gleich, ob es sich um eine rein gemeindliche Gesellschaft [ Entweder sog. Ein-Mann-Gesellschaft oder interkommunale Zusammenarbeit - Vgl. Ehlers DVBl 97, 137 ff ] , oder eine Zusammenarbeit mit Dritten - in der Regel Privaten [ Es gibt auch Gesellschaften, bei denen die Gemeinden mit dem Land oder dem Bund zusammenarbeiten. Insofern kann z.B. auf die Diskussion um den Ausstieg der Landes Nordrhein-Westfalen aus der Düsseldorfer Flughafengesellschaft ver wiesen werden. ] - handelt. Auf der anderen Seite wird die Gemeinde von ihren öffentlich-rechtlichen Bindungen nicht frei, wenn sie diese privatwirtschaftlich wahrnimmt. Das gesamte Spektrum der kommunalrechtlichen Vorschriften, die dies Verhältnis regeln, können wir hier nicht betrach-ten [ Fragen z.B., ob und unter welchen Bedingungen die Gemeinde sich wirtschaftlich betätigen darf, müssen wir hier ebenfalls dahingestellt sein lassen. ] . Wir müssen uns hier auf die Regelungen beschränken, die die Stellung der Aufsichtsratsmitglieder betreffen.

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1. Befangenheit

Bei der Erörterung ist offengeblieben, inwieweit das einzelne Ratsmitglied in seiner Tätigkeit im Rat oder Ausschuß Beschränkungen unterliegen kann, weil es zugleich Aufsichtsratsmitglied einer Gesellschaft ist. Anläßlich eines Planfeststellungsverfahrens für den Flughafen München II sind diese Fragen, wenn auch unter umgekehrten Vorzeichen, auch durch die Rechtsprechung aufgegriffen worden [ Vgl. den Beschluß des VGH München v. 16.4.81 in NVwZ 82, 510 ff und Urteil des BVerwG v. 30.5.84 in NVwZ 84, 718 ff. ] . Schon hier ergeben sich erhebliche Abweichungen durch die Unterschiede im jeweiligen Landesrecht. Der wohl gravierenste Unterschied besteht in Bayern und Hessen, wo der hauptamtliche Bürgermeister bzw. der Gemeindevorstand kraft Amtes Vertreter im Aufsichtsrat wird, während alle anderen Länder - zumindest auch - gewählte Vertreter vorsehen.

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1.1. Bei Wahl zum Aufsichtsratsmitglied oder der
Abberufung


In der Regel stellt sich die Frage schon bei der Wahl zum Aufsichtsratsmitglied, noch viel stärker bei der Abstimmung über die Abberufung eines entsandten Aufsichtsratsmitgliedes. In Schleswig-Holstein braucht sich der oder die Betroffene der Teilnahme an Beschlußfassung und Abstimmung - auch bei der Entscheidung über seine Abberufung - nicht zu enthalten [ § 22 (3) 2 GO Schl-H bei Wahl und Abberufung. ] . Teilweise gibt es eine Freistellung für Wahlen [ § 26 (3) 3 NdsGO, § 22 (3) GO Rh-Pf, § 38 (2) ThürKO ] , in anderen Fällen hängt der Ausschluß davon ab, ob die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds als Besoldung anzusehen ist [ § 26 (3) 2 NdsGO bei der Abberufung, § 28 (3) 2 KSVG Saar. bei der Wahl. Nach dem Wortlaut der gesellschaftsrechtlichen Regelung muß sich die Vergütung zwar am Aufwand orientieren, ist aber nicht als Aufwandsentschädigung anzusehen. Auf Grund des Urteils des BFH v. 4.5.94 in BB 94, 1844 wird man allerdings davon ausgehen können, daß es sich um keine Besoldung oder Entgelt handelt. ] . Vielfach hängt die Beurteilung auch davon ab, ob man die nebenamtliche Beschäftigung im Aufsichtsrat als Ehrenamt ansieht [ § 28 (3) 2 GO Brand., § 31 (3) 5 i.V.m. 2 GO NW für Wahl und Abberufung; § 18 (3) 2 GO BW und § 20 (2) 1 SächsGO für die Wahl, während eine Regelung für die Abberufung fehlt. ] . Hier kann man sich auf ein Urteil des BFH berufen, nachdem die Tätigkeit einer ehrenamtlichen Tätigkeit gleichzustellen sei [ BFH Urteil v. 4.5.94 in BB 94, 1844 ] .

Man kann als Ergebnis der Betrachtung festhalten, daß bei der eigenen Wahl in Sachsen-Anhalt mangels anderer Regelung ein Mitwirkungsverbot bestehen dürfte. Für die eigene Abberufung dürfte die Mitwirkung in Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, dem Saarland und Sachsen ausgeschlossen sein.

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1.2. Geschäfte, die der AG oder GmbH einen Vor-
oder Nachteil bringen


Andererseits werden auch Fälle anstehen, in denen ein hauptamtlicher Bürgermeister mit Stimmrecht oder ein Mitglied des Rates, das die Gemeinde im Aufsichtsrat vertritt, im Rat oder einem seiner Ausschüsse über eine Sache zu beraten und beschließen haben, deren Entscheidung einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil für die Gesellschaft mit sich bringt. Wie oben ausgeführt, verstößt diese Person nicht gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht, da es sich um ein Tätigwerden außerhalb der Gesellschaft handelt. Nach den gemeinderechtlichen Bestimmungen reicht zwar für die Befangenheit i.d.R. ein unmittelbarer Vor- oder Nachteil einer juristischen Person, deren Organ das Ratsmitglied ist. Viele Gemeindeordnungen schließen aber Befangenheit aus, wenn der mitstimmende Bürgermeister oder das Ratsmitglied dem Organ auf Vorschlag der Gemeinde angehört oder von dieser entsandt wurde [ § 18 (2) 2 GO BW, § 28 (2) 2 GO Brand., § 31 (2) 2 GO NW, § 22 (1) 3b GO Rh-Pf, § 28 (2) 2 KSVG Saar., § 20 (1) 7 SächsGO, § 31 (2) 2 GO Sa.-An., § 22 (2) 2 GO Schl-H ] . In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern hängt die Beantwortung der Frage davon ab, ob das Aufsichtsratsmitglied die Gesellschaft vertritt [ § 24 (1) 3 KV M-V, § 38 (1) ThürKO ] , was nach den gesellschaftsrechtlichen Regelungen für das Verhältnis der Gesellschaft zu Vorstand bzw. Geschäftsführung der Fall ist. In Niedersachsen ist dagegen darauf abzustellen, ob die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder Entgelt ist, was nach unserer Ansicht zu verneinen ist [ § 26 (2) NdsGO ] .

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1.3. Bei Beschlußfassung über eine Weisung

Die meisten Länder sehen vor, daß dem Aufsichtsratsmitglied - in der Regel durch den Rat - eine Weisung erteilt werden kann [ Nicht vorgesehen ist ein Weisungsrecht für Aufsichtsratsmitglieder in Niedersach sen; in Sachsen und Baden-Württemberg wird man es bejahen müssen, auch wenn keine eindeutige gesetzliche Regelung vorliegt. In allen anderen Ländern gibt es ein Weisungsrecht. Im Saarland sind Richtlinien vorgesehen, was für die Befan genheit keinen Unterschied macht. In Hessen stellt sich allerdings das Problem der Befangenheit nicht, weil das Weisungsrecht allein dem Gemeindevorstand zusteht. ] . Hier gelangt man verstärkt zu der Frage, ob sich das Ratsmitglied, das Empfänger der Weisung ist, enthalten muß.

Die Weisung kann der Gesellschaft einen unmittelbaren Vor- oder Nachteil bringen. Hier gilt das unter 1.2 Gesagte.

Im Falle einer Weisung geht es aber nicht so sehr darum, daß die Beschlußfassung der Gesellschaft einen Vor- oder Nachteil bringt, vielmehr ist die Beschlußfassung vor- oder nachteilig für das Aufsichtsratsmitglied, das als Person in einen Konflikt geraten kann. Wie wir im gesellschaftsrechtlichen Teil aufgezeigt haben, handelt es sich um eine Entscheidung, die das Aufsichtsratsmitglied vor die Wahl stellen kann, entweder der Weisung nicht zu folgen oder Haftung, Strafbarkeit oder Abberufung in der Gesellschaft in Kauf zu nehmen. Hier ist die Frage der Interessenkollision besonders stark. Deshalb wird man mit dem Wortlaut der kommunalrechtlichen Regelungen diese Konstellation als nicht von den Ausnahmeregeln erfaßt ansehen müssen. Hier dürfte sich das Aufsichtsratsmitglied wegen Befangenheit der Beratung und Beschlußfassung zu enthalten haben.

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1.4. Sonderregelung für Bayern und Hessen

In Bayern und Hessen dürfte es zu diesen Fragen nicht kommen, weil der hauptamtliche Bürgermeister bzw. der Gemeindevorstand als Vertreter vorgesehen ist. Wie aber Art. 93 (3) GO Bayern und § 125 HessGO zeigen, darf man das nicht wörtlich verstehen. In vielen Fällen wird der Bürgermeister oder der Gemeindevorstand nicht alle Mandate in Person wahrnehmen, sondern sich vertreten lassen. Dies kann nicht nur durch Verwaltungsbeamte, sondern auch durch ehrenamtlich Tätige - oftmals Ratsmitglieder - erfolgen. Die eigentlichen Probleme Wahl/ Abberufung und Weisung des Rates fallen aber weg. Allenfalls bei der Beschlußfassung des Rates über Angelegenheiten, die der Gesellschaft einen Vor- oder Nachteil bringen können, kann sich die Frage nach der Befangenheit stellen.

In Hessen ist die Befangenheit durch gesetzliche Vorschrift ausgeschlossen [ § 25 (1) 5 HessGO ] . In Bayern ist vorgesehen, daß ein Ausschlußgrund für etwaige Ratsentscheidungen besteht, wenn die Gesellschaft durch das Ratsmitglied vertreten wird [ Art. 49 (1) BayGO ] .

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2. Kommunalrechtliche Verpflichtung zur Einrichtung eines Aufsichtsrats bei einer GmbH ?

Bei der GmbH hatten wir bereits die Frage angeschnitten, ob sich die Gemeinde nur an Kapitalgesellschaften beteiligen darf, wenn diese einen Aufsichtsrat haben. Soweit bestimmt ist, daß sich die Gemeinde nur privatwirtschaftlich tätig werden darf, wenn sie sich einen angemessenen Einfluß, insbesondere im Überwachungsorgan, sichert [ § 108 (1) 6 GO NW, § 103 (1) 3 GO BW, Art. 91 (1) 3 BayGO, § 102 Nr.2 GO Brand., § 109 (1) 6 NdsGO, § 109 (1) 3 KSVG Saar., § 96 (1) 2 SächsGO, § 102 (1) 3 GO Schl-H, § 122 (1) 3 HessGO, § 117 (1) 3 GO Sa.-An., § 69 (1) 3 KV M-V. Die Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz enthält nach den uns vorliegenden Unterlagen keine entsprechende Regelung, hier dürfte das Prinzip aber ebenfalls als allgemeiner Grundsatz anwendbar sein. ] , ist dies eine naheliegende Frage [ Spannowsky ZGR 96, 400 ff, 424 ff vertritt die Auffassung, daß die Gemeinde von allen gesellschaftsrechtlich zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten Gebrauch machen muß. ] .

Die AG oder Genossenschaft hat kraft Gesetzes eine Aufsichtsrat, so daß sich die Frage auf die GmbH konzentriert. Hier darf man nicht die Spannbreite der Zwecke aus dem Auge verlieren, die mit der GmbH verfolgt werden können. Für die Stadtwerbung als Ein-Mann-GmbH mit begrenztem Wirtschaftsvolumen z.B. kann auch die Gesellschafterversammlung einen angemessenen Einfluß ausüben. Dem Gesellschafter steht immerhin mit § 37 (1) GmbHG ein Weisungs- und mit § 51 a (1) GmbHG ein jederzeitiges Auskunftsrecht zur Verfügung. Deshalb schließen wir uns der Meinung an, daß die Frage, ob ein Aufsichtsrat eingerichtet werden muß, allein auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene zu entscheiden ist und die jeweilige GO hier keine bindende Vorgabe ent-hält [ Vgl. Rehn/Cronauge 5 zu § 108 a.E. ] .

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3. Direkter Einfluß der Kommune auf die Gesellschaft ?

In einigen Gemeindeordnungen [ Art. 93 (1) BayGO und § 74 (1) ThürKO Zustimmungsvorbehalt für Unterbeteili gungen und Kredite; § 108 (3) GO NW, § 102 (5) GO Schl-H, § 109 (5) KSVG Saar. für Unterbeteiligungen; § 72 KV M-V für Kredite. ] klingen Gedanken an, die auch die Rspr bewegt haben. Dort wird die Stimmabgabe bei der Aufnahme von Krediten oder bei Unterbeteiligungen von der Zustimmung des Rates abhängig gemacht. Dies soll im Zusammenhang mit Weisungen und Richtlinien im Verhältnis zum Gesellschaftsrecht diskutiert werden. Aber den anklingenden Gedanken haben Kommunen natürlich aufgegriffen und versucht, direkt in der Gesellschaft mitzubestimmen [ Vgl. OVG Münster v. 28.10.83 in GHH 83, 286 f und für eine Sparkasse VGH Mannheim NVwZ-RR 90, 320 ff ] . Wenn dies rechtlich zulässig wäre, könnte man sich die folgenden Diskussionspunkte - insbesondere zur Weisungsgebundenheit von Vertretern im Aufsichtsrat - sparen, weil die direkte Einflußmöglichkeit auch die stärkste ist. Die Gerichte haben die direkte Einflußnahme der Kommune strikt abgelehnt:

„... sind daher interne Maßnahmen der rechtlich verselbständigten Sparkasse, die außengelenkten kommunalen Einwirkungen entzogen ... und daher keine Gemeindeangelegenheiten i.S. des § 24 (4) BadWürttGO sind." [ VGH Mannheim a.a.O. 321 ] .

Das gleiche gilt für AG und GmbH. Das OVG Münster hat dem Rat einer Stadt attestiert, daß er sich zwar geschlossen als Gesellschafterversammlung einer städtischen Ein-Mann-GmbH bestellen, aber als Rat nicht über Gesellschaftsangelegenheiten mit direkter Wirkung gegenüber der GmbH beschließen kann [ Vgl. OVG Münster Urteil v. 28.10.83 in GHH 83, 286 f ] . Damit kann der Rat auch Ausschüsse nicht mit derartigen Aufgaben betrauen, denn er kann nicht mehr an Kompetenzen an Ausschüsse übertragen, als er hat. Auch hier handelt es sich bei gesellschaftsinternen Vorgängen - unbeschadet der gesetzlichen Regelungen - nicht um Gemeindeangelegenheiten, so daß den Organen der Gemeinde keine gegenüber Vorstand oder Geschäftsführung auszuübende Einwirkungsmöglichkeit zustehen kann.

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4. Vertretung durch Verwaltung oder Politik

Erste Frage zu den Regelungen der Gemeindeordnungen bezüglich der Vertreter im Aufsichtsrat ist, wer es denn nun machen soll: Soll die Vertretung in Gesellschaften bei der Verwaltung angesiedelt oder durch die Politiker als gewählte Volksvertreter wahrgenommen werden ?

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4.1. Sonderregelung für Bayern und Hessen

In Bayern vertritt der Bürgermeister die Gemeinde in sämtlichen Gesellschaftsorganen [ Art. 38 (1) BayGO ] . Wie Art. 93 BayGO zeigt, ist dies nicht so gemeint, daß der Bürgermeister überall als Person auftritt, sondern daß er und nicht der Rat den Vertreter bestimmt - vgl. Art. 39 (2) BayGO.

Nach § 125 (1) HessGO vertritt der Gemeindevorstand die Gemeinde. Auch hier bestimmt der Gemeindevorstand und nicht der Rat die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat.

Gesellschaftsrechtlich gibt es hier nur insoweit eine Grenze, als kein Vertreter gleichzeitig in Vorstand bzw. Geschäftsführung und Aufsichtsrat bestellt werden kann, Vgl. § 105 AktG als allgemeinen Rechtsgedanken.

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4.2. Sonderregelung für Thüringen ?

Thüringen stellt den Betrachter bei dieser Frage vor Probleme. § 31 (1) ThürKO weist darauf hin, daß hier die gleiche Regelung gilt, wie in Bayern. Es findet sich in § 26 (2) Ziff. 14 ThürKO aber ein Hinweis darauf, daß die Mitglieder im Aufsichtsrat vom Rat zu wählen sind. Indem die ThürKO dies als unentziehbare Aufgabe des Rates kennzeichnet, wird man wohl annehmen müssen, daß der Bürgermeister die Gemeinden in Thüringen insoweit nicht vertritt.

Dabei findet sich keine Bestimmung, wer Mitglied werden kann. Damit kann auch der Bürgermeister oder ein sonstiger Gemeindebediensteter gewählt werden - vgl. § 74 (3) ThürKO.

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4.3. Mischlösungen

In anderen Ländern wird hinsichtlich der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat auf Regelungen für die Hauptversammlung abgestellt, so daß der Bürgermeister bzw. ein von ihm vorgeschlagener oder beauftragter Bediensteter, Beamter oder Angestellter ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat ist [ § 104 (2) GO Brand., § 119 (2) GO Sa.-An., § 71 (2) KV M-V, § 88 (3) GO Rh-Pf, § 112 (1) 2 KSVG Saar., § 113 (2) 2 GO NW sieht vor, daß bei mehreren Vertretern der Bürgermeister oder ein vorgeschlagener Beamter oder Angestellter berücksichtigt werden muß. ] . Weitere Vertreter können gewählt werden.

In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ist der hauptamtliche Bürgermeister bzw. ein von ihm vorgeschlagener oder beauftragter Vertreter zu berücksichtigen, wenn mehrere Vertreter gestellt werden [ § 111 (3) NdsGO, § 113 (2) 2 GO NW ] , ansonsten ist eine Wahl maßgeblich. Bei dieser Wahl ist nicht bindend vorgeschrieben, daß nur Ratsmitglieder gewählt werden können, obwohl dies vielfach der Fall sein wird. Es kommen auch Angehörige der Verwaltung oder Dritte [ In manchen Fällen kommt bei Gesellschaften, in denen auch sonstige Gesell schafter vertreten sind, das Problem auf, daß dort sehr stark vorgebildete Aufsichtsratsmitglieder für diese Gesellschaften auftreten - sog. Aufsichtsrats profis. In diesen Fällen könnte man auch darüber nachdenken, sich als Kommune z.B. durch einen auf dieses Gebiet spezialisierten Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Für Thüringen könnte man aus § 74 (3) ThürKO schließen, daß Dritte nicht in Betracht kommen. Zwingend ist dies nicht. ] in Betracht.

Für Schleswig-Holstein und Thüringen, aber nach unserer Ansicht ebenso für Sachsen und Baden-Württemberg [ § 104 (1) GO Schl-H und § 26 (2) 14 ThürKO; § 98 (2) SächsGO, 105 (2) GO BW dürften ebenfalls nur den Wahlmodus festlegen. ] ist allein die Wahl maßgeblich, wobei aber auch der Bürgermeister oder sonstige Bedienstete der Verwaltung gewählt werden können.

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4.4. Kurze Stellungnahme

Wir hatten ganz am Anfang ausgeführt, daß die privatwirtschaftliche Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zu einem Steuerungsverlust für die Verwaltung, aber auch für Rat, Ausschüsse und Fraktionen führt. Bei der bayrischen und hessischen Lösung verlieren die gewählten Volksvertreter erst einmal jeden Einfluß. Die meisten Länder haben sich insofern aber für eine Mischlösung entschieden, die jeweils sowohl Vertretern aus der Verwaltung, wie den gewählten Volksvertretern die Teilnahme an Entscheidungen in den Gesellschaften sichern soll.

Die verschiedenen Lösungen sind juristisch sicherlich zulässig. Wir haben bei der Abhandlung von AG, Genossenschaft und GmbH dargestellt, daß die Übernahme des Aufsichtsratsmandates auch eine starke persönliche Verantwortung mit sich bringt, die sich z.B. in § 111 (5) AktG oder § 38 (4) GenG niederschlägt. So heißt es auch in einem Beschluß des OVG Münster vom 28.10.83:

„Die unternehmerische Pflichtenstellung der Mitglieder dieser Organe..." (Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsrat) „ erfordert in erster Linie Sachkunde und Fachwissen".

Die Gemeinde und die Person, sei es hauptamtlicher Bürgermeister, Verwaltungsmitarbeiter oder Ratsmitglied, muß also unbeschadet der jeweiligen Regelung selbst entscheiden, ob der oder die Betreffende den mit dem Aufsichtsratsmandat verbundenen Aufgaben im Nebenamt - also angesichts der sonstigen Belastungen - gewachsen ist.

