Globalisierung
und Gerechtigkeit
Materialien
zur Modernisierung sozialer Demokratie
Michael
Ehrke
Der
Dritte Weg und die europäische Sozialdemokratie
Ein politisches Programm für
die Informationsgesellschaft?
Das
Schröder-Blair-Papier hat in Deutschland eine heftige Diskussion ausgelöst.
Gerhard Schröder und Tony Blair fordern die Modernisierung sozialdemokratischer
Politik. Sie bedienen sie dabei der Terminologie des Dritten Weges, eines politischen
Programms, das sich als Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung
und als Alternative zum Neoliberalismus wie zur traditionellen Sozialdemokratie
präsentiert.
Kritiker
haben beklagt, daß die Politik des Dritten Weges die soziale Gerechtigkeit
vernachlässige und die Unterschiede zwischen Sozialdemokratie und Neoliberalismus
aufhebe.Kann die Politik des Dritten Weges die notwendige wirtschaftliche und
soziale Modernisierung mit den Prinzipien sozialer Gerechtigkeit in Einklang
bringen?
"In
truth, the parties of the Whig and Tory are those of nature. They exist in all
countries, whether called by those names, or by those of Aristocrats and Democrats,
Cote Droite and Cote Gauche, Ultras and Radicals, Serviles and Liberals".
Thomas Jefferson an den Marquis de Lafayette, 1823
"The
name is wrong, the program vague, the use often opportunist; but it is becoming
more and more popular because it seeks to answer the large questions".
John Lloyd, New Statesman, 19. Mai 1999
Schon
wieder ein Gespenst?
Die Diskussion
um den Dritten Weg und die Neue Mitte ist von einem Paradox geprägt: Auf
der einen Seite hat diese neueste politische Philosophie in den USA wie in Europa
eine für eine politische Grundsatzdebatte erstaunlich breite öffentliche
Aufmerksamkeit gefunden. Die Allgegenwärtigkeit des Themas hat manchen
Beobachter verführt, seinen Kommentar mit "Ein Gespenst geht um ..."
einzuleiten. Auf der anderen Seite sind sich die meisten Kommentatoren darin
einig, daß das herausragende Charakteristikum des Dritten Weges der Mangel
an konkreten Aussagen ist. Halt biete nur die Selbstverortung "zwischen"
oder "jenseits von" neoliberalem Konservatismus (der Neuen Rechten)
und der politischen Vergangenheit derjenigen, die für den Dritten Weg stehen
(der "alten Linken"). Das öffentliche Interesse, das die Debatte
bislang gefunden hat, geht auf die Erwartung zurück, der Dritte Weg gebe
eine erste nicht-defensive Antwort der Linken auf Probleme, die mit dem weniger
exakt analysierten als vage und mit Verunsicherung gespürten Übergang
von der traditionellen Industriegesellschaft zu einer (wie immer zu definierenden)
postindustriellen gesellschaftlichen Ordnung verbunden sind. Dieser Übergang
wird in der schleichenden Auflösung einer ganzen Reihe von Arrangements,
Institutionen und Traditionen der Industriegesellschaft sichtbar: Das Normalarbeitsverhältnis,
kollektiv normierte Arbeitszeiten, die Alterssicherung, die normale Beschäftigungsbiographie,
die keynesianische Globalsteuerung, die Rolle der Gewerkschaften. In der Konsequenz
wird die Politik gezwungen, neue Arrangements zu entwickeln, neue Institutionen
zu begründen und Traditionen neu zu definieren - oder dazu verurteilt,
in Form einer permanenten Krisenfeuerwehr immer neue Reparaturen von begrenzter
Haltbarkeit vorzunehmen. Erwartet werden von der Politik des Dritten Weges zum
einen konkrete Antworten auf konkrete Fragen: Wie soll das System der Alterssicherung
beschaffen sein? Wie ist das Steuersystem zu reformieren? Wie können die
Kosten des öffentlichen Gesundheitswesens unter Kontrolle gehalten werden?
Erwartet - und vom Dritten Weg angeboten - wird aber auch eine zusammenhängende
Interpretation der Tendenzen, die uns verunsichern, eine (wie immer vage) Skizze
der Gesellschaft, auf die wir hinsteuern oder -treiben, und eine Definition
der politischen Ziele, die wir unter veränderten Bedingungen anstreben
sollten und können. Der Neoliberalismus hat diese Antworten im Prinzip
bereits gefunden: Wir erleben die Auflösung der Institutionen und Traditionen,
die die Geltung der Marktgesetze einschränken. Die Industriegesellschaft,
die die Arbeit den Gesetzen des Marktes unterwarf und damit die traditionellen
Sozialbeziehungen radikal transformierte, hat gleichwohl eine Reihe vorindustrieller
Traditionen beibehalten und ihrem Bedarf angeglichen (u.a. die Familie), aber
auch neue Institutionen geschaffen (u.a. den Sozialstaat), die heute zur Disposition
zu stehen scheinen. Die Verteidigung der verbliebenen oder neu gebildeten Marktbarrieren
sei nicht nur ein Akt der Donquichotterie, der sich einem natürlichem Evolutionsgesetz
widersetzte, sie sei auch moralisch anfechtbar, da nur der Markt ein Optimum
bei der Allokation von Ressourcen und der Erzeugung und Verteilung von
Gütern garantiert. Die neoliberale Perspektive steht allerdings im Widerspruch
zur intuitiven Gewißheit, daß der Markt allein keine Gesellschaft
zusammenzuhalten vermag, daß es ein Minimum an generell akzeptierten Normen
und Strukturen geben muß, wenn das Auseinanderbrechen der Gesellschaft
oder ihre Rückentwicklung in einen Zustand der Anomie verhindert werden
soll. Auch die neoliberalen Politiker wissen, daß sie politisch nur dann
wirksam werden, wenn sie ihren Marktfundamentalismus mit anderen "gemeinschaftlichen"
Fundamentalismen verbinden. Die Wahlerfolge Reagans und Thatchers gehen nicht
nur auf ihr Wirtschaftsprogramm zurück, sondern auch darauf, daß
sie sich als glühende Anhänger der Familie, stramme Patrioten und
fromme Christen präsentierten. Sie nahmen damit Traditionen in ihren Dienst,
die von ihrer eigenen Wirtschaftspolitik systematisch unterminiert wurden -
Anthony Giddens zufolge ein logischer Widerspruch, der sich politisch freilich
als durchaus ertragreich erwies.
*New
Economy, New Welfare State, New Governance
Der Dritte Weg verspricht, eine zusammenhängende politische Interpretation
der derzeitigen gesellschaftlichen Transformation anzubieten und diese mit der
Lösung der konkreten Probleme unserer Gesellschaften zu verbinden. Diesem
umfassenden Anspruch stehen bislang aber eher dürre Konzepte gegenüber,
die weniger durch ihre Neuigkeit als durch ihre Deklaration als Neugkeit herausragen.
Diese Konzepte sind grob zusammengefaßt:
* New Economy: Die positive Besetzung oder zumindest Akzeptanz der "Globalisierung",
einschließlich der aus ihr sich ergebenden Zunahme sozialer Unleichheit;
* New Welfare State: Die Absage an traditionelle Wohlfahrtskonzeptionen und
der Ersatz von Wohlfahrtsleistungen in der Form der materiellen Absicherung
durch die Herstellung der "Beschäftigungsfähigkeit" der
Individuen (der "aktivierende Staat");
* New Governance: Der Ersatz materieller Verpflichtungen des Staates durch das
Angebot neuer Formen der Teilhabe. Als entscheidende Differenz zum Neoliberalismus
wird meist die aktive Rolle des (materiell weitgehend entlasteten) Staates hervorgehoben
("der Staat soll steuern, nicht rudern") .
Dies läßt offen, wofür der Staat seine Steuerungsinsrumente
einsetzen soll. Die entscheidende Frage dagegen, die die Protagonisten des Dritten
Weges bislang offen gelassen haben, liegt in der Definition sozialer Gerechtigkeit.
Für den Neoliberalismus ist Gerechtigkeit kein Problem: Die Primärverteilung
von Gütern, Macht und Chancen durch den Markt ist per definitionem gerecht,
ihre politische Korrektur sinnlos und schädlich. Der Dritte Weg präsentiert
sich als Abkehr von den Gerechtigkeitsvorstellungen, die die amerikanischen
Demokraten und europäischen Sozialdemokraten in der Vergangenheit entwickelt
hatten, hält aber am "Wert" der sozialen Gerechtigkeit fest. Es ist
offen, ob dies den Verzicht auf die Definition von eigenständigen Gerechtigkeitskonzept
nur verschleiern soll, oder ab man noch auf der Suche ist.
*Ein
amerikanisches Importprodukt
Die Philosophie des Dritten Weges hat ihren Ursprung in den USA. Sie wurde von
den think tanks des konservativen Flügels der Demokratischen Partei, der
New Democrats, entwickelt und fand ihren Niederschlag in programmatischen (intellektuell
oft wenig überzeugenden) Schriften wie The Third Way: A Political Philosophy
for the Information Age2 oder in den Blueprints for a New Century3.
Wichtiger als die Analyse und die politischen Programmangebote sind die positiv
besetzten Begriffe (opportunity, responsibility, community) bzw. die Rhetorik,
die sich auf ihnen aufbauen läßt. Der Dritte Weg leitete in Großbritannien
den Übergang von Labour zu New Labour an und erfuhr eine gewisse intellektuelle
Vertiefung (etwa durch die Analysen von Anthony Giddens) und Verbreiterung.
