FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausg.: 83]


Anhang: Terminologische Erläuterungen

Vermögenspolitik

Unter Vermögenspolitik werden hier alle Maßnahmen des Staates oder der Tarifparteien verstanden, die auf die Verminderung des Konzentrationsgrades der personellen Vermögensverteilung abzielen. Dies kann sowohl direkt als auch indirekt geschehen, beispielsweise indem konzentrationsfördernde Nebenwirkungen von Maßnahmen mit anderer Zielsetzung vermieden werden. Unter Vermögen werden die Eigentumsrechte an Beständen von Produktionsmitteln (einschließlich Grund und Boden), Wohneigentum sowie Forderungen (Geldvermögen) verstanden. Der Bestand an dauerhaften Gebrauchsgütern wird ausgeklammert. Ein Teil des Geldvermögens dient dem Ansparen zwecks Kauf dauerhafter Konsumgüter Dieser Teil läßt sich empirisch schwer ausklammern. Das Ziel der Vermögenspolitik ist einerseits die Förderung sozialer Gerechtigkeit im Sinne des Abbaus von sozialer Ungleichheit. Neben diesem eher verschwommenen Oberziel existieren meist eine ganze Reihe von Unterzielen (z.B. Verminderung wirtschaftlicher Macht, Sparförderung, Kapitalbildung, Inflationsbekämpfung, Altersvorsorge etc.), die in Abschnitt 2.3 dargestellt werden. Zu den Zielen der Vermögenspolitik gehört in der Regel auch die Verbesserung der Einkommensverteilung im Sinne verminderter Ungleichheit, weil laufende Vermögenseinkommen zu den sonstigen Einkommensquellen hinzukommen. In Anlehnung an Molitor (1988) können zehn alternative Maßnahmen der Vermögenspolitik, unter anderem Investivlöhne und Gewinnbeteiligung, unterschieden werden:

  1. Erbschaftsbesteuerung

  2. Privatisierung durch gezielten Verkauf/Vergabe des Staatsvermögens

  3. Sparförderung durch Steuerbegünstigung oder Sparprämien

  4. Vergabe zinsgünstiger öffentlicher Kredite/Investitionszuschüsse, Subventionen

  5. gezielter Einsatz der Staatsverschuldung, u.a. gezielte Plazierung von Staatsanleihen

  6. Investivlöhne

  7. Gewinnbeteiligung

  8. Gesetzliche Gewinnabgabe auf den periodischen Gesamtertrag von Unternehmen

  9. Vermögensabgabe

  10. Laufende Vermögenssteuer

Investivlöhne sind nach Molitor aus vermögenspolitischer Sicht zusätzlich zum Barlohn zu Lasten der Gewinne an die Arbeitnehmer verteilte Einkommen, die mindestens in dem Maße wie die Gewinne gespart werden. Andernfalls könnte die gesamtwirtschaftliche Sparsumme sinken und damit die Kapitalbildung beeinträchtigt werden. In diesem Sinn sind Investivlöhne zusätzliche Lohnbestandteile, die den inflationsneutralen Verteilungsspielraum über den Produktivitätszuwachs hinaus vergößern. Sie vermindern allerdings die Renditen der Unternehmen und stellen demnach - so Molitor - ein Risiko für die Investitionsneigung dar. In einer etwas weiteren Fassung könnte man Investivlöhne auch als solche Lohnbestandteile betrachten, die das Sparen der Arbeitnehmer erhöhen - auch dann, wenn sie nicht zusätzlich zum üblichen Barlohn ausgezahlt werden. Allerdings ist die Zusätzlichkeit des Arbeitnehmer-Sparens schwer zu ermitteln. Die Art der vermögenswirksamen Verwendung ist nach Molitor gleichgültig. Folgt man dem o.e. Vermögensbegriff, dann müßte jedoch das konsumbezogene zusätzliche Sparen aus Investivlöhnen ausgeklammert werden. Molitor zählt langlebige Gebrauchsgüter zum Vermögen. Die traditionelle Investivlohndis-

[Seite der Druckausg.: 84]

kussion folgte ganz diesem Verständnis: Wenn der Investivlohn zusätzlich zum produktivitätsorientierten Lohnzuwachs gezahlt wird, wird ein zusätzliches Sparen unterstellt (vgl. u.a. auch Oberhauser 1978, 1982), Damit ist der Investivlohn in diesem Verständnis auf eine bestimmte Art der Lohnpolitik bezogen. Läßt man diesen Bezug fallen, kann nicht mehr ohne weiteres von einer vermögenspolitisch ausgerichteten Maßnahme gesprochen werden.

