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Autoritäre Stabilisierung in Usbekistan / Friedrich-Ebert-Stiftung, Abteilung Industrieländer. - [Electronic ed.]. - Bonn, 1996. - 3 Bl. . graph. Darst. = 10 Kb, Text . - (Politikinformation Osteuropa ; 62) Electronic ed.: Bonn: EDV-Stelle der FES, 1997 © Friedrich-Ebert-Stiftung
Das heutige Usbekistan beherbergt historisch bedeutende Stätten vergangener Reiche (Buchara, Samarkand, Taschkent) und Helden (Ulug Bey, Timur Lenk) des alten Turkestan. Es ist flächenmäßig etwas kleiner als Spanien und hat mit 22,4 Millionen Einwohnern die größte Bevölkerung unter den zentralasiatischen Republiken. Es erhielt seine formale Unabhängigkeit beim Zusammenbruch der Sowjetunion Anfang 1992. Seitdem sind die ökologische und ökonomische Katastrophe immer sichbarer geworden. Die Bewässerungslandschaft steckt in der Krise und der schrumpfende Aralsee hinterläßt eine tote Fischindustrie und eine vergiftete Salzwüste. 1994 überschritt die heute immer noch dreistellige Inflationsrate 1600%. Das reale Volkseinkommen fiel seit 1989 um 50%. Positive Wachstumsraten werden erst für 1997 erwartet. Nur der Rohstoffreichtum verhindert Schlimmeres. Die Privatisierung hat kaum ernsthaft begonnen. Es gibt einige ausländische Direktinvestitionen - auch aus Deutschland. Internationale Finanzinstitutionen (Weltbank, Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, Währungsfonds) gewährten Kredite. Usbekistan ist ein Staat mit einer Reihe ethnischer Minderheiten,
deren stärkste die Russen sind.
Seit 1989 haben jährlich etwa 200.000 Russen Usbekistan verlassen,
da sie eine Islamisierung und ethnische Diskriminierung befürchten.
Der Abzug löste einen Mangel an Fachkräften aus. Die größten
Risiken für künftige Konflikte bestehen im dicht besiedelten,
multiethnischen Ferganabecken mit seiner hohen Arbeitslosigkeit und geringen
Bindung an Taschkent. Die Nomenklatura wechselt das Etikett Die politische Entwicklung Usbekistans von der Sowjetherrschaft zur
Unabhängigkeit ist die Geschichte der Machtkonsolidierung Islam
Karimovs. Karimov wurde 1989 erster Sekretär der usbekischen KP
und 1990 Präsident. Als treuer Befürworter der Sowjetunion sympathisierte
er mit dem Anti-Gorbatschow-Putschversuch im August 1991, entschied sich
aber nach dem Fehlschlag rasch für die Trennung von der Sowjetunion.
Das Parlament erklärte die Unabhängigkeit am 31.August 1991.
Im Dezember 1992 verabschiedete es eine neue Verfassung, die zwar demokratische
Grundrechte vorsah, aber gleichzeitig dem Präsidenten erhebliche Vollmachten
einräumte. Die Kommunistische Partei löste sich auf, um sich sofort unter
dem Namen "Nationaldemokratische Partei Usbekistans" (NDP)
neu zu formieren. Vorsitzender der NDP wurde Karimov. Im Dezember 1991
fanden Präsidentschaftswahlen statt, die Karimov mit 85,9% gewann,
wobei aber die meisten Oppositionsparteien verboten waren. Die Opposition: Verboten oder inszeniert Die Regierung Karimov hat die meisten Oppositionskräfte mit der
Begründung verboten, es handele sich um radikale Extremisten der islamistischen
oder nationalistischen Variante. Die älteste Gruppe ist die 1988 gegründete
"Birlik" (Einheit), die sich selbst als national-demokratisch
definiert, aber von der Regierng als nationalistisch eingestuft wird. Von
ihr spaltete sich 1989 "Erk" ab, die vor allem aus Taschkenter
Intellektuellen besteht. "Erk" war die einzige Partei, die bei
den Präsidentschaftswahlen 1991 gegen Karimov antreten durfte. Ihr
Vorsitzender und Spitzenkandidat, der Schriftsteller Salai Madaminov (auch
Mohammed Solih), erhielt 12,3% der Stimmen. Weitere Oppositionsgruppen sind:
Um den demokratischen Schein zu wahren, ließ Karimov eine "offizielle"
Oppositionspartei zu, die "Fortschritt des Vaterlands"
heißt und aus Verbündeten der Regierung besteht. Bei den Parlamentswahlen
im Dezember 1994 stellte sie 141 der 625 zugelassenen Kandidaten. Die übrigen
kamen aus der Regierungspartei (234) oder waren "unabhängige"
Lokalgrößen. Autoritäre Stabilisierung Die Regierung überwacht die Gesellschaft mittels eines großen
Sicherheitsapparats, der weitgehend aus der kommunistischen Zeit übernommen
ist. Sie unterdrückt nicht nur die Oppositionellen im Inland, sondern
verfolgt sie bis ins Ausland. So entführte der usbekische Geheimdienst
Regimegegner aus ihrem Exil in Kirgistan und Kasachstan. Selbst in Moskau
sind die Oppositionellen nicht sicher. Am 27. März 1995, als seine erste Amtsperiode als Präsident
auslief, hielt Karimov ein Referendum ab, um die Amtszeit bis zum
Jahr 2000 zu verlängern. Angeblich beteiligten sich 99,6% der Wähler
und votierten einstimming für die Verlängerung. Das autoritäre
Präsidialregime wird sich daher voraussichtlich nicht kurzfristig
ändern. Auch langfristig stehen die Zeichen für eine Demokratisierung
in Usbekistan nicht sehr günstig. Die wesentlichen Träger
politischer Macht in der Gesellschaft sind Klans und die Nomenklatura unter
Karimov. Sie bedienen sich ideologischer Darstellungen der Regionalgeschichte,
um einen usbekischen Nationalismus verbunden mit einem Personenkult um
Karimov aufzubauen. Attraktivität gewinnt diese Sichtweise vor allem
bei der wachsenden Schicht entwurzelter junger Arbeitsloser.
© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 1998 |