Die Neue Mitte in Deutschland wurde im Grund erst ex post - d.h. nach dem Wahlsieg
der SPD - als kontinentaleuropäische Spielart des Dritten Weges adoptiert.
Die Reformdiskussion innerhalb der und um die SPD, in der viele Beiträge
(wie die Arbeiten der Zukunftskommission und des Managerkreises der Friedrich-Ebert-Stiftung)
eine gewisse Nähe zu den Postulaten des Dritten Weges aufweisen, wurde
unter anderen Voraussetzungen und in einer anderen Terminologie geführt.
Der Wahlsieg Gerhard Schröders bot dann aber die doppelte Chance, den Dritten
Weg aus seiner angelsächsischen Isolation herauszuführen und die deutsche
"Neue Mitte" an die internationale Debatte anzubinden. Obwohl die
von der Philosophie des Dritten Weges besetzten Begriffe und Themen in den USA,
Großbritannien und Kontinentaleuropa ähnlich sind, ist doch auf zwei
Unterschiede in den Voraussetzungen hinzuweisen: Erstens haben die USA im Vergleich
zu Europa einen Vorsprung, der sich in hohen Wachstums- und niedrigen Inflationsraten,
einem hohen Beschäftigungsstand sowie Technologie- und Innovationsvorsprüngen
niedergeschlagen hat. Die USA gelten (wieder) als Vorbild. Die Politik des Dritten
Weges und der Neuen Mitte in Europa verfolgt u.a. das Ziel, diesen Vorsprung
wettzumachen, sie ist daher durch einen reformerischen Impuls bestimmt, der
in den USA, die schon dort angekommen sind, wo die anderen erst hinwollen, weniger
ausgeprägt ist. Zweitens sind die Unterschiede der politischen Kulturen
zu berücksichtigen. Der Träger der Philosophie des Dritten Weges in
den USA, die Demokratische Partei, ist keine politische Kraft, die sich der
Linken im europäischen Sinne zuordnen ließe. Die Demokraten sind
keine weltanschauliche Partei, die ihren historischen Ursprung in den Klassenkämpfen
des 19. Jahrhunderts hätte und sich in dieser Tradition interpretierte.
Dies gilt aber für die meisten europäischen Parteien und in ganz besonderer
Weise für die Sozialdemokratie, die historisch als politische Vertretung
der Unterprivilegierten - der Industriearbeiter oder, breiter und vager, der
Arbeitnehmer - angetreten ist. Die mit dem Dritten Weg angestrebte Enttraditionalisierung
der Politik bedeutet für die europäische Sozialdemokratie daher etwas
Anderes als für die amerikanischen Demokraten. Sie ist Teil eines säkularen
Prozesses, der unter den Oberbegriff des Revisionismus gestellt werden kann:
Sie ist, wie Donald Sassoon es vorausschauend nannte, die "zweite Revision".
Die erste Revision: Modernisierung und soziale
Gerechtigkeit
*Eine
Geschichte der Revisionen: Werte und Programme
Die Geschichte der europäischen Sozialdemokratie ist eine Geschichte
der Revisionen. Schon der Begriff des Revisionismus ist für linke Gegner
der Sozialdemokratie gleichbedeutend mit einer Anklage. In einer sich verändernden
Welt ist die Veränderung eines politischen Programms jedoch keine Todsünde,
sondern eine Bedingung des Überlebens. "The only left that’s left"
ist die Sozialdemokratie, gerade weil sie flexibel genug war, die Transformationen
ihres gesellschaftlichen Umfeldes in ihrer Politik zu berücksichtigen.
Die Frage ist jedoch, ob es über alle Revisionen hinweg eine Konstante
sozialdemokratischer Politik gibt, die es erlaubt, von einer "sozialdemokratischen
Identität" zu sprechen. Die Befürworter des Dritten Weges, allen
voran Tony Blair, haben diese Konstante in den Werten ausgemacht: Die Werte
sind zeitlos, während sich die Mittel ihrer Realisierung wandeln. Als Werterepertoire
nennt Blair "democracy, liberty, justice, mutual obligation and internationalism",
im von Tony Blair und Gerhard Schröder herausgegebenen "Vorschlag
für Europas Sozialdemokraten" sind es "Fairneß, soziale
Gerechtigkeit, Freiheit und Chancengleichheit, Solidarität und Verantwortung
für andere". Auf dem gewählten Abstraktionsniveau handelt es
sich um einen Wertekatalog, dem wohl jedermann zustimmen würde (wer wird
schon offen für Un-Fairness, soziale Ungerechtigkeit, Unterdrückung
und Privilegien, Egoismus und Verantwortungslosigkeit eintreten?), und der daher
für die Bestimmung einer politischen Position unbestimmt bleibt. Politisch
relevant werden Werte, wenn sie mit einer Bewertung der gesellschaftlichen Wirklichkeit
verbunden werden. Die Bewertung der gesellschaftlichen Realität ist der
Punkt, an dem sich politische Optionen in Europa seit der Französischen
Revolution unterscheiden. Die konservative Position behauptet, in dieser Realität
sei das angesichts der gegebenen wirtschaftlichen Zwänge oder der menschlichen
Natur mögliche Optimum an Wertrealisierung im Prinzip erreicht. Die Gegenposition
besagt, daß es an der Verwirklichung von Werten mangelt und daß
diesem Mangel politisch begegnet werden muß und kann. Die Identität
der Sozialdemokratie liegt m.a.W. nicht darin, daß sie "Fairneß,
soziale Gerechtigkeit, Freiheit und Chancengleichheit, Solidarität und
Verantwortung für andere" gut findet, sondern darin, daß sie
diese Werte in der Realität nicht oder angesichts der bestehenden Möglichkeiten
nicht ausreichend verwirklicht sieht und deshalb die Veränderung dieser
Realität anstrebt. Die traditionelle Polarisierung der europäischen
Spektrums schließt nicht aus, daß es Themen gibt, die quer zur Haupt-Konfliktlinie
liegen (ein Beispiel ist die ökologische Problematik). Doch die Behauptung,
daß "rechts" und "links" von der Geschichte überwundene
Kategorien seien, enthält die Annahme, daß die gegebene Verteilung
von Chancen, Macht und Ressourcen nicht mehr verbessert werden kann, und daß
sie niemand mehr verbessern will. Solange die Sozialdemokratie aber bestreitet,
daß im Hinblick auf die Gerechtigkeit das Ende der Geschichte erreicht
sei, wird ihre Politik an zumindest an zwei Prinzipien festhalten müssen.
Beide Prinzipien sind nicht logisch miteinander verbunden, sondern ergeben sich
historisch daraus, daß die Sozialdemokratie sowohl aus der Arbeiterbewegung
hervorging als auch an die Tradition der Aufklärung anknüpfte. Das
erste Prinzip ist das erwähnte Engagement für die Benachteiligten.
Sozialdemokratische Politik ging in der Vergangenheit davon aus, daß es
soziale (und nicht nur individuelle) Unterschiede gibt, daß die Chancen,
Macht und Einkommen ungleich verteilt sind, und daß es besonderer politischer
Anstrengungen bedarf, um die Position der weniger Begünstigten absolut
und relativ zu verbessern. Die Parteinahme für die weniger Privilegierten
bedeutet automatisch die Thematisierung gesellschaftlicher Gleichheit und Ungleichheit.
Ungleichheit kann nicht als Datum hingenommen werden, sondern muß durch
Gründe, die allen Beteiligten einsichtig sind, gerechtfertigt werden können
(etwa durch ungleiche Leistungen der Individuen, oder dadurch, daß in
einer Situation gesellschaftlicher Ungleichheit die Lage der schlechter Gestellten
schneller verbessert werden kann als die der Privilegierten). Das zweite Prinzip
liegt in der Annahme, daß Wirtschaft und Gesellschaft rationaler politischer
Beeinflussung zugänglich, daß wir den Gesetzen des Marktes nicht
wie Naturgesetzen ausgeliefert sind. Natürlich veränderte sich der
Spielraum wahrgenommener Steuerungschancen mit der Entwicklung des Kapitalismus
selbst. In einer Frühphase, in denen periodische Krisen und Massenelend
als konstitutiv für den Kapitalismus galten, schien die Planung der Wirtschaft
die einzige Alternative zur Anarchie des Marktes zu bieten, was bedeutete, daß
die gesamte Wirtschaft politisch zu steuern, zu verstaatlichen und damit als
eigenständige Sphäre abzuschaffen war. In dem Maße, in dem der
Kapitalismus die Arbeitnehmer an der wirtschaftlichen Dynamik teilhaben und
sich gleichzeitig so steuern ließ, daß Wirtschaftskrisen präventiv
verhindert oder in ihren Wirkungen begrenzt werden konnten, ließ sich
das Rationalitätsprinzip auch ohne umfassende Wirtschaftsplanung aufrechterhalten.
Der Anspruch auf rationale Steuerung verlagerte sich aus dem wirtschaftlichen
Entscheidungsprozeß im engeren Sinne heraus in die Gestaltung der Rahmenbedingungen,
unter denen Marktentscheidungen getroffen werden.