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5. Vertretung in der Hauptversammlung - Repräsentanz im Aufsichtsrat

Die besonderen gemeinderechtlichen Regelungen tragen bereits in ihrer Überschrift den Titel Vertretungsregelung [ § 105 GO BW, Art. 93 BayGO, § 104 GO Brand., § 111 NdsGO, § 113 GO NW, § 74 ThürKO, § 125 HessGO, § 112 KSVG Saar., § 98 SächsGO, § 119 GO Sa.-An., § 104 GO Schl-H, § 71 KV M-V, § 88 GO Rh-Pf ] . Gemäß § 164 (1) BGB liegt Vertretung aber nur vor, wenn der Vertreter im Namen des Vertretenen auftritt. Wie wir oben ausgeführt haben, kann die Gemeinde selbst nicht Aufsichtsratsmitglied sein, so daß die Aufsichtsratsmitglieder im eigenen Namen handeln.

Bei den kommunalrechtlichen Vertretungsregelungen handelt es sich um zwei verschiedene Regelungskomplexe. Die Vertreter der Kommune in der Haupt- oder Gesellschafterversammlung sind echte Vertreter der Kommune. Rechte und Pflichten nehmen sie für die Kommune wahr. Sie sind an Weisungen gebunden. Es gilt auch nur das Stimmrecht der Kommune wahrzunehmen, was mehrere Vertreter zu einer einheitlichen Stimmabgabe zwingt. Dagegen ist die Person, die die Gemeinde im Aufsichtsrat „vertritt", dort mit eigenen Rechten und Pflichten versehen, die sie nur mittelbar für die Kommune wahrnehmen. Das einheitliche Stimmrecht, wie es z.B. § 88 (2) 1 GO Rh-Pf vorsieht, stößt kommunalrechtlich auf ganz erhebliche Bedenken [ Vgl. Punkt 8.2 dieser Abhandlung ] , denn es gilt nicht das Stimmrecht der Gemeinde wahrzunehmen, sondern jeder Vertreter ist Mitglied im Aufsichtsrat mit eigenem Stimmrecht - im eigenen Namen, nicht für die Gemeinde. Die Vertretung im Aufsichtsrat ist eine Aufgabenübertragung auf eine Person, es wäre angemessener von einem Repräsentanten der Gemeinde zu sprechen [ Vgl. OVG Münster Urteil v. 28.10.83 in GHH 83, 287 ff, 289 ] . Die meisten Länder haben dem Rechnung getragen, indem sie zwischen der Bestellung des Vertreters in der Hauptversammlung und im Aufsichtsrat trennen [ § 98 (2) SächsGO, § 119 (2) GO Sa.-An., § 71 (2) KV M-V, § 104 (2) GO Brand., § 112 (1) 2 KSVG Saar., § 104 (2) Schl-H, § 88 (3) GO Rh-Pf, § 105 (2) GO BW, § 111 (3), (8) GO Nds, § 125 (2) i.V.m. (1) HessGO, letztendlich auch § 113 (2) GO NW ] .

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6. Bestellung

Wie wird man nun Vertreter der Gemeinde im Aufsichtsrat ?

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6.1. Geborene Aufsichtsratsmitglieder in der GmbH

Manchmal findet man bei der GmbH sog. geborene Aufsichtsratsmitglieder, d.h., daß der Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß bestimmte Personen - z.B. der Bürgermeister oder der Kämmerer - automatisch Mitglied im Aufsichtsrat sind [ Zur Zulässigkeit Scholz/Schneider 136 zu § 52 und Lutter-Hommelhof 6 zu § 52. Es handelt sich um eine zulässige gesellschaftsvertragliche Änderung gegenüber § 101 (1) AktG, auf den § 52 (1) GmbHG verweist. ] . In den jeweiligen Gemeindeordnungen finden sich aber Bestimmungen zur Auswahl der Vertreter im Aufsichtsrat. Dem Vorschlag oder der Entsendung wird gemeindeintern eine Wahl vorgeschaltet oder ein vom Volk direkt gewählter Vertreter, der hauptamtliche Bürgermeister, wird mit seinem Amt auch Aufsichtsratsmitglied.

6.1.1. Bürgermeister

In den Ländern, in denen der Bürgermeister zugleich kraft seines Amtes Aufsichtsratsmitglied wird, ist der hauptamtliche Bürgermeister insoweit auch Vertreter der Gemeinde [ Art. 38 (1) BayGO, § 119 (2) GO Sa.-An., § 71 (2) KV M-V, § 125 (2) HessGO, § 104 (2) GO Brand., § 88 (3) GO Rh-Pf, § 112 (1) 2 KSVG Saar. ] . Eine Bestimmung im Gesellschaftsvertrag zum geborenen Mitglied wäre nur deklaratorisch. Für z.B. den Kämmerer wird man hier eine derartige Stellung ebenfalls bejahen können, weil der Bürgermeister auch einen Verwaltungsbeamten mit seiner Vertretung beauftragen kann [ Art. 93 BayGO, § 71 (1) KV M-V, § 119 (1) 2 GO Sa.-An., § 112 (1) 3 KSVG Saar., § 104 (1) 1 GO Brand., § 88 (1) 1 GO Rh-Pf; für Hessen sieht § 125 (1) HessGO den Gemeindevorstand vor. ] .

6.1.2. Sonderregelung Niedersachsen und NRW

In NW und Niedersachsen besteht die Verpflichtung, bei mehr als einem Mitglied im Aufsichtsrat den Bürgermeister oder einen von ihm vorgeschlagenen bzw. beauftragten Vertreter zu entsenden [ §§ 113 (2) 2 bzw. (3) 2 GO NW und § 111 (3) 3 NdsGO ] . Hieraus wird hergeleitet, daß man in diesen Fällen auch den entsprechenden Vertreter direkt im Gesellschaftsvertrag benennen könne [ Held 7 zu § 113 ] .

6.1.3. Sonstige geborene Aufsichtsratsmitglieder

Wird diese Lösung in einem anderen Land [ Thüringen, Baden-Württemberg und Sachsen ] gewählt oder wird z.B. im Gesellschaftsvertrag ein Ratsmitglied benannt, ist das geborene Aufsichtsratsmitglied - z.B. der Vorsitzende der Mehrheitsfraktion oder auch sonstige Fraktionsvorsitzende - mangels einer Entscheidung des Rates oder des Gemeindevorstandes nicht Vertreter der Gemeinde. Die Stellung in der GmbH wird nicht durch die kommunalrechtlich vorgeschriebene Wahl vermittelt.

Die geborenen Aufsichtsratsmitglieder sind nach dem Gesellschaftsvertrag vielfach Mitglieder im Aufsichtsrat kraft ihres Amtes, wenn es z.B. heißt, daß Bürgermeister oder Kämmerer oder ein Ratsmitglied automatisch Mitglied im Aufsichtsrat sein sollen. Dies bedingt sicherlich auch, daß auch in diesen Ländern von ihnen erwartet wird, daß sie die Interessen der Gemeinde in die Beratungen des Aufsichtsrates einbringen. Sie unterfallen jedoch insoweit dann nicht den Bestimmungen der GO. Ihre Stellung bestimmt sich allein nach dem Gesellschaftsrecht. Ein Weisungsrecht der Gemeinde ihnen gegenüber gibt es nicht. Da es an einem Bestellungsakt der Gemeinde fehlt, kommt allerdings auch eine Anwendung der §§ 394, 395 AktG - bei AG direkt, bei GmbH indirekt - nicht in Betracht. Die „geborenen" Aufsichtsratsmitglieder sind der Gemeinde gegenüber in diesen Ländern zur vollen Verschwiegenheit verpflichtet. Auch die Vorschrift über die Haftungsfreistellung nach der jeweiligen GO kann bei ihnen keine Anwendung finden. Es fehlt an der der jeweiligen GO entsprechenden gemeindeinternen Legitimation der Stellung und damit an der Zurechenbarkeit des Verhaltens der Gemeinde gegenüber.

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6.2. Hauptamtlicher Bürgermeister

Wir hatten bereits ausgeführt, daß der hauptamtliche Bürgermeister kraft seines Amtes in einer Reihe von Ländern Mitglied im Aufsichtsrat wird [ Art. 38 (1) BayGO, § 119 (2) GO Sa.-An., § 71 (2) KV M-V, § 125 (2) HessGO, § 104 (2) GO Brand., § 88 (3) GO Rh-Pf, § 112 (1) 2 KSVG Saar. ] . Der Bürgermeister kann sich vertreten lassen [ Art. 93 BayGO ] oder einen Beamten oder Angestellten [ § 119 (1) GO Sa.-An., § 122 (1) KSVG Saar. ] , einen Mitarbeiter [ § 71 (1) KV M-V, ] bzw. einen Bedienste-ten [ § 104 (1) GO Brand., § 88 (1) GO Rh-Pf ] der Gemeinde mit seiner Vertretung beauftragen. Der Gemeindevorstand in Hessen kann besondere Vertreter bestellen [ § 125 (1) HessGO ] .

In Nordrhein-Westfalen und Niedersachen ist bei mehreren Vertretern der Bürgermeister oder ein von ihm vorgeschlagener Beamter oder Angestellter bzw. beauftragter Gemeindebediensteter zu berücksichtigen [ § 111 (3) NdsGO, § 113 (2) GO NW ] , so daß es automatisch zusätzlich zumindest einen von der Gemeinde gewählten Vertreter [ § 50 (4) GO NW, § 111 (8) NdsGO ] gibt. In anderen Ländern können weitere Vertreter durch Wahl bestimmt werden [ § 119 (1) 2 GO Sa.-An., § 71 (1) 2 KV M-V, § 104 (1) 3 GO Brand., § 88 (1) 2 GO Rh-Pf, § 112 (2) KSVG Saar. ] .

Ansonsten ist eine Wahl durchzuführen [ § 105 (2) GO BW, § 98 (2) SächsGO, § 104 (1) GO Schl-H, § 26 (2) 14 ThürKO ] .

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6.3. Entsendung, Bestellung oder Bestimmung

Damit entscheidet der Rat der Gemeinde, wer als Vertreter im Aufsichtsrat vorgeschlagen oder entsandt werden soll, wenn die Stellung nicht kraft Amtes begründet wird.

Im Verhältnis zur Gesellschaft wird die Auswahl des Aufsichtsratsmitglied in den kommunalrechtlichen Vorschriften als Bestimmung, Bestellung oder Entsendung bezeichnet.

Die Entsendung ist sicherlich die günstigste Möglichkeit. Von ihr haben verschiedene Länder „Gebrauch" gemacht [ § 111 (3) NdsGO, § 113 GO NW, § 119 (1) 2 GO Sachsen-Anhalt, § 105 (1) 2 GO BW ] . Daneben gibt es noch die sog. Bestellung des Mitglieds [ §§ 28, 104 GO Schl-H, § 88 (1) 2 GO Rh-Pf, § 104 (1) 3 GO Brand., § 71 (2) KV M-V ] , was bedeutet, daß die Gemeinde das Mitglied unmittelbar bestimmt, ohne daß es einer Wahl durch ein Unternehmensorgan bedarf [ Rehn/Cronauge VI 2 zu § 113 ] , also nur als ein anderer Begriff für die Entsendung anzusehen ist.

In diesen Ländern wird man die Kommunen bezüglich des Aufsichtsrats der AG oder GmbH für verpflichtet halten müssen, sich ein Entsendungsrecht einräumen zu lassen. Nur für den Fall, daß dies gesellschaftsrechtlich nicht durchsetzbar ist, wird sich die Gemeinde mit einem Vorschlagsrecht begnügen dürfen. Mittelbar ergibt sich diese Verpflichtung auch aus der Pflicht zur Einflußnahme. Allein Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sehen ausdrücklich die Verpflichtung der Gemeinde vor, bei Abschluß des Gesellschaftsvertrages darauf hinzuwirken, daß ihr das Recht der Entsendung eingeräumt wird [ § 111 (3) NdsGO, § 113 (2) GO NW ]

Andere Länder sehen vor, daß die Aufsichtsratsmitglieder bestimmt werden [ § 112 (1) KSVG Saar., § 98 (2) SächsGO ] . Hier kommt grundsätzlich beides - Vorschlag und Wahl oder Entsendung - gleichwertig in Betracht. Da aber der Einfluß in der Gesellschaft, der über den Vertreter im Aufsichtsrat genommen wird, größer ist, wenn von der Entsendung Gebrauch gemacht wird, ergeben sich hier keine Unterschiede zu den sonstigen Ländern. Soweit dies durchsetzbar ist, muß die Gemeinde auf eine Entsendung hinwirken.

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6.4. Verhältnis- oder Mehrheitswahl

Um den Wahlvorgang als solchen, der zum Vorschlag oder der Entsendung führt, hat es einen langen Streit gegeben [ In Hessen gibt es eine Sonderregelung, nach der der Gemeindevorstand die Mit glieder im Aufsichtsrat bestellt - § 125 (2), (1) GO Hess. Hier dürfte sich die Frage nicht ergeben. ] . Einige haben mit Macht vertreten, daß nur die Mehrheitswahl in Betracht komme. Allein so sei gesichert, daß nur die Besten als Repräsentanten der Gemeinde in den Aufsichtsrat einziehen [ Vgl. Domisch GHH 80, 107 ff, Stüer GHH 81, 243 ff und OVG Münster Urteil v. 28.10.83 GHH 83, 287 ff ] . Man wird sich vorstellen können, daß die Vertreter der Oppositionsfraktionen im Rat hier einiges einzuwenden hatten. Auch wenn keine demokratische Legitimation für die Stellung im Aufsichtsrat erforderlich ist, spiegelt sich doch der Bürgerwille in der Verhältniswahl besser wieder. Viele Länder haben den Streit gesetzlich im Sinne einer Verhältniswahl gelöst [ § 50 (4) i.V.m. (3) GO NW, § 71 (1) 2 GO M-V, § 112 (2) GO Saarland; unter Verweis auf Ausschüsse § 119 (1) 2 GO Sachsen-Anhalt, § 105 (1) 2 GO BW, § 88 (1) 2 GO Rh-Pf, § 104 (1) 3 GO Brandenburg, § 98 (1) 3 SächsGO; vgl. Müller NWVBl 97, 172 ff ] . Damit kann man für die weitere Betrachtung von der Verhältniswahl als Grundprinzip ausgehen.

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7. Befristung

Die Dauer der Aufsichtsratsmitgliedschaft bestimmt sich primär nach dem Gesellschaftsrecht. So sieht § 102 AktG eine Befristung vor, die kommunalrechtlich nicht abbedungen werden kann. Bei der GmbH kann im Gesellschaftsvertrag, bei der Genossenschaft im Statut eine Regelung erfolgen.

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7.1. Bindung an haupt- oder ehrenamtliche Tätigkeit - Befristung bei der Bestellung

Schleswig-Holstein, Thüringen und Sachsen-Anhalt haben für Ratsmitglieder bestimmt, daß die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat enden soll, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit endet [ § 25 (2) 2 GO Schl-H, § 74 (3) ThürKO, § 119 (2) 2 GO Sa.-An. ] . Gesellschaftsrechtlich wirkt dies nicht automatisch. In der AG und in der GmbH oder Genossenschaft, in der die Amtszeit nicht begrenzt ist, kann man gesellschaftsrechtlich die kommunalrechtliche Bestimmung nur durch Abberufung erfüllen, soweit es sich um ein entsandtes Aufsichtsratsmitglied handelt. Handelt es sich um einen gewählten Vertreter, den die Gemeinde nur vorgeschlagen hat, kann nur ein Abwahlverfahren eingeleitet werden, daß aber von einer qualifizierten Mehrheit in Haupt-, Gesellschafts- oder Generalversammlung abhängig ist.

Da der Bestellung der Aufsichtsratsmitglied kommunalrechtlich in der Regel eine Wahl zugrundeliegt, gibt es aber auch bei der Abberufung zwei zu betrachtende Ebenen, die gesellschafts- und die kommunalrechtliche Ebene. Auch der Abberufung liegt eine Entscheidung des Rates zugrunde. Die Gerichtsverfahren, die uns in diesem Zusammenhang bekannt geworden sind, betrafen in der Hauptsache die Berechtigung dieses Ratsbeschlusses.

Außerhalb von Schleswig-Holstein, Thüringen und Sachsen-Anhalt ist die Stellung im Aufsichtsrat nicht durch die Amtszeit des Rates befristet. Da die Vertreter im Aufsichtsrat in der Regel im Wege der Verhältniswahl gewählt werden [ § 105 (2) GO BW, § 104 (1) 3 GO Brand., § 112 (2) KSVG Saar., § 98 (2) 2 SächsGO, § 71 (1) 3 KV M-V, § 119 (1) 2 GO Sa.-An., § 50 (4) GO NW ] , wird der Proporz, der durch die Wahlen im Rat der Kommune gilt, auf die Bestimmung der Aufsichtsratsmitglieder übertragen. Kommt es zu Neuwahlen, ohne daß die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat endet, kann es z.B. dazu kommen, daß das Aufsichtsratsmitglied und der es entsendende Rat „aneinandergeraten". Ob Neuwahlen und damit geänderte Mehrheitsverhältnisse kommunalrechtlich eine Abberufung der Aufsichtsratsmitglieder rechtfertigen können, ist nach einer Entscheidung des OVG Münster streitig [ OVG Münster Beschluß v. 12.2.90 in DVBl 90, 834 ff ] . Deshalb wird empfohlen, daß mit dem Beschluß zur Bestellung die Amtszeit auf die Dauer der Amtszeit des Rates begrenzt wird [ Vgl. Held 9 zu § 113 GO NW ] . Auch aus Sicht des Aufsichtsratsmitgliedes spricht einiges für eine derartige Lösung, wenn man sich wieder vor Augen hält, daß die Mitgliedschaft nur „Anhängsel" ist und z.B. eine politische Karriere so ziemlich ramponiert werden kann. Für die dann auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene auszusprechende Abberufung wird damit ein kommunalrechtlicher Streit vermieden.

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7.2. Sonderregelung Bayern und Hessen

Für Bayern und Hessen ergibt sich, wie ausgeführt, insofern eine Sonderregelung, als der Bürgermeister oder der Gemeindevorstand die Gemeinde im Aufsichtsrat vertritt. Soweit dies aber nicht in Peron, sondern durch vom Bürgermeister oder Gemeindevorstand bestimmte Vertreter stattfindet, findet sich auch hier kommunalrechtlich eine Bindung an das Amt [ Art. 93 (3) BayGO und § 125 (2) 2 HessGO ] . Diese Vertreter sind ebenfalls als Person Aufsichtsratsmitglied und stimmen nicht namens des Bürgermeisters oder des Gemeindevorstandes ab. Auch sie müssen entsandt oder gewählt und gesellschaftsrechtlich abberufen werden.

Die Regelung in Bayern und Hessen sieht zwar eine Bindung an eine haupt- oder ehrenamtliche Tätigkeit vor. Allerdings fehlt es an einer Bindung an die Amtszeit des bestellenden Bürgermeisters oder Gemeindevorstandes. Demgemäß ist hier die Befristung, wie sie Schleswig-Holstein, Thüringen oder Sachsen-Anhalt vorsehen, der entsprechenden Regelung gerade nicht zu entnehmen. Es gilt insofern, was für alle anderen Länder unter 7.1. gesagt wurde.

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7.3. Regelung im Statut der Genossenschaft oder im Gesellschaftsvertrag der GmbH

Für die GmbH und Genossenschaft besteht darüber hinaus die Möglichkeit, die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder im Gesellschaftsvertrag oder Statut z.B. in Anlehnung an die Amtszeit des Rates zu regeln. Durch eine entsprechende Regelung wird die Abberufung des kommunalen Vertreters im Aufsichtsrat entbehrlich. In den Ländern, die ein automatisches Ende des Mandates mit der haupt- oder ehrenamtlichen Stellung vorsehen [ § 25 (2) 2 GO Schl-H, § 74 (3) ThürKO, § 119 (2) 2 GO Sa.-An. ] , stellt sich die Frage, ob die Regelung der GO die jeweilige Gemeinde nicht hierzu sogar verpflichtet. Aus den unter 7.1 genannten Gründen kann es sich aber auch in den anderen Ländern anbieten, in den Gesellschaftsvertrag der GmbH oder das Statut der Genossenschaft eine Regelung aufzunehmen.

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8. Minderheitenschutz

Mit der Verhältniswahl von kommunalen Vertretern im Aufsichtsrat wird ein Parteienproporz hergestellt. Eng mit diesem Ansatz verbunden sind die Fragen zum Minderheitenschutz.

