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Vorwort

Engagierte Frauen glaubten vor 100 Jahren, mit dem Wahlrecht und der gesetzlichen Gleichberechtigung würde sich der Rest mehr oder weniger automatisch ergeben. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. Heute noch beschäftigen sich Frauen, ihre Verbände und Organisationen, PolitikerInnen und Gewerkschaften mit diesem
„Rest".

Zwar nehmen Männer und Frauen gleichermaßen am gesellschaftlichen Entwicklungsprozeß teil, doch werden sie von wirtschaftlichen, sozialen und politischen Veränderungen unterschiedlich betroffen. Nach wie vor kommt die Verwirklichung der Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frau und Mann in unserer Gesellschaft nur schleppend voran. Die radikalen Umbrüche im Gefolge der deutschen Einheit und die wirtschaftliche Globalisierung verschärfen vor allem für Frauen soziale und ökonomische Probleme. Frauen in Ostdeutschland stehen seit 1990 vor grundlegend gewandelten Lebensbedingungen und haben ungleich mehr Schwierigkeiten, sich im Einigungsprozeß wiederzufinden als ostdeutsche Männer.

In der größer gewordenen Bundesrepublik ist die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungs- und Entscheidungspositionen überdeutlich. Der Druck auf Frauen, sich aus dem Erwerbsleben in den häuslichen Bereich zurückzuziehen wächst stetig. Doch Frauen wollen Verantwortung übernehmen und ihre Fähigkeiten einbringen, um unser Land, ihr Land, zu gestalten. Sie wollen das Zusammenleben beider Teile Deutschlands fördern. Sie wollen eine moderne Demokratie, die ihren BürgerInnen gleiche Rechte und Chancen gewährt.

Größere Anstrengungen im Bereich der politischen Bildung und Professionalisierung von Frauen bewirken, daß mehr Frauen mit stärkerer Durchsetzungskraft die politischen Voraussetzungen für eine frauengerechte demokratische Gesellschaft schaffen. Dem Interesse insbesondere junger Frauen an Partizipation gilt unsere Aufmerksamkeit ebenso wie der qualitativen und quantitativen Förderung von Frauen in gesellschaftlichen Führungs- und Nachwuchspositionen.

Mit dieser Zielsetzung haben wir ein politisches Bildungsprogramm entwickelt, das an Erfahrungen der Frauen vor Ort anknüpft und in Kooperation mit ihnen Informationsbedürfnisse, Partizipations- und Profilierungswünsche aufgreift und bearbeitet. Basierend auf den Erfahrungen der vergangenen Jahre haben sich nachstehende Schwerpunkte herauskristallisiert:

- gesellschaftspolitische Information,

- Qualifizierung und Beratung,

- Transfer von aktuellen wissenschaftlichen Forschungsergebnissen,

- genderpolitische Diskussionen.

Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht das Bemühen um die aktive Teilhabe von Frauen an der Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels. Dazu haben wir Arbeitsinstrumente konzipiert, die uns ermöglichen, mit vielfältigen Kooperations- und Bildungsangeboten unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Durch die Regionalisierung der Angebote ist es uns auch möglich, flexibel auf Kooperationswünsche von PartnerInnen vor Ort einzugehen. Im einzelnen arbeiten wir mit folgenden Instrumenten:

- regionale Gesprächskreise zur Förderung weiblicher Bündnisse und Vernetzungen mit MultiplikatorInnen und zum Austausch frauenpolitischer Erfahrungen und relevanter Politikansätze,

- Politik- und Sozialmanagementtrainings zur Qualifizierung und Beratung von Frauen in Entscheidungs- und Nachwuchspositionen des Non-Profit-Bereichs,

- Fachtagungen und Kolloquien mit ExpertInnen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Frauenverbänden und Gewerkschaften zum Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen,

- kommunale Frauenforen zum Dialog und Erfahrungsaustausch über die konkrete frauen- und gleichstellungspolitische Praxis,

- Veröffentlichungen zu Ergebnissen aktueller Forschungsprojekte und der Theoriediskussion zur Geschlechterfrage und deren Implikationen für praktische Politikansätze im Rahmen der Publikationsreihen Diskurse zur Gleichstellungspolitik, Frauenpolitik, Frauenforschung, Gender und Politik,

- Workshops in Kooperation mit dem Forum Ostdeutschland zur Vorbereitung von Aktionsprogrammen.

