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2. Mietrechtliche Aspekte der Altbausanierung

Die beschriebene Situation des Altbaubestandes erfordert Maßnahmen zur Instandsetzung und Modernisierung, die in der Regel vom Vermieter durchgeführt werden. Ergänzend oder alternativ kann auch der Mieter als Träger der Baumaßnahmen auftreten. In beiden Fällen sind die Regelungen des Mietrechts zu beachten, die im folgenden - basierend auf einer detaillierten Analyse des Direktors des Deutschen Mieterbundes - dargestellt werden . Abschließend wird die Kooperation beider Mietvertragsparteien bei der Sanierung betrachtet.

2.1 Vermieter als Träger der Maßnahmen

Das BGB unterscheidet zwischen Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen und Modernisierungsmaßnahmen.

2.1.1 Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen

§ 541 a BGB regelt die Duldungspflicht des Mieters bei Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen des Vermieters. Mit dieser Vorschrift erhält der Vermieter die Möglichkeit, seinen Gewährleistungspflichten aus § 536 BGB nachzukommen und die Geschäfts- oder Wohnräume zu erhalten. Anderenfalls könnte der Mieter durch sein Recht zum ungestörten Mietgebrauch notwendige Bau- und Reparaturmaßnahmen verhindern.

Der Mieter muß nur diejenigen Maßnahmen dulden, die zur Erhaltung des Gebäudes in seinem ursprünglichen wirtschaftlichen Bestand objektiv erforderlich sind. Zu den Erhaltungsarbeiten gehören Maßnahmen, die das Gebäude nicht verbessern, sondern nur in seinem ursprünglichen wirtschaftlichen Stand erhalten sollen. Hierzu zählen z. B. der Austausch der brüchigen Wasser- und Abwasserleitungen oder der Ersatz schadhafter Fenster sowie alle Maßnahmen zur Beseitigung normaler Verschleißschäden, z. B. Schönheitsreparaturen. Der Anspruch des Vermieters auf Duldung einer Instandsetzungsmaßnahme durch den Mieter umfaßt auch die Gestattung des Zutritts zu den Mieträumen. Weitergehende Duldungspflichten können sich aus der HeizKV, dem Nachbarrecht sowie aus dem BauGB ergeben.

Da der Vermieter zur Erhaltung der Sache uneingeschränkt verpflichtet ist, gilt auch die Duldungspflicht des Mieters grundsätzlich uneingeschränkt. Der Vermieter ist allerdings verpflichtet, die Arbeiten so auszuführen, daß unnötige Beeinträchtigungen vermieden werden. Auf einen vertretbaren wirtschaftlichen Aufwand ist dabei Rücksicht zu nehmen. Darüber hinaus setzt die Pflicht zur Duldung voraus, daß der Mieter in angemessener Frist rechtzeitig über Art und Umfang der Maßnahme informiert wurde. Hiervon ausgenommen sind Notmaßnahmen. Bei nicht rechtzeitiger Ankündigung kann der Mieter den Handwerkern den Zutritt verwehren. Ist zur Ausübung der Baumaßnahme die Zustimmung eines Dritten erforderlich, z.B. des Landeskonservators, kann der

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Mieter die Duldung verweigern, bis die Zustimmung vorliegt. Die Duldungspflicht aus § 541 a BGB beschränkt sich auf ein passives Stillhalten. Der Vermieter hat somit den eventuell notwendigen Ab- und Umbau von Möbeln in der Wohnung des Mieters selbst vorzunehmen und nach Abschluß der Arbeiten den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Der Vermieter hat gegen den Mieter keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz. Führen die Einwirkungen zur Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs, kann der Mieter die Miete mindern oder Schadensersatz verlangen.

Die Anwendung des § 541 a BGB wird durch § 541 b BGB eingeschränkt, wenn Verbesserungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen auch der Erhaltung dienen. In diesen Fällen richtet sich die Duldungspflicht ausschließlich nach § 541 b BGB, um dem Vermieter nicht die Möglichkeit zu geben, durch eine Verbindung von Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen die Duldungspflicht des Mieters künstlich zu erweitern.

2.1.2 Modernisierungsmaßnahmen

Bei der Anwendung des § 541 b BGB ist zu bedenken, daß das Mietverhältnis ein Dauerschuldverhältnis darstellt. Mietverträge können daher jahrzehntelang die Vertragsparteien binden. Dies ist in Zeiten des ständigen Wandels von Bedürfnissen sowie der fortschreitenden technischen Entwicklung problematisch, wenn nicht der Vermieter die Möglichkeit erhält, sein Mietobjekt diesen Entwicklungen anzupassen. Da dem Vermieter in Wohnraummietverhältnissen die Änderungskündigung versagt ist, muß ihm die Möglichkeit der Vertragsänderung in bestimmten Fällen gegeben werden.

2.1.2.1 Duldungspflicht des Mieters

Es wird kein Unterschied gemacht, ob die Wohnung als freifinanziert oder als öffentlich gefördert gilt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Duldungspflicht sind somit gleich. Das gilt auch für Wohnungen und Räume in den östlichen Bundesländern, für die bis zum 31.12.1997 das Mietenüberleitungsgesetz gilt, welches nur Sonderregelungen zur Mietzinserhöhung - wie z. B. eine Kappungsgrenze von 3,- DM/m2 bei bestimmten modernisierungsbedingten Mieterhöhungen gemäß § 13 MHG - gebracht hat. Auf die Voraussetzungen der Mieterhöhungen wegen Modernisierung wird später im Rahmen des § 3 MHG eingegangen.

