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TEILDOKUMENT:




Reinhold Plate
Frauenarbeit in der Freihandelszone
-Die Textil- und Bekleidungsindustrie in Sri Lanka


In jedem Entwicklungsland ist der Ausbau der Textil- und Bekleidungsindustrie ein bedeutender Schritt für die Industrialisierung. Der leichte Zugang zu Arbeitskräften, Rohstoffen und der geringe Kapitalaufwand machen die Textil- und Bekleidungsindustrie zu einem attraktiven Sektor. Für die srilankische Wirtschaft ist dieser Industriesektor besonders wichtig, da dieser beschäftigungsintensiv ist und die Erwirtschaftung von Devisen ermöglicht.

Seit 1986 hat sich die Produktion im Textil- und Bekleidungssektor mehr als verdoppelt. Die jährliche Wachstumsrate übertrifft die der anderen Industriezweige inzwischen sogar um über 20 Prozent. Innerhalb der letzten sechs Jahre konnte der Textil- und Bekleidungssektor 30 Prozent aller Devisenerträge erwirtschaften und entwickelte sich somit zum größten Devisenbringer der srilankischen Wirtschaft.

In bezug auf die Textil- und Bekleidungsindustrie spielt die Greater Colombo Economic Commission (GCEC) eine wichtige Rolle. Von den 350.000 Arbeitsplätzen in der Textil- und Bekleidungsindustrie sind weitere 200.000 Arbeitsplätze innerhalb der GCEC-Betriebe. 150.000 Arbeitsplätze hängen indirekt mit ihnen zusammen. In Spinnerei, Weberei und verarbeitenden Betrieben beläuft sich die ungefähre Zahl der Beschäftigten auf 64.000. Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist somit einer der größten Arbeitgeber in Sri Lanka.

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Formeller und informeller Sektor in der Textil- und Bekleidungsindustrie

Genaue Angaben über Zahlen der Beschäftigten sind in dem Textil- und Bekleidungssektor nicht möglich, da man hier zwischen einem informellen und formellen Sektor unterscheiden muß. Der formelle Sektor umfaßt sowohl exportorientierte als auch kleine und mittlere Betriebe, die für den einheimischen Bedarf produzieren. Zu dem informellen Sektor zählen Kleinstbetriebe und die in Heimarbeit herstellende Produktion.

Die Bekleidungsherstellung erfolgt ausschließlich in privaten Betrieben und im informellen Bereich, der jedoch nur für den einheimischen Markt produziert. Spinnen, Weben und Verarbeitung lagen bis vor kurzem quantitativ in öffentlicher Hand. Erst Mitte 1991, als die großen Spinnereien und die mechanischen Webbetriebe privatisiert wurden, änderte sich diese Situation. So wurde zum Beispiel die Textilfabrik in Tulhiriya an ein südkoreanisches Unternehmen verkauft; und die ausländischen Geschäftsführer der Textilfabrik in Pugoda erwarben die Aktienmehrheit. Bis auf zwei Betriebe sind alle der zwölf staatlichen mechanischen Webfabriken privatisiert und auch die verbleibenden sind zum Verkauf ausgeschrieben worden.

Großbetriebe, mechanische und Handwebstühle teilen sich Spinnerei, Weberei und verarbeitende Industrie. Zu den Großbetrieben zählen die vier kürzlich privatisierten staatlichen und zwei öffentliche Fabriken. Weitere 62 Webereien des privaten Sektors und sieben Webtextilbetriebe aus dem Bereich der Greater Colombo Economic Commission zählen ebenfalls zu den Großbetrieben.

Mechanische Webereien sind entweder privatisierte oder privatwirtschaftliche Betriebe. Vom Department of Small Industries werden 70 Handwebereien und vom Department of Textile Industries werden 25.000 Handwebstühle verwaltet. Bis vor kurzem war der Spinnereibereich in staatlicher Hand, während die Webereien hauptsächlich von privater Hand geführt wurden. Hier lassen sich starke Produktionsschwankungen feststellen, die vor allem der geringen Kapazitätsauslastung und Arbeiter- und politischen Unruhen zugerechnet werden.