Schäfer/Rürup bezeichnen Lohnbestandteile, die zum Sparen verwendet werden müssen, als Investivlöhne, wenn sie per Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder durch Einzelvertrag zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für einen längeren Zeitraum geregelt sind (Schäfer/Rürup 1998, S. 6). Sie unterscheiden neben der derzeitigen deutschen Regelung des Vermögensbeteiligungsgesetzes, das den Katalog der zulässigen Anlageformen definiert und den Arbeitnehmern individuelle Wahlfreiheit garantiert, drei idealtypische Arten von Investivlöhnen:

  • Betrieblicher Investivlohn: Der Investivlohn wird ausschließlich - oder wenigstens überwiegend - im arbeitgebenden Unternehmen angelegt. Eine Einschränkung der Wahlfreiheit des Arbeitnehmers ist notwendig.

  • Überbetrieblicher Investivlohn; Der Investivlohn wird durch Lohnverwendungsabrede der Tarifparteien in einen Branchenfonds eingespeist. Wie Branchenfonds die Mittel verwenden, bleibt offen.

  • Investivlohn als Vorsorgefonds. Investivlöhne werden in betriebliche oder überbetriebliche Fonds zur Altersvorsorge eingezahlt Es kann sich um eine betriebliche Altersrente oder um individuelle Altersvorsorge handeln, die als zusätzliche „Säule" zu den anderen traditionellen Säulen der Alterssicherung hinzukommt

Eine vermögenspolitisch ausgerichtete Gewinnbeteiligung verschafft den Arbeitnehmern eines Unternehmens eine gewinnabhängige und unternehmensspezifische zusätzliche Einkommensquelle, deren Bemessungsgrundlage der Untemehmensgewinn, der Umsatz oder andere Parameter sein können. Die Beteiligung kann in Form von Aktien (neu emittierte oder an der Börse gekaufte), gratis oder zu Vorzugsbedingungen, in Form eines Angebots von langfristigen Schuldverschreibungen, Teilhabereinlagen oder auch als Barablösung, die nicht-konsumtiv zu verwenden ist, erfolgen. Eine Gewinnbeteiligung, die in überbetrieblichen Fonds oder in einer Mitarbeiteranlagengesellschaft investiert wird, ist ebenfalls denkbar. Eine Gewinnbeteiligung in Form einer Barauszahlung ohne Verwendungsaullage kann freilich aus anderen als vermögenspolitischen Gründen statthaft sein. Die Diskussion über die Lohnflexibilisierung hat die vermögenspolitische Zielsetzung zurückgedrängt Gewinnbeteiligungen erhöhen - formal gesehen - das Kostenniveau der Unternehmen nicht (Molitor 1988, 292). Fairtisch wird jedoch der an die bisherigen Kapitaleigner potentiell ausschüttbare Gewinn geschmälert. Insofern sind Investivlöhne und Gewinnbeteiligungen sehr ähnlich. Mitunter werden Investivlöhne als „aufgeschobene" Gewinnbeteiligungen bezeichnet Wesentliche Unterschiede zwischen Investivlöhnen und Gewinnbeteiligungen können sich ergeben, wenn man davon ausgeht, daß Investivlöhne in Branchentarifverträgen festgelegt werden, während Gewinnbeteiligungen im Unternehmen vereinbart oder einseitig vom Unternehmer gewährt werden.