*Die
erste Revision: Die Sozialdemokratie im Goldenen Zeitalter
Der Revisionismus
des ausgehenden 19. Jahrhunderts bereinigte die sozialdemokratische Programmatik
um die Vorstellung vom Sozialismus als "Endzustand". Eduard Bernsteins
berühmtes Diktum "Der Weg ist das Ziel" eröffnete die Möglichkeit
eines kontinuierlichen Reformprozesses, bei dem der "Sozialismus als Zustand"
auf unbestimmte Zeit vertagt und auf seine konkrete Ausgestaltung explizit verzichtet
wurde. Bernstein konnte sich zu seiner Zeit nicht gegen die Orthodoxie durchsetzen:
Für sie galt als ausgemacht, daß der Kapitalismus auf eine finale
Krise zusteuerte, in der die Sozialdemokratie den Sozialismus als neue gesellschaftliche
Ordnung einführen würde. Erst in den 30er Jahren entwickelte die skandinavische
Sozialdemokratie eine explizit revisionistische Politik, die sich auf Reformen
innerhalb eines als langfristig gegeben angesehenen Wirtschaftssystems konzentrierte.
Die anderen sozialdemokratischen Parteien Europas folgten nach dem Zweiten Weltkrieg.
Der Revisionismus der europäischen Sozialdemokratie reagierte auf den beeindruckenden
Wirtschaftsaufschwung der ersten Nachkriegsjahrzehnte, das Goldene Zeitalter
des Kapitalismus, in dem hohe Wachstumsraten und Vollbeschäftigung eine
dramatische Steigerung des Lebensstandards der Klientel der Sozialdemokratie
möglich machten. Dabei setzten sich zwei parallele Gleichheits- und Gerechtigkeitskonzepte
durch. Erstens das Wohlfahrts- oder Sozialstaatsprinzip, dem zufolge allen Bürgern
in allen Lebenslagen auch in materieller Hinsicht ein "Leben in Würde"
(wenn auch definiert als Minimalniveau) möglich sein mußte. Zu diesem
Zweck führten die Nachkriegsregierungen der Labour Party ein umfassendes
System staatlicher Wohlfahrtsleistungen ("from the cradle to the grave")
ein, das weite und grundlegende Lebensbereiche der Arbeitnehmer dem Markt entzog;
die SPD setzte auf das bereits bestehende (und von den christdemokratischen
Regierungen in den 50er und frühen 60er Jahren weiter entwickelte) Sozialversicherungssystem.
Zweitens wurden alle Bürger, auch die bislang Benachteiligten, in materieller
Hinsicht zu gesellschaftlichen Teilhabern, indem sie Zugang zu Konsumgütern
gewannen, die zuvor einer kleinen Minderheit vorbehalten waren. Die Verteilungsfrage
wurde dynamisch gelöst: Die statische Verteilung der Einkommen und Vermögen
mußte gar nicht thematisiert werden, da alle an der Dynamik einer scheinbar
endlos prosperierenden Konsumgesellschaft teilhatten. Alle hatten die Aussicht,
in Zukunft mehr und bessere Konsumgüter genießen zu können.
Damit verlor das Problem einer Unterschicht schlechter Gestellter seine Virulenz,
unter den Bedingungen des Goldenen Zeitalters konnte die Sozialdemokratie glaubwürdig
die Bewahrung der bestehenden Ordnung anstreben, ohne ihr Engagement für
die Unterprivilegierten aufzukündigen. Wenn alle an der Prosperität
teilhatten, konnte man sich von der sozialistischen Vorstellung vom Besitz oder
Nicht-Besitz von Produktionsmitteln als der grundlegenden gesellschaftlichen
Konfliktlinie lösen. Die Bedingungen der Nachkriegsprosperität ermöglichten
es auch, die Wirtschaft "rational" zu steuern. Der Kapitalismus hatte
- so schien es - die Eierschalen seiner marktmäßig-anarchischen Organisation
abgestreift und war in einen höheren Organisationszustand übergegangen
(insofern bestätigte sich die von Rudolf Hilferding bereits in den 20er
Jahren vorgenommene Analyse des "organisierten Kapitalismus"). In
einem zunehmend konzentrierten und zentralisierten Produktionssystem wurden
die privaten Unternehmer durch eine technokratische Managerkaste verdrängt,
die, wie es schien, Rationalitätskriterien im Sinne gesamtgesellschaftlicher
Steuerung zugänglicher war als die Produktionsmittelbesitzer des Konkurrenzkapitalismus.
Die "Revolution der Manager" separierte das Eigentum an Produktionsmitteln
formell von der wirtschaftlichen Entscheidungsmacht. Die Gewerkschaften erhielten
formelle oder informelle Mitbestimmungsrechte, und für einen großen
und wachsenden Teil des Sozialprodukts war der Staat zuständig, der, mit
dem Instrumentarium der Globalsteuerung ausgestattet, den Konjunkturverlauf
stabilisieren konnte. Wirtschaftliche Modernisierung und soziale Gerechtigkeit
waren in den 50er und 60er Jahren miteinander vereinbar, weil die Primärverteilung
der Einkommen durch den Markt eine kontinuierliche Besserstellung der Benachteiligten
ermöglichte. Grundlage war die Auflösung des traditionellen Sektors
und die Wanderung der in ihm Beschäftigten (deren Anteil in Deutschland
nach dem Zweiten Weltkrieg noch bei 50% des Gesamtbeschäftigung gelegen
hatte) in die verarbeitende Industrie und den modernen Dienstleistungssektor,
deren höhere Produktivität höhere Löhne ermöglichte4
. Auf der Nachfrageseite entsprach dieser Wanderungsbewegung die Industrialisierung
des Massenkonsums: Während normale Arbeitnehmerhaushalte in der ersten
Hälfte des Jahrhunderts vergleichsweise wenig Industrieprodukte konsumierten
und einen hohen Anteil ihrer Verbrauchsgüter aus dem traditionellen Sektor
bezogen, erhielten die Arbeitnehmer nun Zugang zur einer wachsenden Palette
industriell gefertigter Konsumgüter. Die sekundäre Verteilung durch
staatliche Maßnahmen war im Grunde nur eine wenig problematische Korrektur
einer insgesamt akzeptablen und akzeptierten Primärverteilung.
Der
Übergang zur postindustriellen Gesellschaft: Grundlage der "zweiten
Revision"
Die Politik des Dritten Weges versteht sich als Kritik der Sozialdemokratie
des Goldenen Zeitalters. Wie der Revisionismus der Nachkriegssozialdemokratie
antwortet sie auf Veränderungen der Gesellschaft mit einer Veränderung
des politischen Programms. Diese Veränderungen sind kaum exakt zu definieren,
da wir uns in einer unübersichtlichen Übergangssituation befinden,
in der sich das "Neue" allenfalls in vagen Umrissen abzeichnet. Es
gibt eine Reihe von Trends, die eine Richtung anzeigen, die jedoch überinterpretiert,
linear verlängert und als irreversibel gedacht werden müssen, wenn
sie im Hinblick auf die Zukunft aussagekräftig sein sollen. Es handelt
sich daher um Annahmen über einen Übergang, die sich zum Teil auf
populärwissenschaftlich begründete Situationsdeutungen stützen
können, und die in den Medien eine gewisse Resonanz gefunden haben. Diese
Einschränkung vorausgesetzt, verdichtet sich eine Mischung aus Trendaussagen
und Zustandsbeschreibungen zum noch konturschwachen Bild einer "wissensorientierten
Dienstleistungsgesellschaft" (so das Schröder-Blair-Papier), "Informationsgesellschaft"
oder "reflexiven Moderne" (Anthony Giddens und Ulrich Beck), die -
wenn man dem Diskurs des Dritten Weges folgt - die folgenden Merkmale hat:
1.
Globalisierung
Die Globalisierung ist zum Markenzeichen der gegenwärtigen Epoche
geworden (dabei spielt eine sekundäre Rolle, zu welchem Anteil Güter
und Dienstleistungen heute wirklich international gehandelt werden bzw. wie
hoch der Anteil grenzüberschreitender Kapitalbewegungen wirklich ist).
Der Begriff der Globalisierung und das mit ihm Gemeinte enthält eine Dramatisierung
des seit Marx’ Kommunistischem Manifest bekannten Sachverhalts, daß der
Kapitalismus nationale Grenzen zu überschreiten tendiert. Die neue Dramatik
der Globalisierung läßt sich auf zwei Sachverhalte zurückführen.
Zum einen ist mit dem Zusammenbruch des sowjetischen Kommunismus das letzte
größere Refugium einer nicht-kapitalistischen und dennoch von ihrem
Anspruch her modernen Wirtschaftsweise in Trümmer zerfallen. Zum andern
wird die Globalisierung als Prozeß interpretiert, der in den fortgeschrittenen
Ländern einige zentrale industriegesellschaftliche Arrangements zur Disposition
stellt. Ein globalisierter Geld- und Kapitalmarkt, so die Überzeugung,
setzt der nationalen Geld- und Fiskalpolitik enge Grenzen, ebenso wie eine globale
Allokationsstrategie der Unternehmen beschäftigungs- und strukturpolitische
Eingriffe unwirksam macht. Im Zeitalter der Globalisierung sind die zu Standorten
geschrumpften Nationen und deren Regierungen darauf beschränkt, die Entscheidungen
der Märkte zu akzeptieren bzw. sie vorausschauend vorwegzunehmen. In sozialer
Hinsicht trägt die Globalisierung bei zur Vertiefung der Spaltung zwischen
denen, die ihre Ressourcen (Kapital oder hochqualifizierte Arbeitskraft) über
nationale Grenzen hinweg transferieren und dorthin bewegen können, wo die
Nachfrage am stärksten ist, und denjenigen, die dies nicht oder in nur
begrenztem Maße - etwa durch Migration - können (die Besitzer einfacher
Arbeitskraft).
2.
