Der zweite Nationale Parteitag von Akbayan Citizens Action Party
Manila, 30.-31.07.03


von Beate Martin, FES Manila, September 2003
 

Der zweite nationale Parteitag der Akbayan Citizens Action Party hat wichtige Weichen für die Zukunft und für den bevorstehenden Wahlkampf der Präsidentschaftswahlen im Mai 2004 gestellt. Seit ihrem Gründungsparteitag im Jahr 1998 hat sich die Partei deutlich weiter entwickelt.

Die Herausforderungen sind groß, die die junge Partei meistern muss. Sie will gegen die tief verwurzelte konservative Grundhaltung breiter Schichten der philippinischen Gesellschaft angehen und gegen die 'traditionellen' Politiker, die kaum mit programmatischen Einstellungen und sinnvollen Gesetzesvorschlägen, sondern oft nur mit Korruptionsaffären und Skandalen auffallen. Veränderungen dieser Situation können nur langfristig geplant und herbeigeführt werden. Auf diesem Weg gibt es zudem unzählige Hindernisse. Der Putschversuch vom 27.Juli 2003 und die Gerüchte weiterer bevorstehender Coups, die ungebrochene Dominanz der traditionellen Politik-Clans, die auf Geld, Waffen und persönlichen Beziehungen beruhen, die Gefahr politischer Gewalt insbesondere in Mindanao und nicht zuletzt der schwierige Zugang zu Massenmedien für die Akbayan-Repräsentanten mit ihren progressiven Inhalten, machen den Versuch mehr Wählerstimmen für eine alternative Politik zu mobilisieren, unglaublich mühsam.

Die ersten Erfolge sind aber bereits sichtbar. Immerhin ist die junge Partei bereits mit zwei sehr aktiven Abgeordneten im Parlament vertreten, stellt 19 Bürgermeister und rund 1.000 der gewählten Mitglieder in den Barangays, der untersten städtischen und ländlichen Verwaltungsebene. Akbayan hat bereits 87.000 Beitrag zahlende Mitglieder! Ein Drittel davon leben in Mindanao und die anderen überwiegend in den Regionen Metro Manila, Luzon und Visayas. Die Mitgliederbeiträge sind jedoch sehr gering und können nur symbolisch zur Finanzierung der Arbeit der Partei beitragen.

Die Partei ist 1997 gegründet worden, um an dem neuen Parteilistenwahlverfahren teilzunehmen. Die Parteiliste ermöglicht es den neuen, kleinen und wenig finanzkräftigen Parteien und politischen Gruppierungen für einen der 20% reservierten Abgeordnetensitze zu kandidieren. Das Parteilistenverfahren war von Anfang an problematisch. Noch bis heute sind die Regeln nicht klar definiert, nach denen kandidiert werden kann und nach denen die Auszählung der Wählerstimmen und die Umrechnung auf die Anzahl der Abgeordnetensitze vorgenommen wird. Einige Abgeordnete konnten erst Ende 2002, also fast 2 Jahre nach den letzten Wahlen 2001 ins Parlament einziehen. Problematisch ist außerdem die Klassifizierung der philippinischen Gesellschaft in Sektoren (Frauen, Jugend, Bauern, Fischer, Behinderte, Städtische Arme, etc), die die Grundage für die Parteilisten darstellen. Sie sollen die marginalisierten Sektoren der Gesellschaft darstellen. Die traditionellen Parteien durften bisher nicht für die 20% reservierten Plätze kandidieren. Für die Wahlen im nächsten Jahr ist jedoch noch nicht abschließend geklärt, ob dies auch weiterhin so bleibt.

Akbayan hat an den Wahlen 1998 und 2001 erfolgreich teilgenommen und hat zur Zeit zwei Abgeordnete, Etta Rosales (seit 1998) und Mario 'Mayong' Aguja (seit Ende 2002) im Parlament. Trotz aller Probleme des Parteilistenwahlverfahrens, bietet es der Partei doch ganz neue Möglichkeiten auch auf parlamentarischer Ebene aktiv zu werden. Beide haben in der kurzen Zeit schon viel Aufmerksamkeit in wichtigen politischen Debatten auf sich lenken können (u.a. Irakkrieg, Wahlberechtigung der im Ausland lebenden Philippinos, Menschenrechte, Frauenrechte).

Akbayan hofft bei den nächsten Wahlen noch einen dritten Abgeordnetensitz zu bekommen. Die Partei versucht aber auch, auf regionaler und lokaler Ebene mehr Einfluss zu gewinnen. Um diese Strategie erfolgreich umzusetzen, mussten auf der organisatorischen Ebene der Partei Veränderungen, aber auch auf ideologischer und politischer Ebene durchgesetzt werden. Auf dem Kongress wurden grundlegende Debatten geführt und wichtige politische Richtungsentscheidungen getroffen.