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8.1. Verhältniswahl und Weisungsrecht

In der weiteren Betrachtung werden wir noch auf die Bedeutung des sog. Weisungsrechts gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern eingehen. Hier soll eine Frage vorweg behandelt werden. Hebelt nicht bei einem Verhältniswahlrecht die Weisung kraft Mehrheitsbeschlusses dann den durch die Verhältniswahl gewährten Minderheitenschutz wieder aus [ Vgl. Meier/Wieseler GHH 93, 174 ff, 177 ] ? Die Weisung wird schließlich wiederum von der Mehrheit im Rat beschlossen.

Minderheitenrechte sind grundsätzlich Teilnahmerechte. Auf ein bestimmtes Ergebnis einer Entscheidung hat die Minderheit keinen Anspruch. Soweit ein Weisungsrecht der Mehrheit nicht die Regel wird oder Überhand nimmt, wird man hierin keinen Verstoß gegen das durch die Verhältniswahl begründete Minderheitenrecht sehen können.

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8.2. Verhältniswahl und einheitliches Stimmrecht

§ 88 (2) 1 GO Rh-Pf [ Einheitliche Stimmabgabe; außer bei Kreditaufnahmen Entscheidung der Ge samtmehrheit der Vertreter im Aufsichtsrat, ansonsten ausschlaggebende Stimme die des Bürgermeisters ] sieht vor, daß die Stimmen der Gemeinden nur einheitlich abgegeben werden können. Ggf. könnte man in den anderen Ländern über eine ähnliche Regelung kraft Weisung des Rates nachdenken. Eine derartige Regelung könnte aber mit dem durch die Verhältniswahl bezweckten Minderheitenschutz im Widerspruch stehen, auch wenn sie sicherlich sinnvoll wäre. Wenn noch andere Gesellschafter an der AG oder GmbH beteiligt sind, könnten diese den Parteienproporz ausnutzen und mal mit den Vertretern der einen Partei, mal mit den Vertretern der anderen Partei stimmen. Die Gefahr dabei ist, daß dann die Interessen der Kommune, die ja von ihren Vertretern gewahrt werden sollen, auf der Strecke bleiben könnten.

Es ist nicht zu verkennen, daß die Aufsplittung des Stimmrechts eine für die Gemeinde oft besonders ärgerliche Entwicklung sein kann. Wenn man aber nach der Verhältniswahl die Mitglieder bestimmt und damit den Parteienproporz will, kann man nicht generell eine unterschiedliche Ausübung des Stimmrechts ausschließen. Dann hätte sich die jeweilige GO für eine Mehrheitswahl entscheiden müssen, was ja durchaus zulässig wäre. Verhältniswahl und Anordnung einer einheitlichen Stimmabgabe schließen sich aus.

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8.3. Teilnahme an Sitzungen

Wir wollen aber auch noch einmal auf einen Ansatz, den eine Fraktion in einer nordrhein-westfälischen Stadt [ Wir können die Stadt leider nicht nennen. Über die Tagung der Rechtsamtsleiter hat der dortige Kollege sowohl Ablichtungen des Beschlusses des VG Arnsberg, als auch des OVG Münster zur Verfügung gestellt. Auch wenn zu diesem Zeit punkt die Ausarbeitung noch nicht zur Rede stand, dürfen wir dies doch zum Anlaß nehmen, ihm für die Zurverfügungstellung der Unterlagen zu danken. Mittlerweile ist der Beschluß des OVG Münster in NWVBl 97, 67 f veröffent licht. ] verfolgte, zurückkommen. Nach einem entsprechenden Ratsbeschluß wurde in den Gesellschaftsvertrag ein Passus aufgenommen, der vorsah, daß die Mitglieder der Fraktionen, die nicht im Aufsichtsrat durch einen Repräsentanten vertreten waren, an den Sitzungen als Zuhörer teilnehmen durften [ VG Arnsberg Beschluß v. 12 L 1736/95 v. 23.10.95, S. 4. ] . Diese Regelung ist dem Minderheitenschutz, wie er teilweise [ § 36 (5) KV M-V für beratende Ausschüsse, § 46 (2) GO Sa.-An., § 46 (8) GO Schl-H, § 50 (4) GO Brand., § 51 (3) NdsGO, § 48 (3) KSVG Saar., § 42 (4) SächsGO ] für die Ausschüsse gilt, nachempfunden. So heißt es in § 58 (1) 3 GO NW:

„An nichtöffentlichen Sitzungen eines Ausschusses können die stellvertretenden Ausschußmitglieder sowie alle Ratsmitglieder als Zuhörer teilnehmen...".

Sowohl das VG Arnsberg, als auch das OVG Münster haben dies abgelehnt. Zu den gesellschaftsrechtlichen Gründen - Verstoß gegen § 109 AktG als Grundprinzip - haben wir schon Stellung genommen. Das VG Arnsberg orientierte sich sehr stark am § 113 GO NW, den es als insoweit abschließende Regelung sieht:

„..., daß der Gesetzgeber in § 113 GO NW n.F. eine umfassende Regelung geschaffen hat, die im Sinne eines Ausgleichs unter Umständen gegenläufiger Interessen der Gemeinde auf Sicherung eines entsprechenden Einflusses in den jeweiligen, insbesondere von ihr selbst gehaltenen privatrechtlichen Unternehmen als auch umgekehrt den berechtigten Interessen des jeweiligen Unternehmens selbst an einem effizienten und wirtschaftlich erfolgreichen Handeln Rechnung tragen soll."

Das OVG Münster hat die Regelung aus gesellschafts- wie kommunalrechtlichen Gründen abgelehnt, aber auch den insoweit abschließenden Charakter der Sonderregelung des § 113 GO NW bestätigt [ hier zitiert nach OVG Münster 15 B 3199/95 Beschluß v. 21.12.95, S. 5 ] . Damit gilt dieser Grundsatz ebenfalls für die Genossenschaft, letztendlich als Strukturprinzip aber auch bei eingetragenem Verein oder Stiftung.

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9. Weisung

Im Mittelpunkt der Erörterungen der kommunalrechtlichen Literatur über Rechte und Pflichten kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat [ Zu den Informations- und Prüfungsrechten der Gemeinde ist hier nicht Stellung zu nehmen, da die Regelungen der §§ 53 f HGrG nicht die Rechte und Pflichten des Aufsichtsratsmitgliedes betreffen - Vgl. insofern z.B. Giesen GHH 89, 223 ff, zur Beteiligungsverwaltung vgl. Henke/Ruter GHH 95, 149 ff ] steht neben der Kollision zwischen Verschwiegenheitspflicht und Unterrichtungs- bzw. Auskunftsansprüchen das gemeindliche Weisungsrecht in Abgrenzung zum Gesellschaftsinteresse [ Held u.a. 8 zu § 113, Rehn/Cronauge III zu § 113, Decher ZIP 90, 277 ff, Harder/Ruter GmbHR 95, 813 ff, Janitschek VR 93, 115 ff, 119 f, Meier/Wieseler GHH 93, 174 ff, 177 ff, Schwintowski NJW 95, 1316 ff, Treder GHH 86, 145 ff jeweils mit weiteren Nachweisen ] . Beides sind „Schlüsselthemen" für die Gemeinde, die sich ja kraft Gesetzes einen angemessenen Einfluß auf die Gesellschaft sichern muß [ hier § 108 (1) 6 GO NW, vgl. aber auch § 103 (1) 3 GO BW, Art. 91 (1) 3 BayGO, § 102 Nr.2 GO Brand., § 109 (1) 6 NdsGO, § 109 (1) 3 KSVG Saar., § 96 (1) 2 SächsGO, § 102 (1) 3 GO Schl-H, § 122 (1) 3 HessGO, § 117 (1) 3 GO Sa.-An., § 69 (1) 3 KV M-V. Die Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz enthält nach den uns vorliegenden Unterlagen keine entsprechende Regelung, hier dürfte das Prinzip aber ebenfalls als allgemeiner Grundsatz anwendbar sein. ] . Auch wenn der Aufsichtsrat grundsätzlich keine geschäftsführende Aufgaben hat - Vgl. § 111 (4) 1 AktG für die AG und die oben erörterte Frage der Übertragung von Geschäftsführungsaufgaben auf den Aufsichtsrat in der GmbH -, zeigen besonders die oben gemachten Ausführungen zur Beratung des Vorstandes als Teil der Überwachung, daß der Aufsichtsrat auf die Unternehmenspolitik einigen Einfluß nehmen kann. Diesen Einfluß kann die Gemeinde nach den kommunalrechtlichen Regelungen durch Weisungen an sich ziehen, um ihrer Pflicht - Ingerenz - zur Erfüllung der ihr übertragenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben nachkommen zu können. Dem können natürlich Interessen der Unternehmensleitung - Vorstand oder Geschäftsführer - entgegenstehen, die sich nicht in ihr Unternehmen „hineinregieren" lassen wollen [ Vgl. Schwintowski a.a.O., 1317 ] . Aber auch sachlich gibt es Kollisionen, wie HEW/Janssen [ Vgl. Beschluß des OLG Hamburg vom 23.1.90, a.a.O. und Decher ZIP a.a.O. ] gezeigt hat. Während HEW weiter auf die Nutzung des Atomstroms setzte, weil der Ausstieg viel Geld gekostet hätte, setzte die Landesregierung Schleswig-Holstein auf den Ausstieg aus der Atomenergie.

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9.1. Regelung des Weisungsrechts in den Ländern

Die Frage des Weisungsrechtes ist für die einzelnen Länder unterschiedlich geregelt:

9.1.1. Allgemeine Geltung des Weisungsrechts

Die meisten Länder sehen eine Weisungsgebundenheit vor, die aber, was auf Grund des Vorrang des Gesellschaftsrechts als Bundesrechts eigentlich selbstverständlich ist, nur insofern gilt, als das Gesellschaftsrecht dem nicht entgegensteht:

- In Bayern vertritt der Bürgermeister die Gemeinde im Aufsichtsrat, wobei dies nicht unbedingt bedeutet, daß er als Person auftritt. Sonstige Personen sind aber nur kraft Vollmacht als Vertreter des Bürgermeisters berechtigt, das Mandat im Aufsichtsrat wahrzunehmen. Als Vertreter unterliegen sie den Weisungen des Bürgermeisters [ Vgl. Art. 93 (2) 2 BayGO ] . Ebenso sind sie verpflichtet, der Aufnahme von Krediten oder einer Unterbeteiligung nur nach vorherigem Beschluß des Rates [ Art. 93 (1) BayGO ] zustimmen.

- In Thüringen findet sich keine ausdrückliche Regelung. Die Haftungsfreistellung in § 74 (2) ThürKO erstreckt sich aber auch auf die Aufsichtsratsmitglieder. Vor allem sind diese nach dem Wortlaut des § 74 (1) ThürKO bei der Aufnahme von Krediten oder der Unterbeteiligung - Beteiligung der Gesellschaft als juristischer Person an einer anderen Gesellschaft - verpflichtet, eine Entscheidung des Rates herbeizuführen [ Gesellschaftsrechtlich gesehen ist diese Verpflichtung der GO eine der Weisung vergleichbare Einschränkung der selbstverantwortlich wahrzunehmenden Auf sichtsratsmitgliedschaft. ] . Dort, wo wie in Niedersachsen die Vertreter im Aufsichtsrat nicht weisungsgebunden sind, ist ihnen auch keine solche Pflicht bei Kredit oder Unterbeteiligung auferlegt worden. Damit spricht hier alles dafür, daß die Vertreter im Aufsichtsrat weisungsgebunden sein sollen.

- In Hessen ist der Gemeindevorstand Vertreter im Aufsichtsrat und kann besondere Vertreter bestellen, die an Weisungen gebunden sind [ § 125 (2) i.V.m. (1) HessGO ] .

- In Nordrhein-Westfalen ist vorgesehen, daß die Vertreter der Kommune im Aufsichtsrat die Interessen der Gemeinde zu verfolgen haben und an Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse gebunden sind [ § 113 (1) GO NW ] . Soweit Gemeinden oder Gemeindeverbände unmittelbar oder mittelbar mit mehr als 25 % an einem Unternehmen beteiligt sind und dieses Unternehmen sich an einem anderen Unternehmen beteiligen will - sog. Unterbeteiligung -, ergibt sich aus § 108 (3) 3 GO NW das Erfordernis eines vorherigen Ratsbeschlusses.

- Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Brandenburg sehen vor, daß die Regelungen für die Vertreter in der Hauptversammlung entsprechend für die Vertreter im Aufsichtsrat gelten und die Vertreter im Aufsichtsrat deshalb den Weisungen und Richtlinien der Gemeindevertretung zu folgen haben [ § 71 (2) i.V.m. (1) 3 KV M-V, § 104 (2) i.V.m. (1) 4 GO Brand., § 88 (3) i.V.m. § 88 (1) 3 GO Rh-Pf ] . In Mecklenburg-Vorpommern bedarf die Zustimmung zur Aufnahme von Krediten der Gesellschaft des vorherigen Ratsbeschlusses [ § 72 KV M-V ] . In Rheinland-Pfalz darf Krediten und Unterbeteiligungen der Gesellschaft, wenn die Gemeinde oder Gemeindeverbände einen Anteil von mehr als 75 % halten, nur nach Genehmigung der Aufsichtsbehörde zugestimmt werden [ § 89 GO Rh-Pf ] .

- Sachsen-Anhalt sieht durch einen Verweis auf die Regelung für die Vertretung in der Hauptversammlung vor, daß den Vertretern der Kommune Weisungen erteilt werden können [ § 119 (2) i.V.m. (1) 3 GO Sa.-An. ] .

- In Schleswig-Holstein verweist § 104 (2) GO auf die Regelung für die Ehrenbeamten, die Weisungen der Gemeinde zu befolgen haben [ § 25 (1) GO Schl-H ] . § 102 (5) GO sieht die Verpflichtung zur Einholung der vorherigen Zustimmung des Rates vor, wenn sich eine Gesellschaft, die zu mehr als 50 % Gemeinden und Gemeindeverbänden gehört, an einer anderen Gesellschaft beteiligen will.

- Das Saarland sieht vor, daß ein Vertreter des Bürgermeisters im Aufsichtsrat dessen Weisung unterliegt, dagegen alle Vertreter im Aufsichtsrat an die Richtlinien des Rates gebunden sind [ § 112 (1) 3, (3) KSVG Saar. ] . Auch im Saarland ist für Gesellschaften, die zu mehr als 50 % Gemeinden und Gemeindeverbänden gehören, vor der Zustimmung zu einer Unterbeteiligung ein Ratsbeschluß herbeizuführen [ § 109 (5) KSVG Saar. ] .

9.1.2. Sonderregelung Niedersachsen

Niedersachsen hat sich gegen eine Weisungsgebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder entschieden. In § 111 NdsGO wird zwischen Regelungen für die Mitglieder im Aufsichtsrat und für die Vertreter und Vertreterinnen in der Gesellschaftsversammlung bzw. Vertreter/Vertreterinnen sehr scharf unterschieden. Nur die Vertreter und Vertreterinnen in der Gesellschaftsversammlung sind an Beschlüsse des Rates und des Verwaltungsausschusses gebunden [ § 111 (1) NdsGO ] . Da auch die Absätze 3 und 8 für die Aufsichtsratsmitglieder nicht auf Absatz 1 verweisen, hat der Gesetzgeber in Niedersachsen keine Weisung an die Aufsichtsratsmitglieder vorgesehen.

Demgemäß sieht § 111 (5) NdsGO die vorherige Beschlußfassung des Rates bei einer Unterbeteiligung nur für die Vertreter und Vertreterinnen in Haupt-, Gesellschafts- oder Generalversammlung vor.

9.1.3. Zweifelsfälle Baden-Württemberg und Sachsen

Nicht eindeutig formuliert ist die Regelung in Sachsen und in Baden-Württemberg. Dort kann nach § 98 (1) 4 SächsGO und § 105 (1) 3 GO BW den Vertretern in der Haupt-, Gesellschafts- oder Generalversammlung eine Weisung erteilt werden. Im jeweiligen Absatz 2 ist ein Wahlmodus für die Mitglieder im Aufsichtsrat vorgesehen. In jeweiligen Absatz 3 Satz 2 wird die Erstattungspflicht für einen Haftungsfall bei einer Weisung geregelt.

Letztendlich wird man also auf eine Entscheidung des OVG Bautzen oder VGH Baden-Württemberg warten müssen. In beiden Ländern ist weder für die Aufnahme von Krediten, noch für eine Unterbeteiligung der Gesellschaft vorgesehen, daß die Vertreter im Aufsichtsrat für ihre Zustimmung eines Ratsbeschlusses bedürfen. Dies ist sicherlich ein Indiz, daß gegen die Annahme einer Weisungsgebundenheit der Aufsichtsratsmitglieder spricht. Aber nicht in allen Ländern, in denen Weisungen zulässig sind, ist auch eine derartige Regelung vorzufinden. Daß Absatz 3 Satz 2 seiner Stellung nach auch für Aufsichtsratsmitglieder gilt, legt demgegenüber nahe, daß der Absatz 2 wirklich nur einen Wahlmodus beinhaltet und Weisungen zulässig sind. In beiden Ländern ist aber auch vorgesehen, daß sich die Gemeinde einen angemessenen Einfluß insbesondere im Aufsichtsrat vorbehalten muß [ § 103 (1) 3 GO BW, § 96 (1) 2 SächsGO ] . Dies spricht eher dafür, daß, wie in den meisten anderen Ländern auch, eine Weisung an Aufsichtsratsmitglieder kommunalrechtlich zulässig ist, soweit nicht das Gesellschaftsrecht dem entgegensteht.

Dabei handelt es sich aber auch nicht um eine rein rechtstheoretische Diskussion, sondern um eine für die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat wichtige Frage. In beiden Ländern ist die Unterrichtung von kommunalen Gremien durch die Vertreter nicht in der jeweiligen GO verankert. Eine Unterrichtungspflicht, wie sie §§ 394, 395 AktG verlangen, kann sich hier allenfalls aus einer Weisung an die Aufsichtsratsmitglieder ergeben. Ginge man für Baden-Württemberg und Sachsen davon aus, daß die jeweilige Gemeindeordnung eine Weisung an die Aufsichtsratsmitglieder ausschließt, liefe in diesen beiden Bundesländern §§ 394, 395 AktG leer. Die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat würden dann voll der Verschwiegenheitspflicht unterliegen und könnten sich mit jedem Bericht im kommunalen Raum, der Geheimnisse oder vertrauliche Angaben der Gesellschaft betrifft, strafbar machen.

Es bleibt, wie gesagt, zu hoffen, daß die Gerichte oder der Gesetzgeber ein Klärung herbeiführen. Wir sind - mangels besserer Anhaltspunkte - zu der Ansicht gelangt, daß in Baden-Württemberg und Sachsen Weisungen - zumindest da, wo das Gesellschaftsrecht dies zuläßt - kommunalrechtlich auch an die Aufsichtsratsmitglieder erfolgen können.

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9.2. Art der Weisung

Die gemeinderechtlichen Bestimmungen sprechen von Weisungen oder Richtlinien, Weisungen, der Bindung an Beschlüsse bzw. der vorherigen Einholung eines Beschlusses des Rates bzw. der Aufsichtsbehörde vor der Kreditaufnahme oder Unterbeteiligung.

9.2.1. Richtlinie und Weisung

Bei Richtlinien dürfte es sich um allgemeine Weisungen handeln, die ähnlich wie z.B. die Dienstanweisung im Bereich der Ämter allgemeine Grundsätze aufstellen, die zu befolgen sind.

Dort, wo nur ein Weisungsrecht vorgesehen ist, wird man entsprechend zwischen allgemeinen und besonderen Weisungen unterscheiden müssen. Es wäre eine Überstrapazierung des Gesetzesvorbehaltes hier nur in den Ländern, die Richtlinien ausdrücklich nennen, allgemeine Weisungen zuzulassen. Vielmehr wird man den Begriff der Weisung als Oberbegriff verstehen müssen.

9.2.2. Allgemeine und besondere Weisung

Die Bindung an Beschlüsse in Nordrhein-Westfalen betont, was sich für andere Länder daraus ergibt, daß es einer Weisung des Rates oder der Gemeindevertretung bedarf. Hier sind ebenfalls allgemeine und besondere Weisungen als zulässig anzusehen.