Informationsgesellschaft
Der Begriff der "Informations- oder Wissensgesellschaft" ist ähnlich
vage wie der der Globalisierung. Er verweist auf die zunehmende Bedeutung von
Information als wirtschaftlichem Input (im Vergleich zu Arbeitskraft, Kapital
und Rohstoffen). Dieser Trend läßt sich am zunehmenden Anteil der
Branchen und Unternehmen ablesen, die (a) keine physischen Güter, sondern
Informationen produzieren (Software, Gentechnologie usw.); oder (b) Informationen
verarbeiten, versenden, bearbeiten, in physische Güter einbauen usw. Der
Fortschritt der Informationsgesellschaft läßt sich u.a. auf den Aktienmärkten
in der Bewertung von Unternehmen ablesen: In den 90er Jahren ist die (vom Markt
vermutete) Innovationskraft von Unternehmen (anstelle ihrer fixen assets) zum
wichtigstem Bewertungskriterium geworden. Microsoft, das Unternehmen mit dem
weltweit höchsten Marktwert, steht weit vor General Motors, ein kalifornisches
Internet-Auktionshaus wird so hoch gehandelt wie BMW. Die intangibles, die intellektuellen
Aktivposten von Unternehmen, haben die Bedeutung der Unternehmensgröße,
des Umsatzes, des fixen Kapitals und der Beschäftigung relativiert, wenn
nicht in ihr Gegenteil verkehrt. Der Input neuen Wissens ist von einem sporadisch
auftretenden Begleitphänomen der wirtschaftlichen Entwicklung zur Bestimmungsgröße
des Marktwerts von Unternehmen und damit zur Dauerbedingung erfolgreicher Unternehmenstätigkeit
geworden. Damit verändert sich auch die Bewertung der Arbeitskraft. Tätigkeiten,
die zur Innovation beitragen, werden höher bewertet und entlohnt als Routinetätigkeiten.
Robert Reich hat den Begriff der "Symbolanalytiker" geprägt,
also der in Management, Forschung, Entwicklung, Beratung, Finanzierung, Information
oder Marketing Beschäftigten, die den Beschäftigten in der Fertigung
und in den traditionellen Dienstleistungen gegenübergestellt werden - eine
Polarisierung, die sich mit der zwischen den Besitzern mobiler und immobiler
Ressourcen zum Teil überschneidet. Reich zufolge tut sich in den USA eine
wachsende Einkommensschere zwischen Symbolanalytikern und Routinearbeitern auf.
Natürlich ist die Prognose der zunehmenden Polarisierung zwischen einer
Minderheit prosperierender Modernisierungsgewinner und einer Mehrheit von Verlierern
etwas holzschnittartig. Sie thematisiert aber ein neues Schema der Ungleichheit,
das sich nicht ausschließlich am Besitz oder Nicht-Besitz von Produktionsmitteln
festmachen, aber auch nicht mehr problemlos auf unterschiedliche Leistungen
zurückführen läßt. Die Honorierung von Leistungen in der
Informationsgesellschaft mißt sich nicht allein nach Qualifikation und
Arbeitseinsatz, sondern erhält eine Zufallskomponente: Der Bonus, den der
Markt für "Erfolg" zahlt (man denke an das Einkommen eines Fußballspielers
oder Managergehälter) ist als Anteil des Einkommens weitaus höher
als in den 50er oder 60er Jahren.
3. Shareholder
Value
Voraussagen
der 60er Jahre, die Produktion werde zunehmend von Großunternehmen dominiert,
und die Figur des technokratischen Managers werde die des Unternehmers verdrängen,
haben sich nicht erfüllt. Die wirtschaftliche Dynamik der 80er und 90er
Jahre wurde von vergleichsweise kleinen Unternehmen getragen. Die Bürokratisierung
der Wirtschaft durch corporate giants ist nicht eingetreten; statt dessen haben
Großunternehmen die Dynamik von Kleinunternehmen zu imitieren versucht,
indem sie sich selbst in voneinander unabhängige und miteinander konkurrierende
profit center aufspalteten. Vor allem aber hat sich die "Revolution der
Manager" (sofern sie je stattfand) nicht gegen die Unternehmer durchgesetzt,
der managerial capitalism ist einer neuen Betonung des "Unternehmerischen"
- im Sinne der absoluten Priorität der Gewinnerwirtschaftung - gewichen.
Die Sorge Josef Schumpeters, die Bürokratisierung der Großunternehmen
werde auf lange Sicht die kreativ-zerstörerische Dynamik des privaten Unternehmertums
ersticken, hat sich nicht bewahrheitet, ebenso wenig wie die Hoffnung mancher
Sozialdemokraten, die Revolution der Manager werde eine neue, rationalere Organisationsform
des Kapitalismus einleiten und die Anarchie des Marktes eindämmen. Die
von den sozialdemokratischen Revisionisten vorgenommene Abwertung des Besitzes
an Produktionsmitteln als zentraler gesellschaftlicher Konfliktlinie wurde von
den shareholders selber wieder rückgängig gemacht. Die Renaissance
des "Unternehmerischen" spiegelt sich wider in der neuen Betonung
des shareholder value als einzigem Unternehmensziel, dem die Sonderinteressen
des Managements, der Belegschaft und anderer "stakeholder" unterzuordnen
sind.
4. Neue
Unterschicht
Die neuen
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen produzieren eine neue Unterschicht der Arbeitslosen,
working poor, "Scheinselbständigen", "prekär Beschäftigten"
usw. Neue Exklusionsmechanismen setzten sich durch, die bewirken, daß
der Fortschritt des "Ganzen" nicht mehr gleichbedeutend für den
Fortschritt aller oder der großen Mehrheit ist. Die in den 50er und 60er
Jahren begründete Hoffnung der Sozialdemokraten, Modernisierung und soziale
Gerechtigkeit seien zwei Seiten derselben Medaille, erweist sich unter den neuen
Bedingungen als Schimäre. Das Aufkommen einer neuen, von der wirtschaftlichen
Dynamik ausgeschlossenen Unterschicht geht vielen Beobachtern zufolge auf technologische
und organisatorische Innovationen in den Unternehmen (und zunehmend auch im
öffentlichen Sektor) zurück, die darauf abzielen, "slack",
also nicht oder nicht voll ausgelastete Ressourcen, systematisch abzubauen bzw.
durch neue organisatorische Arrangements zu verbilligen. Andere argumentieren,
daß die Globalisierung die Einkommen der weniger Qualifizierten unter
Druck setze und die Beschäftigungsverhältnisse instabiler werden lasse.
In dieser Situation kann Ungleichheit nicht mehr wie im Goldenen Zeitalter dadurch
gerechtfertigt werden, daß sie die Situation der schlechter Gestellten
zu verbessern erlaube. Im Vergleich zur Dynamik der Wirtschaftssektoren in den
50er und 60er Jahren liegt eine umgekehrte Bewegung vor: Die verarbeitende Industrie
mit ihrer hohen Produktivität und potentiell hohen Löhnen schafft
immer weniger Beschäftigung. Diese Entwicklung löst eine doppelte
Wanderungsbewegung der Arbeitskräfte aus: Einigen gelingt es, in die höheren
Etagen der "wissensorientierten Dienstleistungsgesellschaft" aufzusteigen,
sich also in Symbolanalytiker im Sinne Robert Reichs zu verwandeln; einer weitaus
größeren Gruppe dagegen bleibt keine Möglichkeit, als in den
wenig produktiven Sektor einfacher Dienstleistungen abzusteigen. Auf der Nachfrageseite
ist dieser Trend mit dem zunehmenden Konsum einfacher Dienstleistungen verbunden;
damit diese Dienstleistungen privat finanzierbar werden - so könnte man
jedenfalls argumentieren - müssen sich die Einkommen derer, die diese Leistungen
erbringen, in der Tendenz von denen derjenigen entkoppeln, die sie nachfragen.
Für soziale Gerechtigkeit im Sinne des materiellen Fortschritts (d.h. immer
mehr und immer bessere Konsumgüter) für alle bietet die veränderte
Primärverteilung keinen Spielraum mehr.
5. Neuer
Wirtschaftskonsens
In den Industrieländern
hat sich ein wirtschaftspolitischer Konsens durchgesetzt, der sich unter den
konservativen Regierungen der 80er Jahre bildete und den man für nicht
reversibel hält. Dieser Konsens schließt ein, daß Inflation
um jeden Preis zu vermeiden ist, und daß Steuern und staatliche Verschuldung
nicht steigen dürfen. Er legt jede, auch jede sozialdemokratische Regierung,
auf eine stabilitätsorientierte Geld- und Fiskalpolitik fest. Wirtschaftspolitik
folgt immer weniger dem Imperativ der Steigerung der Einkommen und immer mehr
von dem der Sicherung der Vermögen. Den vom globalen Wirtschafts- und Finanzsystem
ausgehenden constraints fügt sich damit die Wahrnehmung innen- und wahlpolitisch
bedingter Einschränkungen hinzu, die in dieselbe Richtung gehen: Die Gestaltungsmöglichkeiten
des Staates reduzieren sich unter diesem Gesichtspunkt auf den Spielraum, der
vereinbar ist mit der Garantie finanzieller Stabilität und einer sinkenden,
auf keinen Fall aber steigenden Steuerlast. Von dieser Seite her ist auch der
Spielraum für die Korrektur der Primärverteilung begrenzt.
