1. Eine zuverlässige Sozial- und Gesundheitspolitik

 

  1. Renten und Pensionen langfristig absichern
  1. Die in Luxemburg erbrachten Leistungen sind im internationalen Vergleich exemplarisch. Die Sozialisten haben sich während ihrer 15jährigen Regierungsbeteiligung konsequent für die Verbesserung der Leistungen im privaten Sektor eingesetzt. Seit 1985 haben grundlegende Rentenreformen, die systematische Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung (ajustement) und die Beibehaltung der automatischen Indexbindung die Renten um durchschnittlich 68 Prozent steigen lassen.

  2. Damit diese Errungenschaften den Bürgern erhalten bleiben, sprechen die Sozialisten sich für die Beibehaltung des aktuellen Rentensystems aus. Dieses beruht auf dem Umlageverfahren, d.h. die aktive Bevölkerung kommt für die Renten der Pensionierten auf. Unser Rentenwesen steht für lang bewährte Prinzipien der Rentenpolitik, wie Solidarität, angemessene Abstufung der Leistungen und sozialgerechte Umverteilung.

  3. Um das hohe Leistungsniveau des beitragspflichtigen Rentensystems langfristig zu sichern, werden die Sozialisten den gesetzlich vorgesehenen Mindestbetrag an Rücklagen der staatlichen Rentenkassen anheben. Eventuell auftretende Engpässe können so ohne Erhöhung der Beiträge oder Abbau der Leistungen abgefedert werden. Dieses sogenannte System der "répartition provisionnée" ermöglicht eine effiziente und langfristige Konsolidierung der Pensionskassen. Die Sozialisten werden für eine bessere und ertragreichere Verwaltung der Rücklagen sorgen.

  4. Das beitragspflichtige Rentenwesen wird heute schon bei vielen Versicherten durch zwei weitere Säulen ergänzt: die betrieblichen und privaten Zusatzversicherungen. Damit künftig die versprochenen Leistungen aus betrieblichen und privaten Zusatzversicherungen auch garantiert sind, werden die Sozialisten die vorgesehenen Rahmengesetze, die sowohl den Betrieben als auch den privaten Versicherungsgesellschaften und Pensionsfonds die hierzu nötigen Sicherheiten abverlangen, schnellstmöglich verabschieden.

  5. Die Sozialisten haben durch die Einführung der sogenannten Baby- und Pflegejahre dafür gesorgt, dass Frauen, die der Familie wegen auf Erwerbstätigkeit verzichten, keine Abstriche bei der Rentenversicherung hinnehmen müssen. In der nächsten Legislaturperiode wird dieses Konzept der Ersatzzeiten ausgebaut. So bekommen Frauen, die nach einer längeren Unterbrechung der Berufstätigkeit Ausbildungskurse für den Wiedereinstieg ins Berufsleben belegen, bis zu fünf Versicherungsjahre bei ihrer Rentenbeitragslaufbahn angerechnet.

  6. Um Härtefälle bei Scheidungen zu verhindern, stehen die Sozialisten zum gesetzlichen Rentensplitting.

  7. Die Sozialisten bestehen nach wie vor auf Rentengerechtigkeit. Deshalb wollen sie über diese fundamentalen Verbesserungen hinaus die Rentenleistungen anheben, ohne die mittel- und langfristige Finanzierbarkeit des Rentenwesens zu gefährden.

  1. Die Krankenkassenleistungen verbessern

  1. Die Leistungen der luxemburgischen Krankenkassen brauchen den internationalen Vergleich nicht zu scheuen. Das Verhältnis zwischen Beitragshöhe und Leistungsniveau ist einmalig in Europa. Die durchgeführte Krankenkassenreform hat sich bewährt. Es hat sich gezeigt, dass die vorgenommene Umstrukturierung im Interesse der Versicherten war. Nun geht es darum, Mechanismen zur Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu fördern.

  2. Die Sozialisten werden auch weiterhin die für Erwerbstätige geltende gesetzliche Krankenversicherungspflicht verteidigen. Alles andere würde nur zu einer Zwei-Klassen-Medizin führen, in der reiche Patienten gut, Leistungsempfänger mit mittleren und niedrigen Einkommen und Renten hingegen schlecht behandelt werden.