Leitfaden zum Studium des frauenpolitischen Arbeitsberichts 1997

Im Unterschied zu früheren Bilanzen wurde in diesem Jahr eine inhaltliche Gliederung angestrebt. Dieses Mal sollte nicht die schematische Berichterstattung im Zentrum stehen. Statt dessen wurden die Berichte nach drei inhaltlichen Schwerpunkten ausgewählt:

1. Politikfelder

Gemeint sind politische Gestaltungsbereiche, die in der nationalen und internationalen Anwendung relevant und für die aktuelle Diskussion maßgeblich sind. Ausgewählt wurden in diesem Jahr:

- Kommunalpolitik und Planung,

- Wirtschafts- und Strukturpolitik,

- Geld-, Finanz- und Steuerpolitik,

- Neubau des Sozialstaats und Rentenpolitik,

- Frauen-Kultur-Geschichte, MigrantInnen

- Rechts- und Menschenrechtspolitik

2. Schlüsselqualifikationen

Hierbei handelt es sich um Lernfelder, die es Frauen ermöglichen, demokratische Prozesse zu erkennen und zu reflektieren, um sie in ihre politische Arbeit integrieren zu können:

- Rhetorik, Kommunikation, Management,

- Medienkompetenz,

- Partizipation und Mitbestimmung.

3. Zukunftsentwürfe

In diesem Kapitel werden Vorstellungen behandelt, wie Frauen zukünftig - im Unterschied zu Männern - mit Politik und Demokratie umgehen und sich in die Gesellschaft einbringen wollen. Schwerpunktthemen sind:

- nachhaltige Entwicklung,

- Zusammenleben der Generationen,

- Arbeit für alle,

- Europa.

Die inhaltszentrierte Struktur der Berichte aus der Inlandsarbeit und der Abteilung Internationaler Dialog wurde bewußt nicht auf die Projekte der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit übertragen. In diesem Bereich erschien es uns wichtiger, die Vielzahl und thematische Breite der Angebote sowie ihre geographische Verteilung zu dokumentieren. Gezielte Nachfragen zu einzelnen Veranstaltungen können an die zuständigen ReferentInnen und Landesbüros gerichtet werden, deren Adressen in Anhang aufgeführt sind.

Aus einem weiteren Grund ist der internationalen Arbeit ein eigenes Kapitel gewidmet: Bei der Etablierung des Gender-Ansatzes in die politische Bildungsarbeit haben die Mitarbeiterinnen in den internationalen Projekten für die gesamte Stiftung wichtige Impulse gegeben. Die „Leitlinien zum Gender-Ansatz" wurden in der Abteilung Internationale Entwicklungszusammenarbeit formuliert. Seit 1996 sind Gender-Aspekte ein verbindlicher Bestandteil der Vierteljahresberichte aus den internationalen Projekten. In den diesjährigen Arbeitsberichten wurden die Leitlinien dem Abschnitt zur IEZ ausdrücklich vorangestellt, um den theoretischen Ansatz unserer Entwicklungsarbeit transparent zu machen.

Mittlerweile hat die stringente Anwendung dieses Konzepts auch die nationale Arbeit beeinflußt. Fragen nach den geschlechtsspezifischen Auswirkungen eines Projekts oder einer Veranstaltung sind inzwischen fest in die allgemeine Planung der Friedrich-Ebert-Stiftung integriert.

Die „Service-Seiten", die zum ersten Mal in die Arbeitsberichte aufgenommen wurden, besonders erwähnt werden. Mit dieser Publikation erhalten die LeserInnen

- einen Gesamtüberblick der nationalen und internationalen frauenpolitischen Veranstaltungen der Friedrich-Ebert-Stiftung,

- eine Liste aller Publikationen zu frauenpolitisch relevanten Themen,

- ein Verzeichnis der Kontakt- und Bezugsadressen sowie

- eine Auflistung der frauenpolitischen Forschungsprojekte, die die Stiftung im Rahmen der Graduiertenförderung unterstützt.

Die Benutzung der Arbeitsberichte wird mit diesem Angebot wesentlich erleichtert. Mit der eindeutigeren Strukturierung ist außerdem ein rascherer und gezielterer Zugriff auf Informationen zu einzelnen Projekten möglich. Darüber hinaus fordern wir unsere LeserInnen auf, uns Kritik und Anregungen mitzuteilen. Die zukünftige Arbeit an den frauenpolitischen Arbeitsberichten kann von einem solchen Dialog nur profitieren.

Bonn, im April 1998

Christel Nickel-Mayer


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1998

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