Gewinn- und Kapitalbeteiligungen der Mitarbeiter

In der internationalen Diskussion wird der Begriff Investivlohn praktisch nicht verwendet. Statt dessen ist von ,prqfil-sharing'' oder ,profit relaled pay", ,f)romotion of employee participation in profits and enterprise resulls" (PEPPER) sowie von „employee ownership" die Rede. Bei allen

[Seite der Druckausg.: 85]

diesen Formen handelt es sich nicht zwingend um vermögenspolitische Maßnahmen. Unter ,profit-sharing'' versteht die OECD (1995, S. 139) eine Art der Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer, bei der die Mehrheit der Belegschaft eines Unternehmens begünstigt wird und der Anteil des auszuteilenden Gewinns vorab und auf Dauer festgelegt ist, ebenso wie die Regeln der Auszahlung. Damit ist die vermögenspolitische Absicht kein zwingendes Merkmal, so daß auch Gewinnbeteiligungen mit Barauszahlung an die Arbeitnehmer zur freien Verwendung als profit-sharing bezeichnet werden. Im OECD-Verständnis handelt es sich um eine Form der erfolgsabhängigen, fest geregelten und seitens des Unternehmens vorab kalkulierbaren Bonus-Zahlung. Gelten fallweise Entscheidungen über die Gewährung von Erfolgsbeteiligungen, dann werden derartige Systeme nicht als Gewinnbeteiligung bezeichnet Bonuszahlungen an Arbeitnehmer, auch etwa in Form von Aktien, werden aus der Betrachtung ausgeschlossen, wenn sie nicht an den Unternehmenserfolg gebunden sind, sondern regulär gezahlt werden Maßstab für den Unternehmenserfolg könne neben dem Gewinn auch die Produktivitätsentwicklung des Unternehmens sein; so gesehen kann es sich um eine Variante produktivitätsorientierter betrieblicher Lohnpolitik handeln. Individuelle oder gruppenbezogene Leistungsanreize werden nicht zu proßt-sharing gerechnet.

Es wird seitens der OECD-Autoren zwischen drei Formen unterschieden:

- „cash-based Systems" - Gewinnanteile werden den Arbeitnehmern unmittelbar bar ausgezahlt, eine Kapitalbeteiligung kommt nicht zustande;

- „share-based Systems" - den Mitarbeitern werden Anteile des arbeitgebenden Unternehmens umsonst oder zu Vorzugsbedingungen angeboten; es entstehen Kapitalbeteiligungen der Mitarbeiter;

- „deferred profit-sharing" - erst nach einer Sperrfrist erhalten die Mitarbeiter Bargeld oder Anteile. Im letzteren Fall handelt es sich ebenfalls um eine Kapitalbeteiligung.

Bargeld-Bonus-Zahlungen oder Anteilsverkäufe an die Mitarbeiter unabhängig von der Gewinnentwicklung werden nicht unter profit-sharing subsumiert.

Der PEPPER-Begriff wird von der Kommission der Europäischen Union verwendet und weiter unten ausführlich dargestellt. Unter „employee ownership" wird meist die Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter am arbeitgebenden Unternehmen verstanden.

Vielfach werden alle diese Varianten unter den Oberbegriffen Gewinn- und Kapitalbeteiligung zusammengefaßt. Während die Gewinnbeteiligung - die hier viel weiter als bei Molitor gefaßt wird und überdies auch einige Varianten von Investivlöhnen einschließt - im Prinzip eine variable Form der gewinnabhängigen Entlohnung darstellt, das daraus erzielte Einkommen also aufgrund eines Arbeitsverhältnisses geschuldet wird, ist die Grundlage des Einkommens aus Kapitalbeteiligungen das Zur-Verfügung-Stellen von Kapital. Zwischen diesen beiden Formen kann es Mischformen geben, vor allem solche, die über die Einbehaltung der Ansprüche aus einem Gewinnbeteiligungsplan diese Beträge in eine - zumindest temporäre - Kapitalbeteiligung umwandeln (vgl. Abb. AI). Kapitalbeteiligungen beziehen sich in der Regel auf das arbeitgebende Unternehmen, mitunter werden auch Investivlöhne, die zur Beteiligung an anderen Unternehmen verwendet werden, als Kapitalbeteiligung erfaßt. Hier wird der Begriff unscharf

Grundsätzlich besteht bei einer Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer einerseits die Möglichkeit, die sich daraus ergebenden Ansprüche bar auszuschütten, oder andererseits die Beträge für eine investive Verwendung einzubehalten. Eine solche investive Verwendung kann im beschäftigenden Unternehmen selbst erfolgen, und damit eine id.R. preiswerte Finanzierungsalternative für das Unternehmen darstellen. Die investive Verwendung kann aber auch außerhalb des beschäftigen-

