VORRANG FÜR DIE BEKÄMPFUNG DER ARBEITSLOSIGKEIT
UND DEN ERHALT DER VOLLBESCHÄFTIGUNG
Herausragendes
Problem unserer Zeit ist die Massenarbeitslosigkeit und, damit einhergehend,
die Verarmung und Ausgrenzung von Millionen Menschen. Allein in den EU-Staaten
sind zur Zeit 18 Millionen Menschen ohne Arbeit sein, über 50 Millionen
leben jetzt schon von Einkommen, die unterhalb des Existenzminimums liegen.
Auch in Luxemburg bleibt die Arbeitslosigkeit ein Thema, da annähernd
5.000 Arbeitssuchende eingeschrieben sind, wobei die Dunkelziffer weit
höher liegt. Obwohl die Lage in Luxemburg weniger dramatisch ist als
in den anderen EU-Ländern, erfordert sie doch ein Umdenken, sowohl
bei denen, die Arbeit haben, bei den Gewerkschaften, aber auch, und vor
allem, bei den Politikern und bei den Arbeitgebern.
Bestehende
Maßnahmen müssen permanent auf ihre Wirksamkeit überprüft
und angepaßt werden. Neue Maßnahmen, um die Arbeitslosigkeit
zu bekämpfen und die Vollbeschäftigung wieder herzustellen, müssen
beständig entwickelt und ihre Finanzierung gesichert werden. Ergebnisse
können all diese Maßnahmen nur bringen, wenn die Arbeitnehmer
und die Betriebe mittels einer breiten Informationskampagne darüber
informiert werden und die Bereitschaft besteht, von diesen Möglichkeiten
Gebrauch zu machen. Wobei besonders die Solidarität der privaten sowie
der öffentlichen Arbeitgeber gefordert ist, um den Arbeitsmarkt an
Hand der bestehenden Maßnahmen zu entlasten.
Der Staat
muß garantieren, daß sowohl die Arbeitsmarktverwaltung wie
die Gewerbeinspektion in die Lage versetzt werden, ihren Verpflichtungen
nachzukommen. Einerseits muß die Arbeitsmarktverwaltung personalmäßig
und technisch in der Lage sein, die Organisation des Arbeitsmarktes und
die soziale Begleitung der Arbeitssuchenden zu gewährleisten. Andererseits
muß auch die Gewerbeinspektion personalmäßig, logistisch
und von ihren Kompetenzen her so ausgestattet werden, daß sie ihre
Kontrollfunktion ausfüllen kann. Dabei muß der Sicherheit und
Gesundheit am Arbeitsplatz, der Bekämpfung des sozialen Dumpings,
der illegalen Arbeit, der Schwarzarbeit und der grenzüberschreitenden
Leiharbeit ein besonderes Augenmerk gewidmet werden.
Die Einführung
eines Sozialpasses würde die notwendigen Kontrollen vereinfachen.
Kontrollen sind gut und notwendig, und sie sollen verstärkt werden.
Allerdings muß darauf geachtet werden, daß die Ausgebeuteten
nicht zusätzlich bestraft werden, während ihre Ausbeuter fast
ungeschoren davonkommen. Demzufolge muß auch die Situation der Arbeitnehmer,
die sich seit Jahren in einer teilweise illegalen Lage befinden, regularisiert
werden.
Ein besonderes
Augenmerk muß den frauenspezifischen Problemen bei der Bekämpfung
der Arbeitslosigkeit gewidmet werden. Der OGB-L fordert ebenfalls, daß
vermehrt Frauen bei der Gewerbeinspektion und in der Arbeitsmarktverwaltung
eingestellt werden.
Der Staat
und die Wirtschaft bleiben gefordert, sowohl die industrielle Zukunft des
Landes zu gewährleisten wie auch den Finanzplatz und den Dienstleistungssektor
zu konsolidieren. Dazu ist eine moderne Schul- und Ausbildungspolitik unerläßlich,
ebenso wie die permanente Modernisierung der Infrastrukturen, unter Berücksichtigung
umweltpolitischer Aspekte. Die Innovationsbereitschaft in allen Bereichen,
sowie die Ansiedlung neuer Betriebe sind optimal zu fördern.
In bezug
auf die Erschließung neuer Arbeitsplatzangebote bietet sich im Umfeld
einer veränderten Gesellschaftsstruktur der Ausbau des sozialen Dienstleistungssektors
an. Dazu ist ein Inventar der bestehenden und der zu schaffenden sozialen
Dienstleistungen im Bereich der Familienpolitik (Kindertagesstätten
und -krippen), der Schulpolitik (Ganztagseinrichtungen, Hausaufgabenhilfe,
Ferienprogramme, Kantinen usw.), der Gesundheits- und Altenpolitik (Heimpflege,
"Repas sur Roues", Tagesstätten usw.) zu erstellen.