9.2.3. Zustimmung zur Kreditaufnahme/Unterbeteiligung

Eine Sonderregelung haben einige Länder für Zustimmungen zu Kreditaufnahmen und Unterbeteiligungen vorgesehen, in den anderen Ländern könnte dies Gegenstand einer Richtlinie oder Weisung sein. Kreditaufnahmen und Unterbeteiligungen bedürfen in vielen Fällen nach § 111 (4) AktG, §§ 52 (1) GmbHG, 111 (4) AktG der Zustimmung des Aufsichtsrates. Vor Erteilung der Zustimmung bedarf es dann eines vorherigen Beschlusses des Rates oder der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Aus Sicht des Gesellschaftsorganes Aufsichtsrat ist dies wie eine Weisung an die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat eine rein interne Bindung. Daß es hier Probleme mit dem Gesellschaftsrecht geben kann, zeigen § 108 (3) 5 GO NW, § 102 (5) 5 GO Schl-H und § 109 (5) 5 KSVG Saar [ "Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, soweit ihnen zwingende Vorschriften des Gesell schaftsrechts entgegenstehen." ] .

Kreditaufnahmen der Gesellschaft sind von einem „einfachen Geschäft der laufenden Verwaltung" bis hin zu einem besonderen Risikogeschäft gestreut. Dabei ist je nach Lage des Unternehmens und der Höhe des Kredits eine unterschiedliche Beurteilung möglich. Allerdings wird man heute kaum noch wirtschaftliche Unternehmen finden, die ohne Kreditaufnahmen arbeiten.

Unterbeteiligungen können zu ganz erheblichen Verschiebungen im Hinblick auf den Einfluß der Gemeinde auf die AG oder GmbH bringen.

Ob die hier genannten Geschäfte die einzigen sind, die besonders risikoreich sind, mag dahingestellt bleiben.

Hier kommt allerdings wiederum zum Tragen, daß der Vertreter im Aufsichtsrat anders als der Vertreter in der Hauptversammlung Repräsentant und nicht Vertreter i.S.d. §§ 164 ff BGB ist. Oben - bei der Erörterung des gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsleiters und der Verschwiegenheitspflicht - haben wir dargestellt, daß die Aufsichtsratsmitglieder eine Selbstverantwortung übernehmen müssen. Daß dies auch von der Rspr anerkannt wird, zeigt die Entscheidung des OVG Münster, die hier Sachkunde und Fachwissen des einzelnen als maßgebliches Kriterium genannt hat [ Vgl. OVG Münster Urteil v. 28.10.83 in GHH 83, 288 ff ] . Mit der so beschriebenen eigenverantwortlichen Stellung ist ein Zustimmungsvorbehalt - der anders als eine Einzelweisung eine generelle Einschränkung vorsieht - nicht vereinbar. Vielmehr wird das Aufsichtsratsmitglied für sich im Einzelfall entscheiden müssen, wie mit Krediten und Unterbeteiligungen in der Gesellschaft verfahren werden soll und ob es die Angelegenheit z.B. für so bedeutsam hält, daß dem Rat Bericht erstattet wird.

Für die Länder, die den Zustimmungsvorbehalt generell vorsehen, wird man die Verpflichtung zur Einholung eines Ratsbeschlusses auf die Vertreter in Haupt-/Gesellschafterversammlung beschränken müssen. In den Ländern, in denen keine Regelung vorgesehen ist, würde eine Richtlinie oder Weisung gegen Strukturprinzipien des bundesrechtlich geregelten Gesellschaftsrechts verstoßen und wäre unwirksam. Bestätigt wird dies Ergebnis aber auch durch die o.g. Rspr zur Frage der Gemeindeangelegenheit [ Vgl. OVG Münster v. 28.10.83 in GHH 83, 286 f und für eine Sparkasse VGH Mannheim NVwZ-RR 90, 320 ff ] . Auch die Kreditaufnahme oder Unterbeteiligung der AG, Genossenschaft oder GmbH sind keine Gemeindeangelegenheiten.

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9.3. Anweisender

In Bayern steht das Weisungsrecht dem Bürgermeister zu. In Hessen wird es von dem Gemeindevorstand ausgeübt.

In den meisten anderen Ländern steht das Weisungsrecht dem Rat oder der Gemeindevertretung zu. Wo, wie in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg ein Weisungsrecht der Gemeinde zugewiesen wird, dürfte es wegen der Bedeutung der Angelegenheit dem Rat zustehen. In Nordrhein-Westfalen besteht eine Bindung auch an die Beschlüsse der Ausschüsse.

Die Weisung wird, wie Nordrhein-Westfalen betont, von dem Gemeindeorgan durch Beschluß ausgeübt. Hier stellt sich die oben diskutierte Frage, inwieweit sich das Aufsichtsratsmitglied, das zugleich Mitglied im Rat ist, enthalten muß.

Unstreitig sein dürfte, das es sich bei dem Weisungsrecht um eine gemeinderechtlich zulässige Vorschrift handelt. Fraglich ist allerdings, was zu gelten hat, wenn die Weisung der Gemeinde mit den Interessen der Gesellschaft kollidiert.

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9.4. Beanstandung einer gesellschaftswidrigen Weisung ?

Einen eleganten Weg, eine recht schwierige weitere Diskussion abzubrechen, hat die Literatur gewiesen. Das Beanstandungsrecht des Bürgermeister oder des Gemeindedirektors bezüglich rechtswidriger Beschlüsse des Rates solle auch dann eingreifen, wenn der Beschluß gesellschaftswidrig sei. Käme man also zum Ergebnis, daß das Aufsichtsratsmitglied mit der Befolgung der Weisung dem Gesellschaftsrecht widerspreche, müßte eine Beanstandung des Ratsbeschlusses erfolgen [ Vgl. Erichsen S. 23 ff ] . Insofern sei zwischen der Beanstandung innerhalb der Gemeinde und den Aufsichtsrechten der übergeordneten Behörden, die nur wegen Verletzung öffentlich-rechtlicher Normen ausgeübt werden dürften, zu unterscheiden [ Erichsen S. 24 Fn. 85 ] . Dabei steht im Hintergrund, daß nach allen Gemeindeordnungen die Stadt das Aufsichtsratsmitglied von den finanziellen Folgen der Entscheidung freistellen muß. Hier sei zumindest mittelbar auch ein Verstoß gegen die Grundsätze der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung gegeben, so daß auch öffentliches Recht verletzt würde [ Held u.a. 2 zu § 54 ] . Damit würde zwar in den Ländern, in denen ein Weisungsrecht vom Bürgermeister oder Gemeindevorstand ausgeübt wird, keine Abhilfe geschaffen. Dort, wo es einer Entscheidung des Rates bedarf, wäre dies allerdings ein Lösung.

Die Länder haben das Beanstandungsrecht recht unterschiedlich geregelt. In der Regel muß ein Ratsbeschluß beanstandet werden, wenn er rechts- oder gesetzeswidrig ist [ § 43 (2) 1 GO BW, Art. 59 (2) BayGO, § 65 (1) GO Brand., § 54 (2) GO NW, § 33 (1) 1 KV M-V, § 42 (1) GO Rh-Pf, § 60 (1) KSVG Saar., § 52 (2) SächsGO, § 44 ThürKO, § 62 (3) 1 GO Sa.-An.; in Niedersachsen ist nach § 65 (1) NdsGO unverzüglich der Aufsichtsbehörde zu berichten, wobei dies entfällt, wenn der Bürgermeister, was in seinem Ermessen steht, statt dessen beanstandet. Ein Unterfall eines rechtswidrigen Beschlusses ist es, wenn nach § 42 (1) GO Rh-Pf der Beschluß beanstandet werden muß, wenn er die Grundsätze der Wirtschaft lichkeit verletzt. ] . In vielen Fällen kann der Beschluß zusätzlich beanstandet werden, wenn er für die Gemeinde nachteilig [ § 43 (2) 1 GO BW, § 52 (2) SächsGO, § 63 (3) 2 GO Sa.-An. ] ist oder das Wohl der Gemeinde [ § 54 (1) GO NW, § 33 (1) 2 KV M-V, § 43 (1) GO Schl-H ] gefährdet.

Man wird allerdings Zusammenhänge zwischen der Kommunalaufsicht und der Beanstandung in der Gemeinde nicht leugnen können. Das OVG Münster hat in seinem Beschluß vom 17.4.75 dazu ausgeführt [ OVG Münster Beschluß v. 17.4.75 in Kottenberg/Rehn Nr. 5 zu § 39 ] :

„Ebenso wie die Führung der Kommunalaufsicht gegenüber einer Gem. nach den §§ 106 ff GO ... dient die ebenfalls auf eine reine Legalitätskontrolle beschränkte Beanstandungspflicht des GemDir. nach § 39 (2) 1 GO vielmehr ausschließlich dem Wohl der Gemeinde und der Wahrung der staatlichen Ordnung im Interesse der Allgemeinheit..."

Als rechtswidrig wird man deshalb einen Beschluß nur dann bezeichnen können, wenn er öffentlich-rechtliche Rechtsvorschriften verletzt.

Man kann einen gesellschaftsrechtlich unzulässigen Beschluß aber auch nicht unbedingt als nachteilig oder das Wohl der Gemeinde verletzend ansehen. Die Gemeinde kann durchaus aus ihrer öffentlich-rechtlichen Sicht berechtigt oder sogar gehalten sein, eine Weisung zu erteilen. Die Einflußnahme z.B. im Bereich der Daseinsvorsorge soll ja auch der Durchsetzung der gemeinderechtlich verbürgten Zugangsansprüche der Bürger dienen. Da, wo die Gemeindeordnung dem Bürger den Anspruch auf Benutzung z.B. eines Schwimmbades einräumt, muß die Gemeinde, wenn sie das Schwimmbad in Form einer GmbH betreibt, ggf. nach den gemeinderechtlichen Vorschriften eine Weisung erteilen, wenn die GmbH dem betroffenen Bürger den Zugang, weil z.B. eine Schadensersatzforderung wegen etwaiger Beschädigungen geltend gemacht wird, aus Sicht der GmbH zu Recht verweigert.

Der Gesellschaft steht bei Befolgung der Weisung ggf. die Möglichkeit zu, eine Abberufung des Aufsichtsratsmitgliedes aus wichtigem Grund zu betreiben oder vor den Zivilgerichten einen Haftungsanspruch geltend zu machen. Sie ist also nach dem Zivilrecht nicht „wehrlos". Uns erscheint es dann aber eine unzulässige Vermischung der öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Fragen zu sein, einen Beschluß zu beanstanden, weil er gesellschaftsrechtlich unzulässig sein sollte.

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9.5. Weisung an Aufsichtsratsmitglieder der AG

Wie hat also das Aufsichtsratsmitglied zu verfahren, wenn die Gemeinde von ihrem Weisungsrecht Gebrauch macht, das gewünschte Verhalten aber gesellschaftswidrig wäre - wie bei HEW/Janssen der gewünschte Ausstieg aus der Atomenergie ? Dieser Frage wollen wir uns zuerst bezüglich der AG zuwenden. Die Bestimmung des § 111 (5) AktG, auf die es hier ankommt, gilt nach § 52 (1) GmbHG auch für die GmbH. Bei der Genossenschaft sieht § 38 (4) GenG eine dem AktG vergleichbare Regelung vor. Lehnt man für die AG ein Weisungsrecht ab, muß man auch für die Genossenschaft verneinen, wird aber für die GmbH noch zu erörtern haben, ob nicht eine gesellschaftsvertragliche Regelung möglich ist.

Man kann es sich hier einfach machen und auf Art. 31 GG zurückgreifen. Das AktG ist ein Bundesgesetz. Außer in §§ 394 f AktG, 53 f HGrG sieht das Bundesrecht keine Sonderregelung für die Kommunen vor. Einige gemeinderechtliche Vorschriften ziehen den richtigen Schluß, indem es zum Weisungsrecht heißt, daß entgegenstehende gesetzliche Vorschriften vorgehen. Die anderen Gemeindeordnungen müssen insofern das GG respektieren.

Der BGH hat bereits in seinem Urteil vom 29.1.62 zu diesem Konflikt Stellung bezogen:

„Entsandte Aufsichtsratsmitglieder haben dieselben Pflichten wie die gewählten Aufsichtsratsmitglieder. Als Angehörige eines Gesellschaftsorgans haben sie den Belangen der Gesellschaft den Vorzug vor denen des Entsendungsberechtigten zu geben und die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen, ohne an Weisungen des Entsendungsberechtigten gebunden zu sein" [ BGH Urteil v. 29.1.62 in BGHZ 36, 296 ff, 306, zur weiteren Rspr des BGH vgl auch Schwintowski NJW 95, 1316 ff ] .

Das OVG Münster z.B. hat sich dem ausdrücklich angeschlossen. Insofern heißt es in dem Beschluß vom 28.10.83 - zum Aufsichtsrat einer GmbH- :

„Bei den in § 55 Abs. 3 genannten Organen handelt es ich nicht um solche mit Lenkungsfunktionen (Vgl. § 52 Abs. 1 GmbHG), die - unabhängig davon, wer sie berufen hat - die Belange des Unternehmens, nicht die der Gesellschafter (bzw. Aktionäre oder Mitglieder) wahrzunehmen haben, ..." [ OVG Münster v. 28.10.83 in GHH 83, 287 ff, 288 ] .

So richtig ein solcher Gedanke oberflächlich betrachtet sein mag, stellen sich zum Vorrang des Gesellschaftsrechts tiefergehende Fragen.

9.5.1. Allgemeinwohl zu Gesellschaftsinteresse

Die AG verfolgt nach ihrer gesellschaftsrechtlichen Ausrichtung den Zweck der Gewinnerzielung [ Ausgenommen natürlich die sog. gemeinnützige GmbH, die nach ihrer Ausgestal tung auf gemeinnützige Zwecke im Sinne des Steuerrechts ausgerichtet ist. ] . Dem können, wie bei HEW/Janssen, politische Bestrebungen der Gemeinde gegenüberstehen. Hier kann man sicherlich verstehen, wenn Gerichte den Gemeinden eine Absage erteilen. Dem stehen aber auch gesetzliche Vorschriften zum Schutz des einzelnen Bürgers - vgl. oben den Zugang zum Schwimmbad - gegenüber. Noch deutlicher wird dies aber für die bereits angesprochenen Bereiche der Abfall- und Abwasserbeseitigung, die zum einen durch ein immer prägnanteres Umweltbewußtsein geprägt werden. Zum anderen findet hier aber auch die Diskussion um die Höhe der Entwässerungs- und Abfallbeseitigungsgebühr ganz maßgeblichen Anklang. Wenn in diesen Bereichen die Gemeinde durch eine AG oder GmbH tätig wird, soll dann für diese Gesellschaft sowohl Umweltfragen, als auch die Gebührenproblematik gleichgültig sein, sondern nur die Gewinnerzielung im Vordergrund stehen ?

Auf der anderen Seite hat die Gemeinde einen Vertreter in der Hauptversammlung. Ggf. kann sie einen Vertreter für den Vorstand vorschlagen. Soweit eine AG neu gegründet werden sollte, kann die Gemeinde Einfluß nehmen auf die Formulierung des Unternehmenszweckes. Die Gemeinde hat also die Rechte, die auch anderen Aktionären zukommen können. Ob es ihr gelingt, durch diese Rechte auch ohne eine Weisung an Aufsichtsratsmitglieder ihre öffentlichen Aufgaben angemessen wahrzunehmen, hat sie in die Frage, ob sie eine Aufgabe privatrechtlich wahrnehmen will, einfließen zu lassen [ Vgl. nur das Urteil des OVG Münster v. 15.12.94 - hier zitiert nach einer Ablich tung des Urteils in dem Verfahren 9 A 2251/93, S. 7 ] . Auch dies ist ein Risiko, daß die Gemeinde mit jedem anderen Aktionär teilt. Wer in einem großen Umfang Aktien eines Unternehmens erwirbt, wird auch vor der Frage stehen, wie er seine Investition im Rahmen seiner Stellung als Aktionär schützen kann.

Der öffentliche Zweck kann also keinen zwingenden Grund dafür liefern, daß das Aufsichtsratsmitglied gesellschaftswidrige Weisungen der Gemeinde befolgt.

9.5.2. Berücksichtigung des Verwaltungsprivatrechts ?

Allerdings treffen die Gemeinde bei einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit besondere Bindungen - sog. Verwaltungsprivatrecht [ Vgl. nur Stober NJW 84, 449 ff und Schoch DVBl 94, 62 ff ] . Gibt es nur ein belastendes, nicht auch ein berechtigendes Sonderrecht öffentlich-rechtlicher Anteilseigner? Schließlich und letzten Endes weiß die Gesellschaft um die Bindungen der Gemeinde als Gesellschafter und - ganz vorsichtig formuliert - wird die Mitgliedschaft der Gemeinde nicht immer nur als Belastung empfinden.

Der Gesetzgeber hat insofern gerade mit §§ 394 f AktG - neben §§ 53 f HGrG - einen Schritt getan, um die besondere Situation der Kommunen zu berücksichtigen. Damit hat er den weiteren Schritt, besondere Einflußnahmen der Kommunen z.B. begrenzt auf die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften zuzulassen, abgelehnt. Ob an dieser Ablehnung festzuhalten sein wird, ist nun keine juristische, sondern eine politische Diskussion, der hier in keiner Weise vorgegriffen werden soll. Auch wegen der besonderen Bindung der Gemeinde z.B. durch das Verwaltungsprivatrecht kann ihr ohne gesetzliche Regelung kein dem Gesellschaftsinteresse vorgehendes Weisungsrecht eingeräumt werden.


9.5.3. Weisung im Rahmen eines gesellschaftsrechtlichen Beurteilungsspielraums ?

Das AktG sieht, wie oben zu Pflicht oder Ermessen zum Einschreiten bei der Überwachung [ Nach dem Urteil des BGH vom 21.4.97 dann, wenn das Handeln des Vorstandes nicht gegen die Gesetze oder die Satzung verstößt. ] oder bei der Anordnung von Zustimmungsvorbehalten dargestellt, oftmals einen Beurteilungsspielraum vor. Kann nicht zumindest innerhalb dieses Beurteilungsspielraumes eine Weisung der Gemeinde erteilt werden [ Vgl. Noack StuGR 95, 379 ff, 381 ] ? Wem steht die Ausübung des Beurteilungsspielraumes zu ? Immerhin ist es ja in allen gemeinderechtlichen Regelungen so, daß die Befolgung der Weisung letztendlich die Haftung des Aufsichtsratsmitglieds entfallen läßt [ § 105 (3) GO BW, Art. 93 (2) BayGO, § 104 (4) GO Brand., § 125 (3) HessGO, § 111 (8) i.V.m. (6) NdsGO, § 113 (6) GO NW, § 71 (3) KV M-V, § 88 (4) GO Rh-Pf, § 112 (4) KSVG Saar., § 98 (3) SächsGO, § 119 (3) GO Sa.-An., § 25 (3) GO Schl-H, § 74 (2) ThürKO ] .

Hier kommt es wieder auf die Stellung als Repräsentant der Gemeinde an. Das Aufsichtsratsmitglied hat einen persönlichen, nur von ihm auszuübenden Beurteilungsspielraum. Wie oben bereits dargestellt, ist eine dauernde oder grundsätzliche Heranziehung eines Dritten als Verstoß gegen § 111 (5) AktG unzulässig [ BGH v. 15.11.82 in BHGZ 85, 293 ff ] . Auch die Gemeinde als Aktionär ist insofern Dritter. Es ist also - vorbehaltlich der Fragen zur Verschwiegenheitspflicht - nicht ausgeschlossen, daß sich das Aufsichtsratsmitglied in Einzelfällen Rückendeckung bei der Gemeinde holt. Grundsätzlich verbleibt aber die Ausfüllung des gesellschaftsrechtlichen Beurteilungsspielraumes bei ihm.

9.5.4. Sonderregelung für Bayern und Hessen ?

Wie wirkt sich hier die Sonderregelung für Bayern und Hessen aus, nach der der Bürgermeister oder Gemeindevorstand die Gemeinde vertritt, aber wiederum Vertreter bestellen kann ?

Werden Vertreter des Bürgermeisters oder Gemeindevorstandes bestellt, sind diese gesellschaftsrechtlich nicht anders zu behandeln, als gewählte Vertreter der Gemeinde oder als Vertreter für den Bürgermeister in den Ländern, in denen dieser Mitglied kraft Amtes ist. Auch hier treten die Personen nach dem AktG im eigenen Namen auf und sind nicht weisungsgebunden.

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9.6. Weisung an Aufsichtsratsmitglieder der Genossenschaft

Dies für die AG gefundene Ergebnis gilt im gleichen Maße für die Genossenschaft.

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9.7. Weisung an Aufsichtsratsmitglieder der GmbH

Wie § 52 GmbHG zeigt, kann man für das für die AG gefundene Ergebnis ggf. nur unter dem Vorbehalt auf die GmbH übertragen, daß der Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Kann also der Gesellschaftsvertrag vorsehen, daß ein Aufsichtsratsmitglied den Weisungen des ihn entsendenden Gesellschafters unterliegt ?