[Seite der Druckausg.: 86]

den Unternehmens erfolgen, z.B. in tariflich vereinbarten Branchen- bzw. Regionalfonds oder in Anteilen an anderen Unternehmen Darüber hinaus wären auch auf Unternehmensebene gemanagte Investmentfonds denkbar, die es beispielsweise in den USA in Form der „401k-plans" gibt. Bei einer Barausschüttung ist, neben der Möglichkeit des Konsums, auch eine direkte oder indirekte investive Verwendung in Betracht zu ziehen. Die PEPPER-Berichte der EU-Kommission sprechen bei einer monetären Gewinnbeteiligung von einer „geldmäßigen Gewinnbeteiligung" (im Gegensatz zu einer Gewinnbeteiligung in Form von Untemehmensanteilen), im Falle der Einbehaltung von einer „aufgeschobenen Gewinnbeteiligung".

Bei der Kapitalbeteiligung von Arbeitnehmern ist zwischen Eigen- und Fremdkapitalbeteiligung zu unterscheiden. Während bei einer Eigenkapitalbeteiligung ein Eigentumsverhältnis besteht und sich daraus Beteiligungs- und Verfügungsrechte sowie Gewinneinkommen ergeben, besteht bei einer Fremdkapitalbeteiligung ein schuldrechtliches Verhältnis. Für eine Eigenkapitalbeteiligung mit Entscheidungsrechten bieten sich Stammaktien bei der AG bzw. Gesellschafteranteile bei der GmbH an. Ohne Entscheidungsrechte wären Vorzugsaktien oder Kommanditeinlagen bei der KG möglich Eine Eigenkapitalbeteiligung bei Personengesellschaften ist grundsätzlich mit erheblichen Problemen verbunden, insbesondere unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten. Hier bietet nur die KG mit der Möglichkeit der auf die Kommanditeinlage beschränkten Haftung ein überschaubares Risiko.

Fremdkapitalbeteiligungen sind in Form von Mitarbeiterdarlehen oder Schuldverschreibungen möglich Mitarbeiterdarlehen sind durch Bankbürgschaften abzusichernde Kredite an das beschäftigende Unternehmen, die eine flexible und einfache Beteiligungsform darstellen und unabhängig von der Rechtsform des Unternehmens eingesetzt werden können Für die Ausgabe von Schuldverschreibungen sind erheblich umfangreichere Vorbereitungs- und Verwaltungsarbeiten notwendig, sie bieten dafür aber die Option, als handelbares Wertpapier ausgestaltet zu werden. Auch Schuldverschreibungen sind unabhängig von der Rechtsform einsetzbar.

Genußscheine und Stille Gesellschaft stellen eine eigenkapitalähnliche Beteiligungsform dar. Genußscheine gelten handelsrechtlich als Eigenkapital, steuerlich aber als Fremdkapital und verbrieten ein Genußrecht am Gewinn- bzw. Verlust, wobei Gesellschaftsrechte (z.B. Stimmrecht) ausgeschlossen sind. Dies bedeutet, daß die Zinsen für die Bedienung der Genußscheine als Betriebsausgaben steuerlich in Abzug gebracht werden können, und die Genußscheininhaber im Konkursfall mit ihrer Forderung hinter den Gläubigern, aber vor den Aktionären eingereiht werden (vgl. Hopfenbeck, 1989, S 393) Bei der Stillen Gesellschaft sind die Beteiligten in der Vertragsgestaltung flexibel und treten nach außen nicht in Erscheinung. Die Stille Gesellschaft ist eine Beteiligung am Unternehmen durch Vermögenseinlage, die Beteiligung am Verlust kann ausgeschlossen werden. Die Haftung des stillen Gesellschafters ist auf seine Einlage begrenzt.

