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Die rechte Mitte führt in Lettland / Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung Internationaler Dialog. - [Electronic ed.]. - Bonn, 1995. - 11 Kb, Text . - (Politikinformation Osteuropa ; 52) Electronic ed.: Bonn: EDV-Stelle der FES, 1998 © Friedrich-Ebert-Stiftung Am 30. September und 1. Oktober 1995 wählt Lettland ein neues Parlament. Die 100 Abgeordneten des derzeitigen Saeima wurden im Juni 1993 gewählt. Damals schafften acht Parteien die 4%-Hürde. Der liberal-konservative ''Lettische Weg'' wurde mit 36 Sitzen stärkste Partei und bildete die Regierung. An der Regierung beteiligten sich u.a. die Demokratische Partei, die Christdemokraten, Bauernunion und ''Volkseintracht''. Bei den Kommunalwahlen 1994 mußten diese gemäßigten Parteien, die die Regierung unterstützt hatten, eine herbe Niederlage gegen die nationalistische Rechte einstecken. Trotzdem deutet sich bei Umfragen eine Mehrheit der regierungsnahen Parteien an, allerdings bei deutlicher Abschwächung des ''Lettischen Wegs''.
Umfrageergebnisse vor den Wahlen in Lettland Die ca. 2,5 Millionen Einwohner Lettlands setzen sich aus ca. 52% Letten und einem Drittel Russen zusammen. Den Rest bilden vor allem Ukrainer, Weißrussen und Polen. Wahlberechtigt sind nur ca. 70% der Bevölkerung, im wesentlichen die Letten, die die Staatsbürgerschaft besitzen. Die Letten tendieren im Durchschnitt zunehmend mehr zu rechts-nationalen Parteien (LNNK oder im Extremfall ''Vaterland und Freiheit'' - TuB), während die Russen zur Mitte (''Partei der Volkseintracht'' - TSP) oder zur postkommunistischen ''Sozialistischen Partei'' neigen. Aber noch wissen fast die Hälfte der Wähler nicht, was sie wählen wollen. Die Umfragen sind daher mit Vorsicht zu genießen. Die konservative Mitte führt in den Umfragen Zwei gemäßigt konservative Gruppierungen führen derzeit mit geringem Vorsprung bei den Meinungsumfragen:
Lettland kommt ab vom ''Lettischen Weg'' Die bei den Wahlen 1993 mit Abstand führende liberal-konservative Partei ''Lettischer Weg'' (LC) liegt bei den Umfragen mit ca. 12-17% auf dem zweiten Platz, nachdem sie Ende Mai noch die meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte, wenn auch mit geringem Vorsprung. Sie führt aber einen gut organisierten Wahlkampf, in dem sie den Regierungsbonus geschickt einsetzt. Zu ihren Ungunsten wirkt sich jedoch die immer noch kritische wirtschaftliche Lage (1994: -3% Wachstum; 26% Inflation; 6,4% Arbeitslose) aus, die jüngst zum Zusammenbruch einer Bank führte. Bei den Wahlen 1993 war der LC noch eine Wählervereinigung, die sich erst danach im September 1993 als Partei etablierte. Sie vertritt ein wirtschaftlich liberales, politisch aber konservatives Programm und ist Mitglied der Liberalen Internationale. Führende Persönlichkeiten der Partei sind A. Gorbunovs, M. Gailis und Innenminister J. Adamsons. Der LC könnte nach den Wahlen sich wieder an verschiedenen Regierungsbündnissen beteiligen, da er sowohl nach links wie nach rechts koalitionsbereit und -fähig ist. Er lehnt z.Z. nur ein Zusammengehen mit den Extremparteien ab. Diese Spannbreite politischer Haltungen könnte aber auch über eine sich vertiefende Flügelbildung langfristig die Einheit des LC gefährden. Nationalistische Rechte auf dem Vormarsch Zwei nationalistische Gruppierungen haben in den Umfragen zugewonnen:
Geschwächte Linke Zur ''Linken'' zählen in Lettland die Parteien, die sich besonders um einen Ausgleich mit der starken slawischen Minderheit bemühen und meist höhere Stimmenanteile bei diesen Wählern haben, soweit sie überhaupt wahlberechtigt sind. Die gemäßigte ''Partei der Volkseintracht'' (TSP) von Janis Jurkans hatte bei den letzten Wahlen 1993 12% der Stimmen und 13 Sitze. Bei Umfragen lag sie im Juni bei 11,7%, also fast unverändert, ist aber seitdem auf 7-9% gefallen. Sie nimmt für sich in Anspruch, ein noch nationalistischeres Bürgerschaftsgesetz verhindert und den Abzug der russischen Truppen erreicht zu haben. Wirtschaftspolitisch ist sie als sozialliberal einzustufen. Außenpolitisch orientieren sie sich stark an Rußland, treten aber für einen EU-Beitritt ein. Zur sozialdemokratischen Koalition ''Arbeit und Gerechtigkeit'' gehören u.a. die lettischen Sozialdemokraten (LSDSP), die Lettische Demokratische Arbeiterpartei (LDDP) und die beiden Gewerkschaften. Bei den Umfragen belegte sie im Juni noch mit 10,8% den sechsten Platz, hat aber seitdem kontinuierlich Anhänger verloren. Nach letzten Umfragen könnte sie sogar an der 4%-Hürde scheitern. Die postkommunistische ''Sozialistische Partei'' (SP) ging aus der Bewegung ''Gleichberechtigung'' hervor, die bei den Wahlen 1993 knapp 6% der Stimmen und 7 Mandate errang. Sie gilt als gut organisiert und diszipliniert. Auch sie hat seit dem Frühjahr, als Umfragen ihr noch über 5% gaben, starke Wählereinbußen hinnehmen müssen und kommt - den Umfragen zufolge - nicht ins Parlament. Sie ist prorussisch und nimmt in der Wirtschafts- und Sozialpolitik linke Positionen ein. der ehemalige erste Sekretär der KP, Rubiks, kandidiert für die SP und gilt weiter als einer der einflußreichsten Politiker der Partei.
© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 1998 |