Die Duldungsvorschrift gilt für Mietverhältnisse über Räume. Daher gilt sie auch für Gewerberäume und für Pachträume. Nur für Wohnräume gilt der Absatz 4 des § 541 b BGB, der zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarungen für unwirksam erklärt. Unwirksam ist auch der Ausschluß oder die Einschränkung der Mitteilungspflicht gemäß Abs. 2 oder die Einschränkung des Aufrechnungsanspruchs mit dem Aufwendungsersatzanspruch gemäß Abs. 3.

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  • Voraussetzungen der Duldungspflicht

Die Duldungspflicht des Mieters setzt Maßnahmen des Vermieters zwecks Wohnwertverbesserung, Energie- und Wassereinsparung sowie zur Schaffung neuen Wohnraums voraus.

Maßnahmen zur Verbesserung der Räume oder sonstiger Teile des Gebäudes sind alle baulichen Veränderungen, die den objektiven Gebrauchs- und Substanzwert der Räume oder Gebäudeteile im Rahmen ihres Zweckes erhöhen und eine bessere Benutzung ermöglichen. Dies ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Zur näheren Bestimmung solcher Maßnahmen kann auf den Katalog in § 4 Abs. 1 ModEnG zurückgegriffen werden, der zwar durch das Rechtsbereinigungsgesetz von 1986 aufgehoben wurde, gleichwohl aber zur Begriffsbestimmung und Definition herangezogen werden kann. Eine Modernisierung ist auch die dauerhafte Verbesserung der allgemeinen Wohnverhältnisse. In Anlehnung an den § 4 Abs. 2 ModEnG sind darunter Maßnahmen zu verstehen, die allen Wohnungen zugute kommen, wie z. B. Kinderspielplätze, Waschküchen und Stellplätze. Auch Maßnahmen zur Sicherheit können Verbesserungsmaßnahmen sein, wie z. B. der Einbau von Sicherheitsschlössern, Kellervergitterungen und Rolläden. Anders als bei § 3 MHG muß es nicht zu einer "nachhaltigen" Erhöhung des objektiven Gebrauchswertes kommen.

Soweit es sich um Maßnahmen handelt, die dem Vermieter zwar einerseits durch Gesetz, Verordnung oder gemeindliche Satzung auferlegt werden und zu einer Mieterhöhung nach § 3 MHG führen können, aber andererseits keine Modernisierung i. S. d. § 541 b BGB darstellen, ist § 541 b BGB nicht unmittelbar, sondern nur entsprechend anwendbar, was sich aber in der Praxis nicht auswirkt. Zu denken ist dabei an Maßnahmen wie die Umstellung von Stadt- auf Erdgas, die Verlegung von Erdleitungen als Ersatz für Freileitungen sowie die Anpassung von Heizungsanlagen an die Vorschriften der Kleinfeuerungsanlagen-Verordnung und teilweise Maßnahmen des Denkmalschutzes.

Alle Maßnahmen, die nachhaltig Energie einsparen können, gelten als duldungspflichtige Modernisierung. § 541 b BGB erwähnt sie ausdrücklich, um klarzustellen, daß auch solche Arbeiten zu dulden sind, bei denen eine Verbesserung des Gebäude- oder Substanzwertes zweifelhaft sein kann. In Verfolgung der Rechtsprechung, daß bei einer auf Durchführung von baulichen Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie gestützten Mieterhöhung nach § 3 Abs. 1 MHG auch aus der Sicht des Mieters das Gebot der Wirtschaftlichkeit berücksichtigt und das Verhältnis zwischen einzusparenden Heizkosten und Mietzinserhöhung geprüft werden muß, ist schon bei der Frage der Duldung zu prüfen, ob die Maßnahme auch aus der Sicht des Mieters objektiv wirtschaftlich vertretbar ist. Allerdings braucht die Einsparung von Heizenergie für den ein-

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zelnen Mieter nicht rentabel zu sein. Es reicht, wenn im Rahmen des öffentlichen Interesses die Einsparung von Heizenergie erfolgt und die erzielte Einsparung wesentlich und von Dauer ist und damit der Allgemeinheit zugute kommt. Die Zumutbarkeitsgrenze für den Mieter kann überschritten sein, wenn bei 35 % Energieeinsparung die Mieterhöhung die Einsparung um 200 % übersteigt. Die Instanzrechtsprechung geht grundsätzlich vom Doppelten des Einsparungsbetrages aus. Bei Energiesparmaßnahmen muß der Vermieter daher mit Hilfe eines plausiblen Wärmebedarfsgutachtens für die konkrete Wohnung vorrechnen, welche zu erwartenden Energieeinsparungen dem Modernisierungszuschlag gegenüberstehen.

Bauliche Maßnahmen - wie die Wärmedämmung einer Fassade - stellen dann eine Modernisierung dar, wenn sie nachhaltig die Einsparung von Heizenergie bewirken. Ebenso fällt die Verkleidung von Giebelfronten sowie die Anbringung des Vollwärmeschutzes von Dächern unter die Wertverbesserung. Die Dämmung des Dachfußbodens mit 40 mm Hartschaum wird ebenfalls als Wohnwertverbesserung angesehen. Wird eine Wärmedämmung allerdings an der Außenfassade angebracht, um Baumängel zu beseitigen, handelt es sich nicht um eine Modernisierung, sondern um eine Instandsetzungsmaßnahme. Das Anbringen ungedämmter Holzdecken ist ebenfalls nicht als Modernisierung zu werten. Die angemessene Aufteilung der Modernisierungskosten nach einer Wärmedämmung am Mehrfamilienhaus erfordert die Berücksichtigung des unterschiedlichen Nutzens der Maßnahmen für die einzelnen Wohnungen.