[Seite der Druckausg.: 87]

Abbildung A1: Formen der Mitarbeiterbeteiligung

[Seite der Druckausg.: 88]

PEPPER - die Begriffsbildung der Europäischen Kommission

Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat 1991 den Bericht „Förderung der Gewinn- und Betriebsergebnisbeteiligung der Arbeitnehmer" (Promotion of Employee Participation in Profits and Enterprise Results, PEPPER I) und 1996 den Bericht „Die Förderung der Gewinn- und Betriebsergebnisbeteiligung (einschließlich Kapitalbeteiligung) der Arbeitnehmer in den Mitgliedsstaaten" (PEPPER II) vorgelegt. Allerdings tauchen Kapitalbeteiligungen im zweiten Bericht lediglich im Titel auf. PEPPER I definiert PEPPER-Systeme durch vier Merkmale (Hervorhebungen durch die PEPPER-Autoren): sie „sollen betriebsintern (d.h. innerhalb eines Betriebes oder Unternehmens angewendet), kollektiv (der Gesamtheit oder einem großen Teil der Belegschaft zugänglich) und kontinuierlich (in regelmäßiger Weise praktiziert) sein und den Arbeitnehmern direkt oder indirekt eine Beteiligung an irgendeinem Maß des Untemehmenserfolgs gewähren." (PEPPER 1991, S. 10). In der Regel wird der in den Arbeitsverträgen vereinbarte Grundlohn nicht berührt (S.6), damit werden, streng genommen, „profit-sharing''- Systeme nach Weitzman u a. ausgeklammert.

Aufgrund der angewandten Auswahlkriterien wird die Kapitalbeteiligung als indirekte Form der Ergebnisbeteiligung berücksichtigt; „Unter die in diesem Bericht zu behandelnde Ergebnisbeteiligung (d.h. unter den Begriff 'PEPPER') fallen jedoch nur solche Kapitalbeteiligungssysteme, die ausdrücklich zu dem Zweck eingerichtet wurden, den Arbeitnehmern ein an den Erfolg des Unternehmens gebundenes zusätzliches Einkommen zu verschaffen." (PEPPER 1991, S. 8) Die indirekte Ergebnisbeteiligung über eine Kapitalbeteiligung bedeutet aber, daß im engeren Sinne der Arbeitnehmer ein zusätzliches Einkommen nicht aufgrund seines Status als Arbeitnehmer, sondern als Kapitaleigner erhält.

Entsprechend den oben erläuterten Formen der Arbeitnehmerbeteiligung unterscheiden auch die Pepper-Berichte die Gewinnbeteiligung und die Kapitalbeteiligung. Gewinnbeteiligung wird definiert als „die Aufteilung der Gewinne eines Unternehmens auf die Erbringer von Kapital und Arbeit - in dem Sinne, daß die Arbeitnehmer neben ihrem festen Lohn ein variables Einkommenselement erhalten, das direkt an den Gewinn oder irgendein anderes Maß des Unternehmenserfolgs gebunden ist". Dabei betont der Bericht, daß durch die Gewinnbeteiligung „der in den Arbeitsverträgen festgelegte Grundlohn der Arbeitnehmer in der Regel nicht berührt" wird. (PEPPER 1991, S. 6).

Die Definition von PEPPER in den Berichten der Kommission wirft die Frage auf, inwieweit die Regelungen des bundesdeutschen Vermögensbildungsgesetzes überhaupt unter den Begriff PEPPER gefaßt werden können. So führt die Kommission aus:

„Neben solchen internen Programmen, die den Arbeitnehmern innerhalb ihres eigenen Unternehmens angeboten werden, gibt es auch überbetriebliche Modelle der Vermögensbildung durch Kapitalbeteiligung (so z.B. die Personal Equity Plans im Vereinigten Königreich). Dabei handelt es sich jedoch um Programme zur Förderung des privaten Aktienbesitzes, die in keiner Weise an das beschäftigende Unternehmen gebunden sind und die nicht nur dessen Arbeitnehmern, sondern der gesamten Bevölkerung zugänglich sind; derartige Systeme fallen demnach auch nicht unter den Begriff ,PEPPER'." (PEPPER 1991, S. 10)

Freilich hält der Bericht die eigene Definition nicht konsequent durch. Gerade im Fall der Bundesrepublik Deutschland hätte eine solch konsequente Anwendung dazu führen müssen, daß die Sparförderung des bundesdeutschen Vermögensbildungsgesetzes (Bausparverträge, Lebensversicherungen), die einen großen Teil des Fördervolumens beansprucht, nicht unter den Begriff PEPPER gefaßt werden kann. Aber auch die Förderung der Anlage von Mitteln in Aktienfonds fällt nicht unter den Begriff PEPPER, weil die Maßnahme nicht an den Erfolg des arbeitgebenden Unternehmens gebunden ist. Gleichwohl wird das deutsche System zu den PEPPER-Systemen gerechnet, aber es wird nicht als „echte" Gewinnbeteiligung eingestuft (PEPPER 1991, S 45f).