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Maßnahmen zur Förderung der Exporte

Sri Lanka verfolgt seit 1977 eine exportorientierte Wachstumsstrategie. Importe und Devisenhandel sind liberalisiert worden. Die srilankische Währung (Rupee) wurde drastisch abgewertet und wird jetzt von mehreren anderen Währungen gestützt. Durch Herabsetzung der Zölle, Aufhebung von Mengenbeschränkungen und die Einführung von vier Tarifzonen, wurde die Tarifstruktur rationalisiert. Die Privatwirtschaft wird in größerem Maße als bisher gefördert und öffentliche Betriebe werden zunehmend privatisiert. Staatliche Eingriffe beschränken sich auf den Aufbau und die Unterhaltung der Infrastruktur.

Eine Reihe von Ministerien und Behörden befaßt sich mit der Entwicklung des Textil- und Bekleidungssektors. So ist zum Beispiel das Ministerium für Textil- und Handwebstuhlindustrie für alle Betriebe, die nicht zu den Freihandelszonen gehören, zuständig. Alle Freihandelszonen-Betriebe der Textil- und Bekleidungsindustrie werden von der Greater Colombo Economic Commission betreut. Trotz der liberalen Wirtschaftspolitik, die das Land seit 1977 betreibt, wird die Textil- und Bekleidungsindustrie weiterhin durch hohe Zölle und Quotenregelungen geschützt. Stufenweise wurden bis 1991 Zölle abgebaut, die Mengenbeschränkungen aufgehoben und die Tarifstruktur rationalisiert.

Um nach dem Auslaufen der bilateralen Abkommen unter dem Welttextilabkommen im Bekleidungsexport wettbewerbsfähig zu bleiben, verfolgt die Regierung für diesen Industriezweig eine Politik der Integration vorgelagerter Produktionsprozesse (backward integration). Da srilankische Exportprodukte in diesem Zweig Billigware sind, die in starkem Wettbewerb mit Produkten aus anderen Billiglohnländern stehen, wird angestrebt, zusätzlich auch Bekleidung zu produzieren, die nicht unter die Quotenregelungen fällt, sowie Qualitäts- und Modekleidung.

Da die backward integration der Bekleidungsexportindustrie sehr kapitalintensiv ist, bietet die Regierung ausländischen Kapitalanlegern zahlreiche Investitionsanreize. Als Folge der Liberalisierung des Handels ist der Handwebbereich zurückgegangen, deshalb hat das Ministerium für Textil- und Handwebstuhlindustrie einen Fünfjahresplan zur Modernisierung und Expansion dieses Zweiges erstellt und landesweit die Dörfer aufgefordert, sich auf den Export von handgewebten Textilien zu spezialisieren. Die Greater Colombo Economic Commission bietet außerdem interessante Anreize für ausländische Investitionen in der Stoff- und Handwebtextilproduktion.

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Löhne und Ausbildung der Arbeitskräfte

Die direkten Lohn- und Gehaltskosten in Sri Lanka sind viel geringer als in anderen Ländern Asiens. Je nach Größe, Leistung und Qualität der Produkte sind die aktuellen Löhne und Gehälter sehr unterschiedlich.

[GRAPHIK]

Die Betriebe innerhalb der Greater Colombo Economic Commission zahlen vergleichsweise höhere Löhne und Gehälter. Im Durchschnitt haben diese Betriebe 1.000 Angestellte. In Betrieben außerhalb der Freihandelszonen liegen die Löhne und Gehälter am unteren Ende der oben angegebenen Skala.

Für die Exportindustrie ist die Aus- und Weiterbildung der Arbeitskräfte von großem Interesse. Die wichtigsten von der Industrie benötigten Kenntnisse werden von öffentlichen Institutionen vermittelt. Die Universität Moratuwa und die Volkshochschule bieten zum Beispiel Universitätsabschlüsse sowie Diplomstudiengänge im Textil- und Bekleidungsfach an. Das Textiles Training and Services Centre bildet im mittleren und einfachen Management aus. Das Clothing Industry Training Institute bietet 24 Ausbildungsgänge für Personal in der Bekleidungsherstellung. Die Lehrgänge reichen von einfachen Bedienungsanleitungen für Maschinen bis hin zu Produktionsmanagement in der Bekleidungsindustrie. Das Handloom Development Centre hilft bei der Entwicklung von Designs und der Steigerung der Produktivität. Im privaten Bereich ist landesweit die Zahl der Nähzentren enorm angestiegen. Dort werden drei- bis sechsmonatige Kurse für einfache Tätigkeiten in der Bekleidungsindustrie angeboten. Die Hersteller von Bekleidungstechnik bieten ebenfalls Anleitung zur Bedienung und Wartung ihrer Maschinen an. Die meisten Firmen legen Wert auf ihre On-the-Job-Ausbildung. Trotz dieser sehr guten Ausbildungsmöglichkeiten mangelt es in verschiedenen Bereichen dieser Industrie immer noch an Fachkräften. Möglicherweise liegt das nicht ausschließlich an den bestehenden Ausbildungsangeboten, sondern auch an dem von der Regierung vertretenen Konzept der regionalen Streuung von Betrieben der Bekleidungsindustrie. Die Textil- und Bekleidungsfirmen innerhalb der Greater Colombo Economic Commission sprechen mit ihren höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen vornehmlich qualifiziertes Personal an. Hinzu kommt, daß die dortige On-the-Job-Ausbildung aufgrund des technologischen Vorsprungs und der von den ausländischen Partnern dieser Firmen mitgebrachten Erfahrung in der Herstellung als höherwertig angesehen wird.