Der Mieter muß auch Maßnahmen dulden, die der Einsparung von Wasser dienen. In erster Linie ist dabei an den nachträglichen Einbau von Wasseruhren zu denken. Da Wasseruhren kein Wasser sparen, sondern nur technische Geräte zur Ablesung darstellen, liegt die Einsparung im bewußteren Nutzerverhalten. Entsteht im Einzelfall für einen Mieter bei der Wasserkostenumlage ein grob unbilliges Ergebnis, ist zunächst der Umlageschlüssel gemäß § 242 verbrauchsnäher anzupassen. Führt auch dies nicht zu tragfähigen Ergebnissen, kann die Pflicht des Vermieters zum Einbau von Wasserzählern in Betracht kommen.

Nach der Neufassung des § 541 b BGB vom 1.9.1993 wird vom Wortlaut der Norm auch die Schaffung neuen Wohnraums erfaßt. Die Neugestaltung des Hauses muß im Ergebnis mehr Wohnraum schaffen. Daß mehr Wohnungen entstehen, ist nicht erforderlich. Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist, daß nicht nur solche Maßnahmen vom Mieter zu dulden sind, die den Wohnwert erhöhen, sondern auch solche, die dazu dienen, den wirtschaftlichen Vorteil eines Hausgrundstücks auszuschöpfen.

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  • Ausschluß der Duldungspflicht

§ 541 b BGB normiert eine Interessenabwägung, wenn es im einzelnen um die Duldungspflicht geht. Auf der Seite des Vermieters sind alle legitimen Interessen mit Ausnahme des Interesses an der bloßen Mieterhöhung zu berücksichtigen. In erster Linie zählt die Wertverbesserung des Hausbesitzes als Abwägungskriterium zugunsten des Vermieters. Dabei ist zu bedenken, daß der Vermieter sein Mietobjekt dem üblichen Wohnkomfort sowie den jeweiligen technischen und sonstigen nachgefragten Standards anpassen muß, um die Vermietbarkeit des Hausbesitzes langfristig zu sichern. Zudem erfordert häufig auch die Änderung der Rechtslage, daß bestimmte Maßnahmen vorgenommen werden müssen, wie z. B. der Einbau von Thermostatventilen oder Maßnahmen im Rahmen des Anschluß- und Benutzungszwanges nach dem jeweiligen landesspezifischen Kommunalabgabengesetz. Ein berechtigtes Interesse des Vermieters liegt insbesondere auch dann vor, wenn er günstige Angebote für die Ausführung der Arbeiten erhält oder wenn ihm auf dem Finanzmarkt günstige Finanzierungsmittel zur Verfügung gestellt werden. Auch die bessere kurzfristige Vermietbarkeit kann ein zu berücksichtigendes Interesse sein. Die Interessen anderer Mieter - z. B. am erhöhten Wohnkomfort - können die Interessen des Vermieters verstärken. So führt der Einbau eines Außenfahrstuhles nicht nur zu einer Werterhöhung seines Eigentums. Dabei sind auch die Interessen der Mitbewohner zu berücksichtigen, die den Fahrstuhl nutzen können und damit einen höheren Wohnkomfort erlangen.

Der Mieter hat die Maßnahme nicht zu dulden, wenn sie insbesondere unter Berücksichtigung der vorzunehmenden Arbeiten, der baulichen Folgen, der vorausgegangenen Verwendungen des Mieters oder der zu erwartenden Erhöhung des Mietzinses für den Mieter oder für seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Die Aufzählung der in Betracht kommenden Härten auf Seiten des Mieters und seiner Familie ist nicht abschließend, sondern beispielhaft. Zur Familie können alle Angehörigen gezählt werden, die in der Wohnung des Mieters leben. Ein bestimmter Grad der Verwandtschaft oder Schwägerschaft ist nicht erforderlich.

Eine Härte kann sich aus in der Person des Mieters liegenden Gründen ergeben. Bei der Abwägung mit dem Modernisierungsinteresse des Vermieters gebührt der gesundheitlichen Unversehrtheit des Mieters in jedem Fall der Vorrang. Neben den im Gesetz aufgeführten Gründen können noch andere Gründe Bedeutung erlangen - so z. B. schwere Invalidität des Mieters, sein hohes Alter, eine kurz bevorstehende Beendigung der Vertragszeit, die bevorstehende Niederkunft oder eine unmittelbar bevorstehende Abschlußprüfung. Dann können umfangreiche, die Nutzung der Wohnung stark beeinträchtigende Arbeiten unzumutbar sein. So ist der Fensteraustausch in den Wintermonaten

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unzumutbar. Immer aber ist eine strenge, am Einzelfall ausgerichtete Prüfung erforderlich, so daß bloße allgemeine Behauptungen über Gesundheitsgefahren nicht ausreichen.