6. Individualisierung
In den modernen
Industrie- oder Informationsgesellschaften läßt sich ein fast allgegenwärtiger
Auflösungs- oder Zersetzungsprozeß beobachten: Von Traditionen, Lebensformen,
Werthaltungen, Sozialmileus, Gemeinschaften und Normalarbeitsverhältnissen.
Theoretiker der Moderne wir Ulrich Beck und Anthony Giddens haben diesen Prozeß
als "reflexive Modernisierung" oder Enttraditionalisierung beschrieben.
Die Auflösung von Traditionen erweitert den Spielraum individueller Möglichkeiten;
was früher durch Tradition vorgegeben war, ist heute Option; Biographien
sind weniger als in der Vergangenheit durch Traditionen genormt, weniger vorhersehbar;
ob jemand Topmanager oder Müllsortierer wird, liegt ebenso in seiner eigenen
Verantwortung wie die Auswahl der für ihn angemessenen Lebensform: auch
die Familie ist nur noch eine mehrerer Optionen. Allerdings hat die Individualisierung
der Lebensverhältnisse nicht (wie die Theoretiker der neuen Moderne manchmal
nahelegen) die "alte soziale Frage" gelöst, sondern sie nur überdeckt.
Den vielfach höheren Freiheitsgraden kontrastiert ein vom Arbeitsmarkt
gesetzter Zwang zur individuellen Flexibilität, d.h. zur Wahl der Optionen,
die mit der eignen employability vereinbar sind. Für sozialdemokratische
Politik ist der Prozeß der Individualisierung in doppelter Hinsicht relevant:
Zum einen sind politische Haltungen nicht mehr durch Traditionen oder kollektive
Normen vorgeprägt; die Folgen der Auflösung traditioneller Arbeitermilieus
für die Wahlaussichten der Sozialdemokratie sind oft beklagt worden. Soziale
Lage und politische Orientierung scheinen generell nicht mehr in einem vorhersagbaren
Entsprechungsverhältnis zu stehen; das Schicksal abhängiger Beschäftigung
prädisponiert nicht mehr zu einer Präferenz für die Linke; wenn
jemand Auto fährt oder Kampfhunde züchtet, kann dies für dessen
Wahlentscheidung wichtiger sein als seine soziale Lage. Wenn die soziale Lage
aber keine bestimmte politische Option mehr nahelegt, ist es für eine Partei,
die Wahlen gewinnen will, nicht mehr unbedingt sinnvoll, sich vorrangig den
abhängig Beschäftigten zuzuwenden. Im Gegenteil könnte das Ansprechen
der potentiellen Wähler in ihrer Position als sozialer Verlierer eher negative
Reaktionen auslösen. Zweitens kann sich die Sozialdemokratie als Regierungspartei
nicht mehr eindeutig an Großkollektive mit mehr oder weniger normierten
Biographien wenden kann. Der gesamte Sozialstaat basiert aber auf vorhersagbaren
Lebensläufen der Bevölkerungsmehrheit.
Der
Dritte Weg: Sozialdemokratische Politik im Zeitalter der Ungleichheit
*Modernisierung
und Amerikanisierung
Die Politik
des Dritten Weges ist ein Modernisierungsprogramm (man mache sich einmal die
Mühe, das Wort "modern" im Schröder-Blair-Papier zu zählen)
und in gewisser Hinsicht ein Amerikanisierungsprogramm. Daß die Sozialdemokratie
als Partei der Modernisierung und Amerikanisierung auftritt, ist nicht neu.
Dies gilt auch für den Revisionismus der 50er und 60er Jahre. Die Labour-Regierungen
unter Harold Wilson (1964-71) und James Callaghan (1974-79) waren mit dem selbstgesetzten
Ziel angetreten, den Modernisierungsrückstand Großbritanniens aufzuholen,
und auch im "Modell Deutschland" der SPD klingt dieses Motiv an. Neu
sind die inhaltlichen Assoziationen, die im Begriff des "Modernen"
mitschwingen:
(1) In den 50er und 60er Jahren konnten wirtschaftliche Modernisierung und soziale
Gerechtigkeit wie erwähnt als zwei Seiten derselben Medaille angesehen
werden. Heute hat sich dieser Zusammenhang entkoppelt. Die Entstehung einer
Unterschicht der Arbeitslosen (in Westeuropa) oder working poor (in den USA)
belegt, daß an der wirtschaftlichen Dynamik nicht mehr alle teilhaben.
Soziale Gerechtigkeit bleibt zwar ein "Wert", der auch im Schröder-Blair-Papier
erwähnt wird, die Sachaussagen laufen aber eher auf den Abbau sozialer
Sicherungsmechanismen hinaus. In den Programmaussagen der Protagonisten des
Dritten Weges begibt sich der Staat weitgehend der Instrumente, durch deren
Einsatz er in der Vergangenheit für soziale Gerechtigkeit zu sorgen versucht
hatte: Er verzichtet darauf, in die Entscheidungsräume der privaten Wirtschaft
einzugreifen, und unter dem Zwang zur finanziellen Stabilität kann er auch
nicht mehr die materiellen Verpflichtungen eingehen, die in der Vergangenheit
mit der Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit einhergingen. Die Verteilungsfrage,
die eng mit der Gerechtigkeitsfrage verknüpft ist, wird nur noch insofern
thematisiert, als "traditionelle" Umverteilungskonzepte der Kritik
verfallen.
(2) In den 50er und 60er Jahren war das Vorbild Amerika das Vorbild einer fortgeschrittenen
und weitgehend egalitären Konsumgesellschaft. Als wichtigstes Kennzeichen
des amerikanischen Modells dieser Zeit galten hohe Löhne, wie sie in Europa
noch lange nicht gezahlt werden konnten. Der Ausbau des europäischen Wohlfahrtsstaats
in den 50er Jahren diente zum Teil auch als Kompensation dafür, daß
die europäischen Volkswirtschaften (noch) kein amerikanisches Lohnniveau
bieten konnten. Heute liegt das amerikanische Vorbild für viele in der
Ungleichheit der Einkommen (bei hoher Beschäftigung), der Flexibilität
des Arbeitsmarktes und des hohen privaten Anteil an der sozialen Sicherung.
Die Entkopplung von Modernisierung und sozialer Gerechtigkeit wird in den Dokumenten
des Dritten Weges so deutlich verkündet, wie dies in politischen Programmaussagen
möglich ist. Wir haben es - so wird zumindest angedeutet - in Zukunft mit
zunehmender Ungleichheit zu tun, aus der kein sozialdemokratisches Harmonisierungsprogramm
herausführt. Die (eingeschränkte) Form von Egalität, die in der
Industriegesellschaft des Goldenen Zeitalters möglich war, läßt
sich in der postindustriellen Gesellschaft nicht mehr aufrechterhalten.
*Pflicht,
Teilhabe, Chance, Gemeinschaft
Damit stellt
sich ein neues Legitimationsproblem: Ohne ein Minimum an sozialer Gerechtigkeit
bzw. ohne die Überzeugung eines ausreichend großen Teil der Gesellschaft,
es gehe mehr oder weniger gerecht zu, ist der gesellschaftliche Zusammenhalt
auf Dauer gefährdet. Es besteht die Möglichkeit eines massiven Kooperationsentzugs,
bis hin zu bewußtem Mißbrauch staatlicher Leistungen, Steuerhinterziehung,
Schwarzarbeit und Kriminalität. Welches legitimatorische Äquivalent
bietet die Politik des Dritten Weges an, wenn Gleichheit und Gerechtigkeit im
traditionellen Sinne nicht mehr thematisiert werden? Eine erste Antwort, die
der New Democrats und insbesondere Tony Blairs, ist die Aufwertung der Moral
bzw. die Moralisierung der Politik. Wenn die Verteilung in der bestehenden Gesellschaft
politisch nicht mehr optimiert werden kann - also unter den gegebenen Bedingungen
optimal ist -, können Defizite nicht mehr auf behebbare Mängel der
Gesellschaft zurückgeführt werden, sondern nur noch auf moralische
Defizite der Individuen. Der moralische Imperativ richtet sich dabei in erster
Linie an die prospektiven Opfer der Modernisierung, die Empfänger von Sozialleistungen,
deren Pflicht zur Annahme einer Ausbildung oder eines Jobs immer wieder hervorgehoben
wird. Diese Pflicht wird um so stärker betont, je weniger wahrscheinlich
es ist, daß "gute Jobs" (d.h. halbwegs sichere und akzeptabel
entlohnte Beschäftigungen) in Aussicht gestellt werden können Die
Rhetorik der Pflicht visiert auch die Sozialisationsleistung geregelter Arbeit
an. Ihre Kehrseite ist daher die ebenfalls in Aussicht gestellte "Härte
gegen das Verbrechen und gegen seine Ursachen" - also für die Fälle,
in denen die Sozialisation durch Erwerbsarbeit nicht gelingt. Eine zweite Antwort
ist eine neue Emphase der Teilhabe. Wenn den Arbeitslosen keine "guten
Jobs" mit "gerechter" Entlohnung in Aussicht gestellt werden
können, ist ihre Teilhabe am Erwerbsleben wenigstens mit einer Art immaterieller
Gratifikation verbunden, die in der Zugehörigkeit zur Erwerbswelt selbst
liegt. Aber nicht nur die Bezieher von Sozialeinkommen sollen zu Teilhabern
werden, das Angebot wird auf die gesamte Gesellschaft ausgedehnt. Verstärkte
Teilhabe, etwa auf der lokalen Ebene oder - wie in Großbritannien in der
Form der Devolution von Kompetenzen an Schottland und Wales - soll die Einschränkung
der materiellen Verpflichtungen des Staates zum Teil kompensieren. Die materielle
Entstaatlichung erweitert die Kompetenzen der berühmten "Zivilgesellschaft"
und kann daher auch als Demokratisierungsschritt interpretiert werden.Eine dritte
Antwort liegt in der Betonung der Chance. Da sich soziale Gerechtigkeit im traditionellen
Sinne und "Gleichheit im Ergebnis" erst recht nicht herstellen läßt,
bleibt nur noch das liberale Gerechtigkeitsprinzip der Chancengleichheit und
- in der Folge - der legitimen Ungleichheit als Resultat ungleicher Leistung.