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Frauenarbeit in der Freihandelszone

Über 85 Prozent der Arbeitskräfte in den Freihandelszonen sind Frauen. Bei der Einstellung sind die meisten unverheiratet und jung und nehmen zum ersten Mal in ihrem Leben eine Arbeit in der Fabrik auf. Dabei hoffen sie auf eine gut bezahlte und dauerhafte Erwerbsarbeit in den Freihandelszonen. Ihre Hoffnungen erfüllen sich in der Regel jedoch nicht. Eine der beiden Freihandelszonen in Sri Lanka ist die Ende der siebziger Jahre errichtete Freihandelszone Katunayake. Inzwischen sind dort etwa 60.000 Arbeitskräfte beschäftigt. Hiervon sind über 80 Prozent 18 bis 25 Jahre alte Frauen, die zumeist aus ländlichen Regionen kommen. Die prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen haben immer wieder zu spontanen Aktionen der Arbeiterinnen geführt. Viele Frauen sind in Privathäusern in unmittelbarer Nähe der Freihandelszone untergebracht: Koch- und Waschmöglichkeiten reichen nicht aus und sind in einem verheerenden Zustand, oft müssen 40 Arbeiterinnen eine Toilette, einen Brunnen und eine Küche teilen.

Die Greater Colombo Economic Commission, die für die Verwaltung der Freihandelszone zuständig ist, hat eine Studie über die sozialen und ökonomischen Probleme der Arbeiter und Arbeiterinnen erstellen lassen. Diese wurde im Juni 1990 von T. Hettiarachchy unter dem Titel "A Report on the Socio-Economic Problems of the Work Force at Katunayake" veröffentlicht. Dieser Studie sind die folgenden Auszüge entnommen:

Um die Probleme in bezug auf die Situation der Textil- und Bekleidungsindustrie in Sri Lanka zu verstehen, muß man eingehender die Probleme der Exportförderung und der Exportexpansion behandeln. Im Zuge des industriellen Wachstums in Europa war die Suche nach billigen Arbeitskräften vor allem in arbeitsintensiven Industriezweigen schon früh ein Mittel der Gewinnsteigerung. Die Suche nach billigen Arbeitskräften tritt deutlich hervor in den Industriezweigen, die sowohl arbeitsintensiv als auch wettbewerbsintensiv sind, wie zum Beispiel im Textil- und Bekleidungssektor und im Nahrungsmittelsektor. Deshalb ist die Beschäftigung weiblicher Arbeitskräfte in exportorientierten Industriezweigen insbesondere Ausdruck der Suche nach billigen Arbeitskräften. Die Geschichte der Entwicklung kapitalistischer Industrien zeigt, daß die Textil-, Bekleidungs-, Nahrungsmittel- und neuerdings auch die Elektronikbranche traditionell weibliche Arbeitskräfte einstellen. Da die Kosten für weibliche Arbeitskräfte besonders in Dritte-Welt-Ländern schon immer geringer waren als die der männlichen Arbeitnehmer, haben die Unternehmer weibliche Arbeitskräfte vorgezogen, um ihre Gewinne zu steigern. Billige Arbeitskräfte zählen zu den wichtigsten Kriterien international tätiger Unternehmen bei der Wahl des Standorts. Deshalb werden Länder mit billigen Arbeitskräften, hohen Arbeitslosenzahlen und ausreichenden Rohstoffvorkommen bei der Standortwahl für arbeitsintensive Industriezweige bevorzugt.