Die baulichen Folgen erfassen die Art und Weise der durch die Verbesserung insgesamt bewirkten Veränderungen. So ist die Änderung des Zuschnitts der Wohnung zum Nachteil des Mieters in der Regel eine Härte. Der Mieter braucht insbesondere nicht zu dulden, daß seine Wohnung in zwei Appartements umgebaut wird oder daß seine Zwei-Zimmer-Wohnung durch Einbau eines Bades zur Ein-Zimmer-Wohnung gemacht werden soll oder ein Zimmer durch den Einbau eines Bades verkleinert wird. Ebenfalls ist unzumutbar, wenn durch die bauliche Maßnahme die ohnehin beengten Wohnverhältnisse noch weiter geschmälert und damit den Bedürfnissen des Mieters nicht mehr gerecht werden.

Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, ob sich die Maßnahmen des Vermieters auf eigene Aufwendungen des Mieters auswirken. Letztere können durch die Modernisierung des Vermieters nutzlos werden, ohne daß sich für ihn der Wohnwert verbessert. Für den Mieter, der eigene Investitionen getätigt hat, kann die Modernisierung des Vermieters daher eher eine Härte bedeuten als für andere Mieter. Er bedarf daher eines besonderen Schutzes. Im einzelnen kommt es darauf an, ob der Mieter die Investitionen mit Zustimmung - z. B. auch mit schweigender Duldung - des Vermieters getätigt hat. Ohne Zustimmung des Vermieters durchgeführte Maßnahmen, bei denen der Vermieter auch nachträglich nicht zur Zustimmung verpflichtet ist, sind in die Interessenabwägung nicht mit einzubeziehen. Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob die Maßnahmen für das Haus oder die Wohnung von besonderem Wert waren und ob sie ggf. als abgewohnt anzusehen sind. Allgemein ist davon auszugehen, daß eine Investition in Höhe einer Jahresmiete in vier Jahren als abgewohnt gilt. Ferner wird ein Verzicht des Vermieters auf eine an sich zulässige Mieterhöhung oder auf einen Teil der Miete sowie ggf. die Dauer des Verzichtes für die Bewertung der Härte maßgebend sein.

Die zu erwartende Erhöhung des Mietzinses kann ebenfalls zu einer Härte führen, außer wenn die gemieteten Räume oder sonstigen Teile des Gebäudes lediglich in einen Zustand versetzt werden, wie er allgemein üblich ist. Es ist also zunächst zu prüfen, ob die infolge der Modernisierung eintretende Mieterhöhung dem Mieter wirtschaftlich zugemutet werden kann. Wird die Zumutbarkeit verneint, ist zu prüfen, ob der Zustand nach Modernisierung üblich ist. Mit dem Begriff der Üblichkeit wollte der Gesetzgeber der Gefahr der Luxusmodernisierung begegnen. Der BGH hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 1992 den Begriff "üblich" räumlich auf die Grenzen der alten Bundesländer beschränkt. Es ist somit offen, wie der "allgemein übliche Zustand" in den östlichen Bundesländern festzustellen ist. Der Begriff sollte vom Grundsatz her aber nicht anders bewertet werden als in den westlichen Ländern. Nach Auslaufen

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der Sonderregelungen für die neuen Länder im Bereich der Mieterhöhungen im Jahre 1997 besteht kein Grund mehr, eine völlig andere Sichtweise für den Begriff "allgemein üblich" zu fordern, wie dies gelegentlich versucht wurde. Bleibt man am Wortlaut des Gesetzes, kann nicht auf den Sollzustand des Wohnungsbestandes abgestellt werden. Vielmehr ist der Istzustand maßgeblich, wobei wegen der besonderen Verhältnisse in den östlichen Ländern daran gedacht werden kann, den regionalen Bezug kleinräumiger zu fassen. So kann z. B. der Zustand der Häuser und Wohnungen im Landkreis oder in der Gemeinde maßgeblich dafür sein, was als "allgemein üblich" anzusehen ist.

2.1.2.2 Mitteilungspflicht des Vermieters

§ 541 b BGB soll einerseits die Verbesserung und Modernisierung von Wohnraum ermöglichen und fördern, andererseits aber auch die Mieter vor dem "Hinausmodernisieren" schützen. Insoweit wurde die Interessenabwägung eingeführt und der Vermieter verpflichtet, dem Mieter zwei Monate vor dem Beginn der Maßnahme deren Art, Umfang, Beginn und voraussichtliche Dauer sowie die zu erwartende Erhöhung des Mietzinses schriftlich mitzuteilen. Der Mieter ist somit umfassend über die beabsichtigten Baumaßnahmen zu informieren, weil diese in das bestehende Vertragsverhältnis ändernd eingreifen. Das gilt auch für Arbeiten im Außenbereich. Dabei reicht es nicht aus, wenn der Vermieter nur allgemein und pauschal die Maßnahmen am und im Haus beschreibt. Die Mitteilung muß vielmehr individuell für die Wohnung des Mieters getroffen werden. Wird in der Ankündigung dieser Grundsatz nicht berücksichtigt, ist die Mitteilung unwirksam. Denn der Mieter muß prüfen können, ob die beabsichtigten Maßnahmen z. B. den räumlichen Zuschnitt der Wohnung verändern, oder ob sie durch den Einbau von Heizkörpern Stellfläche wegnehmen.