Wenn alle dieselben Chancen haben, tragen auch alle die individuelle Verantwortung
für das, was sie aus ihren Chancen gemacht haben. Zusätzlicher Ausgleichsmechanismen
bedarf es nicht. Dieses meritokratische Prinzip kann in der Tat eine starke
gesellschaftliche Legitimation erzeugen. Das Problem liegt jedoch darin, daß
Chancengleichheit immer nur behauptet wird, aber nicht verwirklicht ist. Es
gibt keine Chancengleichheit, wenn einige Leute Millionen erben und andere nicht.
Thomas Jefferson wollte noch alle 40 Jahre alles bebaubare Land neu verteilen,
um jeder Generation dieselben Chancen zu geben; etwas weniger radikal hat Bruce
Ackerman gefordert, jedem volljährigen Amerikaner eine Starthilfe von 80.000
Dollar (finanziert aus einer Steuer auf die größten Vermögen)
zukommen zu lassen, um der Chancengleichheit näher zu kommen. In Wirklichkeit
haben sich die Liberalen und Neoliberalen aber damit abgefunden, daß ihrem
Gerechtigkeitsprinzip der Chancengleichheit in der Realität nichts entspricht.
Eine vierte Antwort liegt, vor allem wieder in den angelsächsischen Ländern,
in einer neuen Emphase der Gemeinschaft. Der Dritte Weg hat hier Impulse der
kommunitären Bewegung aufgenommen, die sowohl den emanzipatorischen Individualismus
im Gefolge der Bewegungen der 60er Jahre als auch den im neoliberalen Programm
enthaltenen kalkulierenden Egoismus der Marktsubjekte einer grundlegenden Kritik
unterzogen hatte. Der Kommunitarismus und die Philosophie des Dritten Weges
treffen sich in ihrer Ablehnung der Verstaatlichung von Gemeinschaftsbeziehungen
durch anonyme staatliche Bürokratien, differieren aber hinsichtlich der
Bewertung des Marktes. Im Schröder-Blair-Papier heißt es eher lapidar:
"Wir wollen eine Marktwirtschaft, aber keine Marktgesellschaft", es
bleibt aber unklar, wo die Jurisdiktion des Marktes aufhört und die der
Gesellschaft beginnt, und durch welche Prinzipien letztere bestimmt sein soll.
Fahrspuren
auf dem Dritten Weg:
* Effizienz, Beschäftigung, Gerechtigkeit
Der Dritte Weg visiert
zwei Ziele an: Erstens die Steigerung der volkswirtschaftlichen Effizienz.
Dies ist für die europäische Sozialdemokratie nicht neu, neu ist
nur erstens die Dramatik, mit der diese Aufgabe beschworen wird, eine Dramatik,
die sich aus der Realität oder Wahrnehmung der Globalisierung ergibt.
Effizienzsteigerung wird in erster Linie als Aufgabe der privaten Unternehmen
angesehen, die unter dem Druck des Marktes keine andere Möglichkeit haben,
als ihre Effizienz zu steigern. Neu ist damit zweitens Vertrauen, das manche
Sozialdemokraten in die privaten Unternehmen und den Markt als "Effizienzmaschinen"
setzen. Hier liegt eine deutliche Differenz zur Politik sozialdemokratischer
Regierungen in den 60er und 70er Jahren (die gilt insbesondere für die
Labour-Regierungen Wilson und Callaghan), die noch davon ausgegangen waren,
der Staat müsse durch die Gestaltung der Rahmenbedingungen die Unternehmen
zwingen, Produktivität und Effizienz zu steigern. Im "Modell Deutschland"
der SPD lag dieser Zwang u.a. in hohen und industrieweit ausgehandelten Löhnen,
der es den Unternehmen unmöglich machte, die Produktivität zu vernachlässigen.
Im Konzept des Dritten Weges muß der Staat in erster Linie dafür
sorgen, daß Management und Shareholder nicht durch zu hohe Kosten und
Defizite in der Infrastruktur oder dem Ausbildungssystem beeinträchtigt
werden. Das zweite Ziel ist die Steigerung der Beschäftigung. Dabei haben
sich aber die Protagonisten des Dritten Weges der wichtigsten traditionellen
Instrumente der Beschäftigungspolitik entledigt:
(1) Ein Nachfragemanagement, das hohe Wachstumsraten und eine Zunahme der
Beschäftigung herbeiführt, gilt als problematisch; zwar wird der
Globalsteuerung nach wie vor zugetraut, sie könne extreme konjunkturelle
Schwankungen ausgleichen (so auch das Schröder-Blair-Papier), die Hoffnung,
durch Nachfragemanagement ließe sich die Volkswirtschaft dauerhaft dynamisieren,
wird aber durch den Zwang zur Wahrung der finanziellen Stabilität und
durch die Abhängigkeit des Binnenwachstums von externen Faktoren entkräftet.
(2) Der Staat als employer of last resort fällt ebenfalls aus, da die
anfallenden Ausgaben durch höhere Steuern und/ oder Staatsverschuldung
finanziert werden müßten. Da die Unternehmen nicht gezwungen werden
können, ihre Beschäftigung zu steigern, bleibt als Ausweg nur die
Senkung der Löhne und Lohnnebenkosten. Die (insbesondere in Deutschland
gültige) sozialdemokratische Zauberformel des Goldenen Zeitalters, hohe
Löhne und hohe Produktivität (und damit hohe Gewinne) als einander
bedingend anzusehen, hat ausgedient. Die Unternehmen brauchen die "Produktivitätspeitsche"
hoher Löhne nicht mehr, weil der globale Wettbewerb nationale Schutzzonen
beseitigt und alle Unternehmen zur Produktivitätssteigerung zwingt; und
die Arbeiter brauchen nicht mehr den Anreiz hoher Löhne, da der Druck
der Arbeitslosigkeit für eine Leistungsmotivation sorgt, die besondere
monetäre Anreize überflüssig macht. Zugleich bietet der Dritte
Weg Ausbildungsmaßnahmen und eine Reform der Sicherung gegen Arbeitslosigkeit,
die die Anreize zur Annahme eines Arbeitsverhältnisses auch ohne monetäre
Komponente stärken und die Arbeitnehmer beschäftigungsfähig
und -willig machen. Das Konzept des Dritten Weges - so legt dessen Kritik
des sozialdemokratischen "Traditionalismus" nahe - akzeptiert die
Segmentierung der Gesellschaft in (a) Kapitalbesitzer (einschließlich
der kapitalbesitzenden Arbeitnehmer) und die Besitzer vom Markt hoch bewerteter
Qualifikationen, und (b) diejenigen, die nur über leicht substituierbare,
von ihrer Qualifikation her veraltete, "einfache" Arbeitskraft verfügen
- wobei entscheidend ist, daß die Einkommen in beiden Segmenten nicht
mehr dynamisch miteinander verbunden sind. Während die Einkommen der
Kapitalbesitzer bzw. der Besitzer hoch bewerteter Qualifikationen nicht zur
Diskussion stehen, wird den Besitzern "einfacher" Arbeitskraft zugemutet,
daß ihr Wohlstand (einschließlich sozialer Sicherheit) entweder
abnimmt, zumindest aber nicht mehr im Rhythmus der allgemeinen Wohlstandssteigerung
zunimmt. Den Mobilen bietet das Konzept des Dritten Weges ein Gratifikationsprogramm,
es erweitert Entscheidungsspielräume und entlastet von den Einschränkungen
der industriegesellschaftlichen Institutionen und Traditionen; für die
weniger Mobilen ist es ein Erziehungsprogramm, d.h. sie bemüht sich,
eine unzureichend mobile und flexible Bevölkerung den neuen Bedingungen
anzupassen. Die zentralen Themen des Dritten Weges - die herausragende Bedeutung
der Ausbildung als Weg zur Verbesserung der employability, die Betonung der
Verantwortung und Pflichten (der Bezieher von Sozialleistungen) und die propagierte
"Kultur der Selbständigkeit" - sind Elemente einer modernisierenden
Volkspädagogik. Als Modernisierungshemmnis gelten nicht die privaten
Unternehmen, sondern eine Bevölkerung, die durch veraltete Institutionen
geschützt wird, sich neuen Chancen und Zumutungen verschließt,
zu stark durch Traditionen gebunden ist, m.a.W. nicht für den jeweils
effizientesten Einsatz zur Verfügung steht. Da die Flexibilisierung der
Bevölkerung nicht mehr durch den Anreiz hoher und steigender Einkommen
erzielt werden kann, wird dieser Anreiz durch eine Rhetorik der Pflicht, der
harten Fakten und u.U. auch der unausgesprochenen Drohung ersetzt. Das Konzept
(wenn auch nicht unbedingt die Praxis) des Dritten Weges stellt das Prinzip
sozialer Gerechtigkeit, so weit es an die Verteilung von Einkommen gebunden
ist, zur Disposition, auch wenn der "Wert" im Katalog verbleibt.