  3. Die europäische Integration macht sich auch im Gesundheitswesen bemerkbar. Um unser bewährtes System der Krankenversicherung angesichts des rezenten Urteils des europäischen Gerichtshofes in Sachen Kostenübernahme ausländischer Gesundheitsleistungen nicht in Frage zu stellen, werden die Sozialisten mit allen Beteiligten verhandeln, damit notwendige Anpassungen des Krankenversicherungsgesetzes zu keiner Mehrbelastung des Patienten und zu keiner Qualitätseinbusse der medizinischen Versorgung führen. Die Sozialisten werden gewährleisten, dass die Vorteile unseres Systems wie z.B. die Wahlfreiheit der Versicherten, die allgemeine Versicherungspflicht, die obligatorische Konventionierung der Lieferanten und der Schutz der Versicherten auch in Zukunft erhalten bleiben.

  4. Die Krankenkassenbeiträge bleiben angemessen und werden wirtschaftlich eingesetzt. Denn nur eine effiziente Kostenkontrolle führt zu bestmöglichen Leistungen im Sinne der Versicherten. So werden die finanziellen Rahmenbedingungen der Leistungsträger einer strengeren Kontrolle unterworfen. Um diesen Aufgaben nachzukommen, müssen die Sozialpartner und der Staat in der Krankenkassenvereinigung gemeinsam Verantwortung übernehmen, Entscheidungen treffen und im Interesse der Versicherten Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Diese Zusammenarbeit muss aufgrund von transparenten und klar definierten Kriterien erfolgen, auch in bezug auf die Finanzierung des Gesundheitswesens. Die Sozialisten setzen sich deshalb für gesetzlich festgelegte, einheitliche Beitragssätze ein.

  5. Die Sozialisten werden in der kommenden Legislaturperiode zusammen mit den Sozialpartnern verschiedene Leistungsbegrenzungen überdenken. Die finanzielle Belastung der Versicherten durch Eigenbeteiligung muss sozialverträglich bleiben. Deshalb wird der Prozentsatz des verfügbaren Einkommens, ab dem die Versicherten allen Eigenbeteiligungen enthoben werden, weiter reduziert.

  6. Für chronisch Kranke sollen die Leistungsbegrenzungen ganz wegfallen, d.h. sie bekommen ein Anrecht auf vollständige Rückerstattung ihrer Ausgaben. Die Erneuerungsfristen bei Zahnersatz sowie verschiedene materialbedingte Leistungsbegrenzungen bei Zahnfüllungen wollen wir im Interesse des Patienten angepasst sehen.

    Die Sozialisten werden dafür sorgen, dass medizinische Leistungen ausschliesslich gemäss der offiziellen Nomenklatur verrechnet werden. Werden die Leistungen nicht oder nur teilweise von der Versicherung übernommen, so muss ein Kostenvoranschlag erstellt werden. Der Einbettzimmer-Aufschlag von 60% auf medizinische Leistungen im Krankenhaus soll abgeschafft werden.

    Zudem setzen die Sozialisten sich dafür ein, dass die Periduralanästhesie von den Krankenkassen zurückerstattet wird. Denn jede Frau hat ein Recht auf eine schmerzfreie Geburt.

    Die Verallgemeinerung des "tiers payant" für Krankenhausleistungen, aber auch in den Apotheken gehört heute sowohl für die Apotheker als auch für die Versicherten zur Normalität. Dieses Prinzip kann ebenfalls auf die von Ärzten getätigten Leistungen ausgedehnt werden. In allen Fällen sollen die Versicherten jedoch eine Durchschrift der realen Kosten für ihre Leistungen erhalten.

  7. Im Bereich der Präventivmedizin werden die Sozialisten sich dafür einsetzen, dass vorbeugende Gesundheitsleistungen und Früherkennungsmassnahmen in verstärktem Masse angeboten und vergütet werden. Impfungsprogramme, insbesondere gegen Grippe bei Kindern und älteren Menschen, aber auch die Früherkennung von Krebs, werden ausgebaut. Die Kosten werden von den Krankenkassen zurückerstattet.

Die Sozialisten werden umweltmedizinische Einrichtungen im präventiven, diagnostischen und therapeutischen Bereich verstärkt ausbauen. Betreffend die Alternativmedizin sollen ebenfalls Rahmenbedingungen geschaffen werden. Alternative Heilmethoden dürfen allerdings nur auf Basis einer medizinischen Diagnose und Kontrolle Anwendung finden.