Der Vermieter muß Beginn und Dauer der Maßnahme auch dann schriftlich ankündigen, wenn er keine Mieterhöhung beabsichtigt. Sofern eine Mieterhöhung erfolgen soll, muß das Mitteilungsschreiben dem Mieter auch eine rechnerische Nachprüfung des mitgeteilten Erhöhungsbetrages an Hand substantiierter, nachprüfbarer Zahlen ermöglichen. Dies gilt auch für mögliche Erhöhungen der Betriebskosten. Die zweimonatige Ankündigungsfrist ist eine Mindestfrist. Der Vermieter kann somit auch eine längere Ankündigungsfrist wählen. Allerdings muß die Ankündigung noch in einem engen zeitlichen Zusammenhang zu der Modernisierungsmaßnahme stehen, weil sonst die in Abs. 2 Satz 2 festgelegte Kündigungsfrist mißbraucht werden könnte, z. B. um den Mieter möglichst frühzeitig zur Kündigung zu zwingen, wenn er die Folgen der Modernisierung - beispielsweise die künftige Mieterhöhung - abwenden will.

Es besteht keine Mitteilungspflicht für Maßnahmen, die mit keinen oder nur unerheblichen Einwirkungen auf die Mietsache verbunden sind und zu keiner oder nur zu einer unwesentlichen Mietzinserhöhung führen. Als Maßnahme mit unerheblicher Einwirkung wurde z. B. der Anschluß der Wohnung an das Kabelnetz angesehen, ebenso der Einbau von Thermostatventilen oder einer Klin-

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gelanlage. Eine unerhebliche Erhöhung des Mietzinses muß jedenfalls unter 30 DM monatlich bzw. unter 5 bis 7,5 % liegen.

2.1.2.3 Ersatz von Aufwendungen des Mieters

Hat der Mieter Aufwendungen aufgrund modernisierungsbedingter Bauarbeiten gehabt, muß der Vermieter diese in einem den Umständen nach angemessenem Umfang ersetzen. Als ersatzfähig gelten namentlich Reinigungsarbeiten oder Entgelte für die Beaufsichtigung der Wohnung während der Arbeiten. Auch können Kosten für notwendige Ausbesserungsarbeiten ersetzt werden - z. B. für Tapete, Farbe, Gips und sonstiges Kleinmaterial. Der Anspruch ist aber nicht gegeben, wenn der Mieter seiner wirksam übertragenen Renovierungspflicht nicht nachgekommen ist und er die Wohnung ohnehin renovieren muß. Das gilt aber nicht für etwaige Mehrkosten, die infolge der Maßnahmen des Vermieters angefallen sind. Erstattungsfähige Aufwendungen liegen auch vor, wenn der Mieter Einrichtungen, mit denen er die Mietsache erlaubterweise versehen hat, entfernen und ersetzen muß. Dies wird der Fall sein, wenn ein Fenster durch ein größeres Fenster ersetzt wird und dadurch die Gardinen des alten Fensters nicht mehr brauchbar sind. Dies gilt nicht nur für Gardinen, sondern auch für Beleuchtungskörper oder Möbel und Einrichtungsgegenstände, wenn die Anschaffung wegen veränderter Grundrisse und Stellflächen erforderlich wurde. In allen Fällen der Neuanschaffung ist aber der Abzug neu für alt zu beachten. Soweit sich der Mieter Arbeitsaufwand vergüten läßt, richtet sich die Höhe der Stundenvergütung nach den Stundensätzen abhängiger Arbeitnehmer. Aber auch Kosten für die vorübergehende Auslagerung von Möbeln fallen darunter sowie die Übernachtungskosten eines notwendigen Hotelaufenthaltes und die damit verbundenen höheren Fahrtkosten.

Die Kosten sind in angemessenem Umfang zu ersetzen. Sie müssen daher in einem vernünftigen Verhältnis zu den Verbesserungsmaßnahmen und zu den dadurch bedingten Beeinträchtigungen des Mieters stehen. Der Mieter darf daher keinen unvernünftigen Aufwand zu Lasten des Vermieters betreiben. Deshalb kann es dem Mieter im Einzelfall zuzumuten sein, ohne Kostenerstattung z. B. geringfügige Reinigungsarbeiten zu übernehmen. Andererseits kann vom Mieter aber auch nicht verlangt werden, daß er immer nur den billigsten Weg wählt. Er kann daher grundsätzlich seinen gewohnten Lebensstandard beibehalten, auch wenn dies für den Vermieter teuer wird. Die zu erstattenden Kosten müssen aber immer nur soweit ersetzt werden, wie sie objektiv erforderlich gewesen sind. Die Aufwendungen sind mit 4 % jährlich zu verzinsen. Keine Aufwendungen sind erhöhte Betriebskosten als Folge der Modernisierung sowie entgangene Einkünfte bei gewerblichen Räumen. Der Mieter kann Vorschuß verlangen. Solange der Vermieter dem Begehren des Mieters auf Vorschuß nicht nachgekommen ist, braucht der Mieter die Verbesserungsmaßnahme nicht zu dulden. Der Mieter hat insoweit ein Zurückbehaltungsrecht.