Das industriegesellschaftliche Gerechtigkeitskonzept, von dem Abschied genommen
wird - die steigende Verfügbarkeit von Konsumgütern für alle
und eine (minimale) materielle Absicherung in allen Lebenslagen -, ist allerdings
zeitbedingt und keineswegs die Verkörperung von Gerechtigkeit schlechthin.
Die Frage ist, ob der Dritte Weg ein neues Angebot machen kann und will, das
sich nicht nur negativ auf das traditionelle Angebot der "alten"
Industriegesellschaft bezieht, sondern es unter veränderten Bedingungen
neu formuliert. Da der Dritte Weg nicht als geschlossenes Theoriegebäude
präsentiert wird, sondern als unabgeschlossener Prozeß, ist nicht
alles verloren. Ob sich der Dritte Weg als realistischer Ansatz zur Modernisierung
sozialdemokratischer Politik oder als Rückfall hinter den Neoliberalismus
(insofern er dessen potentiell libertäre Komponente durch die Rhetorik
eines autoritären Erziehungsstaats ersetzt), hängt von der Beantwortung
von vier zentralen Fragen ab.
1. Interessen
Wie ordnet
sich die Politik des Dritten Weges gesellschaftlichen Interessen zu? Es gibt
bislang kein Dokument, in dem sich Politiker des Dritten Weges explizit als
Vertreter bestimmter Interessen definieren. Angesprochen werden nicht bestimmte
Interessen, sondern das "Wir" einer zur Standortgemeinschaft transformierten
Volksgemeinschaft, die von der Globalisierung zusammengeschweißt wird.
Die innere Grenze zwischen denen, die dazugehören, und denen, die dies
nicht tun, verläuft zwischen den Tüchtigen, Mobilen, zur Flexibilität
bereiten, Risikofreudigen und Verantwortungsbewußten auf der einen und
den Müßiggängern und Empfängern von Sozialleistungen auf
der anderen Seite (traditionelle sozialdemokratische oder gewerkschaftliche
Interessenvertretung dagegen wird mit dem Verdikt des Veralteten belegt). Die
von Schröder und Blair zitierten Werte allerdings ("soziale Gerechtigkeit"
und "Solidarität") enthalten die implizite Anerkennung, daß
es zumindest "Stärkere" und "Schwächere" und damit
auch eine innergesellschaftliche Konfliktlinie gibt. Wie sich die Politiker
der Dritten Weges zu dieser Konfliktlinie in ihrem Programm wie in ihrer Praxis
stellen, ist noch nicht abzusehen. Die brutale Abschaffung staatlicher Wohlfahrtsleistungen
("welfare as we know it") in den USA ist nicht unbedingt ein Präzedenzfall,
da die Initiative vom konservativ beherrschten Kongreß und nicht von der
Regierung ausging. In Großbritannien scheint die politische Praxis der
Regierung Blair eher traditionell sozialdemokratischen Konzepten zu folgen als
die Rhetorik des Dritten Weges dies nahelegt. Hier gibt es, wie so oft, eine
Spannung zwischen Programm und Wirklichkeit, wobei aber das übliche Mißverhältnis
- die Praxis fällt hinter die hehren Ziele des Programms zurück -
in gewisser Weise umgekehrt wird: Die Praxis ist nicht so schlimm, wie das Programm
es eigentlich nahelegte.
2.
Pragmatismus oder Populismus?
Wie wird
die Spannung zwischen populistischer Rhetorik und radikalem Pragmatismus, die
viele Dokumente des Dritten Weges kennzeichnet, aufgelöst? Der kritische
Umgang mit der sozialdemokratischen Tradition enthält das Element einer
notwendigen Entlastung der Politik. Neue Problemlagen erzwingen die Erwägung
neuer Lösungsansätze, wobei der Blick nicht durch die Scheuklappen
der Tradition eingeengt werden darf. Auch Lösungen, die in der Vergangenheit
mit dem politischen Gegner identifiziert wurden, müssen auf ihre Angemessenheit
hin überprüft, internationale Erfahrungen müssen aufgenommen
werden. Unter diesem pragmatischen Gesichtspunkt ist der Dritte Weg ein "permanenter
Revisionismus" (Tony Blair), ein langwieriges trial and error-Verfahren,
in dem unterschiedliche Politikansätze ausprobiert und evaluiert werden.
Gleichzeitig wird jedoch der von der Situation erzwungene Pragmatismus durch
populistischen Dogmatismus überformt und unterhöhlt. Diese populistische
Variante (die etwa in der religiös inspirierten Rhetorik Tony Blairs sichtbar
wird6 ) bemüht sich, den Widerspruch zwischen Modernisierung
und Gerechtigkeit zu übertünchen. Der Dritte Weg in dieser Version
folgt dem Neoliberalismus in zweierlei Hinsicht, indem er dessen Marktfundamentalismus
übernimmt und diesen mit anderen Fundamentalismen (der Familie, der Nation,
der Gemeinschaft usw.) verschmilzt. In Deutschland dominiert nicht der schrille
Populismus höherer Entitäten, sondern der der Standortgemeinschaft,
die ihren Wohlstand gegen die Ansprüche anderer Nationen zu verteidigen
hat.
3.
Noch einmal: Pflicht, Teilhabe, Chance, Gemeinschaft
Wenn soziale Gerechtigkeit
über traditionelle Umverteilung nicht mehr hergestellt werden kann: Wie
ernst ist es den Politikern des Dritten Weges mit den oben aufgeführten
Äquivalenten Moral, Teilhabe, Chance, Gemeinschaft?
(a) Die Moralisierung der Politik, die Betonung der Pflichten und der Verantwortung
gegenüber der Gesellschaft, richtet sich nicht an die Reichen und Mächtigen
(die haben ihre Pflicht schon getan), sondern an die vom Sozialstaat Abhängigen.
Im Grunde handelt es sich um die uralte Botschaft an die schlechter Gestellten,
ihre materielle Benachteiligung hinzunehmen und eine Art sekundärer Gratifikation
in der Pflichterfüllung zu suchen. Die wichtigste Pflicht ist die Erwerbsarbeit,
zu der weder attraktive materielle Gegenleistungen noch ein befriedigender
Arbeitsinhalt anreizen - sondern die Pflicht. Die Moralisierung der Politik
in dieser Hinsicht ist ein Rückfall nicht nur hinter die sozialdemokratische
Tradition (die immer eher die Rechte gerade der Benachteiligten hervorhob),
sondern auch hinter den politischen Liberalismus, der die Individuen mit unveräußerlichen
Rechten ausstattete, ihre Moral aber zur Privatsache erklärte. Die Moralisierung
der Politik läßt im Diskurs des Dritten Weges einen autoritären
Unterton anklingen, der sich eher gegen die (möglicherweise ambivalenten)
Ergebnisse der Emanzipationsbewegung der 60er und 70er Jahre (der sich viele
Politiker des Dritten Weges zurechneten) richtet als gegen den Egoismus des
kalkulierenden Marktsubjekts.
(b) Das Angebot der Teilhabe ist doppeldeutig. Demokratische Teilhaberechte
sind per Verfassung festgelegt, Aufgabe des Staates ist es, sie zu schützen,
möglicherweise auszuweiten, nicht aber, sie als Ersatz für materielle
Leistungen anzubieten. Natürlich kann es in einem zentralisierten Staatswesen
sinnvoll und notwendig sein, Verantwortung an lokale und regionale Einheiten
abzugeben und diese mit mehr Rechten und mehr Mitteln auszustatten; auch gibt
es wohl viele Probleme, die in der spontanen Kooperation der Bürger besser
zu bewältigen sind als durch die staatliche Verwaltung. Teilhabe kann
aber nicht Ersatz für Einkommen sein. Die aktiven Teilhaber der "Zivilgesellschaft"
sind in der Regel die, die ihre materiellen Probleme mehr oder weniger gelöst
haben, also eher beamtete Lehrer als scheinselbständige Lastwagenfahrer.
Eine Politik, die dazu tendiert, Beschäftigungssicherheit abzubauen und
einen Niedriglohnsektor in Kauf zu nehmen, unterminiert indirekt auch die
Rahmenbedingungen einer funktionierenden Zivilgesellschaft, die den Staat
von sozialen Aufgaben entlasten soll.
(c) Im Angebot der Chancengleichheit liegt möglicherweise das wichtigste
Potential des Dritten Weges. Chancengleichheit ist das Gleichheitskonzept
des (Neo)-Liberalismus, "Ungleichheit im Ergebnis" als Resultat
ungleicher Leistungen ist gerecht, wenn Chancen und Ausgangspositionen wirklich
gleich waren. Dieses Gerechtigkeitsversprechen wird aber allenfalls insofern
eingelöst, als formelle Zugangsbarrieren zum Ausbildungssystem und zu
gut honorierten Erwerbspositionen abgebaut werden. In der Realität kann
und will auch eine radikale neoliberale Politik nicht verhindern, daß
sich Oligarchien bilden, die Chancen, Einfluß und Einkommen unabhängig
von der Leistung nach dem Kriterium der "Zugehörigkeit" verteilen.