9.7.1. Vertragliche Regelung in Anlehnung an die Weisung an Geschäftsführer ?

Die GmbH kennt ein Weisungsrecht der Gesellschafter gegenüber den Geschäftsführern - Vgl. § 37 (1) GmbHG -, während § 76 AktG dies für die AG ausschließt. Insofern können die Gesellschafter die Geschäftsführung, wenn auch nicht die Vertretung [ Gemäß § 37 (2) GmbHG bleibt die Vertretungsbefugnis unbeschränkt. Eine Aus nahme gilt bei Rechtsmißbrauch - vgl. dazu OLG Hamm Urteil v. 18.11.96 in NJW-RR 97, 737 f ] , beeinflussen. Der BGH hat dies in seinem Urteil vom 14.12.59 [ BGH Urteil v. 14.12.59 in BGHZ 31, 259 ff, 278 ] so umschrieben:

„Er (Anmerkung: der Geschäftsführer der GmbH) hat nicht, wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft ..., die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten, sondern ist den im Rahmen von Gesetz, Satzung und guten Sitten bleibenden Weisungen der Gesellschafter unterworfen."

Damit ist natürlich auch die Frage aufgeworfen worden, ob der Gesellschaftsvertrag nicht auch Weisungen gegenüber dem Mitglied im Aufsichtsrat vorsehen kann [ Vgl. Konzen NJW 89, 2977 ff und Janitschek VR 93, 115 ff, 120 ] . Wenn aber das Gesellschaftsrecht für den Aufsichtsrat der GmbH eine Weisung zuläßt, gibt es keine Konflikte zwischen Gemeindeordnung und Gesellschaftsrecht.

Zum einen braucht es nach § 37 (1) GmbHG eines Gesellschafterbeschlusses. Dies unterscheidet die Regelung schon gegenüber der Weisung eines einzelnen Gesellschafters. Man wird mit dem o.g. Beschluß des BGH dort, wo es sich um eine 100 %-ig städtische Gesellschaft handelt, daran noch vorbeikommen können.

Aber Gegenstand der Regelung des § 37 (1) GmbHG ist nur die Geschäftsführung. Dagegen obliegt dem Aufsichtsrat grundsätzlich die Aufgabe der Überwachung der Geschäftsführung. Die GmbH muß keinen Aufsichtsrat haben. Die Überwachung der Geschäftsführung obliegt nach dem gesetzlichen Leitbild der Gesellschafterversammlung. Nun wird diese Aufgaben im Grunde von der Gesamtheit der Gesellschafter auf einen Aufsichtsrat übertragen, dieser jedoch gleich inhaltlich der Überwachungsaufgabe ganz oder teilweise entkleidet. Überwachung fordert aber, wie bereits ausgeführt, Selbstverantwortung und auch Entscheidungsbefugnis.

Da also die GmbH keinen Aufsichtsrat bilden muß, aber im Rechtsverkehr gerade auch zum Schutz der Gläubiger gewissen Bindungen unterworfen wird, wenn sie einen Aufsichtsrat bildet, kann man - gerade auch nach den Grundsätzen des BGH [ Keine Gläubigergefährdung Vgl. BGH Urteil v.. 14.12.59 a.a.O. ] - die Aufsichtsratsmitglieder keiner Weisung unterwerfen. Der Unterschied zur Weisungsgebundenheit der Geschäftsführer liegt in dem durch die Einrichtung des Aufsichtsrats im Geschäftsverkehr geweckten Vertrauen auf die selbstverantwortlichen Überwacher [ Vgl. Schwintowski NJW 95, 1316, 1318, Treder GHH 86, 145 ff, 146 f ] .

9.7.2. Weisungsbefugnis bei Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat ?

Eine letzte Frage verbindet sich mit den Funktionen des Aufsichtsrats in der GmbH. Nach h.M. können dem Aufsichtsrat im beschränkten Umfang auch Aufgaben der Geschäftsführung zugewiesen werden. Soll wenigsten hier der Aufsichtsrat analog § 37 (1) GmbHG weisungsgebunden sein ?

Die Gesellschafterversammlung kann die Aufgabe aber grundsätzlich bei den weisungsgebundenen Geschäftsführern belassen. Der Aufsichtsrat gilt aber für den Rechtsverkehr als unabhängiges Überwachungsorgan. Werden ihm Geschäftsführungsaufgaben übertragen, wird damit auch die Erwartung einer besonderen, unabhängigen Wahrnehmung geweckt.

Also kommt auch in diesem Bereich eine gesellschaftsvertragliche Regelung nicht in Betracht.

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9.8. Weisung an Aufsichtsratsmitglieder in Verein
oder Stiftung


Bei der vorstehenden Diskussion zur GmbH ist deutlich geworden, daß die Eigenverantwortlichkeit zu den tragenden Prinzipien des Instituts Aufsichtsrat gehört. Damit ergibt sich auch die Frage, wie sich eine Weisung beim Aufsichtsrat eines Vereins oder einer Stiftung auswirkt. Mit der Einrichtung dieses Organs wird der Eindruck einer eigenverantwortlichen Überwachung erweckt. Wie bei der GmbH schließt dies es aus, hier eine Weisungsgebundenheit kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat bei einer gesellschafts- oder stiftungswidrigen Weisung anzunehmen.

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9.9. Gesellschaftsrechtliche Umgehungsmöglichkeiten

Kann man das hier gefundene Ergebnis nun mit den Mitteln des Gesellschaftsrecht wiederum umgehen ? Wir können dies Problem im anstehenden Zusammenhang nicht ausdiskutieren. Gewisse Ansätze finden sich jedoch immer wieder in der Diskussion um die Weisungen an Aufsichtsratsmitglieder. Wir wollen diese Fragen, soweit dies für das Verständnis des Themas angebracht ist, hier nur kurz anreißen.

9.9.1. Parallelweisung

Ein Weg, der hier zur Diskussion gestellt wurde, ist die Parallelweisung an die Mitglieder in Haupt- oder Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat [ Vgl. Hansen GHH 90, 270 ff, 271 ] bzw. für die GmbH an Geschäftsführung und Aufsichtsrat.

9.9.1.1. In der AG

In der AG ist die Gemeinde darauf angewiesen, daß das Mitglied in der Hauptversammlung einen entsprechenden Beschluß herbeiführt. Wie oben erörtert, kann die Verantwortlichkeit des Vorstandes nach § 93 (4) AktG entfallen, wenn dieser auf Grund eines Hauptversammlungsbeschlusses arbeitet. Es dürfte dem Mitglied im Aufsichtsrat dann nicht schwerfallen, dafür einzutreten, daß der Aufsichtsrat nichts unternimmt, weil der Aufsichtsrat auch nicht mittelbar die Hauptversammlung überwachen kann. Der parallelen Weisung an den Aufsichtsrat bedürfte es hier eigentlich nicht, obwohl zumindest mittelbar so der Druck auf den Vorstand erhöht werden kann.

9.9.1.2. In der GmbH

In der GmbH kann gemäß § 37 (1) GmbHG durch Beschluß der Gesellschafterversammlung der Geschäftsführung eine Weisung erteilt werden. Die Weisung an den Aufsichtsrat dürfte sich dann ebenfalls im Rahmen des gesellschaftsrechtlich zulässigen bewegen, da die Geschäftsführer bei Nichtbefolgung der Weisung ihre gesellschaftsrechtlichen Pflichten verletzen.

Voraussetzung ist aber in beiden Fällen, daß ein Beschluß der Haupt- oder Gesellschafterversammlung herbeigeführt wird.

9.9.2. Konzern/Holding

Ein anderer Weg einer möglichen Umgehung ist immer wieder die Erörterung, ob die Stadt bezüglich ihrer Beteiligungen als Konzern zu sehen ist oder zur Verwaltung ihrer Beteiligungen eine Holding gründen soll [ Vgl. Noack StuGR 95, 379 ff, 382 ff ] . Dies betrifft nicht direkt die Rechte und Pflichten der Aufsichtsratsmitglieder, kann aber in diesem Kontext nicht ganz außen vor bleiben.

Die Konzernmutter kann nach § 291 (1) AktG über einen sog. Beherrschungsvertrag die Leitung der Konzerntöchter übernehmen. § 299 AktG zeigt deutlich, daß dies als direktes Weisungsrecht der Konzernmutter verstanden werden kann. Gemäß § 302 (1) AktG hat die Konzernmutter allerdings auch die entsprechenden Verluste zu übernehmen.

9.9.2.1. Konzern Stadt

Der erste Diskussionsansatz in dieser Richtung war der „Konzern Stadt". Dies erledigte sich allerdings sehr schnell, weil die gemeinderechtliche Vorschriften vorsehen, daß eine Haftungsbegrenzung erfolgen muß, die mit § 302 (1) AktG unvereinbar ist [ Schmidt/Aßmann-Ulmer BB Beilage 13/1988 S. 5 und Noack StuGR 95, 379 ff, 382 f, vgl. aber auch den Beschluß des BGH v. 7.5.97 zum Verhältnis Land Nie dersachsen-VW Beschluß v. 17.3.97 ZIP 97, 887 ff. In dem Beschluß des BGH wurde dem Land Niedersachsen auf Grund einer 20 %-Beteiligung an VW eine beherrschende Stellung attestiert. ] .

9.9.2.2. GmbH als Holding

Der zweiter Diskussionsansatz ist die Bildung einer Holdinggesellschaft [ Vgl. Noack StuGR 95, 379 ff, 382 ff ] . Hier wird eine GmbH gegründet, die wiederum als Konzernmutter gegenüber allen oder einem Teil der städtischen Gesellschaften auftritt. Die Stadt ist hier nur an der Holding-GmbH beteiligt. Die unbegrenzte Haftung nach § 302 (1) AktG trifft dann die Holding-GmbH. Für die Stadt als eigentliche Konzernmutter wird vertreten, daß sie eine unbeschränkte Haftung nur bei einer mißbräuchlichen Wahl der Rechtsform treffe [ Noack a.a.O. S. 383 f ] . Über die Weisung nach § 37 (1) GmbHG gegenüber der Geschäftsführung der Holding-GmbH erfolgt die Steuerung der Beteiligungen. Hierzu sei nur angemerkt, daß dieser Ansatz wohl nur dann Sinn macht, wenn die Gemeinde auch den Mut aufbringt, die Holding notfalls in Konkurs gehen zu lassen, was politisch oftmals recht schwierig ist.

9.9.2.3. Ausgleich des Steuerungsverlustes in einer Holding

Wenn ein Holding-GmbH gegründet wird, gehen die Berichte der Tochterfirmen erst einmal der Geschäftsführung der GmbH zu. Auch übt diese erst einmal die Beherrschung der Tochterfirmen aus. Deshalb erscheint uns hier die Frage der Beteiligung an der Geschäftsführung der GmbH im Vordergrund zu stehen. Für den Aufsichtsrat stellt sich bei der Holding-GmbH verstärkt das Problem, daß nach dem GmbHG Berichte keine Bringschuld der Geschäftsführung, sondern Holschuld sind, er sie also anfordern muß. Bei der Abfassung des Gesellschaftsvertrages der Holding-GmbH sollte dies genauso ein Thema sein, wie die Frage, ob man hier nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen sollte, dem Aufsichtsrat in Einzelfragen die Geschäftsführung zu übertragen [ Vgl. zum Aufsichtsrat im Konzern Hommelhoff ZGR 96, 144 ff ] .

Um nicht von unserem Thema in die allgemeine Diskussion um das Controlling [ Controlling ist grob gesagt die Kontrolle, ob die gewünschten Ziele erreicht wer den. In vielen Gemeinden findet sich diesbezüglich z.B. die Anordnung, sog. Beteiligungsberichte zu erstellen. Controlling ist neben der Stellung kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat sicherlich ein weiteres zentrales Thema in der Diskus sion um das Für und Wider privatwirtschaftlicher Aufgaben öffentlicher Verwal tung. ] bei der privatwirtschaftlicher Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben abzugleiten, wollen wir es bei diesen Ausführungen bewenden lassen.

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10. Verschwiegenheit

Wie oben bereits angedeutet, ist das andere „große" Thema in Bezug auf Rechte und Pflichten kommunaler Vertreter im Aufsichtsrat die Verschwiegenheitspflicht [ Rehn/Cronauge IV 4 zu § 113, Meier/Wieseler GHH 93, 174 ff, Schmidt-Aßmann/Ulmer BB-Beilage 13/88, Schwintowski NJW 90, 1009 ff, Treder GHH 86, 145 ff mit weiteren Nachweisen ] . Um überhaupt beurteilen zu können, ob der Bedarf zu einem Einschreiten im Hinblick auf die AG oder die GmbH besteht, muß die Gemeinde über Informationen über die Gesellschaftsangelegenheiten verfügen. Die Gemeinde kann als Aktionär in der AG gemäß § 131 AktG Auskunft in der Hauptversammlung verlangen. In der GmbH haben die Geschäftsführer sogar der Gemeinde als Gesellschafter auf Verlangen Auskunft zu erteilen und Einsicht in Bücher und Unterlagen zu gewähren. Aber in beiden Fällen muß die Initiative von der Gemeinde ausgehen. Diese Möglichkeiten ersetzen nicht eine Information über die Vertreter im Aufsichtsrat. Dies folgt zum einen aus dem Informationen, die der Aufsichtsrat kraft seiner Stellung erhält. Diese Informationen dürften weit über das hinausgehen, was dem Gesellschafter auf sonstigem Wege bekannt wird. Es dürfte auch ganz etwas anderes sein, wenn seitens der Aufsichtsratsmitglieder berichtet wird, als wenn der Gesellschafter eine ihm sonst zugegangene Information bei der Geschäftsführung hinterfragt. Wenn die Gemeinde sich einen angemessenen Einfluß auf die Gesellschaft sichern muß [ hier § 108 (1) 6 GO NW, vgl. aber auch § 103 (1) 3 GO BW, Art. 91 (1) 3 BayGO, § 102 Nr.2 GO Brand., § 109 (1) 6 NdsGO, § 109 (1) 3 KSVG Saar., § 96 (1) 2 SächsGO, § 102 (1) 3 GO Schl-H, § 122 (1) 3 HessGO, § 117 (1) 3 GO Sa.-An., § 69 (1) 3 KV M-V. Die Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz enthält nach den uns vorliegenden Unterlagen keine entsprechende Regelung, hier dürfte das Prinzip aber ebenfalls als allgemeiner Grundsatz anwendbar sein. ] , so ist die Unterrichtungs- und Auskunftspflicht des Aufsichtsrats die wichtigste Voraussetzung hierfür, kann man doch von allen anderen Möglichkeiten - auch der Weisung, soweit diese zulässig ist - erst Gebrauch machen, wenn man weiß, daß hierzu Veranlassung gegeben ist.

Auch insofern haben die Länder unterschiedliche Wege beschritten. Die Verpflichtung zur Unterrichtung ist in einigen Ländern im Gesetz vorgesehen. Dort, wo dies nicht erfolgt ist, kann sie Gegenstand einer Weisung an die Aufsichtsratsmitglieder sein, die dann ggf. wegen §§ 394, 395 AktG nicht mit dem Gesellschaftsrecht kollidiert, also zulässig ist. - Nordrhein-Westfalen sieht die Verpflichtung vor, den Rat in Angelegenheiten von besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten [ § 113 (5) GO NW ] .

- Die Gemeindeordnung in Niedersachsen hat uns hier vor Probleme gestellt. In § 111 (4) NdsGO ist vorgesehen, daß Vertreter und Vertreterinnen der Gemeinde den Rat über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten haben, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Auch andere Regelungen - Absatz 6 und 7 - gelten nur für Vertreter und Vertreterinnen. Auf sie wird in Absatz 8 für Aufsichtsratsmitglieder verwiesen, auf Absatz 4 nicht. Auch bezüglich des Absatzes 2, der ebenfalls nur für Vertreter und Vertreterinnen gilt, ist ausdrücklich durch Absatz 3 ein Verweis für Aufsichtsratsmitglieder erfolgt. Aber welches Gesetz sollte einem Bericht der Mitglieder in der Haupt- oder Gesellschafterversammlung an die Gemeinde entgegenstehen ? Die gesellschaftsrechtliche Verschwiegenheitspflicht betrifft die Aufsichtsratsmitglieder.

Die Unterrichtungspflicht kann aber auch nicht durch eine Weisung begründet werden, weil die Weisung an Aufsichtsratsmitglieder in Niedersachsen nicht vorgesehen ist.

Nach dem Gesetzeswortlaut gibt es in Niedersachsen keine Unterrichtung von Gemeindeorganen durch die Aufsichtsratsmitglieder. Diese würden in jedem Fall gegen ihre Verschwiegenheitspflicht verstoßen. Auf der anderen Seite muß die Gemeinde auch in Niedersachsen einen angemessen Einfluß auf die Gesellschaft, insbesondere im Aufsichtsrat, erhalten, § 109 (1) 6 NdsGO. Warum sollte der Gesetzgeber auf die nach den §§ 394, 395 AktG zugelassene Möglichkeit, sich zu informieren, dann verzichten ?

Für Niedersachsen können wir auf diese Fragen keine Antwort geben. Dies ist dem Gesetzgeber zu überlassen [ Wir sind hier von der Niedersächsischen Gemeindeordnung in der Fassung vom 22.8.96 ausgegangen. Etwaige Änderungen sind uns bis heute nicht bekannt geworden. ] .

- Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sehen sowohl vor, daß bei Angelegenheiten von besonderer Bedeutung Rat oder Hauptausschuß zu informieren sind, als auch, daß Rat und Hauptausschuß von den Vertretern jederzeit Auskunft verlangen können [ § 71 (4) KV M-V, § 104 (4) GO Brand. ] .

- Für Bayern und Hessen ergibt sich die Verpflichtung zur Unterrichtung des Bürgermeisters bzw. Gemeindevorstandes aus der Tatsache, daß diese vertreten werden.

Ansonsten fehlt es an Regelungen zu Unterrichtung oder Auskunftserteilung in den Gemeindeordnungen. Es finden sich zwar vielfach Regelungen zu den Informations- und Prüfungsrechten nach §§ 53 f HGrG. Dies betrifft jedoch nicht die Stellung der Mitglieder im Aufsichtsrat. In den anderen Ländern kann die frühzeitige Unterrichtung über Angelegenheiten von besonderer Bedeutung oder die Erteilung von Auskünften durch Weisungen oder Richtlinien angeordnet werden [ Mit dem oben gemachten Vorbehalt für § 105 GO BW und § 98 SächsGO. ] .

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10.1. Verschwiegenheitspflicht in der AG - §§ 394, 395 AktG im Bezug zu den kommunalrechtlichen Vorschriften

Die Verschwiegenheitspflicht für Aufsichtsratsmitglieder der AG nach §§ 116, 93 (1) 2 AktG wird durch die Regelungen der §§ 394, 395 AktG modifiziert. Insofern wird für die Unterrichtungs- bzw. Auskunftspflicht nach dem Kommunalrecht gesellschaftsrechtlich „die Tür geöffnet".

10.1.1. Veranlassung durch die Gebietskörperschaft

Das jeweilige Aufsichtsratsmitglied muß auf Veranlassung der Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sein. Hier lassen sich alle Mitglieder problemlos „verorten", die vom Rat entsandt, bestimmt oder bestellt werden. Schwieriger wird es da schon bei den Mitgliedern, die auf Vorschlag der Gemeinde von der Hauptversammlung gewählt werden. Wenn das Gesetz allerdings nur eine Veranlasssung einer Gebietskörperschaft verlangt, wird man auch in diesen Fällen die Anwendbarkeit des § 394 AktG annehmen müssen [ Kropff/Semmler/Grundewald 16 zu § 394 ] .

Noch schwieriger wird es in Hessen, wo der Gemeindevorstand oder ein von ihm bestellter Vertreter die Gemeinde vertritt [ § 125 (2) i.V.m. (1) HessGO ] . In anderen Ländern wird der Bürgermeister kraft seines Amts Mitglied im Aufsichtsrat [ Art. 38 (1) BayGO, § 119 (2) GO Sa.-An., § 71 (2) KV M-V, § 125 (2) HessGO, § 104 (2) GO Brand., § 88 (3) GO Rh-Pf, § 112 (1) 2 KSVG Saar. ] . Problemlos ist dagegen die Regelung in NW und Niedersachsen, wo der Bürgermeister zu den vorgeschlagenen oder entsandten Mitgliedern gehören muß, wenn mehr als ein Mitglied für die Gemeinde vorgesehen ist [ § 113 (2) 2, (3) 2 GO NW, § 111 (3), (2) NdsGO; zur Unterscheidung Direkt-/
Ratswahl und der Regelung in NW vgl. Schäfer StuGR 94, 304 ff ]
.