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2.1.3 Mieterhöhung nach Modernisierung

Der Vermieter kann nicht alle hier erwähnten Kosten für seine spätere Mietberechnung in Ansatz bringen. In Betracht kommen hierfür nur die eigentlichen Baukosten und Baunebenkosten, soweit sie nicht der Instandhaltung dienten. Ansatzfähig sind auch diejenigen Kosten, die dazu dienen, das Mietobjekt nach Durchführung der baulichen Maßnahmen wiederherzustellen - also Putz- und Malerarbeiten und insbesondere Schönheitsreparaturen. Ersparnisse muß sich der Mieter anrechnen lassen, wenn sich dadurch seine Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verschiebt. Nicht ansatzfähig sind dagegen Mietausfall und Mietminderungsbeträge. Ebensowenig ansatzfähig sind Schadenersatzansprüche des Mieters oder Aufwendungen, die der Vermieter ersetzen muß. Der Schutzzweck dieser Vorschriften würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn der Mieter, machte er von seinen Rechten Gebrauch, mit einer höheren Miete "bestraft" würde.

2.1.3.1 Voraussetzungen

Zunächst muß eine Modernisierung vorliegen, wie sie in § 3 Abs. 1 Miethöhegesetz (MHG) definiert ist. Eine dadurch bewirkte Gebrauchswerterhöhung muß nachhaltig, das heißt auf Dauer sein. Die Mieterhöhung steht dem Vermieter dann zu, wenn die jeweilige Modernisierungsmaßnahme vollständig abgeschlossen ist. Die Mieterhöhungserklärung wird wirksam, wenn sie dem Mieter zugegangen ist, also derart in seinen Machtbereich gelangt ist, daß bei Annahme gewöhnlicher Verhältnisse mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann.

An die formellen Anforderungen der Mieterhöhungserklärung sind in den neuen Bundesländern besonders hohe Maßstäbe anzulegen. Dies liegt daran, daß die Modernisierung in den neuen Bundesländern oft mit Instandsetzungen verbunden ist. Die Gesamtkosten für Modernisierung und Instandsetzung sind im Wege der Schätzung auf beide Posten aufzuteilen. Die Instandsetzungskosten sind dann von den anteiligen Kosten für die Modernisierung abzuziehen. Der Vermieter trägt die Beweislast dafür, daß es sich ausschließlich um Modernisierungskosten handelt.

In der Mieterhöhungserklärung muß der Vermieter die Kosten jeder einzelnen Baumaßnahme aufschlüsseln und spezifiziert berechnen. Die Mieterhöhungserklärung muß dem Mieter Klarheit über die Grundlagen der auf seine Wohnung entfallenen Modernisierungskosten verschaffen. Im Einzelfall müssen daher die auf das bewohnte Gebäude entfallenden Kosten jeder Maßnahme sowie der ersparte Instandsetzungsaufwand erläutert werden. Dazu entschied auch das LG Stralsund, daß die Modernisierungsmieterhöhungserklärung die eventuellen Verbesserungsmaßnahmen so genau bezeichnen muß, daß der Mieter ohne besondere Kenntnisse prüfen kann, ob keine Instandsetzungsmaßnahmen vorliegen. Wird der Anteil nicht umlagefähiger Instandsetzungsko-

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sten mit einer Quote angegeben, darf diese nicht willkürlich sein. Ist sie nicht ausreichend spezifiziert, so ist die Mieterhöhungserklärung unwirksam. In den Fällen, in denen der Vermieter im Mietobjekt eine Vielzahl von Maßnahmen durchgeführt hat, sind die Aufwendungen nach den einzelnen Positionen aufzuschlüsseln und die Verteilungsmaßstäbe darzulegen. Ist der Verteilungsschlüssel vertraglich nicht bestimmt, ist er durch den Vermieter nach billigem Ermessen festzulegen.

Wurde für die Modernisierung ein zinsverbilligtes oder zinsloses Darlehen aus öffentlichen Haushalten eingesetzt, muß dies bei der Berechnung der Mieterhöhung berücksichtigt werden und verringert deshalb den Erhöhungsbetrag. Der Erhöhungsbetrag ist auch zu verringern, wenn der Vermieter Zuschüsse oder Darlehen zur Deckung laufender Aufwendungen erhält. Werden die Modernisierungskosten von öffentlichen Haushalten oder vom Mieter bzw. von einem Dritten für den Mieter ganz übernommen, so sind sie aus der Erhöhungsberechnung herauszuhalten. Beteiligt sich der Mieter an der Modernisierung, so stehen Mieterdarlehen, Mietvorauszahlungen oder von Dritten für den Mieter erbrachte Leistungen einem Darlehen aus öffentlichen Haushalten gleich. Finanziert der Vermieter aus eigenen Mitteln, kann er 11 % der pro Wohnung angefallenen Kosten auch dann auf die Mieter umlegen, wenn er steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten nach dem Einkommensteuergesetz in Anspruch nimmt. Kapitalbeschaffungskosten, die bei der Finanzierung von Wertverbesserungsmaßnahmen angefallen sind, lassen sich nicht im Rahmen des § 3 MHG ansetzen.