Wie angemerkt schafft bereits das Erbrecht extrem unterschiedliche Ausgangssituationen,
indem es einer Minderheit mit Vermögen versieht und von dem Zwang entlastet,
eine Erwerbstätigkeit einzugehen. In Japan haben eine prohibitiv hohe
Erbschaftssteuer, ein leistungsorientiertes Ausbildungssystem und die direkte
Verknüpfung der Erwerbschancen an die meßbare Ausbildungsleistung
zumindest den Schein eines meritokratischen Verteilungsmodus erzeugt, dessen
Ergebnisse von einem starken Konsens getragen werden. Auch in der Bundesrepublik
entstand nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit der Währungsreform
der Eindruck weitgehend vergleichbarer Startbedingungen (der natürlich
von der ungleichen Verteilung der Sachvermögen absah). Dieser Ursprungsmythos
gleicher Startbedingungen, der wahrscheinlich viel zum sozialen Konsens der
Nachkriegsjahrzente beigetragen hat, hat sich in dem Maße verflüchtigt,
in dem sich die ungleichen Leistungen der ersten in ungleiche Ausgangspositionen
der zweiten Generation verwandelt haben. Natürlich läßt sich
weder das japanische Modell nachahmen, noch läßt sich die deutsche
Nachkriegssituation simulieren. Man wird sich gleichwohl fragen müssen,
wie zumindest der Eindruck gleicher oder vergleichbarer Startbedingungen erzeugt
werden kann, so daß die Differenzen im Einfluß und Einkommen nachvollziehbar
auf Unterschiede in der Leistung zurückgeführt werden können.
Die Realisierung des erwähnten Vorschlags von Bruce Ackerman, jedem Bürger
zum Zeitpunkt seiner Volljährigkeit eine Geldsumme zukommen zu lassen,
die groß genug ist, um den Grundstein eines Vermögens zu legen,
würde die realen Verteilungsverhältnisse kaum tangieren, sie würde
aber diesen Eindruck gleicher Ausgangspositionen und damit eine Schicht überzeugter
"Teilhaber" schaffen. Sollten die Politiker des Dritten Weges sich
zu solchen oder ähnlich radikalen Reformen durchringen (d.h. sollten
sie, anders als die Liberalen, das Gerechtigkeitsversprechen des Liberalismus
ernst nehmen) würde dies den Abschied von den traditionellen Gerechtigkeitsvorstellungen
u.U. mehr als aufwiegen.
(d) Die von den Protagonisten des Dritten Weges immer wieder proklamierte
Gemeinschaftsorientierung trifft das zentrale Problem einer Gesellschaft,
die sich unter den selbst gesetzten Imperativ der Flexibilisierung gestellt
hat. Richard Sennet hat gezeigt, daß das flexible Leben selbst die Modernisierungsgewinner
in eine Situation führt, in der sie ihre Biographien nicht mehr zusammenhängend
interpretieren, geschweige denn ihren Kindern eine kongruente Interpretation
weitergeben können. Die Flexibilisierung steht jeder Gemeinschaftsbildung,
auch und gerade der familiären, entgegen. Anthony Giddens hat es zur
vorrangigen politischen Aufgabe erklärt, Solidaritätsbeziehungen
jeder Art zu bewahren, zu entwickeln und u.U. auch zu erfinden (oder wieder
zu erfinden). Der Dritte Weg, so Giddens, müsse hier die Aufgabe der
Konservativen mit übernehmen, indem er auch traditionelle Gemeinschaften
(aber in nicht-traditioneller Weise) bewahren hilft. Das Problem ist zu grundlegend,
als daß es sich durch ein neues Vereinsgesetz oder mehr Kindergeld lösen
ließe. In der Betonung der Gemeinschaft und der inclusion erkennen die
die Protagonisten des Dritten Weges an, daß die gemeinschaftlichen Grundlagen
unserer Gesellschaften bedroht sind. Sie propagieren aber meist eine Politik,
die - unter dem Diktat der Globalisierung - die Zersetzung von Gemeinschaften
beschleunigt.
4. Rationalität und Steuerung
Wie stellen
sich die Protagonisten des Dritten Weges zum Rationalitätsprinzip, das
(neben der Thematisierung von Gleichheit und Ungleichheit) in der Vergangenheit
eine Konstante sozialdemokratischer Politik gewesen war? Die Vordenker des Dritten
Weges rufen dazu auf, auf die Steuerung durch den Markt zu setzen - jedenfalls
mehr, als Sozialdemokraten dies üblicherweise taten. Die Hinwendung zum
Markt erfolgt paradoxerweise in einer Situation, in der das Vertrauen in die
Vernunft des Marktes (u.a. im Gefolge der Asienkrise) nachhaltig erschüttert
ist und die Notwendigkeit von Regulierungen auf die Tagesordnung der internationalen
Wirtschaftsdiplomatie gesetzt wurde. Deflationäre Entwicklungen in mehreren
Ländern haben die Kathedralen der marktwirtschaftlichen Orthodoxie erschüttert
und die von vielen vorschnell in den Mülleimer der Geschichte beförderte
keynesianische makroökonomische Steuerung wieder zum Thema gemacht. Es
wäre ein Witz der Geschichte, wenn sozialdemokratische Regierungen heute
aus ideologischen Gründen darauf verzichteten, Krisentendenzen entgegenzuwirken
(bzw. diese durch eine orthodoxe Politik noch verschärfen), deren Bekämpfung
mit Hilfe des makroökonomischen Instrumentariums einst zu den Kernforderungen
ihrer Politik gehörten. Dies soll nicht heißen, daß die makroökonomische
Steuerung ein Heilmittel gegen alle Übel wäre (sie war es auch nicht
in den 70er Jahren). Auf der anderen Seite ist das Mißtrauen in die höhere
Rationalität des Staates, zu dem die Politiker des Dritten Weges auffordern,
durchaus begründet. Die Vorstellung, staatliche Steuerung sei rationaler
als der Markt und diesem prinzipiell überlegen, wird durch den Zustand
widerlegt, in dem sich auch in den westlichen Demokratien die wichtigsten Steuerungsinstrumente
(wie Steuersystem und Sozialausgaben) beinden: Nicht nur unter dem Gesichtspunkt
wirtschaftlicher Effizienz, sonern auch dem der politischen Ziele, denen sie
ursprünglich dienen sollen (der Herstellung sozialer Gerechtigkeit), funktionieren
diese Instrumente im besten Falle suboptimal. Sozial- und Steuersystem haben
sich in einen undurchdringlichen Dschungel von Vorschriften verwandelt, in dem
sich allenfalls professionelle Navigatoren zurecht finden. Den größten
Nutzen aus diesen System ziehen eher die, die sich die Assistenz professioneller
Navigatoren leisten können, als die, zu deren Schutz es eigentlich erdacht
wurde. Die Frage ist, ob es den Politikern des Dritten Weges gelingt, die Grenze
zwischen staatlicher Steuerung und Markt pragmatisch und nicht ideologisch zu
ziehen. Im Eifer, sich von den Konzepten der sozialdemokratischen Tradition
abzusetzen, haben sich viele seiner Protagonisten unter den Druck gesetzt, nun
auch den Beweis für ihre Glaubwürdigkeit (im Sinne der marktwirtschaftlichen
Orthodoxie) anzutreten. Dieses Bestreben könnte zu einem überflüssigen
und schädlichen Verzicht auf den Einsatz staatlicher Steuerungsinstrumente
führen.
5. Die
Selbstabschaffung der Politik?
Dem Diskurs
des Dritten Weges kommt ein Verdienst zu: Er hat der notwendigen Debatte um
die Modernisierung sozialdemokratischer Politik eine Aufmerksamkeit verschafft,
die ihr unter anderen Bedingungen nicht beschieden gewesen wäre. Er hat
dazu beigetragen, daß diese Diskussion aus engen und zum Teil selbstreferentiellen
Programmzirkeln heraus in die Öffentlichkeit gebracht wurde. Selbst die
intellektuellen und sozialen Zumutungen, die dieser Diskurs enthält, können
aufklärend wirken, da sie in fast naiver Offenheit darlegen, worum es geht.
Der Dritte Weg spricht es so offen wie möglich aus: Die Zeiten sind so,
daß wir uns vom Ziel sozialer Gerechtigkeit, so wie es traditionell formuliert
wurde, auf absehbare Zeit zu verabschieden haben - und damit von der Sozialdemokratie
"so wie wir sie kennen". Die Gegenthese wäre: Die Einsicht, daß
das Gerechtigkeitsmodell des Goldenen Zeitalters unter den Bedingungen der Globalisierung
nicht aufrechterhalten werden kann, macht die Frage, wie die Lage der Benachteiligten
absolut und relativ verbessert werden kann, nicht obsolet, sondern nur noch
dringlicher. Wenn Politik nur noch darauf hinausliefe, wirtschaftliche Effizienzsteigerung
herbeizuführen, könnte sie von konkurrierenden Management-Teams betrieben
werden, die sich nicht mehr unter historisch belastete Parteinamen stellen müßten,
sondern sich ebenso FC oder Borussia nennen könnten. Der Dritte Weg führt
dann in die Irre, wenn er die Sachzwänge der "wissensorientierten
Dienstleistungsgesellschaft" so definiert, daß politische Optionen
ausgeschlossen sind, Politik sich allenfalls auf den Wettkampf darum reduzierte,
wer der jeweils willigere Erfüllungsgehilfe unwandelbarer Zwänge ist.
Politik hätte sich dann selbst abgeschafft. So lange es aber noch Optionen
gibt, führt der Name "Dritter Weg" in die Irre: Entweder ist
die Welt mit politischen Mitteln nicht zu verbessern (die konservative Option),
oder Regierungen können und müssen sich für die Belange der Benachteiligten
einsetzen (die sozialdemokratische Option). Der Dritte Weg ist entweder der
erste oder der zweite.