[Seite der Druckausg.: 89]

In den PEPPER-Berichten werden die in den Mitgliedsstaaten vorhanden Beteiligungsformen nach Gewinn- bzw. Kapitalbeteiligung unterschieden (vgl. Abb. A2). Bei der Gewinnbeteiligung kann es sich um eine sofortige oder um eine „aufgeschobene" Beteiligung handeln. Letztere liegt dann vor, wenn bei einer „geldmäßigen" Gewinnbeteiligung die Mittel nicht sofort zur Auszahlung kommen, sondern für einen bestimmten Zeitraum im Unternehmen verbleiben müssen oder im Rahmen eines betrieblichen oder überbetrieblichen Fonds im Namen der Arbeitnehmer angelegt werden. Gleiches gilt für eine Gewinnbeteiligung in Form von Aktien oder sonstigen Kapitalanteilen, wenn damit eine Sperrfrist für die Veräußerung der Anteile verbunden ist. Die geldmäßige Gewinnbeteiligung kann also auch in Anteilen an anderen Unternehmen angelegt werden, wenngleich in den PEPPER-Berichten die Beteiligung am Kapital des arbeitgebenden Unternehmens ganz im Vordergrund steht.

Neben diesem am Zuflußzeitpunkt orientierten Kriterium werden die folgenden Formen der direkten Gewinnbeteiligung unterschieden:

  • Gewinnbeteiligung in Form von Geld

    In Kombination mit dem Kriterium Zuflußzeitpunkt ergeben sich folgende Unterformen:

    • Barausschüttung
    • Einbehaltung auf Sonderkonten
    • Einzahlung in einen Arbeitnehmerfonds auf Unternehmensebene oder in überbetriebliche Fonds
    • Gewinnbeteiligung in Form von Schuldverschreibungen (Fremdkapital)
    • Gewinnbeteiligung in Form von Aktien/Kapitalanteilen (Eigenkapital)

Ferner werden die folgenden Formen von Kapitalbeteiligungen unterschieden und erfaßt:

  • Bezugsrechte auf Aktien des Unternehmens, entweder als Angebot an alle Beschäftigten des Unternehmens oder als individuelles Angebot an einzelne Beschäftigte („Discretionary Stock options")

  • Arbeitnehmer-Kapitalbeteiligungspläne am eigenen Unternehmen („Employee Share Owner-ship Plan" - ESOP), bei denen ein treuhänderisch verwalteter Fonds mit Fremdmitteln Aktien des arbeitgebenden Unternehmens erwirbt, während der Schuldendienst für die aufgenommenen Fremdmittel durch das beschäftigende Unternehmen (und/oder die Arbeitnehmer) erfolgt

  • Betriebsübernahmen durch die Belegschaft als Sonderform der Kapitalbeteiligung.

Überbetriebliche Kapitalbeteiligungen, also auch Kapitalbeteiligungen an anderen Unternehmen, allgemeines Aktiensparen etc., fallen nicht unter den PEPPER-Begriff, schon gar nicht andere Sparformen wie Bausparen oder Lebensversicherungen.

Eine eindeutige Zuordnung der verschiedenen Regelungen in den EU-Mitgliedsstaaten in die PEPPER-Systematik des Berichtes fällt nicht immer leicht, zumal es häufig Überschneidungen gibt, da Elemente der Gewinnbeteiligung und der Kapitalbeteiligung kombiniert werden.

Insgesamt ist die Definition von Gewinn- und Kapitalbeteiligungssystemen gemäß PEPPER unbefriedigend. Nicht vermögenspolitische Ziele stehen im Vordergrund, sondern die unternehmensbezogene Gewährung gewinnabhängiger Zusatzeinkommen an die Arbeitnehmer Die Verbindung zur normalen Entlohnung wird nicht thematisiert.

[Seite der Druckausg.: 90]

Abbildung A2: Gewinn- und Kapitalbeteiligungen gemäß PEPPER



© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 2001

Previous Page TOC Next Page