Ansonsten stellt sich die Frage, ob die Bestimmung der Gemeindeordnung, daß der Bürgermeister - oder der Gemeindevorstand - kraft seines Amtes die Gemeinde im Aufsichtsrat vertritt, noch als Veranlassung der Gebietskörperschaft zu sehen ist. Hier gerät man in Grenzbereiche hinein. Auch der hauptamtliche Bürgermeister muß gewählt werden [ Der Gemeindevorstand in Hessen besteht gemäß § 65 HessGO aus dem Bürger meister, der direkt - § 39 HessGO -, und den Beigeordneten, die von der Gemein devertretung - § 39a HessGO - gewählt werden. ] . Also besteht zumindest ein Anhalt für eine Veranlassung der Gemeinde. Auf der anderen Seite kommt dem hauptamtlichen Bürgermeister - oder der Gemeindevorstand - mit seiner Wahl das Aufsichtsratsmandat automatisch kraft der Regelung der jeweiligen GO und ohne weitere Veranlassung der Gebietskörperschaft zu. Einen Anhalt liefert hier aber auch die Tatsache, daß die sonstigen Mitglieder im Wege der Verhältniswahl bestimmt werden. Auch hier könnte also indirekt die Wahl durch das Volk das Aufsichtsratsmandat vermitteln. Es erscheint uns rechtspolitisch angebracht, den Bürgermeister als auf Veranlassung der Gebietskörperschaft bestelltes Mitglied im Aufsichtsrat anzusehen. Die gesetzliche Regelung in den jeweiligen Gemeindeordnungen sollte insofern aber klargestellt werden [ Dies könnte z.B. dadurch geschehen, daß wie in NW oder Niedersachsen der Bür germeister als zu entsendendes Mitglied benannt wird. ] .

10.1.2. Gesetzliche Berichtspflicht ?

Die Berichtspflicht wird nicht in § 394 AktG geregelt, sondern § 394 AktG nimmt Bezug auf eine „anderweitig begründete Berichtspflicht" [ Kropff/Semmler/Grunewald 18 zu § 394 ] . Die Aufsichtsratsmitglieder müssen zur Erteilung der Berichte verpflichtet sein. Hier kommt die Frage auf, ob es einer gesetzlichen Begründung der Berichtspflicht bedarf [ Schmidt-Aßmann/Ulmer BB-Beilage 13/88 S. 8, Kropff/Semmler/Grunewald 19 ff zu § 394 ] oder eine Begründung durch Weisung ausreicht.

Man könnte auch hier die weitere Erörterung schnell abbrechen. Wenn die Weisung einer Gemeinde keine Bindungswirkung im Gesellschaftsrecht erzeugt, kann das Aufsichtsratsmitglied nicht Bericht zu erstatten „haben". Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Die Weisung ist wegen Verstoßes gegen das Bundesrecht nur dann unwirksam, wenn sie zu einem gesellschaftswidrigen Verhalten führt. Wenn man §§ 394, 395 AktG dahin auslegt, daß auch die Weisung als Begründung der Berichtspflicht ausreicht, verstößt die Weisung nicht gegen das Gesellschaftsrecht, ist also auch nicht unwirksam. Als jedoch §§ 394, 395 AktG ins AktG eingefügt wurden, gab es nach unserem Erkenntnisstand keine in den jeweiligen GO´s festgelegte Pflicht zur Unterrichtung oder Auskunft, sondern nur das Weisungsrecht der Kommunen als Rechtsgrundlage. Mit der Vorschrift der §§ 394, 395 AktG könnte der Gesetzgeber eine Sonderregelung geschaffen haben, die bewirkt, daß bei der Weisung an die Mitglieder im Aufsichtsrat, Bericht zu erstatten, Gesellschaftsinteresse und kommunales Interesse nicht kollidieren [ Vgl. Zöllner II 3 Vorb. zu § 394 ] , er könnte die Gesellschaft für diese Weisung geöffnet haben.

Für eine gesetzliche Regelung der Berichtspflicht, wie sie NW, Niedersachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern erlassen haben, spricht viel. Der Gesetzgeber legt fest, ob zu unterrichten und/oder Auskunft zu erteilen ist, wem und wann die Information zugeht, ob mit der frühzeitigen Unterrichtung der Informationsfluß vom Aufsichtsratsmitglied ausgeht oder bei der Auskunft auf Verlangen eine Veranlassung durch Berichtsadressaten bestehen muß. Mit dem Umstand, daß es zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes keine solche gesetzliche Regelung gab, haben die Vertreter dieser Meinung allerdings einige Mühe. Sie unterstellen entweder einen Irrtum des Gesetzgebers [ Kropff/Semmler/Grunewald 22 zu § 394 ] oder müssen, was dann wohl näherliegt, in den §§ 394, 395 AktG eine „Tür" des Bundesgesetzgebers sehen, die die Länder - bis auf NW, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg - nicht geöffnet haben.

Die Gegenmeinung läßt bei Beamten die Anordnungsbefugnis des Dienstvorgesetzten kraft Beamtenrechts oder eine vertragliche Regelung mit Nichtbeamten ausreichen [ Kropff/Semmler/Grunewald 20 f zu § 394 ] . Nach dieser Meinung sind auch Richtlinien als ausreichend anzusehen [ Kropff/Semmler/Grunewald 24 zu § 394 ] . Dann muß die gesetzlich verankerte Weisungsbefugnis der Gemeinde - insbesondere bei Ratsmitgliedern fehlt es am Beamtenverhältnis - aber genauso wie die beamtenrechtliche Anordnungsbefugnis als ausreichend angesehen werden [ Vgl. Zöllner a.a.O. ] .

Die Regelung der §§ 394, 395 AktG ist 1965 ins Aktienrecht eingeführt worden. Zu dieser Zeit war die Diskussion um die Interessenkollision aber nicht neu [ Vgl. Klüver Kommunalwirtschaft 66, 99 ff und Quack DVBl 65, 345 ff ] . Die maßgebliche Entscheidung des BGH stammt vom 29.1.62 [ BGH Urteil v. 29.1.62 in BGHZ 36, 296 ff, 306 ] . Es erscheint uns als ausgeschlossen, daß die Regelung der
§§ 394, 395 AktG durch einen Irrtum ins Gesetz gelangt ist.

Auch hat der Gesetzgeber in §§ 394 (1) 2, 395 AktG notwendige Grenzen für die teilweise Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht im AktG selbst geregelt. Auch dies spricht dagegen, daß es unbedingt einer landesrechtlich Regelung zur Berichtspflicht bedarf, denn das AktG als Bundesgesetz hat die notwendigen Grenzen gleich selbst aufgezeigt.

Die Umstände der Einführung der §§ 394, 395 AktG lassen für uns nur den Rückschluß zu, daß es keiner gesetzlichen Begründung der Berichtspflichht bedarf, sondern auch die kraft gemeindlichen Weisungsrecht begründete Verpflichtung ausreicht.

10.1.3. Art der Berichterstattung

Es muß sich um Berichte handeln, die der Gebietskörperschaft zu erstatten sind. Nun kennen die gemeinderechtlichen Vorschriften keine Berichte z.B. im Sinne des § 90 AktG. Sie verpflichten das Aufsichtsratsmitglied zu einer frühzeitigen Unterrichtung oder Auskunftserteilung. Damit läßt sich der Begriff des Berichts aber durchaus vereinbaren, sieht doch z.B. § 90 (1) AktG eine frühzeitige Unterrichtung und § 90 (3) AktG eine Auskunftserteilung als Formen der Berichte vor.

Soweit in einer Weisung an die Begriffe „frühzeitige Unterrichtung über alle Angelegenheiten von besonderer Bedeutung" oder „Auskunft auf Verlangen" abgestellt wird, dürfte dies zulässig sein. Als Bundesrecht gelten die Grenzen der §§ 394, 395 AktG automatisch. Allerdings darf die Auskunft oder Unterrichtung sicherlich nicht der Ausforschung der Gesellschaft dienen. Es bietet sich also an, die Zwecke der Berichterstattung in der Weisung genauer zu umschreiben.

10.1.4. Berichtsempfänger

Der Berichtsadressat ist im Aktienrecht nicht festgelegt.

In Nordrhein-Westfalen ist der Rat [ § 113 (5) GO NW, § 111 (4) NdsGO ] , in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg der Rat und der Hauptausschuß vorgesehen [ § 104 (4) GO Brand., § 71 (4) KV M-V ] . Insofern stellt sich die Frage, ob die Bestimmung der Berichtsadressaten nach der jeweiligen GO mit dem Gesellschaftsrecht vereinbar ist. Für eine Weisung oder Richtlinien kommen der Bürgermeister oder Gemeindedirektor, der Rat, einer seiner Ausschüsse und die Fraktionen als Berichtsadressaten in Betracht. In Bayern und Hessen kommen als Berichtsadressaten nur der Bürgermeister und der Gemeindevorstand in Betracht, denn allein sie vertreten die Gemeinde in den Gesellschaftsorganen. Allein ihnen haben etwaige Vertreter im Sinne des § 394 AktG zu berichten. Eine entsprechende Berichtspflicht gegenüber dem Rat fehlt.

10.1.4.1. Hauptamtlicher Bürgermeister

Berichtsadressat könnte der Bürgermeister bzw. der Gemeindedirektor sein.

Der Bürgermeister ist allerdings in vielen Fällen selbst Mitglied im Aufsichtsrat [ Art. 38 (1) BayGO, § 119 (2) GO Sa.-An., § 71 (2) KV M-V, § 125 (2) HessGO, § 104 (2) GO Brand., § 88 (3) GO Rh-Pf, § 112 (1) 2 KSVG Saar. ] . Trotzdem findet sich aber die Auffassung, daß die Berichte dem Bürgermeister zu erstatten seien. Der Bürgermeister soll die Berichte dann in „abgespeckter" Form den Gremien weitergeben [ Rehn/Cronauge 4 zu § 113 ] . Dahinter steckt ein tiefes Mißtrauen hinsichtlich der notwendigen Geheimhaltung derartiger Information im jeweiligen Rat. Als Erfahrung wird hier immer wieder angeführt, daß selbst in nichtöffentlicher Sitzung Informationen durchsickern könnten.

Die Gemeinde - also Verwaltung und Rat - hat sich einen Einfluß zu sichern, der sicherlich maßgeblich durch die Unterrichtung bestimmt wird. Die Auffassung, der Bürgermeister könne hier als Mittler dienen und in reduzierter Form Informationen weiter geben, geht nicht nur an den Realitäten in einer Kommune vorbei. Es kann auch kein angemessenen Einfluß darstellen, wenn der Bürgermeister, der oft selbst noch Aufsichtsratsmitglied ist, die Informationen über die gesetzlichen Grenzen nach §§ 394, 395 AktG, die immer einzuhalten sind, hinaus filtert und den politischen Gremien mitteilt. Wenn auch der Bürgermeister als Berichtsadressat favorisiert wird [ Prägend insofern Schmidt-Aßmann/Ulmer BB-Beilage 13/88 ] , ist er - insbesondere als Mitglied des Aufsichtsrats - für Berichte der Aufsichtsratsmitglieder der falsche Adressat.

10.1.4.2. Rat

Der Rat als Adressat hat, wie gesagt, Bedenken geweckt [ Rehn/Cronauge IV 4 zu § 113, Schmidt-Aßmann/Ulmer BB-Beilage 13/88 S. 8 f, 20 f und Noack StuGR 95, 379 ff, 385 f ] . Als Fakt wird hier davon ausgegangen, daß selbst in nichtöffentlicher Sitzung keine hinreichende Vertraulichkeit gewahrt werden könne.

Gemäß § 131 AktG ist dem Aktionär in der Hauptversammlung Auskunft zu erteilen. Gemäß Abs. 4 der Vorschrift ist, soweit einem einzelnen Aktionär Auskunft außerhalb der Hauptversammlung gewährt wurde, allen Aktionären entsprechend Auskunft zu erteilen. Also kennt auch das Aktienrecht eine recht umfassende Informationsverteilung. Wie noch darzulegen sein wird, ist sowohl eine inhaltliche Beschränkung der Auskunftserteilung bei besonders vertrauenswürdigen Daten, als auch eine Verschwiegenheitspflicht für die Empfänger der Daten bereits in den §§ 394, 395 AktG vorgesehen.

Die Ratsmitglieder sind aber insbesondere auch durch das Gemeinderecht zur Verschwiegenheit verpflichtet. Was diejenigen, die sich gegen den Rat als Adressaten aussprechen, ins Feld führen, ist die Möglichkeit, daß diese gesetzliche Vorschriften mißachtet werden könnten, was man aber zur Auslegung dieser Vorschriften wohl kaum maßgeblich heranziehen kann.

Berichte nach §§ 394 f AktG können also an den Rat gerichtet werden [ Vogel StuGR 96, 252 ff, 255 ] . Wie aus §§ 394, 395 AktG - insbesondere § 395 (2) AktG - zu schließen ist, kann dies aber nur in einer nichtöffentlichen Sitzung erfolgen. Insofern könnte auch in einer Weisung der Rat als das oberste, allzuständige Gemeindeorgan als Berichtsadressat genannt werden. Die Bestimmung des Rates als Berichtsadressaten in Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg ist zulässig.

10.1.4.3. Hauptausschuß

Wenn in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg der Hauptauschuß als alternativer Berichtsadressat genannt wird, ist hierin ebenso eine zulässige Ausgestaltung zu sehen. Dem Hauptausschuß obliegen maßgebliche Entscheidungsbefugnisse, aber in der Regel auch die Vorbereitung der Beschlußfassung des Rates [ § 35 (2) KV M-V, § 57 GO Brand. ] . Diese Befugnisse können natürlich auch einen erhöhten Informationsbedarf rechtfertigen. Hinsichtlich der zu wahrenden Vertraulichkeit gilt das zur Ratssitzung Gesagte.

Ansonsten erübrigt sich das Problem [ Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen, das Saarland und Sachsen-Anhalt sehen keinen Hauptausschuß vor. ] . In Schleswig-Holstein kann für bestimmte Gemeinden ein Hauptausschuß gebildet werden [ § 45 (2) GO Schl-H ] . Dieser könnte in einer Weisung als Berichtsadressat benannt werden.

10.1.4.4. Beschließende Ausschüsse

In einigen Ländern ist kein Hauptausschuß vorgesehen. Hier gibt es aber in der Regel beschließende Ausschüsse, die entweder die Entscheidung zu treffen haben oder die Aufgabe übernehmen, die Entscheidung des Rates vorzubereiten [ § 47 GO Sa.-An., § 39 GO BW, § 44 ff GO Rh-Pf, § 48 KSVG Saarland, §§ 41 f SächsGO, § 26 ThürKO ] . Für Schleswig-Holstein stellt sich die Frage für Gemeinden, in denen kein Hauptausschuß gebildet wird [ § 45 GO Schl-H ] .

Die Aufgabenstellung dieser Ausschüsse ist der des Hauptausschusses verwandt. Auch sie sind elementar auf die Informationen angewiesen und kommunalrechtlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Allerdings erlaubt § 394 AktG die Weitergabe der Information nur insoweit, als es für die gemeindlichen Zwecke notwendig ist. Es wird also nicht möglich sein, jedem beschließenden Ausschuß jeden Bericht zukommen zu lassen, sondern man wird die Ausschüsse schon auf die Gebiete beschränken müssen, in denen ihnen Entscheidungsgewalt übertragen ist. Deshalb können auch beschließende Ausschüsse, allerdings beschränkt auf ihr jeweiliges „Fachgebiet" als Berichtsadressat in einer Weisung benannt werden.

10.1.4.5. Fraktionen

Zankapfel sind immer wieder die Fraktionen [ Vgl bereits Schmidt-Aßmann/Ulmer in BB-Beilage 13 zu Heft 27/1988, S. 22 ff ] . Die Fraktionen wirken an der politischen Willensbildung mit [ Vgl. nur OVG Münster v. 29.4.88 in DVBl 89, 164 ff, 165, HessVGH DVBl 95, 931 f ] . Sie sind das Bindeglied zwischen Partei und Rat. Gerade die Fraktionen, die in einer Gemeindevertretung in der Minderheit sind, fordern oftmals die Vorlage von Berichten. Ist eine gesonderte Übermittlung an die Fraktionen zumindest dann zulässig, wenn diese und ihre Mitarbeiter zur Verschwiegenheit verpflichtet sind oder wurden [ Meier/Wieseler GHH 93, 174 ff, 176 ] ?

In allen Ländern fehlt es hier erst einmal an einer gesetzlichen Grundlage, da in keiner Gemeindeordnung die Fraktion als Berichtsadressat genannt wird. Für Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Bayern und Hessen erübrigt sich auf Grund der gesetzlichen Regelung das Problem. Die Fraktionen kommen als Berichtsadressaten nicht in Betracht.

Aber was ist mit Thüringen, Schleswig-Holstein, Sachsen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Sachsen-Anhalt. In der Literatur wird aus der Stellung der Fraktion im Verhältnis zum Rat geschlossen, daß hier eine Offenbarung zuzulassen sei [ Decker GHH 83, 157, 158 ] , die Fraktionen somit in einer Weisung als Berichtsadressat genannt werden könnten.

Gemäß § 394 (1) 2 AktG darf die Weitergabe von vertraulichen Angaben und Geheimnissen dort nicht erfolgen, wo dies zum Zwecke des Berichts nicht von Bedeutung ist. § 395 (2) AktG verbietet insoweit eine Veröffentlichung der Prüfungsergebnisse. Die Verschwiegenheitspflicht nach §§ 116, 93 (1) 2 AktG wird durch § 395 (1) AktG auf die Berichtsempfänger erstreckt. Insgesamt ist die klare Leitlinie erkennbar, die Verschwiegenheitspflicht nur insoweit aufzuheben, als es für die kommunale Berichterstattung unerläßlich ist.

Die Fraktionen haben aber nach den Gemeindeordnungen oftmals auch im eigentlich kommunalen Bereich keinen Anspruch darauf, daß ihnen von der Verwaltung Unterlagen für ihre Aufgaben zur Verfügung gestellt werden [ OVG Münster Urteil vom 29.4.88 in DVBl 89, 164 ff, Urteil v. 22.9.88 in NWVBl 91, 115, VGH Kassel Beschluß v. 15.12.94 in DVBl 95, 931 f, BVerwG Beschluß v. 14.12.89 in NVwZ-RR 90, 208 und Rehn/Cronauge III 3 zu § 56 ] . Durch die Benennung als Berichtsadressaten würden sie durch die privatwirtschaftliche Aufgabenwahrnehmung gegenüber ihre sonstigen Stellung bessergestellt. Angesichts der Tatsache, daß §§ 394, 395 AktG die Berichterstattung auf das für die Information der Gemeinde Notwendige einschränken, ein zweifelhaftes Ergebnis.

Wie bereits dargestellt, kommen der Rat oder bestimmte Ausschüsse als Berichtsadressaten in Betracht. Dann ist aber auch eine hinreichende Information der Entscheidungsträger gewährleistet, zumal Teilnehmer der Fraktionssitzungen über ihre Stellung als Rats- oder Ausschußmitglied informiert sind. Die Einschaltung sonstiger Personen erscheint, auch wenn sie zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, nicht zum Zwecke der Berichterstattung notwendig, zumal die Aufsichtsratsmitglieder als Berichterstatter selbst, wie oben dargestellt, nur in Einzelfällen Dritte einschalten dürfen. In einem solchen Fall ist, auch wenn den Fraktionen hier kein Rechtsbruch unterstellt werden soll, auch allein durch die Zahl der Personen die Gefahr des Durchsickerns der Information sehr groß. Die Verbesserung der Rechtsstellung der Fraktionen, die darin läge, sie als Berichtsempfänger zu bestimmen und ihnen damit einen unmittelbaren Anspruch auf Zugang zu den Unterlagen zuzubilligen, ist nicht notwendig, würde aber auch zu erheblichen Bedenken führen.

Die Fraktionen können also nach unserer Ansicht nicht als Berichtsadressaten benannt werden. Selbstverständlich können nach § 395 AktG damit die dem Rat oder einem Ausschuß zugehenden Berichte auch nicht an die Fraktionen weitergegeben werden..

10.1.4.6. Rechnungsprüfungsamt

Gemäß § 54 HGrG gibt es ein Informationsrecht des Rechnungsprüfungsamtes. Als Berichtsadressaten wird man, wie § 395 (2) AktG im Rückschluß nahelegt, auch das Rechnungsprüfungsamt sehen müssen. Dies verstößt nicht gegen §§ 53, 54 HGrG. Diese Regelungen sehen zwar vor, daß bestimmte direkte Unterrichtungsrechte nur bei einer landesrechtlichen Regelung bestehen. Hier geht es aber nicht um die direkte Unterrichtung.