2.1.3.2 Wegfall der Kappungsgrenze

Ab dem 1.1.1998 gilt das Vergleichsmietensystem in den neuen Ländern. Das Mietenüberleitungsgesetz (MÜG) und damit die Regelung des § 13 MHG sind zum 31.12.1997 ausgelaufen. Mit dem Wegfall der Kappungsgrenze von 3 DM/m2 für die Modernisierungsumlage besteht theoretisch die Möglichkeit, mit dem Mittel der Modernisierung Mieter aus ihren Wohnungen zu verdrängen. [ Fn.1: Vgl. hierzu auch Politik-Dossier Wohnungspolitik, hrsg. von der Stabsabteilung der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 1997, S. 18] Dies geschah im Westen besonders in attraktiven Wohngegenden, indem die Modernisierungskosten so hoch getrieben wurden, daß die Bestandsmieter die Modernisierungsmiete nicht mehr zahlen konnten. Grundsätzlich ist nicht damit zu rechnen, daß in den neuen Bundesländern in einem nennenswerten Umfang ähnliche Prozesse ablaufen werden. Die Marktsituation wird eine solche Ausnutzung von Mieterverdrängungsmöglichkeiten fast nie zulassen. In den meisten Regionen der östlichen Bundesländer ist ein ausreichendes Wohnraum-

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angebot vorhanden. Schon von daher haben "modernisierungsbedrängte" Mieter die Möglichkeit, nach Alternativen zu suchen und anderen Wohnraum anzumieten.

Die Kappungsgrenze von 3 DM/m2 Wohnfläche und Monat galt gemäß § 13 MHG nur für Mieterhöhungen, die bis zum 31.12.1997 erklärt worden sind, wobei es auf den Zugang beim Mieter ankam. Wurde die Mieterhöhung somit am 30.12.1997 gefertigt und zur Post gebracht und am 2. Januar 1998 dem Mieter zugestellt, gilt die Kappungsgrenze nicht. Ein Problem bei dieser Regelung besteht darin, daß die Kappungsgrenze nicht auf die Fertigstellung der Modernisierungsmaßnahme abstellt. So kann z. B. die Maßnahme schon im Juni 1997 beendet sein und trotzdem nicht die Kappungsgrenze Anwendung finden, wenn der Vermieter die Mieterhöhung so absendet, daß sie dem Mieter erst nach dem 31.12.1997 zugeht. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben ist in dem Verhalten nach herrschender Meinung nicht zu sehen, da die Vorschrift keine Dauerregelung schafft, sondern die Kappung lediglich im Zeitraum vom Inkrafttreten des MÜG bis zum 31.12.1997 sicherstellt. Wartet der Vermieter allerdings nach Fertigstellung der Maßnahme ungewöhnlich lange mit seiner Mieterhöhung, kann im Einzelfall eine Verwirkung in Betracht kommen. Die Annahme des Verwirkungstatbestandes setzt eine genaue Prüfung sowohl des Umstandsmoments als auch des Zeitmoments voraus.

Wurde die bauliche Änderung mit Mitteln der einkommensorientierten Förderung i. S. d. § 88 e II. WoBauG gefördert, gilt die Kappungsgrenze ebenfalls nicht. In der Kombination von Objekt- und Subjektförderung sah der Gesetzgeber die Möglichkeit, entsprechend der Zusatzförderung auch erhebliche Modernisierungsmaßnahmen sozialverträglich zu gestalten. [ Fn.1: Vgl. Formulierungshilfe des BMBau vom 8.5.1995] Dies kann dazu führen - wie beispielsweise in Sachsen -, daß ein Mieter nach einer so geförderten Maßnahme mehr Miete bezahlen muß als ein Mieter einer gleichermaßen modernisierten, freifinanzierten Wohnung, der sich auf die Kappungsgrenze berufen kann.

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2.2 Mieter als Träger der Maßnahmen

Bauliche Maßnahmen können auch seitens des Mieters vorgenommen werden. Sind hierüber keine Abreden getroffen worden, ist zu prüfen, ob im Einzelfall der Mieter die Zustimmung des Vermieters einholen muß. Aus § 547 BGB ergibt sich, daß der Mieter notwendige Verwendungen auf die Sache machen kann, ohne vorher den Vermieter zu fragen. Bei fachmännischer Durchführung ist es daher dem Mieter ohne Rücksprache mit dem Vermieter erlaubt, z. B. Mischbatterien und WC-Becken auszutauschen [ Fn.2: Zu diesem Themenbereich gibt es eine vielfältige Rechtsprechung u.a. zu folgenden Maßnahmen: Aufstellen von Leichtbauwänden; Anbringung einer Holzvertäfelung; Einbau einer Gasetagenheizung; Einbau einer Einbauküche; Aufstellen einer transportablen Duschkabine.] . Allgemein wird man sagen

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können, daß der Mieter immer dann keiner Zustimmung des Vermieters bedarf, also praktisch frei schalten und walten darf, wenn es sich bei der Maßnahme um Arbeiten handelt, die weder das Mietobjekt in der Substanz noch die Wohnanlage oder Mitbewohner beeinträchtigen. Nicht zulässig sind dementsprechend endgültige Veränderungen in der Substanz, Beeinträchtigungen der Einheitlichkeit der Wohnanlage und Störungen von Mitbewohnern. Auch nachteilige Folgewirkungen dürfen nicht zu befürchten sein. Im Einzelfall kann der Vermieter auch verpflichtet sein, dann einer Maßnahme des Mieters zuzustimmen, wenn dieser auf die Änderung der Mietsache zur Befriedigung seiner elementaren Lebensbedürfnisse angewiesen ist. Allerdings kann der Vermieter im Gegenzug Sicherheitsmaßnahmen verlangen. Vereinzelt wird die Auffassung vertreten, daß der Vermieter seine Zustimmung davon abhängig machen kann, daß der Mieter bei vergleichbaren Maßnahmen des Vermieters die Sache entschädigungslos zu entfernen hat. Dieser Meinung kann nicht zugestimmt werden, da der Mieter bei seinen Planungen auch die Nutzungsdauer seiner Investitionen verläßlich kalkulieren muß. Das gilt insbesondere dann, wenn der Mieter gegen den Vermieter einen Anspruch auf Zustimmung zu der geplanten Maßnahme hat.