Die Partei verändert sich

Die Partei verändert sich langsam von einer eher lockeren Koalition linker Gruppierungen hin zu einer politischen Partei. Anfangs stand die Lobbyarbeit der sozialen Bewegungen und Nichtregierungsorganisationen im Vordergrund. Heute wird sie ergänzt durch die parlamentarische Arbeit der beiden Abgeordneten. Das Spektrum der linken Gruppen, die sich bei Akbayan zusammengefunden haben, ist sehr groß. Auf dem Parteitag hat die Partei versucht, eine gemeinsame Sichtweise und Sprachregelung für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu entwickeln. Ziel ist es, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln und umzusetzen, anstatt immer wieder Zeit und Energie mit zermürbenden Debatten der einzelnen politischen Strömungen der Partei zu verlieren. Nicht die ideologischen Richtungskämpfe sollen im Vordergrund stehen, sondern die Erzielung des größtmöglichen Erfolgs bei den bevorstehenden Wahlen. Aus der Koalition dieser Gruppierungen soll eine handlungsfähige und in sich konsistente Partei hervorgehen, die eine klare ideologische Basis, organisatorische Disziplin und politische Reife hat.

Akbayan will ihre Bedeutung als linke Oppositionspartei auf nationaler Ebene weiter ausbauen. Der tragendende Grundwert der Partei ist das Modell einer partizipativen und sozialen Demokratie. Die Bedeutung der Zivilgesellschaft, insbesondere der ihr nahestehenden sozialen Bewegungen (Nicht- Regierungsorganisationen, Selbsthilfeorganisationen, Lobbyverbände, etc) und deren Rolle bei der Entwicklung eines demokratischen Staates wird deutlich hervorgehoben. Die Zusammenarbeit mit den sozialen Bewegungen entspricht dem Selbstverständnis der Partei, die ja aus diesen Bewegungen hervorgegangen ist. Darüber hinaus wird nach Möglichkeit mit diversen staatlichen Institutionen kooperiert. Nur so hat Akbayan eine Chance mit den traditionellen Parteien zu konkurrieren, die über ungleich mehr finanzielle und personelle Ressourcen verfügen.

Die Strategiedebatte

Die progressive Politik Akbayans findet bereits viele Anhänger und Wählerstimmen. Zahlenmäßig ist es jedoch nur eine kleine Minderheit. Bei den Wahlen in 2004 werden ca. 1 Million Wählerstimmen von insgesamt ca. 38 Millionen Wahlberechtigten erwartet.

Die Frage, inwieweit sich die Partei ideologisch auf die 'Mitte' der Gesellschaft zu bewegen muss, um ihre Basis ausbauen und ihren Einfluss vergrößern zu können, wurde auf dem Kongress heftig debattiert. Zur linken Mitte der philippinischen Gesellschaft gehören etwa Berufstätige (die früher als Studenten politisch engagiert waren, aber sich nun mit dem Arbeitsalltag arrangieren müssen), Unternehmer und Selbständige (die offen für bestimmte Bereiche progressiver Politiken sind und vielleicht sogar für den Wahlkampf spenden würden), Personen und Gruppen, die dem religiösem Spektrum angehören (aber politisch in ähnlichen Bereichen engagiert sind wie Akbayan und andere sozialen Bewegungen).

Es wurde diskutiert, ob die Partei mit anderen 'professionellen' Politikern eine Zusammenarbeit vereinbaren soll, um die Chancen zur Durchsetzung einer alternativen Politik zu vergrößern. Dabei stellen sich jedoch einige Probleme. Wie soll die ideologische Ausrichtung Akbayans sinnvoll mit der an der Mittelklasse orientierten Politik der potentiell in Frage kommenden Parteien vereinbar sein ? Und wie sehr kann man sich auf die potentiellen Partner verlassen und verhindern, dass Akbayan nur benutzt wird und nach den Wahlen schnell in den Hintergrund gedrängt wird ?

Nicht zuletzt tauchte das Thema des allgegenwärtigen Personenkultes auf. Sollen eine oder mehrere Führungspersönlichkeiten die Partei in der Öffentlichkeit darstellen oder soll dieser Personenkult zugunsten der kollektiven Führungskultur der Partei vermieden werden?

Die Partei versucht sich zunehmend international zu vernetzen und sieht die internationale Solidarität als eines ihrer wichtigsten Prinzipien. Im Zeitalter der Globalisierung will sie sich zusammen mit anderen progressiven Kräften auf internationaler Ebene gegen die neoliberale Globalisierung und den Unilateralismus der USA engagieren. Die Mitgliedschaft in der Sozialistischen Internationale (SI) ist eines der nächsten Ziele, die sich Akbayan gesteckt hat. Auf dem nächsten SI Kongress im Oktober diesen Jahres wird dies ein Thema sein.