Eines der Hauptprobleme der Freihandelszonen in Sri Lanka sind die ungenügenden Löhne der dort beschäftigten Arbeiterinnen. Bei einem Mindestlohn von 1.000 Rupees pro Monat beträgt der Nettolohn vieler Arbeiterinnen 850 Rupees. Arbeiterinnen in der Probezeit erhalten netto etwas mehr als 700 Rupees. Von diesem Lohn gehen 100 bis 125 Rupees für die Miete und 500 Rupees für Nahrungsmittel ab. Was viele Arbeiterinnen, vor allem die in der Probezeit, übrig haben, reicht nicht einmal mehr für ordentliche Kleidung. Viele Arbeiterinnen bringen sich von ihren Eltern Reis und Kokosnüsse mit. Es bedarf keiner weiteren Worte, um ihre Armut zu beschreiben. Ihre Unterernährung tritt offen zutage, und die Kleidung der Frauen verdient nur, mit "Lumpen" bezeichnet zu werden.

Die Unterkünfte der Arbeiterinnen

Fast alle Beschäftigten der Freihandelszone Katunayake, mit Ausnahme einiger weniger Pendler, wohnen in unmittelbarer Nähe der Zone. Da das öffentliche Verkehrsnetz sehr unzuverlässig ist, ziehen die meisten Arbeiterinnen es vor, so nah wie möglich an der Freihandelszone in Privathäusern zu wohnen. Deshalb ist jedes Haus im Umkreis von einem Kilometer um Katunayake als Pension deklariert.

Die unterste Kategorie dieser "Pensionen", d.h. der Häuser, die ausschließlich zum Zweck der Vermietung an in Katunayake Beschäftigte gebaut wurden, sind bessere Hühnerställe. Sie sind in etwa vergleichbar mit den Arbeiterunterkünften auf den Teeplantagen, wie man sie früher kannte, mit dem Unterschied, daß in einem Raum von 3 mal 2,50 Meter zehn oder sogar mehr Arbeiterinnen wohnen. Diese "Pensionen" haben jeweils drei bis vier Zimmer. Manchmal haben die Zimmer eine kleine Veranda nach draußen, auf der eine Bank steht. Die Räume haben je ein kleines Fenster, aber wenn man die Zahl der Bewohner bedenkt, reicht ein Fenster zum Lüften und für die Helligkeit bei weitem nicht aus, um gesund zu wohnen. Außerdem kommt hinzu, daß die Arbeiterinnen dieses Fenster nachts aus Angst vor Dieben und Eindringlingen schließen. Für dreißig bis vierzig Frauen steht eine Küche mit ungefähr zehn Kochstellen in einem Verschlag neben dem Haus zur Verfügung.

In diesen Räumen, wo die Mieter schlafen, essen, sich aufhalten, ihre persönliche Habe, Essensreste und sogar Feuerholz unterbringen müssen, gibt es keinerlei Möbel. Zwar sind meistens Schlafmatten vorhanden, doch keinerlei Bettzeug. Manchmal kaufen sich die Untermieter beides selbst. Tagsüber sieht man die zusammengerollten Schlafmatten, Koffer und Schachteln der Mädchen dicht an dicht auf dem Fußboden stehen. Schmutzige Wäsche hängt auf den Leinen, die quer durch den Raum gespannt werden. Der muffige, dumpfe Geruch, der von der ungewaschenen Wäsche und den Sandalen ausgeht, ist ekelerregend.

Da in der Gegend, wo es die meisten Unterkünfte dieser Art gibt, kein Leitungswassersystem vorhanden ist, wird das Wasser aus Brunnen geholt. Wir haben festgestellt, daß dieses Brunnenwasser oft verschmutzt ist, sei es durch die räumliche Nähe des Brunnens zur Sickergrube, durch fehlende Oberflächenkanalisation oder weil die Brunnen nicht durch Schutzvorrichtungen wie einen zementierten Brunnenrand geschützt sind. Ein und derselbe Brunnen wird als Trinkwasserquelle und als Badeort genutzt.