Im Jahre 1981 hat das Bundesministerium der Justiz in Zusammenarbeit mit den wohnungswirtschaftlichen Verbänden einen Mustervertrag herausgegeben, der die Rechte und Pflichten zwischen Mieter und Vermieter im Falle einer Modernisierung durch Mieter umfassend regelt. [ Fn.1: Ergebnisniederschrift der Besprechung zur Mustervereinbarung „Mietermodernisierung" vom 23.03.1981] Neben dem Kündigungsverzicht des Vermieters werden auch die Probleme der Mieterhöhung sowie der Restwertentschädigung bei vorzeitigem Auszug angesprochen. Hierzu sieht die Mustervereinbarung vor, daß der Vermieter als Ausgleich für die Mieterinvestitionen auf sein Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs für den Zeitraum der Abwohndauer verzichtet. Letztere errechnet sich nach dem Investitionsumfang. Die Investition in Höhe einer Jahresnettomiete entspricht einer Abwohndauer von vier Jahren. Der Kündigungsverzicht muß mindestens für fünf Jahre, höchstens aber für 15 Jahre vereinbart werden. Hinsichtlich des Restwertes der Mieterinvestition sieht die Mustervereinbarung vor, daß im Laufe des ersten Jahres nach Abnahme der Baumaßnahme 20 % und in den jeweils folgenden Jahren 10 % von den Aufwendungen des Mieters abzuziehen sind. Das gilt auch dann, wenn durch nachfolgende Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters die neuen Einrichtungen des Mieters zerstört oder wertlos gemacht werden.

Der Mustervertrag ist nicht verbindlich und kann abgeändert werden. Er bedarf in einigen Punkten der Überarbeitung. So sieht er vor, daß alle Einrichtungen

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und Anlagen, mit denen der Mieter die Wohnung ausstattet, Eigentum des Vermieters werden und der Mieter nicht mehr darüber verfügen darf. Die Restwertentschädigung darf der Höhe nach nicht über 20 % über dem Kostenvoranschlag liegen. Weiterhin ist zu beachten, daß laut Mustervertrag nicht jede Mieterhöhung und auch nicht jede ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist.

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2.3 Kooperation zwischen Vermieter und Mieter

Wie sich aus den bisherigen Darlegungen ergibt, sind die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Modernisierung differenziert und schwierig und damit auch in hohem Maße streitträchtig. Formelle oder materielle Fehler können dazu führen, daß der Investor beträchtliche zeitliche Verzögerungen hinnehmen muß und dadurch wirtschaftlichen Schaden erleidet. In der Praxis sind im Rahmen der Modernisierung die Interessen zwischen Vermietern und Mietern häufig deckungsgleich oder zumindest angeglichen. Der Vermieter wünscht die Wertverbesserung seines Objektes, der Mieter wünscht einen höheren Wohnstandard. Deshalb bietet es sich an, alle mit der Modernisierung in Zusammenhang stehenden Fragen einvernehmlich zu regeln und darüber eine umfassende Vereinbarung zu treffen.

Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, daß das Verhältnis zwischen Vermietern und Mietern in Deutschland weitaus besser ist, als es in der öffentlichen Meinung dargestellt wird. Der Streit macht die Schlagzeilen, nicht die Einigung. Tatsache ist, daß mehr als 97 % aller Mietverhältnisse in Deutschland konfliktfrei abgewickelt werden. Deshalb ist das mögliche Spektrum an einvernehmlichen Regelungen auch im Modernisierungsbereich als sehr breit anzusehen. Wenn rechtzeitig informiert wird, wenn im Vorfeld der Mieter in die Entscheidungen einbezogen wird, wenn die Vorgänge transparent und nachvollziehbar sind, wenn im Einzelfall vielleicht sogar spezifische Mieterinteressen bei der konkreten Durchführung der Modernisierungsmaßnahme Berücksichtigung finden können, wenn über Ausmaß und Auswirkungen der baulichen Maßnahmen und über die später anstehende Mieterhöhung konkret unterrichtet wird, lassen sich Konflikte vermeiden, die Akzeptanz wird erhöht, die Wohnzufriedenheit nimmt zu, das Mietverhältnis wird insgesamt stabilisiert.

Die Mieter sollten als ausschließliche Besitzer und Nutzer der Mietsache in der Verwirklichung ihrer Interessen stärker unterstützt werden. Dies könnte durch eine förderungsrechtliche Gleichstellung von vermietenden und mietenden Parteien geschehen. Dementsprechende Vorstöße einiger Bundesländer in den achtziger Jahren sind bei den Mietern nur auf geringe Resonanz gestoßen. Dies mag an dem damit verbundenen Bürokratismus liegen, aber vielleicht auch daran, daß kein hoher Bedarf bestand. Die Situation in den östlichen Bundesländern stellt sich heute ganz anders dar und ist mit der Lage im Westen der achtziger Jahre nicht zu vergleichen. Der große Investitionsbedarf erfordert eine Neuauflage der Mietermodernisierung. Dazu müssen jedoch die

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mietrechtlichen und förderungsrechtlichen Rahmenbedingungen neu bedacht werden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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