  1. Das soziale Dienstleistungswesen ausbauen

  1. Die Sozialisten werden das soziale Dienstleistungswesen absichern und weiter ausbauen. Ein besonderes Augenmerk gilt hier den steigenden Bedürfnissen in den Bereichen der Pflege alter und behinderter Menschen. Das hinreichend bewährte Modell der staatlichen Förderung privater Dienstleistungsanbieter (konventionierter Sektor) wird wie bisher Dreh- und Angelpunkt des staatlich garantierten Dienstleistungswesens sein. Die Entscheidung, ehren- oder hauptamtlich in einer Vereinigung ohne Gewinnzweck Verantwortung im Dienste bedürftiger Mitbürger zu tragen, muss auch weiterhin gefördert werden. Dies ist ein wesentlicher Pfeiler unseres Gesellschaftsvertrags.

  2. Durch das kürzlich verabschiedete "ASFT-Gesetz" hat der Staat sich die nötigen Kontrollinstrumente gegeben, um sowohl die Qualität der angebotenen Leistungen als auch ein sinnvolles Einsetzen der staatlichen Förderungsgelder zu gewährleisten. Um eine effiziente Funktionsweise des sozialen Dienstleistungswesens zu gewährleisten, werden die Sozialisten eine umfassende Bestandsaufnahme aller Angebote im sozialen Dienstleistungsbereich durchführen und diese den bestehenden Bedürfnissen anpassen.

  1. Recht auf Pflege für alle

  1. Mit der Einführung der Pflegeversicherung wurde eine grosse Sozialreform verwirklicht, die jedem Menschen ein Recht auf Pflege garantiert. Die Sozialisten verpflichten sich, die Zahl der Pflegebetten konsequent auszubauen. Denn die Heimpflege, wenngleich sie auch prioritär angewandt werden soll, stösst bei fortgeschrittener Pflegebedürftigkeit unweigerlich an Grenzen. In den kommenden fünf Jahren werden die Sozialisten weitere Pflegebetten schaffen, damit die Anzahl der auf ein Pflegebett Wartenden und dadurch die Wartedauer wesentlich verringert werden. Die Unterbringung von in Luxemburg lebenden Pflegebedürftigen in ausländischen Pflegeheimen als Notlösung soll bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode geklärt sein.

  2. Die Betten werden den Pflegebedürftigen entsprechend der Schwere der Pflegebedürftigkeit zur Verfügung gestellt. Die finanziellen Mittel des Einzelnen dürfen kein Kriterium für die Aufnahme in ein Pflegeheim sein. Die Sozialisten werden dafür Sorge tragen, dass Pflegebetten in ausreichendem Masse zu sozialen Preisen angeboten werden. Die Aufnahme in ein Pflegeheim wird deshalb auf Basis einer einzigen koordinierten Warteliste erfolgen.

  1. Der Patient im Mittelpunkt einer fortschrittlichen Gesundheitspolitik

  1. Der Patient hat Rechte, die es auszubauen und zu verteidigen gilt. Im Sinne des Patientenschutzes soll auch und gerade das Gesundheitswesen einer kritischen Analyse durch den Leistungsempfänger unterzogen werden. Zweckmässigkeit und Qualität der erbrachten Leistungen von Kranken- und Pflegehäusern, Ärzten und anderen Leistungserbringern müssen hinterfragt werden können. In diesem Sinne sollen Qualitätskriterien bei allen Leistungsanbietern eingeführt werden. Es wird Aufgabe der Krankenkassenunion sein, die Patienten gezielter über Behandlungs- und Nachbehandlungsmöglichkeiten im In- und Ausland zu informieren.

  2. Angesichts des rasanten technologischen Fortschritts, der demographischen Entwicklung unserer Bevölkerung und der Zunahme der sogenannten Zivilisationserkrankungen wird das Gesundheitswesen immer teurer. Gesundheit mag, individuell gesehen, keinen Preis haben, aber sie hat einen Kostenpunkt. Deshalb muss eine effiziente Gesundheitspolitik sich einer kritischen Kostenanalyse stellen. Zu diesem Zweck wird eine bessere Abstimmung zwischen der Krankenkassenunion und der Ausgabenpolitik des Gesundheitsministeriums herbeigeführt, die jedoch nicht auf Kosten des im Spitalwesen arbeitenden Personals gehen kann.