Bereits frühere Untersuchungen haben ergeben, daß die Unterkünfte und sanitären Einrichtungen in der Freihandelszone zum Teil für die gesundheitlichen Beschwerden mitverantwortlich sind. Es ist üblich, daß die Arbeiterinnen einmal pro Tag drei Mahlzeiten im voraus kochen, die dann ohne Kühlschrank aufbewahrt werden. Nach ärztlicher Meinung verursachen solche unhygienischen, aus der Not geborenen Gewohnheiten Magen-Darm-Erkrankungen. Viele kaufen ihre Mahlzeiten von Straßenhändlern; auch hier sind die hygienischen Verhältnisse recht fragwürdig.

Die "Pensionen" werfen auch andere Probleme auf. Die Vermieter, wie übrigens auch ein großer Teil der Öffentlichkeit, betrachten die Arbeitskräfte nur als Einnahmequelle. Es ist jedem selbst überlassen, wie man diese Einnahmequelle am geschicktesten ausbeutet. Die Vermieter haben aus dieser Situation Kapital geschlagen. Zusätzlich verkaufen sie den Untermietern Lebensmittel. Im Umkreis von 1/2 bis 2 Kilometer gibt es außerhalb der Freihandelszone mehr als 600 Lebensmittelläden, von denen die große Mehrheit den Pensionsbesitzern gehört. Zu beachten ist, daß die Bewohner mehr oder weniger gezwungen sind, bei ihrem Vermieter auch ihre Lebensmittel zu kaufen. Das Preisniveau in diesen Läden ist 20 bis 25 Prozent höher als auf dem Markt.

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Leben in der Freihandelszone Katunayake

Manike war eine Arbeiterin in der Freihandelszone Katunayake, die man entließ, weil sie ein Gedicht an die Zeitung geschickt hatte, mit der Begründung, daß sie in dem Gedicht Lügen über die Fabrik erzählte. Nach einer monatelangen Kampagne - unter Beteiligung der verschiedenen Zentren und einer nationalen sowie internationalen Kampagne der Zeitung - wurde Manike bei voller Lohnrückzahlung wieder eingestellt.

Leben

Ich wache jeden Morgen um halb fünf auf

Ich muß Feuer machen

Wenn ich mir das Gesicht gewaschen habe, trinke ich hastig Tee

Ich muß früh aus dem Haus, zur Arbeit.

Ich fange um sieben Uhr morgens an mit der Arbeit

Die Aufseherin kommt und fragt nach meiner Produktion

Ich bedaure, daß ich das Ziel nicht schaffen kann

Sie beschimpft uns dafür.

Um halb elf kriegen wir einen Schluck Tee.

Der Tee schmeckt nach nichts, auch nicht nach Süße

Wir trinken ihn nur, unseren Hunger zu stillen

Wir spielen nur mit, weil wir arm sind.

Ich kam nach Katunayake, weil ich keine Arbeit hatte

Ich kam in die Freihandelszone, um zu arbeiten

Ich arbeite bei Star Garments

Jetzt bin ich müde und mein Job ekelt mich an.

Neulich war ich krank

Aber ich durfte die Fabrik nicht verlassen

Ich weiß, eines Tages werde ich arbeiten müssen -

obwohl ich krank bin

Ich falle bestimmt noch tot um, bei Star Garments.

Ich arbeite den ganzen Monat lang

Dafür bekomme ich 800 Rupees

Eine Anwesenheitszulage wird bezahlt - 72 Rupees

Sonst gibt es für uns keine Zulagen.

Morgens um sieben sitze ich an der Maschine

Morgens um acht kommt schon die Aufseherin

Sie fragt nach meiner Produktion

Ich sage ihr nur die Anzahl, die ich schaffen kann.

Ich hab oft Schmerzen in der Brust

Die Aufseherin sagt, ich soll in den Erste-Hilfe-Raum gehen

Da kann ich für eine Viertelstunde bleiben

Danach komme ich zurück und sitze an der Maschine.

Meine Mutter weiß nicht, wieviel ich leide

Nur ich weiß, wieviel ich leide

Ich gehe morgens und komme nachts zurück

Ich leide unter dem Schmerz in meinem Körper.

Wir bekommen nie frei

Frei kriegen wir nur im Notfall

Und auch dann nur nach langem Hin und Her

Wir, die wir arm sind, müssen so viel leiden.

Meine Mutter, sie gab mir ihre eigene Milch

Mein Vater, er hat geschuftet für uns

Mein Lehrer, er gab mir das Wissen

Ihnen bin ich Respekt schuldig.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-bibliothek | 12.1. 1998

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