Auf dem Parteitag war eine schwedische Delegation vertreten, darunter die internationale Sekretärin der schwedischen sozialdemokratischen Partei. Von der SPD und der brasilianischen PT wurden Grußworte verlesen. Die PT hat einen wichtigen Vorbildcharakter für Akbayan. Hier werden seit einiger Zeit die Kontakte durch wechselseitige Besuche intensiviert. Anfang diesen Jahres war eine philippinische Delegation in Brasilien und hat sich mit der nationalen Parteipolitik der PT ebenso wie mit deren Kommunalpolitik und dem Modell des partizipativen Budgetierens auseinandergesetzt.

Neue Gesichter in der Führungsspitze

Der neue Präsident von Akbayan heißt Ronald Llamas. Er war zuletzt der internationale Sekretär und ist bei der Mehrheit der Delegierten und Parteimitglieder sehr beliebt. Joel Rocamora bleibt Mitglied des nationalen Parteivorstandes. Walden Bello zieht sich aus den tagespolitischen Diskussionen zurück, da er seinen Standort in Bangkok und seine Funktion in der internationalen NRO 'Focus of the Global South' nicht länger mit der Arbeit für die Partei vereinbaren konnte. Als Ehrenpräsident bleibt er jedoch eine wichtige Persönlichkeit und Berater für die Partei.

Es gab lange Diskussionen und Streitgespräche um die Besetzung der Führungspositionen. Die drei wichtigsten politischen Blöcke innerhalb Akbayan´s (BISIG, Padayon und Pandayan) und auch die 'Unabhängigen' kämpften um ihren Einfluss. Schließlich wurde aber akzeptiert, dass der neue Präsident Ronald Llamas und die neue Generalsekretärin Arlene Santos beide aus der BISIG-Gruppe kommen. Die übrigen Parteiposten (Vorstand, Ombudsmann, nationale und regionale Mitglieder des Parteivorstands, siehe unten) wurden zum Teil neu besetzt. Auf dem Parteitag waren 37% der Delegierten Frauen; im Parteivorstand ist eine Frau vertreten.

Das Aktionsprogramm für die nächsten drei Jahre wurde verabschiedet. Es sieht die strategische Planung des Wahlkampfes in den bevorstehenden Monaten vor. Ziel ist, diesmal 1 Million Wählerstimmen zu erhalten. Um dies zu erreichen werden die Erst- und Jungwähler angesprochen und die im Ausland lebenden und arbeitenden Philippinos, die seit Verabschiedung des 'Absentee Voting Laws' erstmals stimmberechtigt sind. Die Kapazitäten auf lokaler Ebene sollen weiter ausgebaut werden. Die parteiinterne Demokratie und das oberste Führungsgremium sollen weiter gefestigt und die programmatischen Grundlagen der Partei weiter entwickelt werden. Es ist vorgesehen, Gesetzesprojekte auszuarbeiten, themenspezifische Kampagnen zu starten, den Auf- und Ausbau der Parteibasis in den Regionen weiterzuführen und die internationale Arbeit Akbayans in Südostasien und weltweit zu intensivieren.

Ehrenvorsitzender
Walden Bello, Focus of the Global South

Der nationale Vorstand
Präsident  Ronald Llamas, BISIG
Vize-Präsident  Suharto Ambolodto, Muslim Mindanao
Vorsitzender  Ricardo Reyes, Padayon
Stellv. Vorsitzender Vicente Fabe, Pandayan
Generalsekretärin Arlene Santos, BISIG
Schatzmeisterin  Carmel Abao, IPD
Vermittler (Arbiter) Norman Patiño, Independent
Ombudsman  Luzviminda Santos

Vorstandsmitglieder
Joel Rocamora, Sixto Carlos, Elaine Teope, Alvin Dizon

Vorstandsmitglieder in den Regionen
Manila Rafael Albert, Romeo Formanes, Mariquit Melgar
Luzon Rene Cerrilla, Rey Cesar, Fely Delfín, Matilde Erasga, Ruben Esquejo, Marlene Magallanes, German Mercado
Visayas Joselito Abrugar, Nemesio Desafiles, Doris Obeña-Dinorog, Don Romero, Cathy Ruiz, Leonardo Sison, Noli Valenzuela
Mindanao Rosalie Calumpang, Jose Romeo Ebron, Angelina Ludovice-Katoh, Mila Luminog, Benjamin Sumog-oy, Fernando Salise, Datu Widz Raunda Sampang

Die Spitzenkandidaten für die Parteiliste Akbayan
1. Loretta Ann Rosales, Padayon
2. Mario Joyo Aguja, BISIG
3. Ana Theresia Hontiveros-Baraquel, Pandayan
4. Byron Bocar, Independent
5. Manuel Quiambao, Padayon
 

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