  3. Die Sozialisten werden die Modernisierung des Spitalwesens im Sinne des von ihnen ausgearbeiteten Spitalplans konsequent vorantreiben. Die konkrete Umsetzung des Spitalplans wird spezialisierte nationale Zentren in den Bereichen Radiotherapie, Herzchirurgie und Rehabilitation schaffen und noch überschüssige Akutbetten abbauen, welche als Pflegebetten genutzt werden können. Regelmässige Bestandsaufnahmen sollen sicherstellen, dass die Anzahl der Akut- und Langzeitbetten wie auch der Ein- und Zweibettzimmer den medizinischen Bedürfnissen entsprechen. In den spezialisierten nationalen Zentren werden nur fest eingestellte Ärzte zugelassen. Werden jedoch besondere medizinische Fachkenntnisse benötigt, so müssen, bei Bedarf auch im Rahmen von Abkommen mit ausländischen Institutionen, die hierfür erforderlichen Fachärzte die notwendigen Eingriffe durchführen können. Medizinische Grossgeräte werden flächendeckend zum Einsatz kommen und regional angemessen verteilt.

  4. Das "Centre Hospitalier de Luxembourg" soll seine Rolle als Forschungs- und Lehrkrankenhaus ausbauen können. Dabei darf die Grundversorgung der Bevölkerung nicht zugunsten einer extremen Zentralisierung geopfert werden. Kleinere Spitäler können durchaus im Rahmen von Synergiebestrebungen neue Aufgaben übernehmen. Vom Staat finanzierte privatrechtliche Infrastrukturen im Krankenhausbereich müssen bei Aktivitätseinstellung an den Staat zurückfallen.

    Krankenhausaufenthalte nach operativen Eingriffen werden durch den medizinischen Fortschritt zeitlich verkürzt. Die Nachbehandlung der Patienten soll künftig im Rahmen des Vertretbaren zu Hause und durch qualifiziertes Krankenhauspersonal erfolgen (hospitalisation à domicile), bzw. bei älteren Mitmenschen durch eine flächendeckende "réhabilitation gériatrique". Zu diesem Zweck werden die Sozialisten die Frage der Kostenübernahme durch die Krankenversicherung definitiv klären. Überhaupt soll das Angebot, was die motorische-neurologische, die kardiologische und die geriatrische Rehabilitation angeht, den jeweiligen Bedürfnissen besser angepasst werden.

  5. Die Psychiatrie wurde in den letzten Jahren menschenwürdiger gestaltet. In Bezug auf die Ettelbrücker "Heilanstalt" wurde ein grosszügiges Modernisierungsprogramm eingeleitet. Die Dezentralisierungsinitiativen ("psychiatrie extra-hospitalière"), welche kleine, flächendeckend verteilte, stationäre und ambulante Therapieangebote entstehen liessen, werden weiter vorangetrieben.

  6. Die Sozialisten werden der Präventivmedizin oberste Priorität geben. Denn Vorbeugen ist besser als Heilen. Die Eigeninitiative und Eigenverantwortung des Bürgers für seine Gesundheit werden gefördert. Neben grossangelegten Aufklärungs- und Informationskampagnen ist es allerdings unabdingbar, die Präventivmedizin verstärkt ziel- und gruppengerecht auszurichten.

  7. In den Primär- und Sekundarschulen wird allen Schülern eine dem Alter angepasste Gesundheitserziehung angeboten, damit diese ihrer Gesundheit einen höheren Stellenwert zuordnen und rechtzeitig vor den Gefahren gesundheitsschädlicher (Konsum-)Mittel gewarnt werden. Hierbei wird ebenfalls vorgesehen, den Kindern und Jugendlichen eine Einführung in Erste-Hilfe-Massnahmen anzubieten. Der Hausarzt hat im Bereich der Präventivmedizin eine Schlüsselrolle. Die Zusammenarbeit zwischen den Hausärzten und den involvierten Fachärzten, insbesondere den Arbeits- und Umweltmedizinern, soll durch nationale Präventionsprogramme gefördert werden.

    Parallel hierzu werden die Sozialisten der Erfassung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten vordringliche Aufmerksamkeit widmen und das Angebot an Früherkennungsdiensten und kostenlosen Schutzimpfungen ausdehnen. Eine effiziente Präventivmedizin setzt zuverlässige und repräsentative epidemiologische Daten voraus. In diesem Sinne setzen die Sozialisten sich für eine Anpassung der bestehenden Strukturen im Gesundheitsministerium ein. Eine gezielte Unfallverhütung stellt ebenfalls eine absolute Wichtigkeit dar. Bestehende nationale medizinische Dienste wie "médico-sapeur" oder "médico sportif" werden deshalb ausgebaut.

