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Vor- und Nachbemerkungen

Die FES veranstaltet eine Tagungsreihe „Berlin auf dem Weg zur Metropole ?" Der vorliegende Tagungsbericht ist in diesem Rahmen zu sehen. Ohne Berücksichtigung der mächtigen Wohnsiedlungen, vom Märkischen Viertel bis Hohenschönhausen, Marzahn oder Hellersdorf ist die zuvor gestellte Frage nicht zu beantworten.

Der Begriff der Metropole ist mit dem schwer faßbaren, aber immer wieder erörterten und erwünschten Phänomen der Urbanität verbunden. Allerdings wird im Gefolge der Sub- und Disurbanisierung eine Auflösung des städtischen Lebens und eine Verflüchtigung der Urbanität befürchtet. In Berlin ist die Situation aus den bekannten zeitgeschichtlichen Gründen anders als in vergleichbaren Städten. Die Siedlungsstruktur der Stadt ist (noch) vorzüglich: ein Zentrum mit zwei Polen, markante Stadtteile, bauliche Schwerpunkte am Netz der U-Bahn bzw. an den Achsen der S-Bahn - fast das ideale Bild „dezentraler Konzentration". Doch ein Exodus in Wohnparks hat begonnen und droht der reizvollen Landschaft mit Zersiedlung. Ob nach Abklingen des Baubooms in der Stadt Urbanität wachsen oder gedeihen wird, ist offen.

Städtisches Leben oder gar Urbanität kann an vielen Orten reifen. In den Berliner Großsiedlungen ist nicht nur an den Gebäuden viel getan worden, auch das Wohnumfeld wurde wesentlich verbessert. Das Märkische Viertel hat seit geraumer Zeit ein markantes Zentrum, in Hellersdorf entsteht ein solches Zentrum völlig neu. Eine Entwicklung von peripheren Großsiedlungen zu urbanen Stadtteilen erscheint möglich. Vorstellbar ist, daß die Stadtteile zu Modellen für die Massenwohnsiedlungen in west- und osteuropäischen Ländern werden, soweit das nicht schon der Fall ist. In Berlin können und müssen sie die urbane Alternative zu den Nachbarschaften der Eigenheimsiedlungen mit ihren vielen privaten Pflege-, Hobby- und Bauarbeiten werden. Aber diese Alternative muß für die Bewohner attraktiv sein.

Sicher sind noch weitere „Attraktionen" nötig, um eine Abwanderung zu vermeiden: Ausbau von Penthäusern, automatisierte High-Tech-Tiefgaragen oder urbane Plätze und Treffpunkte in den Zentren. Von großer Bedeutung sind Institutionen, die mit der Kernstadt Verbindung haben: Akademien, Fachhochschulen, Verwaltungen - natürlich auch Kinos, Theater, Museen, Galerien.

Defizite und Entwicklungspotentiale sind festzustellen. Dazu gehört vor allem die Beschäftigungsfrage, nachdem die Arbeitslosigkeit zu Beginn des Jahres 1998 neue Rekordmarken erreicht hat. Gerade in den Siedlungsschwerpunkten werden Gründer- und Dienstleistungszentren benötigt, die sich am regulären Arbeitsmarkt durchsetzen. Das Angebot an Arbeitskräften ist hier differenziert und in der Größe bzw. Dichte der Siedlungen gibt es eine bedeutende Nachfrage für die verschiedensten Dienstleistungen sowie einfache und diffizile Arbei-

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ten aller Art. Die vorhandenen Ansätze dieser Art können nur ein Anfang sein. Soziale, karitative oder kulturelle Defizite können ähnlich in einem gewissen Maß in eigener Regie gelöst werden. Eine gewisse politische und administrative Eigenständigkeit ist auch dabei von Bedeutung.

Ziel der Veranstaltung sollte sein, vorhandene Defizite, vor allem aber gegebene Entwicklungspotentiale in den Großsiedlungen aufzuspüren. Wenn Ansätze oder gar Lösungen gefunden werden, ist das nicht nur ein Beitrag zum Entstehen attraktiver oder urbaner Stadtteile, sondern auch ein Schritt in Richtung einer neuen Urbanität in Berlin.

Prof. Dr. Hartmut Häußermann hat eine Einführung in das gestellte Thema gegeben und die Diskussion geleitet. Programm und Referenten sind im Anhang aufgeführt. Dipl.-Pol. Detleff Jäger aus Berlin hat den vorliegenden Bericht verfaßt.



Bonn, im Juni 1998Dr. Hannes Tank


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 1999

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