10.1.4.7. Beteiligungsverwaltung

Auch den Mitarbeitern der Ämter, denen die Beteiligungsverwaltung oder das Controlling obliegt, - in der Regel Mitarbeiter der Kämmerei - kann nach dem aus § 395 AktG zu ziehenden Rückschluß ein Bericht erstattet werden.

10.1.4.8. Auswirkung der Sonderregelung für Bayern und Hessen

Wir wollen hier dann noch einmal zu Bayern und Hessen zurückkommen. Gemäß § 394 AktG ist Voraussetzung der Berichterstattung, daß die Vertreter auf Veranlassung der Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gelangt und zu Berichten verpflichtet sind. Für die Vertreter des Bürgermeisters in Bayern wird man dies, wenn man keine gesetzliche Regelung für erforderlich hält, ebenso zu bejahen haben, wie für die besonderen Vertreter des Gemeindevorstandes in Hessen. Sie können durch eine Weisung verpflichtet werden, dem Bürgermeister oder Gemeindevorstand Bericht zu erstatten.

Was ist aber mit Rat oder Ausschüssen in diesen Ländern ? Der Gemeinderat überwacht zwar nach § 30 (3) BayGO die gesamte Gemeindeverwaltung. Der Gemeindevorstand ist nach § 59 S. 3 HessGO verpflichtet, jederzeit auf Anfordern Auskunft über Beratungsgegenstände zu geben. Diese allgemein gehaltenen Anordnungen sind aber keine Berichtspflichten im Sinne des § 394 AktG. Die Anordnung der Berichtspflicht nach Landesrecht - sei es durch Gesetz oder Weisung - bestimmt z.B. das Ausmaß der Befreiung [ Kropff/Semmler/Grunewald 23 zu §§ 394, 395 ] von der Verschwiegenheitspflicht. Der Anordnende muß sich mit dem Problem, daß und wem Geheimnisse und vertrauliche Angaben der Gesellschaft bekanntgegeben werden, auseinandersetzen. Die allgemeinen Klauseln rechtfertigen nicht die Bekanntgabe von Geheimnissen oder vertraulichen Angaben der Gesellschaft gegenüber Rat oder Ausschuß.

10.1.5. Sachliche Grenzen der Berichterstattung

Eine Einschränkung gilt für vertrauliche Angaben und Geheimnisse insofern, als ihre Offenbarung für die Zwecke der Berichterstattung nicht von Bedeutung sind - § 394 S. 2 AktG. Dabei wird man dies nicht nur so verstehen müssen, daß Daten von der Weitergabe ausgeschlossen sind. § 394 (1) 2 AktG beeinflußt sicherlich auch die Dichte, mit der Daten weitergegeben werden, d.h. man kann die Vorschrift nicht nur als Grenze dahin verstehen, daß vertrauliche Angaben und Geheimnisse gar nicht weitergegeben werden dürfen, sondern wird sich als Aufsichtsratsmitglied auch genau überlegen müssen, was und wieviel man an Informationen weitergibt [ Kropff/Semmler/Grunewald 34 zu §§ 394, 395 ] .

10.1.6. Erstreckung der Verschwiegenheit auf Berichtsempfänger

Die Berichtsempfänger haben außerhalb des dienstlichen Verkehrs ihrerseits Stillschweigen zu bewahren - § 395 (1) AktG. Als Ausfluß dieses Gedanken kommt man nicht daran vorbei, daß eine Berichterstattung an Rat oder Ausschuß in dessen nichtöffentlicher Sitzung erfolgen muß [ Kropff/Semmler/Grunewald 50 zu §§ 394, 395 ] .

10.1.7. Verbot der Veröffentlichung

Vertrauliche Angaben und Geheimnisse dürfen bei Berichten zur Rechnungsprüfung nicht mit veröffentlicht werden - § 395 (2) AktG.

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10.2. Verschwiegenheitspflicht in der Genossenschaft

Für die Genossenschaft ist das Problem, daß in §§ 41, 34 GenG eine Verweisung auf die §§ 394, 395 AktG fehlen. Es bleibt also nur die Regelung im Statut der Genossenschaft. Soweit sich dort ein Verweis auf die §§ 394, 395 AktG finden sollte, gilt das zur Aktiengesellschaft Gesagte entsprechend.

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10.3. Verschwiegenheitspflicht in der GmbH

In der GmbH ergibt sich eine ähnliche Fragestellung, wie sie beim Weisungsrecht diskutiert wurde. Gemäß §§ 52 (1) GmbHG, 116, 93 (1) 2 AktG sind die Aufsichtsratsmitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet. Aber warum soll eine von den oben genannten Bestimmungen abweichende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag unzulässig sein, wenn

§ 51 a GmbHG den Gesellschaftern sogar einen Auskunftsanspruch gegen die Geschäftsführer - u.a. auf Einsichtnahme in die Protokolle des Aufsichtsrats - gibt ? Ein Verweis auf die Vorschriften der §§ 394, 395 AktG sucht man in § 52 (1) GmbHG zudem vergeblich.

10.3.1. Vertragliche Abbedingung

Den Gesellschaftern steht nach nach § 51 a (1) GmbHG ein Anspruch auf Auskunft und Einsicht in Bücher und Schriften zu. Dem sind in § 51 a (2) GmbHG gewisse Grenzen gesetzt. Wenn der Aufsichtsrat nicht zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, könnten diese Grenzen umgangen werden. Dies ließe sich allerdings dadurch lösen, daß der Aufsichtsrat ebenfalls den Begrenzungen nach § 51 a (2) GmbHG unterworfen würde.

Die Gesellschafter können von der Geschäftsführung Auskunft und Einsicht in die Bücher - u.a. in die Protokolle des Aufsichtsrates [ BGH Beschluß v. 6.3.97 ZIP 97, 978 ff ] - verlangen. Dagegen kann der Aufsichtsrat gemäß §§ 52 (1) GmbHG, 90 (3) AktG die Vorlage von Berichten der Geschäftsführung verlangen, in die der Gesellschafter auch nicht mittelbar über die Aufsichtsratsprotokolle Einsicht nehmen kann. Des weiteren steht der Aufsichtsrat im Rahmen der Überwachung, wie die Ausführung oben zur Beratung des bzw. mit dem Vorstand zeigen, in einem wesentlich engeren Kontakt mit der Geschäftsführung als die Gesellschafter. Man kann also durchaus vertreten, daß dem Aufsichtsrat ein weitergehender Informationsanspruch zusteht, als den Gesellschaftern. Wenn der Aufsichtsrat dann den Gesellschaftern gegenüber keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegt, würden die Gesellschafter auf diese weiteren Informationen zugreifen können. Die Übertragung der Vorschrift, die das Verhältnis Gesellschafter - Geschäftsführung regelt, auf den Aufsichtsrat könnte dann zu einer Erweiterung der Rechte der Gesellschafter führen.

Neben diesem formellen Aspekt gibt es aber auch ganz massive materiell-rechtliche Bedenken. Die Pflicht zur Beratung der bzw. mit der Geschäftsführung ist auf eine vorbeugende, schadensverhütende Kooperation angelegt. Es würde aber auch eine vertrauensvolle und förderliche Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat sicherlich behindern, wenn die Geschäftsführung befürchten müsse, daß jede Information über den Aufsichtsrat an die Gesellschaftr gelangen könnte [ Treder GHH 86, 145 ff, 148 ] . „Der Aufsichtsrat würde nur noch eine Börse für Frühinformationen darstellen" [ Treder, a.a.O. ] .

Die Verschwiegenheitspflicht gehört zu den Grundprinzipien der selbstverantwortlichen Überwachungsaufgabe eines Aufsichtsrats. Ebenso wie beim Aufsichtsrat der AG muß für den Aufsichtsrat der GmbH gelten, daß dies Prinzip nicht zur Disposition der Gesellschafter steht [ Zöllner 40 zu § 52, Treder GHH 86, 145 ff, 147 f, Vogel StuGR 96, 252 ff ] . Im Gesellschaftsvertrag kann also keine grundlegende Informationspflicht der Aufsichtsratsmitglieder gegenüber den kommunalen Gremien verankert werden.

10.3.2. Analoge Anwendung der §§ 394, 395 AktG ?

§ 52 (1) GmbHG verweist seinerseits nicht auf die §§ 394, 395 AktG. Überwiegend wird aber eine analoge Anwendung dieser Vorschrift angenommen [ Zöllner 40 zu § 52 und Vogel StuGR 96, 252 ff ] . Mit der Bezugnahme des § 52 (1) GmbHG auf die Vorschrift des § 116 AktG

„dürften auch die diese Vorschrift ausfüllenden aktienrechtlichen Vorschriften erfaßt sein, zu denen für Aufsichtsratsmitglieder aus dem Bereich der öffentlichen Hand außer § 93 (1) 2 auch §§ 394, 395 gehören" [ Kropff/Semmler/Grunewald 10 zu §§ 394, 395 ] .

Damit kann grundsätzlich in dem Rahmen, wie wir ihn für Aufsichtsratsmitgliedern in der AG gekennzeichnet haben, auch eine Berichterstattung durch kommunale Vertreter im Aufsichtsrat einer GmbH erfolgen.

10.3.3. Vertragliche Verschärfung

Es ist aber die Frage aufgeworfen worden, ob nicht die Verschwiegenheitspflicht durch den Gesellschaftsvertrag derart verschärft werden kann, daß ausnahmslos alle Vorgänge, die z.B. im Aufsichtsrat beraten wurden, der Verschwiegenheit unterliegen [ So Scholz/Schneider 343 zu § 52 mit Nachweisen zum Meinungsstand in Fn. 543 ] . Der Aufsichtsrat auch der GmbH ist Überwachungsorgan. Ein derart von Eigenverantwortung geprägtes Organ kann man nicht mundtot machen. Ein vollkommener Ausschluß der Information verbietet sich [ Treder a.a.O. ] . Da die Gemeinde nach der jeweiligen Gemeindeordnung einen angemessenen Einfluß nehmen muß, dürfte eine solche Regelung aber auch kommunalrechtlich bedenklich sein.

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10.4. Verschwiegenheitspflicht in Verein und Stiftung

Verein und Stiftung kennen keine gesetzliche Anordnung der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder. Fraglich ist nur, inwieweit die Eigenverantwortlichkeit des Organs nicht die Verschwiegenheit bedingt, wobei wiederum auf die Ausführung zur GmbH Bezug genommen werden kann. Man kann hier aber ohne weiteres in der Vereins- oder Stiftungssatzung eine den §§ 394, 395 AktG entsprechende Regelung aufnehmen, für die dann das zur AktG Gesagte entsprechend gelten würde.

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11. Abberufung

Nach § 103 (2) AktG kann ein entsandtes Aufsichtsratsmitglied jederzeit von dem Entsendungsberechtigten abberufen und ersetzt werden. Ein gewähltes Mitglied muß von der Hauptversammlung abgewählt werden - § 103 (1) AktG -, wenn nicht auf Antrag des Aufsichtsrats oder von Aktionären, die 10 % des Kapitals vereinen, durch das Gericht eine Abberufung aus wichtigem Grund erfolgt.

Für die Genossenschaft stellt sich das Problem nicht. Gemäß § 36 (3) GenG endet die Aufsichtsratsmitgliedschaft durch die Zeit, die bei der Bestellung oder durch das Statut bestimmt worden ist, oder durch einen Beschluß der Generalversammlung, zu dem es einer Mehrheit von 3/4 der Stimmen bedarf. Bei der Genossenschaft gibt es aber nach
§ 36 (1) GenG auch nur gewählte und keine entsandte Aufsichtsratsmitglieder.

§ 52 (1) GmbHG verweist auf § 103 (1) AktG. Hier kann - und wird in der Regel - der Gesellschaftsvertrag eine Abberufung des entsandten Mitgliedes vorsehen. Ebenso kann eine dem § 103 (3) AktG entsprechende Regelung zur Abberufung durch die GmbH aus wichtigem Grund aufgenommen werden.

Neben diese gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen tritt kommunalrechtlich zumindest das Erfordernis eines entsprechenden Ratsbeschlusses. Ob es für diesen Beschluß einer gesetzlichen Grundlage bedarf oder dem Rat hier in seiner Entschlußfreiheit hier Grenzen gesetzt sind, ist eine Frage, die zu Streit führen kann.

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11.1. Abberufung auf Betreiben der Gesellschaft - wichtiger
Grund


Eine gesellschaftsrechtlich streitige Frage ist, unter welchen Voraussetzungen bei einem kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat seitens der AG oder GmbH eine Abberufung herbeigeführt werden kann, weil ein wichtiger Grund vorliegt, wenn dieser sich z.B. an den Weisungen der Kommune orientiert [ siehe LG Frankfurt Beschluß v. 14.10.86 in NJW 87, 505 f und OLG Hamburg Beschluß v. 23.1.90 in ZIP 90, 311 ff ] . Reicht hier allein die Fremdbestimmung des Abstimmungsverhaltens oder muß der Gesellschaft durch das Abstimmungsverhalten ein Nachteil bzw. Schaden erwachsen ?

Vom Inhalt her muß man aber berücksichtigen, daß sowohl AG als auch GmbH gewählte und entsandte Aufsichtsratsmitglieder kennen. Daß bei einem Aufsichtsratsmitglied sonstige Interessen eine Rolle spielen können, z.B. wenn es in 10 Aufsichtsräten sitzt, als Arbeitnehmervertreter oder Vertreter einer Bank, ggf. eines Konkurrenzunternehmens in den Aufsichtsrat gelangt ist, ist nicht zu leugnen. Es ist aber auch Aufgabe eines Aufsichtsrates, der Meinungsvielfalt zu dienen.

Die Auffassung, daß allein ein fremdbestimmtes Verhalten als wichtiger Grund ausreicht, ist daher abzulehnen. Vielmehr wird man verlangen müssen, daß das Aufsichtsratsmitglied mit seinem Abstimmungsverhalten gegen elementare Interessen der Gesellschaft verstoßen hat. Ob man dies dann als „krasses Fehlverhalten" bezeichnet oder davon spricht, daß der Gesellschaft die Fortsetzung der Aufsichtsratsmitgliedschaft „nicht zumutbar" ist, erscheint dagegen nebensächlich. Um dies am Beispiel HEW/Janssen zu verdeutlichen: Daß der schleswig-holsteinische Minister von der Landesregierung oder der Partei beeinflußt werden konnte, mußte die AG hinnehmen, nicht aber, daß er dauernd für einen Ausstieg aus der Atomenergie stimmte, der die Gesellschaft in Millionen-Höhe geschädigt hätte.

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11.2. Abberufung auf Betreiben der Gemeinde

Das Gesellschaftsrecht ermöglicht grundsätzlich der entsendungsberechtigten Kommune, ihre Mitglieder im Aufsichtsrat abzuberufen. Eines wichtigen Grundes bedarf es dazu nicht. Eine Frage ist aber, ob es für den dazu notwendigen Beschluß des Rates einer Ermächtigung in der jeweiligen GO bedarf. In Nordrhein-Westfalen hat das Aufsichtsratsmitglied sein Amt auf Beschluß des Rates jederzeit niederzulegen [ § 113 (1) 3 GO NW ] . In Hessen haben besondere Vertreter des Gemeindevorstandes auf Verlangen desselben ihr Amt niederzulegen [ § 125 (1) 2 HessGO ] . In Sachsen-Anhalt, dem Saarland und Rheinland-Pfalz kann die Bestellung der weiteren Vertreter jederzeit zurückgenommen werden [ § 119 (11) 2 GO Sa.-An., § 88 (1) 2 GO Rh-Pf, § 112 (2) KSVG Saar ] . In Schleswig-Holstein können die Vertreter abberufen werden [ § 104 (2), 25 (2) 1 GO Schl-H ] , zusätzlich endet das Amt mit der Beendigung der haupt- oder ehrenamtlichen Tätigkeit [ § 104 (2), 25 (2) 2 GO Schl-H ] . Für die AG muß bei einer derartigen Beendigung das Mitglied, soweit es entsandt wurde, abberufen werden. Für die GmbH ist dies ein Grund zur Abberufung, wenn der Gesellschaftsvertrag kein entsprechende Befristung der Aufsichtsratsmitgliedschaft enthält. Bayern und Thüringen haben vorgesehen, daß die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat mit der haupt- oder ehrenamtlichen Tätigkeit endet [ Art. 93 (3) BayGO, § 74 (3) ThürKO ] . Baden-Württemberg, Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern haben keine Regelung getroffen. In Niedersachsen kann nur die Bestellung der Vertreter in der Haupt- oder Gesellschaftsversammlung jederzeit widerrufen werden [ § 111 (1) 3 NdsGO, auf den weder § 111 (3) NdsGO, noch § 111 (8) NdsGO ver weisen. ] .

Wird die gesellschaftsrechtlich zulässige Abberufung kommunalrechtlich unzulässig, wenn die jeweilige GO keine entsprechende Ermächtigung enthält ? Ist der Rat bei dem Beschluß zur Abberufung frei oder muß er hier aus dem Kommunalrecht heraus Grenzen beachten ?

11.2.1. Hauptamtlicher Bürgermeister

Der Bürgermeister ist, soweit er kraft seines Amtes Aufsichtsratsmitglied wird, von der Abberufung in den meisten Fällen ausgenommen worden. Nur für Nordrhein-Westfalen stellt sich das Problem, ob auch der hauptamtliche Bürgermeister sein Aufsichtsratsmandat jederzeit niederzulegen hat.

Der hauptamtliche Bürgermeister kann nach § 66 GO NW abgewählt werden. Ansonsten muß er zu den vorgeschlagenen oder entsandten Mitgliedern gehören, § 113 (2) 2 GO NW. Bei seiner Abberufung ohne Abwahl als Bürgermeister wäre er sofort wieder zu benennen.

Hier wird die gesellschaftsrechtlich zulässige Abberufung durch das Kommunalrecht eingeschränkt.

11.2.2. Erfordernis einer gesetzlichen Regelung in der GO ?

Teilweise wird vertreten, daß eine gesetzliche Regelung über die Abberufung in der Gemeindeordnung nur deklaratorischen Charakter hat [ Janitschek VR 93, 115 ff, 123 ] . Das Abberufungsrecht folge im Gegenschluß aus dem Recht zur Bestellung oder Bestimmung des Vertreters [ So Beschluß des OVG Bremen v. 20.4.95 Az: 1 B 116/94 S. 4, n.v., hier zitiert nach einer Ablichtung vom Original ] . Dem Vertreter im Aufsichtsrat stehe kein organschaftliches Recht zu, daß es rechtfertigen würde, ihn insofern z.B. einem Ausschußmitglied [ Vgl. zur Rechtswidrigkeit der Abberufung von Ausschußmitgliedern BayVGH Beschluß v. 6.10.87 in BayVBl. 88, 83 ff ] gleichzustellen. Auf der anderen Seite ist auch diesen Stimmen zu entnehmen, daß es ein durchaus berechtigtes Interesse des Aufsichtsratsmitgliedes am Schutz vor mißbräuchlicher Abberufung durch die Kommune geben kann [ Vgl. OVG Bremen a.a.O ebenfalls S. 4 ] . Erfordert dieser Schutz, daß die Abberufung kommunalrechtlich geregelt wird ?

Im Mittelpunkt steht hier die Diskussion um die Stellung des einzelnen Aufsichtsratsmitglieds. Das OVG Münster hat in seinem Beschluß vom 12.2.90 [ abgedruckt in DVBl 90, 834 ff ] dem Aufsichtsratsmitglied eine „organschaftliche Rechtsstellung" eingeräumt, hieran aber in dem Beschluß vom 19.9.95 [ OVG Münster v. 19.09.95 Az. 15 B 1840/95 S. 2, n.v., hier zitiert nach einer Ablichtung vom Original ] Zweifel eingeräumt. Die Weisungsgebundenheit ist ein wichtiges Indiz, daß das Mitglied keine schutzfähige Stellung hat [ Vgl. OVG Bremen a.a.O. und OVG Münster, a.a.O. ] . Allerdings ist die Weisungsgebundenheit zwar gemeindeintern wirksam, schlägt aber gesellschaftsrechtlich nicht durch. Auch die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat haben gesellschaftsrechtlich eine eigenverantwortliche Überwachungsaufgabe wahrzunehmen. Der Argumentation aus der Weisungsgebundenheit gegenüberstellen muß man auch, daß die Mitglieder im Aufsichtsrat im Wege der Verhältniswahl gewählt werden und auch eher als Repräsentanten, denn als Vertreter der Gemeinde im Sinne des § 164 (1) BGB anzusehen sind. Letztendlich gilt es auch zu bedenken, daß die Vertreter im Aufsichtsrat ein erhebliches persönliches Risiko zu tragen haben - in haftungsrechtlicher Hinsicht zumindest vorerst, aber vor allem auch in strafrechtlicher Hinsicht.