Insgesamt
müssen bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze auch regionalpolitische
Überlegungen berücksichtigt werden.
Um einer
eventuellen Verschärfung der Arbeitslosigkeit in Luxemburg wirksam
begegnen zu können, sollte die Ausarbeitung eines Notstandsprogramms
für Arbeiten öffentlichen Nutzens in die Wege geleitet werden.
Der OGB-L
fordert ebenfalls eine Bestandsaufnahme der notwendigen Arbeiten im Bereich
der Infrastrukturen. Das sich daraus ergebende Investitionsprogramm würde
sicherlich neue Arbeitsplätze schaffen und bestehende absichern. Darüber
hinaus könnte auf diese Weise festgestellt werden, welche Arbeiten
sinnvollerweise über ein Programm von Notstandsarbeiten verwirklicht
werden könnten.
Im Erziehungswesen,
also auch in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, muß eine konsequente
und kontinuierliche Reformpolitik durchgesetzt werden. Dabei ist eine umfassende
und zeitgemäße Grundausbildung sowie eine gute Allgemeinbildung
wichtig, da in Zukunft Berufswechsel zunehmen werden und die Berufe selbst
sich in einem permanenten Wandel befinden.
Der OGB-L
hält die Schaffung eines Rahmengesetzes zur Weiterbildung für
unerläßlich. Zweck eines solchen Gesetzes muß sein, den
Erwachsenen einen guten Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen zu gewährleisten,
unter anderem über den Weg eines gesetzlich verankerten Weiterbildungsurlaubs.
Dabei muß das Weiterbildungsangebot so gestaltet werden, daß
es den heutigen Arbeitsbedingungen, wie flexible Arbeitszeit oder Schichtarbeit,
Rechnung trägt. Eine derartige Politik bedingt zusätzliche Investitionen
seitens der öffentlichen Hand, wobei die Arbeitgeber nicht aus ihrer
Verantwortung entlassen werden dürfen. Der Staat hat dafür Sorge
zu tragen, daß durch eine moderne und wandlungsfähige Bildungspolitik
den in Luxemburg lebenden Menschen die gleichen Chancen geboten werden,
um im Konkurrenzkampf um die Arbeitsplätze bestehen zu können.
Der OGB-L
fordert erneut eine grundlegende Debatte über die Reduzierung der
Arbeitszeit, mit dem Ziel der 35-Stunden-Woche, sowie über die Arbeitsorganisation.
Als Bestandteil einer solidarischen Aktion zur Erhaltung bestehender und
zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, sowie zur Humanisierung der Arbeitswelt,
fordert der OGB-L ein Rahmengesetz zur Arbeitszeitverkürzung in allen
möglichen Formen.
Um Arbeitsplätze
zu erhalten oder zusätzliche zu schaffen, darf auch die Flexibilisierung
der Arbeitszeit kein Tabu sein. Der OGB-L ist nicht grundsätzlich
gegen neue Formen der Arbeitsorganisation, dies jedoch unter der Voraussetzung,
daß diese in einem legalen Rahmen und über kollektivvertragliche
Vereinbarungen abgesichert werden, sowie die Lebensqualität der Arbeitnehmer
nicht beeinträchtigt wird.
Eine Deregulierung
der Arbeit, ein Abbau der sozialen Errungenschaften oder der Gewerkschaftsrechte,
wie es die Arbeitgeber fordern, wird jedoch auf den Widerstand des OGB-L
stoßen.
Als Sofortmaßnahmen
drängt sich eine Abschaffung aller Ausnahmereglungen zur 40-Stunden-Woche
auf.
Des weiteren
verlangt der OGB-L, daß die Ausnahmen zur Überstundenregelung
weiter eingeschränkt werden und der Arbeitsminister die Genehmigungen
nur für unumgängliche Notfälle erteilt. Die Gewerbeinspektion
muß sicherstellen, daß die Überstundengesetzgebung respektiert
wird.
Kontrollen
und Strafmaßnahmen müssen konsequent durchgeführt und verhängt
werden.
Ansätze
zu anderen Formen der Arbeitszeitverkürzung, vor allem in der Jahresarbeitszeit,
wie z.B. die 6. Urlaubswoche, zusätzliche betriebliche Feiertage,
auf das Dienst- oder Lebensalter bezogener Urlaub sind in den meisten Kollektivverträgen
enthalten.
Die OGB-L
Forderung nach der 6. Urlaubswoche d.h. die Erhöhung des Jahresurlaubs
von 25 auf 30 Tage ist schon vielen Betrieben und Wirtschaftsbereichen
ganz oder teilweise realisiert. Sie behält weiterhin ihre Gültigkeit,
so lange wie sie nicht in allen Kollektivverträgen gänzlich erfüllt
ist.
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