  8. Die Sozialisten wollen die Aids-Bekämpfung fortsetzen. Aufklärung hat schon in der Schule zu erfolgen, damit Vorurteile gegenüber Aids-Kranken abgebaut werden. Um AIDS keine Chance zu geben, werden in Schulen und bei öffentlichen Kampagnen neben anderem Informationsmaterial auch Kondome gratis verteilt.

  9. Zur Sexualerziehung gehört die Einführung in moderne Verhütungsmethoden. Die Sozialisten werden die Aufklärungsarbeit des "Planning Familial" weiterhin finanziell unterstützen. Sie verteidigen das Recht der Frauen auf selbstbestimmte Schwangerschaften und Wunschkinder und treten für eine Fristenlösung in Sachen Schwangerschaftsabbruch ein. Neue pharmazeutische Mittel auf diesem Gebiet werden auch in Luxemburg zugelassen. Ausserdem werden die Sozialisten dafür sorgen, dass die freiwillige Sterilisation von Mann und/oder Frau nicht mehr unter Strafe gestellt werden kann. Somit wird das Strafrecht einer längst stattgefundenen gesellschaftlichen Entwicklung angepasst werden.

  10. Mit den Sozialisten bekommt das nationale Gesundheitslaboratorium einen neuen Stellenwert. Es soll der Garant sein für zuverlässige Dienstleistungen in denjenigen Bereichen, die hochspezialisierte Untersuchungsverfahren erfordern: bei Infektionskrankheiten und Krebserkrankungen, bei angeborenen Schädigungen aber auch auf dem Gebiet der Gerichtsmedizin. Um das nationale Laboratorium zu entlasten, werden gängige Analysen unter seiner Kontrolle von staatlich anerkannten privaten Laboratorien ausgeführt. Das Staatslaboratorium wird zu einem "établissement public".

  11. Die Gentechnologie hat im medizinischen Bereich, insbesondere bei der Krebsbekämpfung und der Entwicklung von neuen Impfstoffen, wesentliche Fortschritte erreicht. Die Anwendung gentechnischer Verfahren am Menschen bedarf allerdings einer strengen Analyse der ethischen und rechtlichen Folgen. Eine unabhängige Ethik- und Rechtskommission soll diesbezüglich Kontrollzuständigkeit erhalten. Die Sozialisten werden nicht zulassen, dass gentechnische Vorbehalte, besonders im Bereich der Kranken- und Lebensversicherungen, zu Diskriminierungen führen.

  12. Frauen und Männer, die aus Krankheitsgründen steril sind, sollen ihren Kinderwunsch verwirklichen können. Die Sozialisten werden deshalb die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die künstliche Befruchtung auch in Luxemburg ermöglicht wird.

  1. Die Selbstbestimmung des Menschen, auch am Lebensende

  1. Die Sozialisten sind der Auffassung, dass jeder Bürger ein Recht auf Selbstbestimmung hat. Deshalb dürfen unheilbar kranke Menschen nicht länger gegen ihren Willen unter menschenunwürdigen Bedingungen am Leben gehalten und unentwegt weiterbehandelt werden. Der Staat muss Sorge tragen, dass das Recht des Patienten, eine Behandlung zu verweigern, auch am Lebensende gewahrt bleibt.

  2. Schmerzlindernde Massnahmen und palliative Betreuung werden gefördert. Palliativmedizin soll nicht nur in spezifischen klinischen Abteilungen angeboten werden, sondern flächendeckend sowohl im ambulanten als auch im allgemeinen stationären Bereich verfügbar sein. Zu diesem Zweck wird den praktizierenden Ärzten und dem Pflegepersonal eine umfassende palliativmedizinische Weiterbildung angeboten, die sowohl medizinische als auch psycho-soziale Aspekte begreift.

  3. Die Sozialisten werden ausserdem die Möglichkeit prüfen, einen gesetzlich geregelten Urlaub einzuführen, der es Berufstätigen ermöglichen soll, sterbende Familienmitglieder in der Endphase ihres Lebens zu begleiten.

  4. Im Falle einer unheilbaren Erkrankung im Endstadium begreift das Recht auf Selbstbestimmung die Freiheit, Sterbehilfe zu verlangen. Der Arzt, der dem Wunsch eines Patienten nach Sterbehilfe nachkommt, darf nicht strafrechtlich verfolgt werden. Die Straffreiheit kann nur unter klaren, gesetzlich festgelegten Bedingungen erfolgen. Unabdingbar ist die Tatsache, dass der Patient seinen Todeswunsch unmissverständlich geäussert hat. Die Sozialisten setzen sich für die Anerkennung einer diesbezüglichen schriftlichen Patientenverfügung ein.