Letztendlich wird man hier die Entscheidungen des jeweiligen Obergerichtes abwarten müssen. Die letzten uns bekannt gewordenen Entscheidungen weisen allerdings stark darauf hin, daß eine kommunalrechtliche Regelung für entbehrlich gehalten wird [ OVG Bremen v. 20.4.95 und OVG Münster v. 19.09.95 ] .

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11.3. Sonderregelung Niedersachsen

Für Niedersachsen stellt sich die Frage allerdings auch anders herum. Wie schon an anderer Stelle dargestellt, ist dort im Absatz 8 auf Absatz 1 nicht verwiesen, sondern nur auf Absatz 6 und 7. Nach dem Wortlaut würde dies bedeuten, daß der Landesgesetzgeber damit auf eine Abberufung ganz verzichten will. Auch diesbezüglich wird man die Rspr abwarten müssen.

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11.4. Abberufung auf Betreiben der Gemeinde bei entsandten Aufsichtsratsmitgliedern

Zur kommunalrechtlichen Rechtfertigung der Abberufung ergeben sich weitergehende Fragen. Teilweise kann man dies als einschränkende Auslegung der gesetzlichen Regelung sehen. Teilweise wird auch von einer Einschränkung wegen Rechtsmißbrauch gesprochen [ Vgl. OVG Bremen a.a.O. ] . Deshalb wird man diese Fragen auch für die Länder betrachten müssen, die keine kommunalrechtliche Regelung vorsehen.

11.4.1. Schutz vor Mißbrauch - insbesondere Änderung der Mehrheitsverhältnisse

Ob die Begriffe „jederzeitige" Abberufung oder widerrufliche Bestellung bzw. die Begründung als Gegenakt zur Entsendung ein freies Ermessen der Gemeinde zur Abberufung begründet, ist nach der Rspr des OVG Münster fraglich. Insofern heißt es im Beschluß vom 12.2.90:

„Er (Anm: der III. Senat des OVG NW) hat das Abberufungsrechts als Korrelat des Weisungsrechts bezeichnet, das dem Rat gegenüber den Gemeindevertretern in den Organen einer juristischen Personen zusteht (Vgl. § 55 Abs. 2 S. 2 GO) und es als „das äußerste Mittel zur Wahrung der Interessen" der Gemeinde „in Fällen des Ungehorsams" verstanden .... Gestützt darauf hat das VG Düsseldorf (Beschluß vom 27.5.81 -1 L 274/81-) die Auffassung vertreten, daß die Vertreter der Gemeinde „nur aus sachlichen, im Zusammenhang mit ihrem Amt stehenden Gründen" abberufen werden dürfen. Ob diese einschränkende Auslegung mit dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 S. 3 GO vereinbart werden kann, hat der Senat bisher nicht entschieden...Auf eine Vertiefung der Frage kann auch im Rahmen der vorliegenden Entscheidung verzichtet werden.

... so ist dessen Ausübung „Ausübung des Abberufungsrechts" in das Ermessen des Rates gestellt. Grenzen der dem Rat damit zugewiesenen weitreichenden Entscheidungsfreiheit können sich so betrachtet - von dem allgemeinen Mißbrauchs- und Willkürverbot abgesehen - nur aus anderen kommunalrechtlichen Bestimmungen ergeben. Zu diesen Vorschriften gehört u.a. ... mit dem dort verankerten Prinzip der Verhältniswahl" [ OVG Münster Beschluß v. 12.2.90 in DVBl 90, 834 ff, 835, kritisch hierzu OVG Münster v. 19.09.95, a.a.O., das die Klage- bzw. Antragsbefugnis in Zweifel zieht ] .

Damit begründet das OVG, daß allein die Änderung der Mehrheitsverhältnisse im Rat die Abberufung nicht rechtfertigen kann [ Die Kritik im Beschluß des OVG Münster v. 19.9.95 betrifft nicht diesen Teil, sondern die Einordnung der Rechtsposition der Vertreter im Aufsichtsrat. ] . Durch das durchweg vorzufindende Prinzip der Verhältniswahl wird dem Ermessen zur Abberufung eine Grenze gesetzt, weil durch die Verhältniswahl eine proportionale Verteilung der Aufsichtsratsmandate vorgesehen ist.

11.4.2. Abberufung bei Nichtbeachtung von Weisungen

Weiterhin stellt sich die Frage, ob ein Aufsichtsratsmitglied abberufen werden kann, wenn es die Weisung der Gemeinde nicht befolgt hat, weil diese nach Gesellschaftsrecht nicht befolgt werden durfte. Liegt hier ein sachlicher, in der Amtsausübung liegender Grund vor ? Wenn die Weisung der Gemeinde gesellschaftsrechtlich nicht bindend ist und das Aufsichtsratsmitglied im eigenen Namen auftritt, sich ggf. sogar erheblichen Folgen aussetzt, kann die Nichtbeachtung dann die Abberufung rechtfertigen ?

Die oben genannte Entscheidung des OVG Münster hat die Frage, ob die Abberufung auf die Nichtbefolgung einer Weisung gestützt werden kann, wenn diese gesellschaftsrechtlich unwirksam ist, offengelassen. Das OVG Bremen hat hier eindeutig für eine Abberufung votiert.

Die Gemeinde muß sich einen Einfluß auf die Gesellschaft, insbesondere über den Aufsichtsrat, sichern. Blockiert das Aufsichtsratsmitglied durch Nichtbeachtung von Weisungen diesen Einfluß, bleibt der Gemeinde nur seine Abberufung, um ihren Einfluß wieder herstellen zu können. Deshalb kann man sich nur der absolut h.M. anschließen, daß die Abberufung auf jeden Fall gerechtfertigt ist, wenn der Vertreter der Gemeinde im Aufsichtsrat deren Weisungen nicht folgt.

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11.5. Vertragliche Regelung zur Abberufung vorgeschlagener Aufsichtsratsmitglieder in der GmbH ?

Wir hatten bereits ausgeführt, das gesellschaftsrechtlich das Recht zur Abberufung an die Entsendung des Aufsichtsratsmitglieds geknüpft ist. Für die AG sieht § 103 (1) AktG eine strikte Bindung vor. Auch im Rahmen des GenG ist eine strikte Regelung getroffen.

Da sich die Gemeinde Einfluß sichern muß, auch wenn ihr nur ein Vorschlagsrecht eingeräumt ist, stellt sich allerdings noch die Frage nach den Regelungsmöglichkeiten bei der GmbH. Für die GmbH verweist
§ 52 (1) GmbHG auf § 103 (1) AktG. Hier könnte jedoch der Gesellschaftsvertrag eine erleichterte Abberufung des vorgeschlagenen Aufsichtsratsmitgliedes vorsehen, z.B. das Abberufungsrecht einem einzelnen Gesellschafter zuweisen [ Scholz/Schneider 200 zu § 52 ] . Von der Rspr ist die Frage, ob eine Kommune sich als Gesellschafter das Recht einräumen lassen kann, ein von ihr vorgeschlagenes, aber von der Gesellschafterversammlung gewähltes Aufsichtsratsmitglied abzuberufen, nach unserem Wissen noch nicht entschieden worden. Der Unterschied zwischen gewählten und entsandten Aufsichtsratsmitglied würde aber bei einer derartigen Regelung verwischt werden. Wenn also für die Kommune kein Entsendungsrecht in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wurde, kann es nach unserer Ansicht auch bei der GmbH keine Abberufung geben.

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12. Vergütung

Drei Länder haben für ihre Vertreter die Verpflichtung festgelegt, die Vergütung, soweit sie die angemessene Aufwandsentschädigung [ § 104 (5) GO Brand., § 111 (8) i.V.m. (7) NdsGO ] oder das Sitzungsgeld [ § 71 (5) KV M-V ] überschreitet, an die Kommune abzuführen. In anderen Ländern ergibt sich diese Verpflichtung aus den beamtenrechtlichen Regelungen, die entweder direkt oder entsprechend [ § 32 (5) GO BW, § 35 (6) SächsGO, Vgl. aber auch das Urteil des OVG Saarlouis v. 28.11.96 Az. 1 R 2/95, n.v., zitiert nach einer Ablichtung vom Original, für ehrenamtliche Beigeordnete im Saarland ] anwendbar sind. In den anderen Ländern wäre eine entsprechende Weisung denkbar. Als angemessene Aufwandsentschädigung wird in einem Urteil des OVG Saarlouis z.B. in Anlehnung an beamtenrechtliche Vorschriften für ehrenamtliche Beigeordnete ein Betrag von 100,- DM diskutiert [ Vgl. Urteil des OVG Saarlouis v. 28.11.96, a.a.O. ] .

Wir haben erhebliche Zweifel, ob eine derartige Regelung rechtmäßig ist. Für die AG ist in § 113 AktG und für die GmbH durch §§ 52 (1) GmbH, 113 AktG die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder begrenzt. Die Kontrolle der Einhaltung dieser Begrenzung obliegt der Haupt- oder Gesellschafterversammlung. Nach dem, was wir zum direkten Einfluß der Gemeinde auf die Gesellschaft gesagt haben, dürfte es sich bei der Kontrolle der Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder damit nicht um eine Gemeindeangelegenheit handeln. Angesichts der Vielfalt der Zwecke, die mit einer GmbH z.B. verfolgt werden können, wird sich erst recht für den zu betreibenden Aufwand kein fester Betrag nennen lassen.

Das Aufsichtsratsmitglied muß sich informieren, Kontakt zu Vorstand/Geschäftsführung halten, hat - zumindest vorerst - das Haftungsrisiko zu tragen und kann nach den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften einer Strafverfolgung ausgesetzt werden. Da das Aufsichtsratsmitglied aber kein Vertreter der Gemeinde im streng juristischen Sinne ist, also nicht im Namen der Gemeinde, sondern im eigenen handelt, sind dies alles höchstpersönliche Verpflichtungen. Auch aus diesem Grunde gibt es für eine Verpflichtung zur Abführung der dafür gezahlten Vergütung an die Gemeinde nach unserer Meinung keinen Anlaß. Wenn die gezahlte Vergütung nicht angemessen ist, müssen vielmehr Gesellschafts- oder Hauptversammlung tätig werden.

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13. Haftung

Alle Gemeindeordnungen sehen vor, daß das Aufsichtsratsmitglied unter bestimmten Voraussetzungen von der Haftung befreit ist [ § 105 (3) GO BW, Art. 93 (2) BayGO, § 104 (4) GO Brand., § 125 (3) HessGO, § 111 (8), (6) NdsGO, § 113 (6) GO NW, § 71 (3) KV M-V, § 88 (4) GO Rh-Pf,§ 112 (4) KSVG Saar., § 98 (3) SächsGO, § 119 (3) GO Sa.-An., § 25 (3) GO Schl-H, § 74 (2) ThürKO ] .

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13.1. Direktanspruch gegen die Gemeinde ?

Dabei handelt es sich nicht um eine direkten Anspruch der Gesellschaft, sondern um einen Freistellungsanspruch des Aufsichtsratsmitgliedes gegenüber der Gemeinde. Außer in den Fällen des § 117 AktG, die sich kaum nachweisen lassen, ist kein Direktanspruch der Gesellschaft gegen die Gemeinde anzuerkennen. Der BGH hat in seinem Beschluß v. 28.6.84 ausgeführt:

„Auch aus § 55 NRW GO läßt ein Schadensersatzanspruch gegen die widerbeklagte Stadt sich nicht herleiten. Nach § 55 (4) NRWGO hat die Gemeinde den von ihr zur Wahrnehmung von Mitgliedschaftsrechten bestellten Vorstandsmitgliedern juristischer Personen, die aus dieser Tätigkeit haftbar gemacht werden, den Schaden zu ersetzen; ein unmittelbarer Schadensersatzanspruch eines Dritten, demgegenüber das bestellte Vorstandsmitglied sich haftbar gemacht hat, ergibt sich aus dieser Bestimmung nicht" [ BGH Beschluß v. 28.6.84 in NVwZ 84, 749 f, 750 ] .

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13.2. Freistellungsanspruch bei leichter Fahrlässigkeit

Das Aufsichtsratsmitglied hat bezüglich der Haftungsansprüche einen Freistellungsanspruch, soweit es nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Dabei unterscheiden die gesetzlichen Regelungen nicht zwischen dem vorgeschlagenen, aber von Haupt- oder Gesellschafterversammlung gewählten und dem von der Gemeinde entsandten Mitglied. Allenfalls dem sog. geborenen Aufsichtsratsmitglied in der GmbH kann, wie oben ausgeführt, mangels Veranlassung seiner Bestellung durch die Kommune kein Freistellungsanspruch zuerkannt werden.

Vorsatz liegt vor, wenn der Vertreter den Eintritt des schadenstiftenden Ereignisses bewußt und gewollt herbeigeführt hat, wobei auch ein bedingter Vorsatz ausreichend sein soll [ Rehn/Cronauge VIII 1 zu § 113 ] . Das heißt, daß der Schaden auch dann gewollt ist, wenn das Aufsichtsratsmitglied nicht zielgerichtet gehandelt, sondern das schadenstiftende Ereignis nur billigend in Kauf genommen hat.

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Handelnde die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat [ Rehn/Cronauge a.a.O. ] . Wie sich aus dieser Definition erschließen läßt, handelt es sich um eine Auslegungsfrage im Einzelfall, bei der oftmals selbst verschiedene Kammern desselben Gerichts unterschiedliche Auffassungen vertreten. Hier kann also kein typischer Einzelfall genannt werden.

Zur Vermeidung einer persönlichen Inanspruchnahme kann man nur anraten, sich inhaltlich an dem zu orientieren, was der BGH in seinem Urteil vom 29.4.97 [ BGH Urteil v. 29.4.97 in NJW 97, 1926 ff und Kapitel B Punkt 2.1.1.4 dieser Ahandlung ] ausgeführt hat. Bei einem gesetz- oder satzungswidrigen Verhalten oder Vorstand wird man es schwer haben, von einem Einschreiten - z.B. durch Geltendmachung einer Schadensersatzforderung gegen Vorstand/Geschäftsführer - abzusehen. Sollte dem Vorstand einfach das Glück bei Geschäften gefehlt haben, die nach dem Gesellschaftszweck vorzunehmen und ihrer Natur nach mit einem Risiko behaftet sind, wird man zumindest die Abberufung des Vorstandes oder des Geschäftsführers diskutieren müssen. Wenn man in beiden Fällen aus gewichtigen Gründen von derartigen Maßnahmen absehen will, müssen diese an der Bedeutung des Fehlverhaltens des Vorstandes gemessen werden. Je stärker man sich an dem hier vom BGH aufgezeigten Rahmen orientiert hat, um so weniger kann man sich dem Vorwurf aussetzen, die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt zu haben. Formal ist es natürlich von ausschlaggebender Bedeutung, daß sich die maßgeblichen Erwägungen auch in dem nach § 107 (2) AktG oder entsprechend § 107 (2) AktG zu fertigenden Protokoll wiederfinden.

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13.3. Freistellungsanspruch bei Befolgung einer Weisung

Im übrigen soll den kommunalen Vertretern im Aufsichtsrat eine Haftungsfreistellung zukommen, wenn sie nach der Weisung der Gemeinde gehandelt haben [ Held 10 zu § 113 ] . Allerdings hat der BGH dies in einer für die Entscheidungsbegründung nicht wesentlichen Anmerkung - orbiter dicta - für den Fall in Frage gestellt, daß das Aufsichtsratsmitglied an Weisungen nicht gebunden ist:

„Im übrigen steht den Vorstandsmitgliedern, die auf Vorschlag der Gemeinde von der juristischen Person selbst bestellt werden, nicht einmal dieser Freistellungsanspruch zu, da sie keinen Weisungen unterliegen ..." [ BGH Beschluß v. 28.6.84, a.a.O. ] .

Wenn auch für die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat die Weisung nicht bindend ist, weil das Gesellschaftsrecht Vorrang hat, entfällt dann die Haftungsfreistellung bei Befolgung der Weisung ?

Letztendlich würde man hier die Andeutung des BGH überbewerten. Für den Vorstand der AG, auf den sich der BGH hier eindeutig bezieht, ergibt sich aus dem Gesetz die Weisungsfreiheit. Für das Aufsichtsratsmitglied ergibt sich die Weisungsfreiheit nur da, wo eine Weisung gegen gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen verstößt. Das Risiko dieser Beurteilung darf für ein „nebenamtliches" Aufsichtsratsmitglied, das der Weisung der entsendenden Kommune folgt, nicht zu dem Risiko führen, daß er letztendlich auch auf der Haftung „hängen bleibt". Auch wenn man hier vor Überraschungen durch die Rspr nicht vollkommen sicher ist, wird man diese Anmerkung des BGH unserer Ansicht nach auf Aufsichtsratsmitglieder nicht übertragen können.

Nach den kommunalrechtlichen Vorschriften ist hinsichtlich der Bindung an Weisungen nicht zwischen vorgeschlagenen und entsandten Vertretern unterschieden. Letztendlich unterliegen beide kommunalrechtlich der Weisung und sind gesellschaftsrechtlich eigenverantwortlich. Auch hier wird man den Freistellungsanspruch bejahen müssen.

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13.4. Eigenschadenversicherung

Für Eigengesellschaften kann eine Eigenschaden- oder Vermögenseigenschadenversicherung abgeschlossen werden. Diese greift auch dann ein, wenn Aufsichtsratsmitglieder einen Vermögensschaden der AG oder GmbH verursachen. Für kommunale Gesellschaften bewegt sich die Deckungssumme um die Grenze von 1 Mio. DM [ Vgl. die Mitteilungen des GVV 1/1997-II in: Informationen der Bundesarbeits gemeinschaft Deutscher Kommunalversicherer Heft I aus 1997 ] . Allerdings behalten sich die Versicherer hier für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit oftmals einen Regreß gegen das Aufsichtsratsmitglied vor.

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14. Strafbarkeit

Wie oben ausgeführt, können sich die kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat strafbar machen. Dies Risiko kann ihnen die Gemeinde grundsätzlich nicht abnehmen. Diskutiert worden ist dies immer wieder für Geldstrafen. Wenn der Vertreter der Kommune im Aufsichtsrat eine Weisung befolgt, warum soll die Kommune ihm dann zwar die Haftung, nicht aber eine eventuelle Geldstrafe abnehmen ?

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14.1. Übernahme einer Geldstrafe als Strafvereitelung ?

Ursprünglich hat die Rspr [ Vgl. die Nachweis im Urteil des BGH vom 7.11.90 NJW 91, 990 ff, 992 ] die Auffassung vertreten, daß auch die Geldstrafe eine persönliche Angelegenheit sei. Die Bezahlung der Geldstrafe durch einen Dritten - sei es die Kommune, sei es z.B. der private Arbeitgeber -, die im Zusammenhang mit einer dienstlichen Angelegenheit verhängt wird, sei nach § 258 (2) StGB - Strafvereitelung -, ggf.
§ 258 a StGB - Strafvereitelung im Amt - strafbar.

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14.2. Aufgabe der ständigen Rechtsprechung durch den BGH

In seinem Urteil vom 7.11.90 hat der BGH diese Rspr aufgegeben. Dort heißt es dann:

„Die Bezahlung einer Geldstrafe - unmittelbar oder mittelbar - aus dem Vermögen eines Dritten erfüllt nicht den Tatbestand der Strafvereitelung... [ Vgl. BGH a.a.O., 992 ] "

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14.3. Übernahme einer Geldstrafe als Untreue

Allerdings ist die Zahlung der Geldstrafe, die einem Aufsichtsratsmitglied auferlegt wird, damit für die Gemeinde immer noch mit einer Strafandrohung bedroht. Öffentliche Mittel sollen nur für bestimmte Zwecke, nicht aber zur Zahlung von Geldstrafen, die gegen die Bediensteten persönlich gerichtet sind, verwandt werden. Nach dem vorgenannten Urteil des BGH kann eine Strafverfolgung wegen Untreue -
§ 266 StGB - erfolgen [ Vgl. BGH a.a.O, 991 ] .

Die Unterscheidung zwischen Kommunen und z.B. privaten Arbeitgebern, deren Arbeitnehmer auf deren Veranlassung hin mit dem StGB in Konflit geraten, ist sicherlich bedenklich. Wenn das Aufsichtsratsmitglied wirklich einer Weisung der Gemeinde gefolgt, die gesellschaftsrechtlich derart inakzeptabel war, daß sie eine Strafverfolgung auslöst, kann man rechtspolitisch hier einiges einwenden [ Z.B. Argumente entsprechend der Fürsorgepflicht für Beamte und Angestellte oder das Verursacherprinzip. Auch diese Frage kann hier nicht ausdiskutiert wer den. ] . Allerdings ändert dies nichts an der Tatsache, daß die Übernahme der Geldstrafe ausgeschlossen ist.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 1998

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