  1. Für eine humane Drogenpolitik

  1. Drogenkonsum gefährdet die Gesundheit, unabhängig davon, ob es sich um legale oder illegale Drogen handelt. Es ist daher Aufgabe des Staates, dem Drogenkonsum wirksam vorzubeugen. Im Herbst 1994 wurde ein Suchtpräventionszentrum geschaffen. Die Sozialisten werden dieses Präventionszentrum in seinem Bemühen unterstützen, auf nationaler Ebene eine systematische und effiziente Präventionsarbeit zu leisten.

  2. Die Sozialisten sehen es als ihre vordringliche Aufgabe an, insbesondere die Kinder und Jugendlichen vor Drogenmissbrauch jeglicher Art zu schützen. Die bestehende Gesetzgebung über den Verkauf von Alkohol an Jugendliche muss konsequenter angewandt werden. Desweiteren werden private und kommunale Initiativen im Bereich der Suchtprävention von den Sozialisten stärker unterstützt. Sozialarbeiter sollen gezielt in Schulen, Jugendhäusern und auf Parties helfend zur Seite stehen, um auf die Auswirkungen aller Drogen und insbesondere der neuen synthetischen Drogen wie Ecstasy aufmerksam zu machen.

  3. Auch legale Drogen wie Alkohol, Tabak und manche Medikamente können abhängig machen und zu gesundheitlichen Schäden führen. Die Sozialisten werden die bestehenden Programme und Strukturen für Abhängige legaler Drogen ausbauen und verbessern.

  4. Für Cannabis und seine Derivate müssen die gleichen Bestimmungen im Rahmen des Jugendschutzgesetzes gelten wie für Tabak und Alkohol. Die Sozialisten wollen den Konsum von Cannabis nicht mehr unter Strafe stellen. Um zu verhindern, dass die Konsumenten diese weichen Droge in Kontakt mit der kriminellen Szene kommen, wird der Verkauf nur über staatlich autorisierte und kontrollierte Strukturen zugelassen.

  5. Drogenabhängige sind Kranke, die Hilfe benötigen. Die Sozialisten werden bei Schwerstdrogenabhängigen die Programme zur medizinischen Versorgung mit Ersatzdrogen weiterentwickeln und auf eine rechtliche Basis stellen. Die Erfahrungen im In- und Ausland haben gezeigt, dass Methadon als Ersatzdroge dazu dienen kann, Süchtige von ihrer Heroinsucht zu befreien, indem es ihnen ermöglicht, aus dem Teufelskreis zwischen Beschaffungskriminalität, körperlichem Verfall und Drogenkonsum auszubrechen und sich wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Medizinisch kontrollierte Heroinausgabe soll in Einzelfällen ermöglicht werden. Bei heroinabhängigen Langzeitpatienten stellt dies oftmals die einzige Möglichkeit zur Resozialisierung dar. Ohne soziale Wiedereingliederung in unsere Gesellschaft werden wie bisher die meisten Therapieversuche scheitern.

  6. Langzeittherapien müssen überdacht werden. Deshalb müssen die bestehenden Hilfsinfrastrukturen -Therapiezentren, Beratungsstellen und ambulante Hilfsdienste- besonders in den sensiblen Stadtvierteln weiter überarbeitet und ausgebaut werden. Anlaufstellen, in denen Heroinsüchtige sich unter medizinischer Kontrolle und unter hygienisch einwandfreien Bedingungen (sterile Spritzen, usw.) ihre Droge verabreichen können, werden auf Pilotebene eingeführt. Sie ermöglichen es den Sozialarbeitern, mit den heroinabhängigen Menschen in Kontakt zu treten, sie zu beraten und zu einer Therapie zu bewegen um sie wieder in die Gesellschaft einzugliedern.

  7. Die Sozialisten werden die repressiven Massnahmen im Kampf gegen das organisierte Verbrechen verstärken und entschlossen gegen die Herstellung, den Vertrieb und den Verkauf von illegalen Drogen vorgehen. Zu diesem Zweck wird die Kronzeugenregelung für Drogendealer eingeführt und die Zusammenarbeit mit den anderen Staaten -insbesondere innerhalb der europäischen Union- verstärkt. Der Ausbau der Luxemburger Zelle der europäischen Drogenbeobachtungsstelle wird den nationalen Gesundheits-, Justiz- und Sicherheitsbehörden ein effizienteres Vorgehen in den Bereichen Prävention und Repression ermöglichen.


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